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Mit der Achten setzten Alan Gilbert und das NDR Elbphilharmonie Orchester souverän die Hamburger Krone auf das Bruckner-Jubiläumsjahr. Zu Feiern gab es auch die musikalische Höchstform des Orchesters, die Musiker ließen die mächtige Musik in der monumentalen Elphi-Akustik schweben.
NDR Elbphilharmonie Orchester
Alan Gilbert, Dirigent
Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 8 c-Moll WAB 108
Elbphilharmonie Hamburg, 5. Dezember 2024
von Johannes Karl Fischer
Es gibt so manche Konzerte, da kann man dem Bühnensog nur schwerlich widerstehen und möchte am liebsten seinen Platz im Orchester einnehmen. Dieser fesselnde, bebende Bruckner-Abend gehörte dazu!
Verantwortlich dafür war vor allem Chefdirigent Alan Gilbert, der seine frische, begeisternde Handschrift auf dieses Werk setzte und das NDR Elbphilharmonie Orchester in brennender musikalischer Höchstform glänzen ließ. Der an diesem Abend sensationell spielende Klangkörper lebte, atmete aus einer musikalischen Seele.
Wie vor erst fünf Tagen stand im Hamburger Hafen wieder ein die Decke vom Saal fegendes, monumental mächtiges musikalisches Kunstwerk auf dem Programm. Anders als am Montag schien dieser Klang die akustischen Grenzen des Raums tatsächlich zu strecken und das Publikum in einen anderen seelischen Zustand zu erheben. Vor allem im Kopfsatz servierte das Orchester ein musikalisches Tablett an runden, fein geschliffenen Phrasen.
Herr Gilbert ließ die Geigen alle noch so vermeintlich geradeaus gebauten Noten – Bruckner arbeitet im Wesentlichen mit einer Reihe an vier- und achttaktigen Phrasen – mit viel Liebe zum Detail ausarbeiten und die sonoren Celli leidenschaftlich durch den Saal strahlen.
Trotz eines mini-Patzers in einem frühen Horn-Solo gehörte der Abend auch den Bläsern – eine klangliche Bruckner-Spezialität. Von links hinten setzte sich ein voluminöser, tief in die musikalische Seele eindringender Wagner-Tuben Klang im Saal ein, auch die Hörner mischten sich sanft mit in die selige Stimmung. Am Ende brachten Pauken und Trompeten die Musik scheinbar zum Kochen, wie ein schreitender Triumphzug segelte dieser Bruckner auch aus der letzten Reihe majestätisch in den Raum.
Besonders souverän geriet Herrn Gilbert der in lange Phrasen gedehnte dritte Satz, hier ließ er die ganze kräftige Magie im Saal entfalten und die Musik sich über 25 Minuten bis zum Höhepunkt immer weiter steigern. Am Ende des ebenso fast überwältigenden Finales holte die Musik noch einmal aus aller Ruhe und allen Tiefen aus, der Chef am Pult brachte die energetischen Kontraste des Werks besonders zum Vorschein und erhob diese Musik in neue Höhen.
Nicht nur das Publikum, auch das Orchester schien sichtlich begeistert von dieser einzigartigen Klangmagie. Die Konzertmeisterin Vineta Sareika – wohl von den Berliner Kollegen ausgeliehen – stürzte sich souverän in die Musik, hatte ihre ersten Geigen fest im Griff und streichelte die Saiten mit sanften, wohlgeformten Bruckner-Melodien. Auch die sehr zahlreichen Bläsersoli – nicht zuletzt Kalev Kuljus’ ausdrucksstarke Oboengesänge – glänzten in voller Pracht. In der Hansestadt einst als diszipliniertes Beamtenorchester bekannt, schwebt dieser Klangkörper derzeit in brillanter Höchstform und ließ das Publikum heute in einem reinen, klaren Bruckner-Klang baden.
Mit dessen achten Sinfonie setzt das NDR Elbphilharmonie Orchester die Hamburger Krone auf das Bruckner-Jubiläumsjahr. Die Elphi-Akustik strahlte in voller Pracht und ließ die hohe musikalische Kraft im Saal herrschen. Übrigens klang nicht ein halber Hauch eines Zwischensatzapplauses aus den Rängen, diese Musik ist einfach zu mächtig. In der Ruhe liegt die Bruckner-Kraft.
Johannes Karl Fischer, 6. Dezember 2024 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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