Eine Inszenierung, die nichts falsch macht und vielleicht gerade deshalb auch kein großer Wurf ist. Ein Stück, das eher akademisches Interesse als echte Begeisterung weckt. Und musikalische Leistungen, die man bald wieder vergessen haben wird – vielleicht mit einer Ausnahme. „Die Nase“ sorgt nicht für Verschnupftheit, aber man wittert auch keine Sensation.
Staatsoper Hamburg, 13. September 2019 Dmitri Schostakowitsch, Die Nase (3. Vorstellung seit der Premiere am 7. September 2019)
Fotos: Arno Declair (c)
von Guido Marquardt
Operninszenierungen werden normalerweise dann zum Politikum oder wenigstens zum Stadtgespräch, wenn sie provozieren – sei es durch pointierte Regieaussagen oder künstlerisch gewagte Interpretationen. Auch musikalisch überragende oder aber hundsmiserable Leistungen bleiben hängen. Nichts davon trifft auf „Die Nase“ zu, die als erste Premiere in der Spielzeit 2019/20 auf der Hamburger Opernbühne zu sehen und zu hören war. In der Breite reagierte das Feuilleton wohlwollend und durchaus angetan. Vielleicht ein wenig so, wie man in den 1990er-Jahren auf Jürgen Flimms Inszenierungen am Thalia-Theater reagierte: Schöner Abend, in der Regie alles richtig gemacht, in der Ausführung handwerklich sauber, danke – was machen wir morgen?
Die Bühne ist voll von grandiosen jungen Tänzerinnen und Tänzern, die ihr makellos einstudiertes Können zeigen und das Füllhorn von Liebesfest und Tanz über dem Publikum ausschütten.
Hamburgische Staatsoper, Großes Haus, 8. September 2019
Hamburg Ballett, „Ein Sommernachtstraum“ Ballett von John Neumeier nach William Shakespeare
Musik: Felix Mendelssohn Bartholdy, György Ligeti und traditionelle mechanische Musik
Choreografie und Inszenierung: John Neumeier
Bühnenbild und Kostüme: Jürgen Rose
von Eva Stratmann
Ein Sommernachtstraum – die legendäre Trias aus Mendelssohn, Shakespeare und John Neumeier hat die neue Ballett-Saison an der Staatsoper Hamburg eröffnet. Knapp 300 Mal wurde diese Inszenierung seit ihrer Uraufführung 1977 allein in Hamburg dargeboten und gilt bis heute als einer der absoluten Publikumslieblinge unter Neumeiers Inszenierungen. In zweieinhalb Stunden führt der Abend durch die Wirrungen der Liebe und nutzt dabei kontrastreiche Stilmittel des Balletts.
Die ersten Kritiken über Dmitri Schostakowitschs Oper „Die Nase“ an der Staatsoper Hamburg sind positiv. Deswegen wird klassik-begeistert.de eine davon veröffentlichen. Ich empfand ich die Saisoneröffnung im Haus an der Dammtorstraße hingegen als mittelmäßig.
Die Komposition „Die Nase“ (1930) ist vielleicht die schwächste von einem der größten Komponisten, der je gelebt hat. Sie hat ein paar interessante und sehr kreative Ausbrüche nach oben – etwa das Schlagzeugsolo zwischen dem 2. und 3. Bild, das Oktett der Hausknechte, den zehnstimmigen Chor der Polizisten –, ist aber ansonsten recht bemüht und Lichtjahre entfernt von den Jahrtausendsinfonien des großartigen Russen aus St. Petersburg. Wer etwa die „Leningrader Sinfonie“ in der Elbphilharmonie hören durfte, dem kommt „Die Nase“ wie ein Gesellenstück vor. Sie reicht musikalisch auch nicht annähernd an die Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ von 1934 heran.
„Die Nase“ ist sicher interessant, manchmal auch packend und aufwühlend. Aber sie ist nicht der große Wurf wie etwa die erste Oper von Erich Wolfgang Korngold: „Die tote Stadt“. Schostakowitsch war 23 Jahre alt bei der Uraufführung. Korngold ebenso.
Stress im Opernbetrieb: Der US-Tenor Robert Dean Smith sang am Samstagabend den Siegmund in Neapel. Um am folgenden Sonntagnachmittag den Parsifal in Hamburg zu singen – zum Leidwesen der Zuschauer.
Staatsoper Hamburg / Teatro di San Carlo, Neapel, April/Mai 2019
Liebe Staatsoper Hamburg,
liebes Teatro di San Carlo in Napoli,
lieber Robert Dean Smith,
dieser Text beleuchtet den Klassik-Betrieb 2019, pars pro toto. Das, wovon ich schreibe, ist leider immer wieder Alltag im klassischen Hochleistungsbetrieb. Dieses Beispiel von den veritablen Opernhäusern in Neapel und Hamburg ist besonders krass.
Lieber Robert Dean Smith, Sie waren einer der besten Wagner-Tenöre der Welt. Sie lieben Wagner. Sie sind Amerikaner, aus Kansas. Sie haben an der Juilliard School in New York studiert.
Wie ich höre, sind Sie ein „feiner Kerl“ und tragen das Herz am rechten Fleck.
Zweimal habe ich in dieser Saison Richard Wagners Welt-Abschieds-Oper „Parsifal“ in der Staatsoper Hamburg gehört. Sie waren Parsifal. Und Sie waren, sorry, richtig schlecht. Ich habe diese Oper über 70 Mal gehört… Sie waren für mich, sorry, the worst Parsifal ever heard.
Das schrieb ich über Ihre „performance“ am 28. April 2019:
„Als Kritiker versuche ich wirklich immer zuerst das Positive zu sehen, aber was der Tenor Robert Dean Smith darbot, war an diesem Abend leider nicht von besten Eltern. Autor Ulrich Poser schrieb: ‚Robert Dean Smith scheint als Parsifal seine besten Tage leider hinter sich zu haben.’ Autor Peter Sommeregger hörte Smith in Berlin, er bilanzierte: ‚Die Glanzzeit hat seine Stimme deutlich hörbar hinter sich.’ Ich war offen gesprochen enttäuscht über die Darbietung des 63 Jahre alten Amerikaners. Er soll zwar bald noch den Siegmund in der ‚Waküre’ an den Häusern von Neapel und Leipzig singen, aber es ist nach diesem Auftritt in Hamburg etwas fraglich, wie Smith diese Herausforderungen noch mit Bravour stemmen will. Die Stimme war im höheren Register sehr gepresst, eng, metallisch. Bei den Spitzentönen war es leider oft Geschrei, kein Gesang. Der Amerikaner sang diverse Töne falsch an. Die Ausstrahlung eines jungen Gralsritters manifestierte dieser ‚Gesang’ an diesem Abend nicht.
Und es bleibt – wieder einmal – die Frage, welches ‚big ear’ der Staatsoper Hamburg diesen – sicher sehr verdienstvollen und Bayreutherfahrenen – Tenor für so eine anspruchsvolle Rolle verpflichtet hat. Schon bei dessen Hamburger ‚Walküre’ im November 2018, war Smith kein berauschender Siegmund gewesen und leistete sich zahlreiche Fehler. Solange das Haus an der Dammtorstraße Sänger wie Smith in Kernrollen wie Parsifal auftreten lässt, bleibt der Slogan „Musikstadt Hamburg“ eine hohle Phrase.
Hamburg: Schulnote 4 (wegen einiger passabler Passagen im mittleren und tieferen Register).“
Am 12. Mai 2019 habe ich Sie in Hamburg wieder gehört. Und, sorry, lieber Robert Dean Smith, Sie waren DAS Pausengespräch. Als Schulnote hätte man Ihnen nur eine 6 geben können.
Sie fingen so fürchterlich im 1. Aufzug an, mit total belegter, gepresster, enger, unfreier Stimme, dass ich am liebsten PRESTO den Saal verlassen hätte.
Und es wurde nicht besser. Sie waren einfach kein Tenor, schon gar kein Helden-Tenor und schon ganz und gar kein Parsifal. Sie waren kein veritabler Sänger. Sie waren nicht präsent auf der Bühne.
Kein Wunder.
Wie ich am gleichen Abend herausfand, hatten Sie sich einfach TOTAL übernommen – wie so viele Profisänger in diesen Tagen.
Sie hatten am Vorabend im Teatro di San Carlo in Napoli, Italia, gesungen – als Siegmund in der „Walküre“ von Richard Wagner.
Von 19.30 Uhr bis kurz vor Mitternacht.
Nach einer Partie wie Siegmund ist ein Sänger meist so aufgewühlt und beseelt, dass er frühestens drei Stunden später einschlafen kann.
Sie waren, im besten Alter von 63 Jahren, nach wenigen Stunden Schlaf schon gegen 8 Uhr am Flughafen von Neapel und nahmen folgenden Flug nach Hamburg: Eurowings EW 7865, Abflug: 9.20 Uhr, Ankunft: 11.50 Uhr
Dann sind Sie gegen 13.15 Uhr in der Staatsoper Hamburg eingetroffen und haben ab 15 Uhr den Parsifal gegeben.
Was muten Sie sich da zu? Was muten Sie den Zuschauern zu? Und dem Veranstalter?
Dr. Michael Bellgardt, Pressesprecher der Staatsoper Hamburg, antwortete am 22. Mai 2019 auf Anfrage: „Von den Engagements in Neapel wussten wir nicht. Insofern danken wir Ihnen für die Aufklärung. Wir werden dies mit den Künstlern und deren Agenturen regeln.“
Werter Mr. Smith, Sie traten den Flug von Neapel nach HH gemeinsam mit ihrem lettischen Kollegen Egils Silins an, der in Neapel den Wotan in der „Walküre“, auch eine Hauptrolle, sang und 15 Stunden später den Amfortas an der Dammtorstraße in HH.
Das ist genauso vermessen. Nur eines unterscheidet Sie von Herrn Silins: Sie sangen in Hamburg grausam, katastrophal, zum Weglaufen. Der Bariton Silins, sechs Jahre jünger als Sie, sang mindestens gut, ansprechend, tadellos, frisch, überzeugend.
Der Doppel-Auftritt von Robert Dean Smith und Egils Silins in Neapel und Hamburg verdeutlicht auch, dass die großen Häuser – und zu denen zählen HH und Napoli – immer weniger Auswahlmöglichkeiten haben, wenn sie anspruchsvolle Partien von Richard Wagner etwa in der „Walküre“ oder im „Parsifal“ besetzen. Da müssen regelmäßig auch B- oder C-Besetzungen herhalten, weil es einfach zu wenig Sänger gibt, die den Siegmund, den Parsifal, den Wotan und den Amfortas sehr gut singen können.
Zugespitzt: Häuser wie Hamburg oder Neapel müssen dann nehmen, was sie bekommen, da sie ja beide keine Weltklasse-Häuser sind wie die Wiener Staatsoper oder das Teatro alla Scala in Milano.
Es gibt für die unzähligen Wagner-Aufführungen auf der Welt zu wenig richtig gute Sänger. Zudem üben natürlich auch die Künstler-Agenturen immer wieder Druck auf ihre SängerInnen aus, Partien zu bestreiten, obgleich die KünstlerInnen eigentlich eine Pause verdient hätten.
Genauso wahr ist natürlich, dass ganz viele Künstler und Agenten sehr achtsam sind, auf Angebote verzichten und das höchste Gut des Künstlers schützen: dessen Stimme.
Die Staatsoper Hamburg ließ folgende schriftliche Fragen von klassik-begeistert.de unbeantwortet:
„Hatte die Staatsoper Hamburg einen Plan B, falls zwei der wichtigsten Rollen in einer der wichtigsten Opernproduktionen der Saison wegen üblicher und häufiger Unregelmäßigkeiten im europäischen Luftraum 3, 4, 5, 6 Stunden später in HH erscheinen? Wer hätte dann gesungen? Wäre die Vorstellung ausgefallen? Woher nimmt man einen Parsifal, woher einen Amfortas, wenn drei Stunden vorher ein Anruf kommt, „unser Flugzeug hebt nicht ab“?
Sieht die Staatsoper Hamburg einen Zusammenhang zwischen dem Arbeits- und Reise-Stress, dem sich die beiden Sänger aussetzten, und deren Leistung auf der Bühne in Hamburg? Wie beurteilt die Staatsoper vor allem die Leistung von RDS? Was sagt sie dazu, dass alle Besucher, die man fragte, entsetzt und schockiert von der Leistung des RDS waren?
Ist es üblich, dass Sänger so auf den „letzten Drücker“ zu einer großen Aufführung gehetzt kommen?
Ist das professioneller Standard? Ist das verantwortungsvoll den Sängern und dem Publikum gegenüber? Sind Leistungsminderungen da nicht vorprogrammiert?
Wusste die Staatsoper bei Vertragsunterzeichnung für die Parsifal-Rollen, dass zwei Hauptdarsteller durch ihre Engagements in Neapel ihren Auftritt in HH gefährden?
Akzeptiert die Staatsoper Hamburg bzw. ist es üblich, dass zwei Sänger zwei große Partien 2000 Kilometer entfernt singen, um 15 Stunden später zwei andere schwere, anspruchsvolle Partien in Hamburg zu übernehmen?
Ist der Staatsoper Hamburg bekannt, dass Eurowings auch Flüge verschiebt, storniert, ausfallen lässt, wenn es Probleme mit dem Personal oder mit den Flugzeugen gibt?“
Wikipedia schreibt über den US-Amerikaner:
„Robert Dean Smith wurde in Kansas, USA, geboren und studierte Gesang bei Margaret Thuenemann an der Pittsburg State University. Daneben studierte er Saxophon und spielte in diversen klassischen und Jazz-Ensembles. Anschließend setzte er sein Gesangsstudium bei Daniel Ferro an der New Yorker Juilliard School fort.
Wie viele Heldentenöre begann Robert Dean Smith seine Karriere als Bariton und war bis zu seinem Fachwechsel über mehrere Jahre an kleinen Häusern in Deutschland in lyrischen Baritonpartien zu hören. Er wechselte dann mit Hilfe seiner Frau und Lehrerin Janice Harper ins Tenorfach. Smith war in den 1990er Jahren am Mannheimer Nationaltheater fest engagiert.
Smith ist vor allem für seine Interpretationen von Walther von Stolzing in den Meistersingern von Nürnberg und die Titelrolle in Lohengrin bekannt geworden. Bei den Bayreuther Festspielen war Robert Dean Smith 2005 und 2006 als Tristan, von 1997 bis 2002 als Walther von Stolzing, von 2000 bis 2002 als Lohengrin und von 2001 bis 2004 als Siegmund in der Walküre zu erleben. In den Spielzeiten 2008–2012 verkörperte er dort erneut die männliche Titelrolle in Tristan und Isolde.“
Fazit Mit solchen peinlichen Aufführungen wie in Hamburg ruiniert ein Sänger am Ende seiner Laufbahn seinen Ruf. Und die Opernhäuser verspielen ihr Renommée.
Bayreuth-Erfolge hin oder her: Robert Dean Smith hat sich total übernommen. Weniger wäre mehr gewesen. Aber wer kann zu den ca. 40.000 Euro für vier Parsifal-Aufführungen schon Nein sagen? Dass Robert Dean Smith sich solchen Strapazen und einem solchen Risiko aussetzte, zeugt von einem mangelnden Realitätssinn. Seine beiden Spitzen-Partien binnen 15 Stunden, die eine in Süd-, die andere in Nordeuropa, waren vermessen. Sie zeugen vom Gefühl „Ich-nehme-(noch)-alles-mit-was-ich-kann-koste es, was es wolle.“
Sie zeigen auch, dass viele Sänger unter enormem Druck stehen: „Sage ich ab, warten schon zehn andere Sänger in der Schlange, und ich bekomme keine Engagements mehr.“
Dass die (damals) Verantwortlichen der Staatsoper Hamburg überhaupt einen solch „abgesungenen“ Tenor engagiert haben, zeugt auch davon, dass sie wenig von Stimmen verstehen. Dass die Verantwortlichen nicht spätestens vor eineinhalb Jahren realisierten, dass Herr Smith in letzter Sekunde nach einer Ausnahme-Partie am Vorabend für eine Ausnahme-Partie einfliegt, ist ein Zeichen mangelnder Professionalität.
Jeder Schulbub kann bei www.operabase.com in einer Sekunde recherchieren, wann und wo ein Sänger singt und singen wird. Oft mehr als zwei Jahre im voraus.
Peter Tschaikowsky, Eugen Onegin
(83. Vorstellung seit der Premiere am 11. Februar 1979)
Staatsoper Hamburg, 7. Juni 2019
Musikalische Leitung: Nathan Brock
Inszenierung: nach Adolf Dresen († 2001)
Bühnenbild: nach Karl-Ernst Herrmann († 2018)
Kostüme: Margit Bárdy
Choreografie: Rolf Warter
Chor: Christian Günther
Spielleitung: Petra Müller
Larina: Katja Pieweck
Tatjana: Ruzan Mantashyan
Olga: Nadezhda Karyazina
Filipjewna: Marta Świderska
Eugen Onegin: Bo Skovhus
Wladimir Lenski: Oleksiy Palchykov
Fürst Gremin: Liang Li
Ein Hauptmann: Shin Yeo
Saretzki: Ang Du
Triquet: Jürgen Sacher
Vorsänger: Dimitar Tenev
Chor der Hamburgischen Staatsoper
Philharmonisches Staatsorchester
von Guido Marquardt
Man kann von Glück sagen, dass ein sehr gut aufgelegtes Ensemble an diesem Abend in der Hamburgischen Staatsoper der Versuchung widersteht, sich mit Druck und Lautstärke gegen ein viel zu lautes Orchester zu wehren. Das, was an Gesang durchdringt, entschädigt die viel zu wenigen Zuschauer vortrefflich.
40 Jahre ist sie schon alt, die Hamburger „Eugen Onegin“-Inszenierung des leider längst verstorbenen Adolf Dresen. In diesen 40 Jahren hat sie es „nur“ auf etwas mehr als 80 Vorstellungen gebracht. Das ist einerseits unverständlich aufgrund der hohen musikalischen Qualität und der Zeitlosigkeit von Stück und Inszenierung. „Peter Tschaikowsky, Eugen Onegin, Hamburgische Staatsoper, 7. Juni 2019“ weiterlesen
Elena Zhidkova, Mezzosopran, in der Rolle der Prinzessin Eboli ist eine wahre Offenbarung! Die fließend Deutsch sprechende Russin singt derart ausdrucksstark und klangschön, aber auch stimmgewaltig, dass einem nur noch Schauer über den Rücken laufen. Sie ist längst kein Geheim-Tipp mehr, sondern befindet sich auf dem Zenit ihres Könnens.
Staatsoper Hamburg, 2. Juni 2019
Giuseppe Verdi, Don Carlos (in französischer Sprache)
von Dr. Holger Voigt
Heute würde man es einen Polit-Thriller nennen und wohl eine Serie daraus machen: Wer darf wen lieben und aus welchen Gründen im Lichte von Machterhalt und Machtverteilung ehelichen?
Das große gleichnamige Drama Friedrich Schillers um Macht und Intrigen, Liebe und Verrat, Hoffnung und Hoffnungslosigkeit – ein Auftragswerk der Pariser Oper – stellt Giuseppe Verdi in geradezu Wagnerschen Dimensionen auf die Bühne: Fünf Akte, fünf Stunden (mit Pausen). Die Staatsoper Hamburg zeigt die französischsprachige Originalfassung „Don Carlos“ mit deutschen Übertiteln, und nicht die italienischsprachige („Don Carlo“). „Giuseppe Verdi, Don Carlos, Staatsoper Hamburg, 2. Juni 2019“ weiterlesen
„Jetzt, da alles vorbei ist, … jetzt weint ihr?“ – „Ja, aus Bewunderung.“ Diese Librettopassage aus dem fünften und letzten Akt, aus einem Duett zwischen Don Carlos und Elisabeth, sie könnte auch als Fazit zu dieser kolossalen Aufführung stehen. Fünf Stunden pures Opernglück gehen zu Ende, und es ist wenig zu finden, das dieses Glück trüben könnte.
Es gehörte zu den prägenden Charakteristika von Ingo Metzmachers GMD-Zeit in Hamburg, dass er sich grundsätzlich besonders begeistert auf die etwas sperrigeren Stoffe stürzte und es immer wieder verstand, seinen Enthusiasmus als Samen der Neugier beim Publikum einzupflanzen. Tat er sich dafür mit seinem Lieblingsregisseur Peter Konwitschny zusammen, konnten legendäre Inszenierungen entstehen. Nun könnte man natürlich fragen, inwiefern denn eine Verdi-Oper als sperrig bezeichnet werden kann. Doch tatsächlich enthält der „Don Carlos“ vergleichsweise wenig typischen Italianità-Stoff – und schon mal gleich gar nicht in der fünfaktigen Urfassung in französischer Sprache, die mit dieser Inszenierung im Jahre 2001 denn auch tatsächlich ihre Hamburg-Premiere feiern durfte. Diese ist im Stile einer Grand Opéra konzipiert und komponiert. Wobei es einen Teil ihres Reizes ausmacht, dass Verdi mit dieser Form etwas fremdelte. Dazu gleich mehr. „Giuseppe Verdi, Don Carlos, Staatsoper Hamburg, 26. Mai 2019“ weiterlesen
Man könnte ihn getrost den „Rossini vom Rhein“ nennen. Rossini selbst nannte ihn den „Mozart der Champs-Élysées“. Die Rede ist von dem in Köln geborenen Cellisten, Komponisten und Theaterdirektor Jacques Offenbach, dessen Geburtstag sich am 20. Juni zum 200. Mal jährt. Aus diesem Grund ehrt die Hamburgische Staatsoper den Komponisten mit der Wiederaufnahme der 2014 zuletzt gespielten Opéra-bouffe „La Belle Hélène“, zu Deutsch: „Die schöne Helena“. „Jacques Offenbach, La Belle Hélène (Die schöne Helena), Staatsoper Hamburg, 17. Mai 2019“ weiterlesen
Giacomo Puccini, La Fanciulla del West, Staatsoper Hamburg, 19. Mai 2019
Ulrich Poser berichtet über die Aufführung der Fanciulla del West aus der Hamburgischen Staatsoper
Einen Abend zuvor hatte sich eine blonde Sängerin aus New York noch weltweit blamiert, weil ihr beim ESC in Tel Aviv die Stimme versagte und sie mit schrecklich schiefen Tönen viele Millionen Zuhörer verschreckte.
Ganz anders, und zwar im positiven Sinne, verlief der Abend in der Hamburgischen Staatsoper. Die blonde Sängerin aus dem thüringischen Zella-Mehlis lieferte eine One-Woman-Show vom Feinsten ab; eine Leistung, von der Madonna schon vor ihrem mutmaßlichen Karriereende nur hätte träumen können. „Giacomo Puccini, La Fanciulla del West, Staatsoper Hamburg, 19. Mai 2019“ weiterlesen
Staatsoper Hamburg, 28. April 2019 Wiener Staatsoper , 18. und 25. April
Richard Wagner, Parsifal
Mit dem Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ von Richard Wagner ist es wie mit einem guten Rotwein: Es wird besser, je öfter man es hört. „Parsifal“ ist gigantisch schöne Musik, das Lebensabschiedswerk eines Jahrtausendkomponisten. Parsifal betört die Sinne und macht süchtig, je länger man die Oper hört. „Parsifal“ beseelt. Es ist die Mega-Oper schlechthin.