Waltraud Meier, Mezzosopran Samuel Hasselhorn, Bariton Joseph Breinl, Klavier
Staatsoper Hamburg, 20. Januar 2023
von Dr. Andreas Ströbl
Es war einer der Abende in der Hamburger Staatsoper, die man auf dem Heimweg als „denkwürdig“ bezeichnen möchte. Man darf sich ziemlich sicher sein, Waltraud Meier so nicht mehr erleben zu können und, um ehrlich zu sein, mischte sich nach diesem Liederabend mit Werken von Schubert, Brahms, Schumann, Strauss und Mahler eine gehörige Portion Wehmut mit dem Eingeständnis, dass man sich beim Zuhören mitunter etwas Sorgen gemacht hatte. „„The art of Waltraud Meier“ – Abschied von der Bühne Staatsoper Hamburg, 20. Januar 2023“ weiterlesen
Das klingt kitschig, ist es aber nicht. Niemals kommt bei Neumeiers Ballett eine Gefühligkeit auf, die befremdet oder auf die Tränendrüse drückt. Selbst die Szene vor dem sich aufblähenden Atompilz mit Alessandro Frola vermittelt anfangs nur eine gewisse Unterkühlung, die sich erst lange danach in der Erinnerung zu einem Feuersturm verdichtet.
Dona Nobis Pacem Ballett von John Neumeier nach Johann Sebastian Bachs Messe in h-Moll
Hamburgische Staatsoper, Premiere B, 7. Dezember 2022
von Dr. Ralf Wegner
Seine als choreographische Episoden titulierte Interpretation der Bach’schen H-Moll-Messe nennt Neumeier nach dem letzten Choral (Nr. 23) Gib uns Frieden bzw. auf Latein Dona nobis pacem.
Madoka Sugai, Yaiza Coll und Laura Cazzaniga (Foto RW)
Es war ein Abend der Frauen. Von Anna Laudere, die sich anmutig anschmeichelnd um Edvin Revazov bemühte und dessen Zurückweisungen ertrug, von Yaiza Coll, die ihre Aggressionen an Matias Oberlin ausließ und auch von Emilie Mazon, die zwischen den Männern die Wahl hatte, aber nie den richtigen fand.
Ballett von John Neumeier Préludes CV Ein choreografisches Skizzenbuch in zwei Teilen
Hamburgische Staatsoper, 2. November 2022
von Dr. Ralf Wegner
Es ist lange her, dass wir dieses Stück gesehen hatten, zuletzt vor 9 Jahren und davor im Jahre 2003. Die Erinnerung an diese Aufführungen ist völlig verblasst. Zunächst mutete es wie ein Kammerspiel an, die Komponistin Lera Auerbach setzte sich an den Flügel, Ani Aznavoorian gesellte sich mit einem Cello hinzu. Gespielt wurden 24 Präludien für Violoncello und Klavier, sowie nach der Pause weitere 24 Präludien für Violine (Vadim Guzman) und Klavier (Angela Yoffe), alles Kompositionen von Lera Auerbach. „Ballett von John Neumeier, Préludes CV Hamburgische Staatsoper, 2. November 2022“ weiterlesen
Peter Hoare (Steuermann), Kwangchul Youn (Daland), Jennifer Holloway (Senta), Thomas Johannes Mayer (Holländer), Benjamin Bruns (Erik), Katja Pieweck (Mary) (Foto: RW)
Was bleibt unter dem Strich, ein wunderbares musikalisches Werk, von Kent Nagano auf zweieinhalb Stunden gedehnt, aber unter seiner Leitung vom Philharmonischen Staatsorchester Hamburg gut gespielt, sowie ein Bühnenbild, das einer Publikumsbestrafung gleicht. Man hörte zwar auch Positives beim Hinausgehen, dass galt aber vor allem dem Wagnerschen Werk, welches auch durch eine solche In Szene Setzung nichts von seiner Macht verliert.
Der Fliegende Holländer von Richard Wagner
Hamburgische Staatsoper, 1. November 2022,
vierte Vorstellung seit der Premiere am 23. Oktober 2022
von Dr. Ralf Wegner
Wagners erstes großes Werk ist auf dem Abendzettel als „Romantische Oper in drei Aufzügen“ verzeichnet. Davon war in dem Bühnenbild von Olaf Altmann und der Inszenierung von Michael Thalheimer nichts zu spüren. Beim Hinausgehen, es wurde ohne Pause gespielt, hörte ich im Vorbeigehen einen etwa 45-jährigen Mann seiner Partnerin zurufend: So etwas Schlechtes habe er noch nie gesehen, da sei ja jeder Tatort besser. „Der Fliegende Holländer, Richard Wagner Hamburgische Staatsoper, 1. November 2022“ weiterlesen
Königin Elisabeth gelingt der Befreiungsschlag schlechthin, nicht länger liegt die Leonore in den Ketten ihres Librettos. So wird selbst die misslungenste Oper der Welt – Fidelio – zu einem packenden Gesangsspektakel!
Fidelio Musik von Ludwig van Beethoven Libretto von Joseph Sonnleithner und Georg Friedrich Treitschke nach Jean Nicolas Bouilly
Kent Nagano, Dirigent Philharmonisches Staatsorchester Hamburg Chor der Hamburgischen Staatsoper
Inszenierung: Georges Delnon
Bühne: Kaspar Zwimpfer
Kostüme: Lydia Kirchleitner
Licht: Michael Bauer
Video: fettFilm
Dramaturgie: Klaus-Peter Kehr, Johannes Blum
Staatsoper Hamburg, 25. Oktober 2022
von Johannes Karl Fischer
Um Beethovens einmaliges Opern-Experiment mache ich normalerweise einen großen Bogen, poetische Schlamperei statt hoher Dichtkunst ist das! Einzig die Besetzung an diesem Abend an der Staatsoper Hamburg – und die Aussicht, um Punkt halb acht fünfzehn Minuten lang beste Beethoven’sche Kunst zu hören – machte mir Mut, einen weiteren Versuch zu wagen. Lohnenswerter hätte es nicht sein können: Elisabeth Teige als Leonore singt alles, das Libretto, selbst einen herausragenden Klaus Florian Vogt, völlig in Grund und Boden. Eine Sensation!„Fidelio, Ludwig van Beethoven Staatsoper Hamburg, 25. Oktober 2022“ weiterlesen
Foto: (RW) Fidelio, Staatsoper Hamburg 2022, Klaus Florian Vogt und Elisabeth Teige
Mit großer, weit in den Raum tragender Stimme gelang der Norwegerin Elisabeth Teige eine Spitzenleistung. Vor allem ihre rund und tiefengrundiert kräftig klingende Mittellage mit vollem Klang beeindruckte.
Fidelio Musik von Ludwig van Beethoven Libretto von Joseph Sonnleithner und Georg Friedrich Treitschke nach Jean Nicolas Bouilly
Kent Nagano, Dirigent Philharmonisches Staatsorchester Hamburg Chor der Hamburgischen Staatsoper
Inszenierung: Georges Delnon
Bühne: Kaspar Zwimpfer
Kostüme: Lydia Kirchleitner
Licht: Michael Bauer
Video: fettFilm
Dramaturgie: Klaus-Peter Kehr, Johannes Blum
Staatsoper Hamburg, 25. Oktober 2022
Dr. Ralf Wegner
Kann jemand einen Grund nennen, der es ernsthaft rechtfertigt, Beethovens Leonorenouvertüre von kurz vor dem Ende, wie es früher üblich war, an den Beginn der Oper zu stellen, wo sie zum Singspielcharakter überhaupt nicht passt? Es plätscherte, von Kent Nagano gedehnt zelebriert, eher langsam dahin, wie ein beliebiges Konzertstück. Die musikalischen Motive erinnerten zwar an früher gesehene Fidelio-Aufführungen, bildeten aber nicht den musikalisch-retardierenden Höhepunkt nach dem ergreifenden Erlebnis der Befreiung Florestans durch Leonore.
Seungwoo Simon Yang (Jaquino), Andrzej Dobber (Don Pizarro), Klaus Florian Vogt (Florestan), Kent Nagano (musikalische Leitung), Elisabeth Teige (Leonore), Wilhelm Schwinghammer (Rocco), Narea Son (Marzelline), Kartal Karagedik (Don Fernando)
Die Oper Fidelio beginnt mit dem Werben Jaquinos um Marzelline als heiteres Singspiel, führt aber mit Einsetzen des Quartetts Mir ist so wunderbar, mit sehr viel Gemüt von Nareo Son begonnen, in eine tiefere, das folgende Melodram bereits andeutende Ebene des Stücks. „Ludwig van Beethoven, Fidelio Staatsoper Hamburg, 25. Oktober 2022“ weiterlesen
Jennifer Holloway, Benjamin Bruns Foto: Hans Jörg Michel
Richard Wagner: „Der Fliegende Holländer“
Staatsoper Hamburg, 23. Oktober 2022 (Premiere)
von Dr. Holger Voigt
Der Holländer ist ein Lohengrin. Statt auf einem Schwan zu reisen, der ausgesprochen elegant zu navigieren versteht, entscheidet er sich für einen Großsegler mitsamt unheimlicher Zombie-Matrosenschaft, die ihn auch prompt im Gefolge eines üblen Sturmes in der Bucht Sandvika bei Norwegen stranden lässt. Damit ist die schöne Elsa aus Antwerpen an der Schelde keine Option mehr für ihn, und er muss nun mit Senta vorlieb nehmen. Fast wortgleich kommuniziert Richard Wagner über seine Protagonisten mit den schönen Frauen seiner romantischen Sehnsüchte:
„Senta, Senta! Willst Du mich verderben?“ („Der Fliegende Holländer“)
„Es muss etwas Neues geschehen.“ Eigentlich ein Zitat aus einem gewissen Schauspiel, das gerade am Alstertor abgesetzt wurde und in dessen Titel sich irreführend das Wort „Oper“ hineingeschlichen hat. Fünf Worte, die genauso gut als Leitmotiv des Regietheaters geeignet sind. Es leben die Calixto Bieitos, die Barrie Koskys und die Michael Thalheimers!
Der fliegende Holländer Musik und Libretto von Richard Wagner
John Neumeier verlängert seinen Vertrag beim Hamburg Ballett bis 2024
Die Gazetten berichteten, manchmal süffisant, manchmal bösartig und manchmal nur ironisch, häufig aber auch nur als Übernahme von der deutschen Presseagentur: Der 36-jährige derzeitige Ballettdirektor in Düsseldorf, Demis Volpi, wurde gestern vom Hamburger Kultursenator als Nachfolger John Neumeiers bekannt gegeben. Er tritt sein Amt aber erst 2024 an. Das ist erst einmal eine gute Nachricht, zunächst wegen der um ein Jahr verlängerten Intendanz Neumeiers, zum anderen ehrt es den Nachfolger, dass er seinen bestehenden Vertrag erfüllen will. „John Neumeier verlängert seinen Vertrag beim Hamburg Ballett bis 2024 Hamburgische Staatsoper, 22. Oktober“ weiterlesen
Was Trusch neben seiner tänzerisch-technische Perfektion darstellerisch-mimisch aus der Rolle herausholt, ist phänomenal. Man meint, sich in seinem Kopf zu befinden und direkt an den impulsiv gesteuerten Emotionen des Tänzers teilzuhaben.
Hamlet 21, Ballett von John Neumeier
Nachmittags- und Abendvorstellung
Staatsoper Hamburg, 16. Oktober 2022
von Dr. Ralf Wegner
Wo gibt es derzeit einen Tänzer, der diese Rolle so charismatisch, so tief unter die Haut gehend interpretieren könnte? Wahrscheinlich müsste man lange suchen und würde doch niemanden finden. Der 33-jährige Erste Solist des Hamburger Balletts Alexandr Trusch zeigt nicht nur mit seinen hohen, weiten Sprüngen und pfeilschnellen Drehungen, sondern auch mit seinem bewunderungswürdigen physischen Durchhaltevermögen, dass er zur internationalen Spitze der klassisch ausgebildeten Tänzer zählt. „Hamlet 21, Ballett von John Neumeier Staatsoper Hamburg, 16. Oktober 2022“ weiterlesen