Sommereggers Klassikwelt 147: Gundula Janowitz zum 85. Geburtstag

Foto: Matinee 20151011 KS Janowitz und KS Ludwig, youtube.com

von Peter Sommeregger

Die Tochter eines deutsch-österreichischen Ehepaares wurde zwar in Berlin geboren, wuchs aber in Graz auf, wo sie das Konservatorium besuchte. Ein Stipendium der Grazer Richard-Wagner-Gesellschaft ermöglichte ihr einen Aufenthalt in Bayreuth, wo sie bereits 1960 als Blumenmädchen im „Parsifal“ unter dem legendären Hans Knappertsbusch debütierte.

Ihre glasklare, leuchtende Höhe war so unverwechselbar, dass gleich mehrere Dirigenten der Spitzenklasse sie gleichzeitig entdeckten. Karl Böhm erneuerte 1963 eine alte Tradition, als er zum Auftakt der Festspiele Beethovens 9. Symphonie aufführte, mit der noch weitgehend unbekannten Gundula Janowitz als Sopran-Solistin. Herbert von Karajans erster Beethoven-Zyklus für die Deutsche Grammophon wurde ihre erste Schallplatten-Aufnahme, mit dem Solo in der 9. Symphonie brannte sich die Charakteristik dieser Stimme ins Ohr der Klassik-Szene. Die weiteren Karriere-Schritte ergaben sich schnell. Karajan holte sie ins Ensemble der Wiener Staatsoper, wo sie anfangs in kleinen Rollen bereits sehr positiv auffiel. Dem Wiener Publikum war zu diesem Zeitpunkt unverständlich, dass der große Otto Klemperer die Sängerin für seine, inzwischen legendäre und unerreichte „Zauberflöte“-Einspielung als Pamina besetzte, die Janowitz am Wiener Haus aber noch Mägde in „Elektra“ und andere „Wurzen“, wie der Wiener sagt, singen musste. „Sommereggers Klassikwelt 147: Gundula Janowitz zum 85. Geburtstag
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Sommereggers Klassikwelt 146: Tod am Pult

Foto: Joseph Keilberth, de.wikipedia.org

von Peter Sommeregger

In der letzten Woche erschütterte der plötzliche Tod des Dirigenten Stefan Soltész die Opernwelt. Der international erfolgreiche Musiker brach während eines Dirigats der Strauss-Oper „Die schweigsame Frau“ im Nationaltheater München am 22. Juli 2022 plötzlich am Pult zusammen. Im Krankenhaus konnte man nur noch seinen Tod feststellen.

Dieses tragische Ereignis überschattet nun die diesjährigen Münchner Opernfestspiele, weckt aber gleichzeitig Erinnerungen an einen ähnlichen Vorfall, der sich an gleicher Stelle am 20. Juli 1968 ereignete. Während des zweiten Aktes von Wagners „Tristan und Isolde“ stürzte der damalige Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper Joseph Keilberth in den Orchestergraben, auch er war nicht mehr zu retten. Keilberth, der erst 60 Jahre alt war, hatte eine bedeutende Karriere als Dirigent vorzuweisen. Er war bis zu seinem Tod Chefdirigent der Bamberger Symphoniker, die sich nach dem zweiten Weltkrieg aus Musikern des Prager Philharmonischen Orchesters rekrutierten, das Keilberth zuvor geleitet hatte. Auch bei den Bayreuther Festspielen hatte der Dirigent in den 1950er Jahren zahlreiche Aufführungen geleitet. Seine Münchner Position blieb bis 1971 unbesetzt, danach wurde sie von Wolfgang Sawallisch übernommen. „Sommereggers Klassikwelt 146: Tod am Pult
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Sommereggers Klassikwelt 145: Zu Besuch bei den Mendelssohns

Foto: Der historische Musiksalon © Dirk Brzoska

Felix Mendelssohn dagegen, wenn auch in Hamburg geboren und in Berlin aufgewachsen, war für das Leipziger Musikleben eine prägende Figur.

 von Peter Sommeregger

Eigentlich für eine Wagner-Aufführung nach Leipzig gereist, wurde ich durch ein Hinweisschild auf das Mendelssohn-Haus aufmerksam, das seit inzwischen über 20 Jahren Felix Mendelssohns letzte Wohnung, in der er 1847 auch starb, als Museum der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Leipzig ist zwar der Geburtsort Richard Wagners, aber durch den frühen Umzug von Wagners Familie nach Dresden, wo der spätere Komponist aufwuchs, ist Dresden eher als Leipzig Wagner-Stadt. Felix Mendelssohn dagegen, wenn auch in Hamburg geboren und in Berlin aufgewachsen, war für das Leipziger Musikleben eine prägende Figur.

Mendelssohn, der lange eine feste Position ablehnte, um mehr künstlerische Freiheit zu haben, konnte aber schließlich dem Leipziger Angebot, Gewandhaus-Kapellmeister zu werden, nicht widerstehen. Im Alter von knapp 26 Jahren übernahm er 1835 dieses bedeutende Amt und war darin ungemein erfolgreich. Die Universität Leipzig verlieh ihm bereits 1836 die Ehrendoktorwürde. Trotz zahlreicher Reisen, mehrfach auch nach England, behielt Mendelssohn die Leipziger Stellung bei, ein Intermezzo als Preußischer Generalmusikdirektor in Berlin blieb ebenfalls Episode. „Sommereggers Klassikwelt 145: Zu Besuch bei den Mendelssohns
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Sommereggers Klassikwelt 144: Van Cliburn in Moskau- ein Pianist gegen den Kalten Krieg

von Peter Sommeregger

 Im Jahr 1958 veranstaltete das Moskauer Konservatorium zum ersten Mal den Tschaikowsky-Wettbewerb, der seither alle vier Jahre stattfindet. Der Sieg des jungen amerikanischen Pianisten Van Cliburn im Fach Klavier bedeutete eine weltweit Aufsehen erregende Sensation. Die beiden Supermächte befanden sich auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, Van Cliburns Gewinn des ersten Preises wurde als Symbol für den Sieg der Kunst über die Politik gewertet und katapultierte den am 12. Juli 1934 geborenen jungen Pianisten in die erste Reihe der Konzertpianisten.

Vorausgegangen war ein langjähriges Studium bei Cliburns Mutter, die ihrerseits Schülerin eines Liszt-Schülers gewesen war. Im Alter von 17 Jahren beginnt er ein Studium an der renommierten Juilliard-School in New York, konzertiert aber bereits während seiner Studienjahre mit namhaften Orchestern. „Sommereggers Klassikwelt 144: Van Cliburn in Moskau- ein Pianist gegen den Kalten Krieg
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Sommereggers Klassikwelt 143: Die unvergessliche Cathy Berberian

von Peter Sommeregger

Wenige Sängerinnen ihrer Generation verfügten über ein ähnlich großes Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten. Das mag mit daran liegen, dass die am 4. Juli 1925 in Massachusetts geborene Tochter armenischer Einwanderer sowohl Tanz, Schauspiel und Pantomime studierte, ehe sie ihre Gesangsausbildung begann, die sie dank eines Fulbright-Stipendiums in Paris und Mailand absolvieren konnte.

Ungewöhnlich an Berberians Karriere war, dass sie sowohl Barockmusik als auch zeitgenössische Komponisten optimal interpretieren konnte. Mehrere Komponisten wie Igor Strawinsky, Bruno Maderna, Luigi Nono, John Cage und Luciano Berio komponierten Stücke eigens für ihre Stimme. Mit Luciano Berio war sie von 1950 bis 1964 verheiratet, der Ehe entstammt eine Tochter, die Schlagzeugerin Cristina Berio. „Sommereggers Klassikwelt 143: Die unvergessliche Cathy Berberian
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Sommereggers Klassikwelt 142: Boris Christoff – der König der Bassisten

von Peter Sommeregger

Auch nahezu dreißig Jahre nach seinem Tod am 29. Juni 1993 in Rom, gilt der aus Bulgarien stammende Bassist immer noch als einer der historisch bedeutendsten Vertreter seines Stimmfaches.

Der am 18. Mai 1914 im bulgarischen Plowdiw geborene Sohn eines aus Makedonien stammenden Lehrers wollte zunächst Jurist werden, nachdem aber seine auffallend schöne und kräftige Stimme aufgefallen war, erhielt er ein vom Bulgarischen König Boris gestiftetes Stipendium zur Gesangsausbildung. Er verlegte seinen Lebensmittelpunkt nach Italien, das tatsächlich zu seiner dauerhaften Heimat werden sollte.

Die Wirren des zweiten Weltkrieges unterbrachen sein Studium, bei Kriegsende fand er sich in einem Internierungslager in Deutschland wieder. Nach Italien zurückgekehrt debütierte er zunächst an kleineren Bühnen in Nebenrollen, aber bereits 1947 hatte er sein Debüt an der Oper von Rom als Pimen in Mussorgskys „Boris Godunow“. In Venedig erlebte man ihn als Gurnemanz in Wagners „Parsifal“, an der Mailänder Scala trat er erneut als Pimen auf, ehe er 1949 die Titelrolle des Boris übernahm, die er weltweit sang, und mit der er bis heute identifiziert wird. „Sommereggers Klassikwelt 142: Boris Christoff – der König der Bassisten“ weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 141: Die unvergessliche Elfride Trötschel

Foto: https://www.discogs.com

von Peter Sommeregger

Bereits 64 Jahre liegt der Tod der Dresdner Sopranistin Elfride Trötschel zurück, weit länger, als ihr Leben dauerte. Dass diese Ausnahmesängerin bis heute nicht vergessen ist, und ihr Name gleichsam als Synonym für lyrische Gesangskultur gilt, versteht sofort, wer auch nur eine ihrer Aufnahmen hört. Der reine, schlackenlose Klang dieser Stimme ist einzigartig.

Vom Schicksal gut bestrahlt war die am 22. Dezember 1913 in Dresden geborene Tochter eines Musiklehrers aber nicht. Bereits mit neun Jahren wird sie zur Vollwaise, gerät in schlechte Hände und findet erst bei neuen Pflegeeltern ein liebevolles Zuhause. Ihr musikalisches Talent wird erkannt, an der Dresdner Musikhochschule wird sie erst zur Chorsängerin, später auch als Solistin ausgebildet. Bereits 1933, mit gerade einmal 20 Jahren engagierte Karl Böhm sie an die Dresdner Staatsoper, wo sie anfangs im lyrischen Fach eingesetzt wurde, aber über die Zeit auch jugendlich dramatische Partien übernahm. Bis zum Jahr 1950 blieb sie Ensemblemitglied in Dresden, ab 1950/51 war sie an der Berliner Staatsoper engagiert, wechselte aber bereits 1951 an die Westberliner Städtische Oper. Bereits seit 1947 hatte sie einen Gastvertrag mit Walter Felsensteins Komischer Oper Berlin. „Sommereggers Klassikwelt 141: Die unvergessliche Elfride Trötschel
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Sommereggers Klassikwelt 140: Sigrid Onégin – Die große Altistin und ihr dunkles Geheimnis

von Peter Sommeregger

Der 16. Juni ist der Todestag der bis heute durch ihre Schallplatten populären Altistin Sigrid Onégin. Sie starb im Jahr 1943 im Schweizer Tessin, wo sie mit ihrem zweiten Ehemann, dem Arzt Fritz Penzoldt, zuletzt gelebt hatte. Im Alter von nur 54 Jahren erlag die als Elisabeth Hoffmann 1889 in Stockholm geborene Sängerin einem Krebsleiden.

Die Tochter eines französischen Vaters und einer deutschen Mutter studierte in Frankfurt, München und Mailand Gesang, ihr Bühnendebüt hatte sie 1912 als Carmen an der Stuttgarter Hofoper, nachdem sie schon ein Jahr zuvor ihr Konzertdebüt unter dem Namen Lilly Hoffmann absolviert hatte. Bis 1919 blieb sie am Stuttgarter Opernhaus im Engagement.

Sie heiratete am 25. Mai 1913 in London die unter dem Pseudonym „Baron Eugen Borisowitsch Lhwoff-Onégin“ auftretende Komponistin und Pianistin Agnes Elisabeth Overbeck. Lange Zeit war die wahre Identität dieses „Ehemannes“ unbekannt, dessen Pseudonym die Sängerin ebenfalls als ihren Künstlernamen benutzte. Nachdem sich die Künstlerin Onégin während des ersten Weltkriegs aus politischen Gründen in ihrer Stuttgarter Wohnung verstecken musste, wurde er aber 1916 doch verhaftet. Hoffmann-Onégin erkämpfte zwar seine Freilassung, aber bereits 1919 starb Onegin nach längerer Krankheit an Tuberkulose. „Sommereggers Klassikwelt 140: Sigrid Onégin
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Sommereggers Klassikwelt 139: Alfred Deller – Pionier der Countertenöre

Die Zukunft der Oper liegt heute, wie es scheint, wohl in der Vergangenheit, in der es noch viele lohnende Entdeckungen geben dürfte. Die Archive sind übervoll mit Musik, die ihrer Wiedererweckung harrt. Ans Werk, liebe Musikwissenschaftler!

von Peter Sommeregger

Die Entwicklung der Stimmlage Countertenor hat in den letzten Jahrzehnten erstaunliche Ergebnisse hervorgebracht, von denen der erste Sänger dieser exponierten Gesangstechnik im 20. Jahrhundert, Alfred Deller nur träumen konnte. Am 31. Mai vor 110 Jahren wurde er im britischen Margate geboren, dieses runde Datum ist eine gute Gelegenheit jenen Mann zu würdigen, der ohne es zu ahnen eine Entwicklung in Gang setzte, die zu einer Renaissance der Barock-Oper wesentlich beitrug.

Deller sang zuerst im Knabenchor seiner Heimatgemeinde, bildete sich aber später als Autodidakt zum Countertenor weiter. Diese Technik spielte in der englischen Barockmusik eine wichtige Rolle, geriet mit der Zeit aber in Vergessenheit. Gefördert wurde Deller, der zwischenzeitlich im Chor der Kathedrale von Canterbury tätig war, durch den Komponisten Michael Tippett. Seine Karriere erreichte einen ersten Höhepunkt, als er 1944 in einem von Tippett initiierten und dirigierten Konzert in London auftrat.

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Sommereggers Klassikwelt 138: Sándor Kónya – überzeugt stimmlich sowohl in der Lyrik als auch als Held

von Peter Sommeregger

Als der gefeierte Tenor Sándor Kónya am 20. Mai 2002 auf Ibiza starb, hatte er ein reich erfülltes Künstlerleben hinter sich.

Der am 23. September 1923 im ungarischen Sarkad, nahe der rumänischen Grenze geborene Sänger erlebte die kulturellen Brüche und Katastrophen des Zweiten Weltkrieges am eigenen Leib schmerzlich kennen. Nach einem Gesangsstudium an der Franz-Liszt-Akademie in Budapest, das er sich durch Arbeit in einem Schlachthof finanziert hatte, musste er zunächst während des Krieges als Soldat dienen. Das Ende des Krieges führte zu seiner Internierung im damaligen Westdeutschland. Um nicht nach Ungarn zurückgeschickt zu werden, floh er aus dem Lager und setzte mit Hilfe von Gönnern, die von seinem Gesangstalent überzeugt waren, sein Studium fort.

Nach Engagements an kleineren Häusern wurde er 1955 an die Deutsche Oper Berlin engagiert, wo sich sein Repertoire und seine Karriere weiter entfalteten. Immer häufiger wurde er nun zu Gastauftritten an Häusern wie Stuttgart und München eingeladen. Wieland Wagner verpflichtete Kónya 1958 als Lohengrin für die Bayreuther Festspiele, mit dieser Partie hatte der Sänger endgültig seine Glanzrolle gefunden. Später trat er bei den Festspielen auch als Stolzing in den Meistersingern und als Parsifal auf. „Sommereggers Klassikwelt 138: Sándor Kónya
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