„Was ist das für ein Wahnsinns-Leben!“ – John Neumeiers Ballett „Nijinsky“ begeistert in der Staatsoper Hamburg

Nijinsky © Kiran West

48. Hamburger Ballett-Tage
Staatsoper Hamburg, 28. Juni 2023

Nijinsky 
Ballett von John Neumeier

Choreographie, Bühnenbild und Kostüme, teils nach Originalentwürfen von Léon Bakst und Alexandre Benois

Musik von Chopin, Schumann, Rimskij-Korsakow und Schostakowitsch


von Dr. Andreas Ströbl

Mit Absicht doppeldeutig wollte die Besucherin verstanden werden, als sie in der Pause am 28. Juni bei der 146. Vorstellung von John Neumeiers Ballett „Nijinsky“ ihrer Begeisterung Luft machte: „Was ist das für ein Wahnsinns-Leben!“ Ja, es ist schon irrsinnig, dass Vaslaw Nijinsky mit Fug und Recht als „Jahrhunderttänzer“ gerühmt werden durfte, als das 20. Jahrhundert gerade mal ein gutes Jahrzehnt alt war. Und die Schizophrenie, unter der er jahrzehntelang litt, hätte man früher in der Tat eher halbwissenschaftlich als „Wahnsinn“ bezeichnet. „48. Hamburger Ballett-Tage, Nijinsky, Ballett von John Neumeier
Staatsoper Hamburg, 28. Juni 2023“
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John Neumeier versetzte das Publikum mit seinem Ballett Nijinsky in einen rauschhaften Zustand, der sich am Ende in orkanartigem Jubel entlud

Ida Praetorius, Alexandr Trusch und Alessandra Ferri (Foto: RW)

Nach dem von Aleix Martínez wieder großartigt getanzten Solo des dem Wahn verfallenden Stanislaw Nijinsky verschaffte das Männerensemble zur Sinfonie  Nr. 11 g-Moll von Schostakowitsch dem Publikum einen gehörigen Adrenalinschub. Dem wilden mit kurzen, abgehackten Drehungen und Sprüngen einhergehenden Stakkato der 28 Tänzer sowie dem furiosen Auftritt von Patricia Friza als Le Sacre-Tänzerin konnte sich wohl niemand emotional entziehen.

48. Hamburger Ballett-Tage,
Staatsoper Hamburg,  27. Juni 2023

Nijinsky,
Ballett von John Neumeier
(Choreographie, Bühnenbild und Kostüme unter teilweiser Verwendung der Originalentwürfe von Léon Bakst und Alexandre Benois)

Musik: Frédéric Chopin, Robert Schumann, Nikolaj Rimskij-Korsakow (Scheherazade), Dmitri Schostakowitsch (Sinfonie Nr. 11 g-moll u.a.)


von Dr. Ralf Wegner

Es war die 145. Vorstellung dieses Balletts seit der Uraufführung und die 20. von uns besuchte. Unverändert zieht diese Choreographie über Liebe, Familie, Krieg, Wahnsinn und Untergang in den Bann. Alexandr Trusch war als Vaslaw Nijinsky großartig, er ist ein würdiger Nachfolger von Jiří Bubeníček, Otto Bubeníček und Alexandre Riabko. Er tanzte die Rolle auch nicht zum ersten Mal, wir sahen ihn bereits mehrfach als Nijinsky zwischen 2016 und 2018. 2016 zeigte zudem Aleix Martínez seine kantigere, eckige Interpretation dieses frühen Ausnahmetänzers; auch das war ein Erlebnis, mit Silvia Azzoni als Romola. Die tief ergreifende Romola von Carolina Agüero ist übrigens auf DVD erhalten geblieben. Auf der Aufnahme zeigte auch Ivan Urban seine dämonisch-herrscherische Variante des Impresario Serge Diaghilew. Das Dämonische lag Edvin Revazov nicht, er gestaltete den Impresario eher souverän-verhalten, wenngleich ebenfalls überzeugend. „48. Hamburger Ballett-Tage, Nijinsky, Ballett von John Neumeier
Staatsoper Hamburg, 27. Juni 2023“
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Madoka Sugai und Alexandr Trusch berühren mit höchster Tanzkunst in John Neumeiers Ballett Sylvia

Madoka Sugai und Alexandr Trusch (Foto: RW)

Madoka Sugai hat auf der Bühne ein Charisma, welches vom ersten Moment ihres Auftritts gefangen nimmt und es schwer macht, die Augen von dieser Ausnahmetänzerin zu lassen. Mit Alexandr Trusch hat sie zudem einen kongenialen Partner, der nicht nur federleicht springt und dreht, sehr verlässlich und bei den Hebungen vermeintlich mühelos partnert, sondern der Rolle des in Liebesqual versunkenen Aminta eine seelische Dimension gibt, die tief berührt.

48. Hamburger Ballett-Tage
Staatsoper Hamburg, 24. Juni 2023

Sylvia, drei choreographische Gedichte über ein mythisches Thema
Musik: Léo Delibes

Choreographie und Inszenierung: John Neumeier
Bühnenbild und Kostüme: Yannis Kokkos
Musikalische Leitung: Markus Lehtinen
Solo-Violine: Joanna Kamenarska

55. Vorstellung seit der Premiere am 7. Dezember 1997

von Dr. Ralf Wegner

Das Ballett Sylvia nach der Musik von Léo Delibes wurde 1876 uraufgeführt, allerdings mit einer verschrobenen und abstrusen Handlung. Neu war allerdings die Besetzung von Nymphen mit kämpferischen Frauen. John Neumeier beachtete das Libretto von Jules Barbier und Baton de Reinach nach einer Dichtung von Torquato Tasso nicht, übernahm nur das Hauptpersonal, und das auch nur teilweise. Auf die kämpferischen Amazonen verzichtete er aber nicht. „48. Hamburger Ballett-Tage, Ballett Sylvia, Musik Léo Delibes
8. Hamburger Ballett-Tage, Sonnabend, 24. Juni 2023“
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Diese Aufführung befriedigt die Sehnsucht nicht

Foto: Nikola Márová als Blanche DuBois in John Neumeiers Ballett Endstation Sehnsucht (Foto: RW)

Das Thema der leicht hysterischen, Liebe und Schutz suchenden und immer an die falschen Männer geratenden Frau erscheint heute etwas aus der Zeit gefallen. Die rechte Empathie, wie sie Laura in Neumeiers Glasmenagerie gewinnt, will sich für Blanche DuBois nicht einstellen, vielleicht kurzzeitig etwas Mitleid.

 

Staatsoper Hamburg, 20. Juni 2023


Endstation Sehnsucht
Ballett von John Neumeier nach Tennessee Williams

Gastspiel des Tschechischen Nationalballetts 

Choreographie, Inszenierung, Bühnenbild, Kostüme  und Lichtkonzept: John Neumeier

Musik: Sergej Prokofjew („Visions fugitives“, opus 22), Alfred Schnittke (Erste Sinfonie)

Pianist: Martin Levicky, und Musik vom Tonträger

von Dr. Ralf Wegner

Es gibt ein Problem mit anderen Tanztruppen. Neumeiers Kreationen sind so auf die Fähigkeiten seiner Hamburger Tänzerinnen und Tänzer ausgerichtet, dass sich bei Aufführungen anderer Ensembles stets die Frage stellt, ob eine vermisste darstellerisch-tänzerische Intensität an Neumeiers psychologisch ausgefeilter und anspruchsvoller Choreographie liegt oder von den generell anders geschulten Ensembles einfach nicht zu leisten ist. „Endstation Sehnsucht, Ballett von John Neumeier nach Tennessee Williams, Gastspiel des Tschechischen Nationalballett
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John Neumeier eröffnet die 48. Hamburger Ballett-Tage mit einer erst 15-jährigen Julia und einem Romeo, der noch zu den Gruppentänzern gehört

Foto: Louis Musin und Azul Ardizzone als Romeo und Julia

 Bei der gestrigen Aufführung übertrafen nicht nur die solistischen Leistungen von Azul Ardizzone als Julia und von Louis Musin als Romeo, sondern auch deren Pas de deux die Erwartungen. Beide, Musin und Ardizzone, wurden am Ende der Vorstellung für ihre brillante Leistung mit stehenden Ovationen und zahlreich vom Publikum über den Orchestergraben geworfenen Blumensträußen gefeiert.

Staatsoper Hamburg, Wiederaufnahme am 11. Juni 2023

Romeo und Julia, Choreographie und Inszenierung von John Neumeier
Musik von Sergej Prokofjew

Bühnenbild und Kostüme von Jürgen Rose


von Dr. Ralf Wegner (Text und 
Fotos)

Die letzte Romeo und Julia Aufführung in Hamburg sah ich vor 7 Jahren mit der damals 21-jährigen, herausragend tanzenden Emilie Mazon, die das Gefühlsleben einer 14-jährigen mit großer innerer Spannung tänzerisch umsetzte (erstmals hatte sie die Julia mit 19 Jahren auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper getanzt). Wie es allerdings möglich ist, dass bereits eine Fünfzehnjährige den wahrlich großen Part der Julia technisch überzeugend meistern und darstellerisch tief in ihre Gefühlswelt einsteigen kann, grenzt fast an ein Wunder. Die noch zur Ballettschule gehörenden Azul Ardizzone brachte Julias Unsicherheit im gesellschaftlichen Umgang, ihre Ängstlichkeit vor der bevorstehenden Verlobung mit Paris (Florian Pohl) und auch ihre zarten und später wilder werdenden Liebesempfindungen sowie ihr nachfolgendes tiefes Leiden sowohl tänzerisch als auch darstellerisch überzeugend zum Ausdruck. „Romeo und Julia, Choreographie und Inszenierung von John Neumeier
Staatsoper Hamburg, Wiederaufnahme am 11. Juni 2023“
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Die Gesangsleistungen in der Hamburgischen Staatsoper haben ihren Spitzenplatz unter den großen Häusern wieder zurückgewonnen, das zeigt sich auch an derzeitigen Serie von Hoffmanns Erzählungen, Aufführung vom 7. Juni 2023

Jana Kurucová (La Muse, Nicklausse), Erwin Schrott (Lindorf, Coppelius, Dr. Miracle, Dapertutto), Matthew Polenzani (Hoffmann), Pretty Yende (Stella, Olympia, Antonia, Giulietta) (Foto RW)

Von den von mir in der jetzt abgeschlossenen Opernsaison gehörten 20 Aufführungen erreichten 7 den Spitzenwert einer internen Bewertung von 10/10 Punkten, im Mittel der 20 Aufführungen wurden 8,5 Punkte erreicht. Das liegt nur noch knapp unter den während der Intendanzen Everding, Dohnányi und Liebermann erreichten Werten. Zu den herausragenden Aufführungen zählt auch die aktuelle Hoffmann-Serie.

Staatsoper Hamburg, 6. Juni 2023

Les Contes d’Hoffmann
Opéra fantastique in 5 Akten (1881)

Musik: Jacques Offenbach
Inszenierung: Daniele Finzi Pasca

von Dr. Ralf Wegner

Nachdem die erste Serie dieser im September 2021 premierten Fassung mit Benjamin Bernheim als Hoffmann und Olga Peretyatko in den vier Frauenpartien hochkarätig besetzt war, übernahm jetzt Pretty Yende die Sopranrollen. Sie legte, wenn man das so sagen darf, noch eine Schippe drauf. Aber nicht nur sie, sondern das ganze Quartett aus Yende, Polenzani, Schrott und Kurucová gehörte zum besten, was ich bisher in dieser Oper auf der Bühne gesehen habe. „Jacques Offenbach, Les Contes d’Hoffmann, Opéra fantastique in 5 Akten
Staatsoper Hamburg, 6. Juni 2023“
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Alina Cojocaru beeindruckt unverändert als Laura Rose Wingfield in John Neumeiers Ballett Die Glasmenagerie

Alina Cojocaru (Laura Rose Wingfield) (Foto: RW)

Dreh- und Angelpunkt sind die großen Pas de quatre im Wohnzimmer der Wingfields zu Beginn und am Ende des Stücks. Besonders die sich wellenförmig wiederholenden, nur wenig variierenden, aber eingängigen Melodien von Philip Glass (The Hours, Nr. 14, Klavier Daria Parkhomenko) korrespondieren überzeugend mit den fließenden Bewegungen und Hebungen der vier Tänzerinnen und Tänzer.


Hamburg Ballett, 30. Mai 2023


Die Glasmenagerie

Ballett von John Neumeier (Choreographie, Licht und Kostüme) nach Tennessee Williams

Musik: Charles Ives, Philip Glass, Ned Rorem

Mitarbeit Bühnenbild: Heinrich Tröger, Filme: Kiran West

Musikalische Leitung des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg: Simon Hewett

von Dr. Ralf Wegner

Neumeiers Ballett Die Glasmenagerie nach einem Stück von Tennessee Williams fesselt nicht unmittelbar, vielmehr bedarf es einer gewissen Zeit, um sich in die eher düstere, aber tiefenspannende Geschichte einzufinden und Empathie mit den Handelnden zu entwickeln: Eine ehemalige, vom Ehemann verlassene Südstaatenschönheit namens Amanda Wingfield versucht mit dem Verkauf von Illustrierten ihre kleine Familie über Wasser zu halten. „Die Glasmenagerie, Ballett von John Neumeier nach Tennessee Williams
Hamburg Ballett, 30. Mai 2023“
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Hoffmann erzählt… – Jacques Offenbach in Hamburg mit Weltstar-Besetzung

Foto © Monika Rittershaus

Jacques Offenbach
Les Contes d’Hoffmann

Kent Nagano, Dirigent

Pretty Yende, Sopran
Matthew Polenzani, Tenor,
Erwin Schrott, Bass-Bariton,
Jana Kurucová, Mezzosopran

Philharmonisches Staatsorchester, Staatsoper Hamburg, 29. Mai 2023

Daniele Finzi Pasca, Inszenierung


von Dr. Andreas Ströbl

„Sowas erlebst du sonst nur in New York oder Mailand!“ – Diese Meinung einer Opernbesucherin bei Offenbachs „Les Contes d’Hoffmann“ am 29. Mai in der Hamburger Staatsoper trifft es auf den Punkt: Wann hört man solche Stimmen von Weltformat wie Pretty Yende, Matthew Polenzani und Erwin Schrott vereint in einer Produktion, in der auch alle anderen Mitwirkenden Großartiges leisten und so einen einmaligen solistischen, choralen und orchestralen Gesamtkunstwerks-Genuss bieten? „Jacques Offenbach, Les Contes d’Hoffmann
Staatsoper Hamburg, 29. Mai 2023“
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In der Staatsoper Hamburg heißt es wieder mal Bonjour tristesse, in der Wiener Staatsoper bleibt kein Platz frei

Die Staatsoper Hamburg schafft es am Pfingstsonntag nur zu einer Auslastung von maximal 50 Prozent. In der Wiener Staatsoper ist jeder Platz besetzt.

Pfingstsonntag, 28. Mai 2023, 18.00 – 19.10 Uhr
Staatsoper Hamburg, Großes Haus, Premiere / Uraufführung

Salvatore Sciarrino, Venere e Adone

Foto: Staatsoper Hamburg © Westermann

Wiener Staatsoper, 28. Mai 2023, 19.00 – 22.15 h

Dmitri Schostakowitsch

LADY MACBETH VON MZENSK

  • Dirigent Alexander Soddy
  • Inszenierung Matthias Hartmann
  • Mit Günther Groissböck, Andrei Popov, Elena Mikhailenko, Dmitry Golovnin, Maria Barakova

von Andreas Schmidt

Stellen Sie sich bitte vor, es ist Uraufführung einer Oper (70 Minuten Länge), das Opernhaus der zweitgrößten deutschen Stadt mit einer Metropolregion von 5,5 Millionen Einwohner und mindestens 150.000 Touristen öffnet seine Tore, Rang 3 und Rang 4 werden von den Verantwortlichen erst gar nicht geöffnet !!! und von Rang bis zum Parkett sitzen nur etwa 75 Prozent der möglichen Zuschauer (darunter viele friends and family for (almost) nothing).

Die Staatsoper Hamburg schafft es an diesem Pfingssonntag bei der Uraufführung / Premiere von

Salvatore Sciarrino, Venere e Adone,

 

nur zu einer Auslastung von etwa 50 Prozent.
Davon sind noch noch mindestens 10 Prozentpunkte für friends and family abzuziehen, was die Erlöse betrifft.

Das heißt nur ca. 850 von 1690 Plätzen waren besetzt.

Ein Debakel für ein Opernhaus in einer 2-Millionen-Stadt! „Premiere Staatsoper Hamburg, Salvatore Sciarrino / Wiener Staatsoper, D. Schostakowitsch, Lady Macbeth von Mzensk
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Gänsehautfeeling am Gänsemarkt! Besuchen Sie die letzte Aufführung von „Carmen“ in der Staatsoper Hamburg – die Mezzosopranistin Maria Kataeva ist eine Jahrhundertsängerin

Staatsoper Hamburg, 23. Mai 2023
Georges Bizet, Carmen

Fotos: Maria Kataeva ©

von Andreas Schmidt

Diese Carmen sollten sie letztmalig in dieser Saison nicht verpassen: Am Samstag, 27. Mai 2023, 19.30 Uhr singt, spielt, tanzt, gestikuliert die Jahrhundert-Carmen Maria Kataeva um ihr Leben. In der Staatsoper Hamburg an der Dammtorstraße.

Ich liebe diese Oper. So eine gute Carmen habe ich nach rund 40 Aufführungen noch nicht gehört. Die Russin Maria Kataeva, Absolventin des berühmten St. Petersburger Konservatoriums, stellt Carmen nicht dar.

Sie ist Carmen.

Ihre Stimme ein Vulkan. Bombensicher, eh klar. In der Tiefe eine Macht, voll, bernsteinfarben und weiblich. Im mittleren Register ein Traum, voll und intensiv. Ja, und wenn diese Carmen dann mal die Spitzentöne serviert,
geht es einem immer wieder krass unter die Haut.

Gänsehautfeeling am Gänsemarkt.

Selbst beim frenetischen Schlussapplaus ist noch die Energie und Präsenz dieser Ausnahmekünstlerin zu spüren. Bis in die Haarspitzen.

Die Inszenierung ist Weltklasse wie die Carmen, tolle Farbwechsel, tolle echte Riesenbilder, man würde sie am liebsten zu Hause (auf SEHR große Wände) aufhängen. Die Personenführungen, die Choristen, immer am Spielen, immer in Bewegung. Die Kostüme, bunt, positiv, leuchtend.

Feurig wie Carmen.

Ein heller Wahnsinn, diese Kostüme von José Luna. Sie allein sind schon den Eintritt wert.

Die Musik eh ein Traum, selbst mit geschlossenen Augen. Von lyrischen Passagen bis zu temperamentvoller spanischer Musik.

„Carmen“ beseelt.
„Carmen“ belebt.
„Carmen“ löst Herzhüpferungen aus – bis zum Mond und wieder zurück.

„Carmen“ ist eine Oper für Anfänger und Fortgeschrittene. Hier findet jeder seine Nahrung.

Der Chor und die Alsterspatzen singen hervorragend an diesem Abend! Die Tenöre und Baritone an der Pole Position. Die Kinder und Jugendlichen echt super, in Gesang und Darstellung. Großes Kino.

Großartig der Dirigent Yoel Gamzou, fantastische Tempiwechsel. Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg folgte dankbar und sorgte für ein facettenreichen musikalisches Fundament.

Fast alle anderen Solisten sind gut, aber nicht sehr gut. Negativ fällt der Gesang der Sopranistin Guanqun Yu als Micaëla auf, der mit einem vollkommen unangebrachten Dauertremolo nervt. Bei Frasquita in persona Narea Son fragt sich der Zuschauer, in welcher Sprache die Dame singt. Französisch war nicht herauszuhören. Hier wäre ein Sprach-Coach bis Samstag zu empfehlen.

Traurig ist an diesem Dienstagabend, dass von den 1690 Plätzen nur ca. 1500 besetzt sind. Noch vor wenigen Jahren wäre eine nicht ausverkaufte „Carmen“ ein Gesprächsthema gewesen. Von den ca. 1500 Zuschauern waren etwa 100 Schüler – super! super! –, die sich bei einem Eintrittspreis von 10 Euro auf sehr guten Parkettplätzen hervorragend benahmen und auch modemäßig vielen mit gammeligen Turnschuhen, Schlabberjeans und Schlabber-T-Shirts „gekleideten“ Herren den Rang abliefen.

Sehr traurig, wie einige Männer sich da gehen ließen. Peinlich! Manche verwechseln die Staatsoper halt mit einem Dart-Club.

Buchen Sie unbedingt einen schönen Platz bis Samstag. Es sind leider noch die Hälfte !!! der Karten nicht verkauft worden – traurig, traurig, traurig… was  macht der Kopf der Hamburgischen Staatsoper eigentlich so?

Andreas Schmidt, 24. Mai 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Georges Bizet, Carmen Hamburgische Staatsoper, 5. Oktober 2022

Nabucco, Carmen, Elbphilharmonie-Konzert Hamburg, 30. September – 2. Oktober 2022

Carmen, Georges Bizet Staatsoper Hamburg, 17. September 2022 PREMIERE