So selten wie ein weißes Einhorn – A Star is born: Jonathan Tetelman

CD-Rezension: A Star is born, Jonathan Tetelman  klassik-begeistert.de

Man wünscht Jonathan Tetelman einen klugen Umgang mit seinem großen künstlerischen Potential, er hätte das Zeug, in die großen Fußstapfen Plácido Domingos zu treten- und sie auszufüllen!

CD-Rezension:

A Star is born
Jonathan Tetelman

Arias

Deutsche Grammophon  486 2927

 von Peter Sommeregger

Tenöre sind eine rare Spezies, gute Tenöre noch mehr, brillante und gut aussehende sind etwa so selten wie weiße Einhörner. Aber auf einmal gibt es da einen, der sich in Riesenschritten in die erste Reihe katapultiert hat: Jonathan Tetelman.

Leicht hat es sich der inzwischen 33-jährige chilenisch-US-amerikanische Sänger mit seiner Karriere nicht gemacht. Solide ausgebildet wurde Tetelman an der Manhattan School of Music – als Bariton. Nach seinem erfolgreichen Abschluss zweifelte der junge Sänger so sehr an sich selbst, dass er für drei Jahre als DJ arbeitete, und nicht mehr sang. Danach wurde die Sehnsucht nach der Musik aber wieder so groß, dass er sehr schnell auf Tenor umschulte, und so seine Karriere begann.

Ein Highlight seiner bisherigen Auftritte war der Paolo in Zandonais „Francesca da Rimini“ an der Deutschen Oper Berlin, der bedingt durch die Pandemie nur als Stream stattfand, danach aber auch auf Blu-ray dokumentiert wurde und ihm hymnische Kritiken eintrug. Er konnte dabei beweisen, dass nicht nur sein Gesang attraktiv ist, seine virile Bühnenerscheinung und ein starkes schauspielerisches Talent verstärken noch seine Wirkung.

Sehen kann man Tetelman auf seinem ersten, überfälligen Album für die Deutsche Grammophon nicht, aber auch ohne den optischen Bonus kann er auf der ganzen Linie punkten. Die 16 Tracks aus dreizehn so verschiedenen Werken wie Massenets „Werther“, Flotows „Martha“, Puccinis „Madama Butterfly“, und Verdis „Forza del Destino“ und „Trovatore“ verlangen von ihrem Interpreten ein hohes Maß an stimmlicher Brillanz und technischer Versiertheit. Ein baritonaler Kern ist der Stimme geblieben, was sich durchaus vorteilhaft auswirkt. Tetelman verfügt neben einer gut ausgebildeten Stimme auch noch über Eigenschaften, die man nicht erlernen kann: sein Timbre hat viele ansprechende Farben und vor allem Unverwechselbarkeit. Kernig markant, dann wieder schmeichelnd zart gelingen ihm kunstvolle Phrasierungen, die bereits große künstlerische Reife verraten. Man ist neugierig darauf, den Tenor in all diesen Partien auch auf der Bühne zu hören, um die Bestätigung des guten Eindrucks zu erhalten.

Die Aufnahmen für dieses bemerkenswerte Debüt-Album entstanden im Herbst 2021 im Alfredo-Kraus-Auditorium in Las Palmas mit dem Orquesta Filarmónica de Gran Canaria. Inspirierter Dirigent ist Karel Mark Chichon, als mehr als nur stichwortgebende Partnerin ist in mehreren Arien die Sopranistin Vida Miknevičiūtė zu hören, ihrerseits auch gerade im Begriff, sich in die erste Reihe zu singen.

Man wünscht Jonathan Tetelman einen klugen Umgang mit seinem großen künstlerischen Potential, er hätte das Zeug, in die großen Fußstapfen Plácido Domingos zu treten- und sie auszufüllen!

Peter Sommeregger, 21. August 2022, für
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