Olga Peretyatko und Pavel Černoch (Foto: RW)
Insgesamt war es der Abend des Philharmonischen Staatsorchesters unter Alexander Joel. Selten habe ich die Geigen so gut gehört, und selten eine solche Walzerseligkeit wie im zweiten Akt erlebt. Schon die Ouvertüre war dynamisch fein abgestuft und ließ einen erfreulichen Abend erwarten. Leider wurde dieses Niveau auf der Bühne nicht durchgehend gehalten.
Charles Gounod
Faust
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Alexander Joel, Dirigent
Staatsoper Hamburg, 12. November 2022
von Dr. Ralf Wegner
Den meisten Beifall erhielt der Dirigent des Abends, der 51-jährige Brite Alexander Joel. Das Philharmonische Staatsorchester spielte unter seiner Leitung auch fabelhaft. Schon die Ouvertüre war dynamisch fein abgestuft und ließ einen erfreulichen Abend erwarten.
Leider hielt Pavel Černoch als Faust nicht dieses Niveau. Seine wenig schallstarke Stimme klang hell und eng, hatte oft weder Schmelz noch Glanz. In der mit der Brustimme genommenen Höhe in der Kennenlernszene mit Marguerite (Je t’aime) klang sie wie gequetscht und damit fast unangenehm. Bei Zumischung der Kopfstimme gelangen dem Tenor durchaus klangvolle Passagen, die aber nicht ausreichten, um insgesamt von einer guten Leistung sprechen zu können. Zudem fehlte es häufig an gesanglicher Tonbindung, die bei den beiden männlichen Hauptpartien Méphistophélès und Valentin keineswegs fehlten.
Der Bariton Alexey Bogdanchikov sang Valentins erste Arie mit Glanz und schönem Legato, eine der besten gesanglichen Leistungen des Abends. Auch Adam Palka, der Ildebrando D’Arcangelo als Méphistophélès ersetzte, füllte mit seinem vielleicht für die Rolle etwas zu kultiviert klingenden, klangvollen Bass den Raum und übertönte weitgehend Pavel Černoch.
Die Rolle der Marguerite war mit Olga Peretyatko besetzt. Am Ende in der Kerkerszene gelang der Sopranistin ein beseelter Schlussgesang. Für die durchaus ins Dramatische gehenden Gefühlsausbrüche, zum Beispiel in der Juwelenarie, erwies sich ihre warm und rund klingende Stimme aber als noch nicht offen und stark genug. Hier hätte man ein Fluten des Raumes erwarten dürfen, wie wir es zuletzt in dieser Inszenierung im Jahre 2011 bei Alexia Voulgaridou oder 2014 in der Laeiszhalle in einer konzertanten Aufführung mit Sonya Yoncheva erlebt hatten.
Renate Spingler sang eine ausgezeichnete Marthe, auch der ewige Verehrer Marguerites Siébel war mit Kady Evanyshyn gut besetzt, ebenso die Partie des Wagner mit Mateusz Lugowski.
Insgesamt war es aber der Abend des Philharmonischen Staatsorchesters unter Alexander Joel, selten habe ich die Geigen so gut gehört, und selten eine solche Walzerseligkeit wie im zweiten Akt erlebt.
Dr. Ralf Wegner, 13. November 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Charles Gounod, FAUST Oper Halle, 17. September 2022 (Premiere)
DVD-Besprechung, Charles Gounod, Faust, Royal Opera House London klassik-begeistert.de