Verdis Oper Luisa Miller handelt von den Wünschen der Väter, denen sich die Kinder nicht unterordnen wollen oder können

Giuseppe Verdi, Luisa Miller,  Staatsoper Hamburg, 27. März 2022

Alexander Vinogradovs kräftiger Bass verführte mit schönen Tonbindungen und gab so mittels gesanglicher Gestaltung Einblick in die seelische Verfassung des Grafen Walter. Charles Castronovo passte vom Auftreten her perfekt zu seinem Sohn Rodolfo, überzeugte auch mit einem schallstarken, eher dunkel timbrierten Tenor.

Foto: Alexander Roslavets (Wurm), Alexander Vinogradov (Graf Walter), Franco Vassallo (Miller), Nino Machaidze (Luisa), Charles Castronovo (Rodolfo), Elena Maximova (Federica), Kady Evanyshyn (Laura) (Foto: RW)

Staatsoper Hamburg, 27. März 2022

Giuseppe Verdi    Luisa Miller

von Dr. Ralf Wegner

Es wurde während dieser Vorstellung gut bis ausgezeichnet gesungen, das Bühnenbild war ansprechend, es gab auch bemerkenswerte szenische Details, wie das Ringen von Wurm um Luisa. Alexander Roslavets imponierte dabei, von Luisa zu Boden geworfen, mit einer Art Judorolle, die man einem gestandenen Sänger eigentlich nicht zugetraut hätte.

Nino Machaidze sang und singt die Luisa in den von mir besuchten Aufführungen seit 2014 (Ausnahme Katia Ricciarelli 1981/82, mit u.a. Leo Nucci als Miller, Ruggero Raimondi als Walter und José Carreras als Rodolfo unter der Leitung von Giuseppe Sinopoli). Machaidze hat eine schöne Stimme, setzt die Koloraturen glasklar, neigt allerdings im Forte zu einer gewissen Schärfe. Vor allem ist sie eine vorbildliche Darstellerin. Charles Castronovo passte vom Auftreten her perfekt zum Rodolfo, überzeugte auch mit einem schallstarken, eher dunkel timbrierten Tenor; eine bemerkenswerte Leistung. Er war für Joseph Calleja eingesprungen, der zwar über ein betörenderes Timbre verfügt, als Darsteller  aber weniger überzeugte (2018 in dieser Rolle hier aufgetreten).

Verdis Oper Luisa Miller handelt von den Wünschen der Väter, denen sich die Kinder nicht unterordnen wollen oder können. Insoweit ist das ein zeitlich nicht beschränktes, ein immerwährendes Thema.  Beide, der Graf und Miller, wollen das Beste für Sohn und Tochter. Sie scheitern aber an der Intrige, in der sich sowohl Luisa als auch Rodolfo rettungslos verfangen.

Graf und Miller sind Paraderollen für einen Bass und einen Bariton. Alexander Vinogradovs kräftiger Bass verführte mit schönen Tonbindungen und gab so mittels gesanglicher Gestaltung Einblick in die seelische Verfassung des Grafen. Miller ist seiner Tochter gegenüber zwar empathischer, wünscht diese Ehe im Grunde aber auch nicht und ist froh zu erfahren, dass Rodolfo als Grafensohn für seine Tochter nicht mehr in Frage kommt. Franco Vassallo sang den Miller zwar mit weit tragendem, im Forte glänzenden Stimmorgan, aber ohne überzeugende Tonbindung. Bei dem Ukraine-Solidaritätskonzert am 12.03.22 hatte ich ihn noch anders wahrgenommen: Mit erlesener Stimmkultur und schönem Legato hatte er durch die Arie des Wilhelm Tell (Rossini) geführt. Elena Maximova kam die undankbare Rolle der Federica zu. Verdi hat bei dieser Figur doch etwas an der musikalischen Ausgestaltung gespart.

Nino Machaidze und Charles Castronovo (Foto: RW)

 

 

 

Insgesamt war es ein schöner Opernabend, der vom zahlreich erschienenen Publikum auch genügend bejubelt wurde. Die musikalische Leitung des Abends oblag Paolo Arrivabeni. Der Chor trat nicht auf der Bühne auf, vielmehr war er in die beiden ersten Logen des ersten Rangs verfrachtet worden. Die direkt anschließende, seitlich mit der zweiten Loge überlappende dritte Loge war nicht gesperrt, sondern in den Verkauf gelangt. Mein Platz 1 in der ersten Reihe dieser dritten Loge lag gut einen Meter von den Chorsängerinnen entfernt. Schon aus Corona-hygienischen Gründen hätten diese Plätze nicht in den Verkauf gehört. Am schlimmsten war aber, dass auf diesem Platz, wenn die Chordamen sangen, alles andere übertönt wurde. Nach kurzer Zeit setzte ich mich mehrere Reihen weiter nach hinten, was dem Verlauf des Opernabends dann zuträglicher wurde.

Dr. Ralf Wegner, 27. März 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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