Eine großartige Tänzerin hört in Hamburg auf: Hélène Bouchet

Hélène Bouchet, Ballett von John Neumeier,  Choreographie Die Glasmenagerie nach Tennessee Williams,  Hamburger Staatsoper, 10. November 2021

Foto: Ralf Wegner

Staatsoper Hamburg, 10. November 2021
Hamburg Ballett, Glasmenagerie

Am Ende galt der Jubel des Publikums vor allem ihr, die sich mit ihren tänzerischen Interpretationen in die erste Reihe der großen Tänzerpersönlichkeiten des Hamburger Balletts einreiht.

von Dr. Ralf Wegner (Fotos und Text)

Hélène Bouchet gelangte 1998 vom English National Ballet nach Hamburg, 2003 wurde sie Solistin, 2005 Erste Solistin. Am Ende des Jahres hört die am 2. Oktober 1980 in Cannes geborene Tänzerin auf und widmet sich anderen Aufgaben. Gut 120mal haben wir sie in Solopartien tanzen sehen.

Immer mit großer Bühnenpräsenz, ausdruckstark und immer erkennbar an ihren raumgreifenden Bewegungen. Mit den ihr von der Natur mitgegebenen langen Armen entwickelte sie sich zu einer Königin der Ports de bras.

Hélène Bouchet in Ghost Light (© Kiran West), Ausschnitt

Darüber hinaus war sie eine intensive Darstellerin, die 2015 als Désirée von Wertheimstein in Neumeiers Ballett Duse mit minimalistischen Bewegungen, aber starkem inneren Ausdruck die Augen auf sich zog. Bouchet imponierte mehrfach als Desdemona in Neumeiers Otello, so 2009 und 2010 im Zusammenspiel mit Otto Bubenicek und 2016 mit Carsten Jung; die Julie in Liliom legte sie weniger introvertiert, mehr selbstbestimmt als Alina Cojocaru an (2011 mit Ivan Urban als Liliom). Bouchet erwies sich als technisch glockenreine Sylphide und beeindruckte als Kameliendame mit ihrem damaligen Partner Thiago Bordin. Zusammen mit Carsten Jung war sie 2015 eine herausragende Tatjana in Crankos Ballett Onegin, nicht zu vergessen ihre bezaubernde Julia 2004 und 2005. Dieses Jahr zeigte sie nochmals ihr komisches Talent als Helena in Neumeiers, auch verfilmtem, Sommernachtstraum.

Und nun, in nur zwei Vorstellungen, ist ihre Interpretation der Laura Rose Wingfield aus Neumeiers Glasmenagerie auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper zu erleben. Was für eine erste Aufführung. Darstellerisch präsent von Anbeginn an gelang ihr eine tief anrührende Gestaltung der gehbehinderten Laura Rose Wingfield, weniger introvertiert, wie der Welt abhanden gekommen, vielmehr expressiv im Ausdruck, und tänzerisch mit der ihr eigenen raumgreifenden Ästhetik schon allein ein visuelles Ereignis.

Am Ende galt der Jubel des Publikums vor allem ihr, die sich mit ihren tänzerischen Interpretationen in die erste Reihe der großen Tänzerpersönlichkeiten des Hamburger Balletts einreiht. Wir wünschen ihr alles Gute für die Zukunft in ihrem Heimatland Frankreich. Wahrscheinlich wird sie das Hamburger Ballett vermissen, aber zumindest das Wetter dürfte an der Côte d’Azur besser sein als hier.

Dr. Ralf Wegner, 10. November 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Hamburg Ballett, John Neumeier, Glasmenagerie 3. November 2021

Ballett Halle Peer Gynt, Premiere der Uraufführung des Balletts in zwei Akte von Michal Sedláček Oper Halle, 30. Oktober 2021

 

 

 

 

 

 

 

 

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