Besser als das bisher von Demis Volpi Gesehene...

Lulu, Kammerballett von Edvin Revazov  Uraufführung/Ernst-Deutsch-Theater Hamburg, 4. Juni 2025

Das Lulu-Ensemble, ganz links vermutlich Veronika Hordina als Gräfin Geschwitz, zweiter von links Nicolas Gläsmann als Dr. Schön, in der Mitte Viktoriia Miroshyna als Lulu und rechts daneben Vladyslav Bondar als Alwa, bei den beiden anderen Tänzern handelt es sich um Ihor Khomyshchak sowie Oleksiy Grishun (Foto: RW)

Edvin Revazov überzeugte mit der Uraufführung seines Kammerballetts Lulu

Wie der als Gasttänzer auftretende Nicolas Gläsmann tänzerisch furios und mit bestechendem Ausdrucksvermögen der Partie des strippenziehenden, von Lulu nicht loskommenden Dr. Schön Profil gab, erinnerte an beste Vorstellungen auf der Ballettbühne der Hamburgischen Staatsoper.

Lulu, Kammerballett von Edvin Revazov nach Frank Wedekind

Choreographie, künstlerisches Konzept, Kostüme und Bühnenbild: Edvin Revazov

Uraufführung im Ernst-Deutsch-Theater Hamburg, 4. Juni 2025

Musik vom Band, diverse Stücke

von Dr. Ralf Wegner

Das Hamburger Kammerballett wurde 2022 auf Initiative des Ersten Solisten des Hamburg Balletts Edvin Revazov ins Leben gerufen. Derzeit gehören sechs 6 ukrainische Tänzerinnen und Tänzer zum Ensemble.

Edvin Revazov widmete sich mit seiner neuesten Choreographie dem Drama Lulu von Frank Wedekind. Die ca. 75 Minuten andauernde Vorstellung verging wie im Fluge. Leider fehlte im Programmzettel eine exakte Zuordnung der Tänzerinnen und Tänzer, so dass die nachstehend genannten Rollenbesetzungen unsicher sind.

Im Vordergrund standen die überzeugende Leistung von Viktoriia Miroshyna als Lulu sowie dem als Gast auftretenden ehemaligen Neumeiertänzer Nicolas Gläsmann als Dr. Schön. Ihr Begehren und stimulierende Erotik ausdrückender Pas de deux im Mittelteil des Stücks gehörte zum Höhepunkt der Aufführung. Schade, dass Gläsmann nicht beim Hamburg Ballett geblieben ist. Er arbeitet jetzt als sog. Freelancer in der Tanzszene. Wie er tänzerisch furios und mit bestechendem Ausdrucksvermögen der Partie des strippenziehenden, von Lulu nicht loskommenden Dr. Schön Profil gab, erinnerte an beste Vorstellungen auf der Ballettbühne der Hamburgischen Staatsoper.

Choreographisch beeindruckte auch der Schluss des Stücks. In einer Art Todestanz gibt sich Lulu drei gleich gekleideten, sich zum Teil synchron bewegenden, den Mörder Jack (the Ripper) symbolisierenden Männern hin.

Im ersten Teil ersetzte eine zwecks Videoaufzeichnung ständig über die Bühne getragene Kamera  das im Wedekind-Drama vorgesehene Studio des Malers Schwarz. Die Idee überzeugte. Der anschließende Pas de deux wurde allerdings noch etwas zu turnerisch vorgetragen. Etwas kurz geriet auch die Partie der Gräfin Geschwitz. Ohne Kenntnis des Dramas oder der Oper von Alban Berg wäre sie kaum der Handlung zuzuordnen gewesen. Geschwitz’ Liebesbeziehung zu Lulu wurde gestisch mit ausgestreckten Armen und einer von ihr zurückweichenden Lulu angedeutet. Eine stärker gefühlsbetonte Beziehung entwickelte sich zwischen beiden nicht.

Das Publikum im vollbesetzten Parkett des Ernst-Deutsch-Theaters spendete den Tänzerinnen und Tänzern am Ende langanhaltenden Beifall, untermischt mit Jubel für die Tänzerin der Lulu.

Mein Resümee: Trotz vorgenannter Anmerkungen fesselte Revazovs Choreographie vom Anfang bis zum Ende, anders als das bisher von Demis Volpi auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper Gesehene.

Dr. Ralf Wegner, 5. Juni 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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