Pene Pati (Chevalier Des Grieux) und Elbenita Kajtazi (Manon Lescaut) (Foto: RW)
Als dann aber Pene Pati in das Gasthaus (erster Akt) eintrat und zu singen begann, war es um uns geschehen: Was für eine schöne Stimme, welch weicher Tonansatz, welches goldfarbene Piano, welche Strahlkraft bei den stimmlichen Attacken und welche schönen Legatobögen standen diesem 37-jährigen Tenor aus Samoa zur Verfügung.
Manon
Oper in fünf Akten
Musik von Jules Massenet
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Leitung Giedrė Šlekytė
Inszenierung: David Bösch
Bühnenbild von Patrick Bannwart, Kostüme von Falko Herold
Staatsoper Hamburg, 20. Mai 2024
Von Dr. Ralf Wegner
Massenets Manon gehört sicher nicht zu den Werken der Opernliteratur, die sich zum wiederholten Besuch anbieten. Um Elbenita Kajtazi erneut in einer ihrer Paraderollen zu erleben, waren wir trotzdem gekommen. Als dann aber Pene Pati in das Gasthaus (erster Akt) eintrat und zu singen begann, war es um uns geschehen: Was für eine schöne Stimme, welch weicher Tonansatz, welches goldfarbene Piano, welche Strahlkraft bei den stimmlichen Attacken und welche schönen Legatobögen standen diesem 37-jährigen Tenor aus Samoa zur Verfügung.
Mittlerweile singt er bereits großen Rollen an großen Häusern. Und nicht nur von der Figur her, sondern auch vom Stimmklang ähnelt er Luciano Pavarotti, wie bereits mehrfach geschrieben wurde, hier in diesem Blog am 22. Februar 2024 von Dr. Lorenz Kerscher.
Aber anders als Pavarotti liegt Pati auch die darstellerische Interpretation. Wie er sich geradezu in die Rolle des liebenden und gleichzeitig an seiner Liebe zu Manon verzweifelnden Chevalier Des Grieux hineinwirft sowie Darstellung und Gesang zur Deckung bringt, ist überaus sehens- und hörenswert.
Elbenita Kajtazis Leistung als Manon zu loben, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Es ist nicht die pure Stimmschönheit, wie sie hier in der gleichen Partie vor zwei Jahren Pretty Yende zu Gehör brachte, auch nicht ein spezifischer, unverwechselbarer Stimmklang wie bei Maria Callas; was aber stark an letztere erinnert, ist die unbedingte Identifikation mit der Rolle, der völligen Übereinstimmung von seelischem Ausdruck und stimmlichem Klang. Das unterscheidet sie von anderen, ebenfalls hervorragenden Sängerinnen. Und damit begeistert sie immer wieder das am Ende wie berauscht applaudierende Publikum.
Leider war das Hamburger Opernhaus trotz dieser herausragenden Besetzung nur schütter besucht. Das typische Abonnentenpublikum scheint es nicht mehr zu geben. Und berichtet wird in der Hamburger Presse von solchen kulturellen Ereignissen überhaupt nicht mehr, weder im Sinne von Ankündigungen solcher faszinierender Protagonisten, noch als Besprechung einer neuen Serie.
Ich kann daher nur jedem an gesanglichen Leistungen Interessierten raten, sich eine der Folgevorstellungen vom 22., 26. oder 31.05.2024 anzusehen.
Die Nebenpartien spielen in dieser Oper gesanglich eine untergeordnete Rolle, recht schön gestaltete der Bass Tigran Martirossian die Partie des Grafen des Grieux, Theo Hoffmann hatte als Manons Cousin Lescaut viel zu schauspielern, gesanglich reichte er an die Protagonisten nicht heran. Von Alexey Bogdanchikov als Manons reichem Gönner Brétigny war mangels genügender Noten wenig zu hören, David Minseok Kang gab der Rolle des Gastwirts Profil; Daniel Kluge war als Guillot-Morfontaine gut besetzt. Stimmlich durchschlagskräftig machte sich zudem Narea Son als Poussette bemerkbar.
Unterm Strich war es dank der beiden Protagonisten Elbenita Kajtazi und Pene Pati eine Sternstunde des Gesangs, die noch dreimal wiederholt wird und keinesfalls versäumt werden sollte. Es muss nicht immer die Elbphilharmonie sein.
Dr. Ralf Wegner, 21. Mai 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
CD-Rezension: Giacomo Puccini, Manon Lescaut klassik-begeistert.de, 23. April 2024
Giacomo Puccini, Manon Lescaut Wiener Staatsoper, 9. November 2023
Lieber Herr Wegner,
Vielen Dank für Ihre Ausführungen zu Manon.
Der Opern-Abend gestern war wirklich großartig und ich schwelge immer noch in dieser Musik.
Ich werde am Sonntag noch einmal dabei sein und hoffe auf ein volles Haus. Auch von meiner Seite eine Empfehlung, diese Oper nicht zu verpassen.
Berthold Knicker