Unfassbar leicht und spielerisch: Diana Damrau als beglückende Nachtigall

Diana Damrau, Nicolas Testé, PKF – Prague Philharmonia, Emmanuel Villaume,  Elbphilharmonie

Foto: C. Höhne (c)
Diana Damrau
Sopran
Nicolas Testé Bassbariton
PKF – Prague Philharmonia
Dirigent Emmanuel Villaume
Elbphilharmonie
, 7. Juni 2017

Von Sebastian Koik

Sofort nach den ersten Tönen von Diana Damrau weiß jeder im Publikum, dass es ein besonderer Abend wird. Direkt nach ihrem ersten Einsatz zaubert sie ein Lächeln auf die Gesichter der Zuhörer, ein Lächeln, das den ganzen Abend nicht mehr verschwindet.

Ihre Stimme ist klar, reich, dicht. Sie singt mit einer unfassbaren Leichtigkeit und Souveränität, schwingt sich scheinbar mühelos und in vollkommener Schönheit in höchste Höhen. Sie kann sehr eindringlich und intensiv klingen, sie kann berühren. Besser geht es nicht! Und als wäre das alles noch nicht genug, macht sie das alles mit sprühendem Charme, ansteckender Lebensfreude und sichtlich großem Spaß am Singen und an der Musik. Es ist wunderbar, ihr zuzusehen und ihrem himmlischen Gesang zu lauschen.

Und Diana Damrau hat nicht nur im Gesang sehr viel Ausdruck, sondern spielt leidenschaftlich und mit vollem Einsatz mit Mimik und Gestik, verkörpert die Rollen der Figuren aus den Stücken von Giacomo Meyerbeer, Jules Massenet, Giuseppe Verdi und Vincenzo Bellini. Immer wieder beginnt sie zu tanzen und sich im Kreis zu drehen, während sie mit ihrem betörenden Gesang an die herrlichsten Nachtigallen erinnert. Ihre Bühnenpräsenz ist fast unglaublich, ihre Ausstrahlung erfüllt den kompletten großen Saal bis in die letzte Ecke in Ebene 16. Weder hier noch anderswo habe ich jemals jemanden gesehen, der sich so sichtlich wohl auf der Bühne fühlt wie Diana Damrau an diesem Abend in der Elbphilharmonie. Auch hat hier bisher noch niemand so sensationell das hinter der Bühne sitzende Publikum vollkommen einbezogen.

Und sie hat viel Humor. Mit den Worten „Jetzt wird’s ernst“ leitet sie die zweite Hälfte des Konzertes ein und bringt das Publikum zum Lachen. Und sie gestaltet die zweite Hälfte ebenso exzellent wie die erste. Das hervorragend zusammengestellte Programm ist gesangstechnisch äußerst anspruchsvoll. Doch selbst in den allerschwierigsten Passagen, den wahnwitzigsten Sprüngen und Koloraturen hat man nicht einen Augenblick das Gefühl, dass Frau Damrau sich anstrengen muss oder sich persönlichen Limits nähert. Selbst an den Grenzen der menschlichen Stimme ist sie jederzeit perfekt präzise und dabei unfassbar leicht und spielerisch. Sie transportiert viel Gefühl und kann auch sehr dramatisch werden. Ihr Atem scheint endlos zu sein. In der Zugabe „Adieu, mon doux rivage“ aus L’Africaine von Meyerbeer singt sie mit zärtlichster Innerlichkeit und größtem Feingefühl. Was für eine fantastische Sängerin!

Der zweite Solist des Abends ist Diana Damraus Ehemann, der französische Bass-Bariton Nicolas Testé, der die schwierige Aufgabe hat, neben einer der weltbesten Sopranistinnen auf der Bühne zu stehen. Er macht seine Sache sehr gut, und wenn ihm die Stücke liegen, kann auch er Weltklasse sein. So bei seinem allerersten Auftritt mit Meyerbeers „Pif, paf, pouf“ aus Les Huguenots und seinem letzten Solo im regulären Programm, „Sì, morir ella dè“ aus La Gioconda von Amilcare Ponchielli. Hier brilliert er mit kraftvoller, dichter, reicher und herrlich sonorer Stimme und Souveränität auch in den tiefsten Tiefen. Er begeistert mit Volumen und Substanz, in „Sì, morir ella dè“ auch mit schönsten Höhen. Auch in Verdis „Elle ne m’aime pas“ aus Don Carlo ist er stark, hat seine Stimme allerdings so auf das höhere Register kalibriert, dass es ihm in den tieferen Lagen an Gewicht fehlt. Hier und auch in den restlichen Stücken, ist er gut, sehr solide, begeistert und berührt allerdings wenig, und seine Stimme wirkt manchmal ein klein wenig hohl und dünn.

Einige Stücke singt das mit Talent gesegnete Ehepaar im Duett. Am schönsten im letzten Stück des Programms „O amato zio, o mio secondo padre!“ von Vincenzo Bellini – beide begeistern mit großer Dramatik und viel Gefühl. In der dritten und letzten Zugabe glänzt Testé erneut wunderbar sonor, mit Cremigkeit und Eleganz.

Das Orchester ist ein kongenialer Partner der beiden Solisten. Das Ensemble mit dem holprigen Namen PKF – Prague Philharmonia wurde 1994 auf Initiative des Dirigenten Jiří Bělohlávek gegründet und hat in dieser Zeit Dutzende CDs für internationale Musiklabels mit Künstlern wie Anna Netrebko aufgezeichnet. Der Dirigent Emmanuel Villaume führt das Orchester perfekt und holt mit viel Gefühl, Leidenschaft und sichtbarer Liebe zur Musik das Beste aus dem Orchester heraus. Die Begleitung der Sänger ist elegant und unaufdringlich. Die Prager beweisen sich als ein Klangkörper mit großer Musikalität, tollem Timing, Leichtfüßigkeit und schöner Spannung in der Musik.

In einigen Stücken darf das Orchester auch ohne gesangliche Begleitung musizieren und vermag zu glänzen und zu berühren. Am Eindrucksvollsten gelingt das im „Tanz der Stunden“ aus La Gioconda von Amilcare Ponchielli mit wunderbarem und äußerst effektvollem Glockenspiel und herrlichem Tänzeln des kompletten Orchesters. Die Musiker spielen herrlich spritzig und enorm geschmeidig, beglücken mit größter Präzision, Eleganz, leidenschaftlichem Feuer und einem beeindruckenden Finale. Das ist ganz stark und übertrifft sicher viele Erwartungen. Der Applaus und Jubel für diese überzeugende Leistung ist riesig. Eigentlich unnötig zu sagen, dass das nicht minder für Nicolas Testé und die bezaubernde und einmalige Diana Damrau gilt. Die Erwartungen waren hoch und wurden übertroffen.

Es bleibt eine unvergessliche Erinnerung an eine der allerbesten Sopranistinnen der Welt und eine weitere musikalische Sternstunde in der Elbphilharmonie.

Sebastian Koik, 9. Juni 2017 für
klassik-begeistert.de

Ein Gedanke zu „Diana Damrau, Nicolas Testé, PKF – Prague Philharmonia, Emmanuel Villaume,
Elbphilharmonie“

  1. Ich kann Ihrer Kritik nur zustimmen . Ein unvergesslicher Abend ! Ein Opernhaus sollte bald eine der vielen Meyerbeer-Opern, die wir Dank Frau Damrau wiederentdecken dürfen, in den Spielplan aufnehmen. Am besten mit Frau Damrau und Emmanuel Villaume. Bruno Berger-Gorski

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