„Aida“ in der Semperoper Dresden: Christian Thielemann verlegt Theben an die Elbe

Giuseppe Verdi, Aida, Christian Thielemann Semperoper Dresden, 9. März 2022

Semperoper Dresden, © Ludwig Olah

Semperoper Dresden, 9. März 2022

Giuseppe Verdi    Aida

Der König  Tijl Faveyts

Amneris  Oksana Volkova

Aida  Krassimira Stoyanova

Radamès  Francesco Meli

Ramfis  Georg Zeppenfeld

Amonasro  Quinn Kelsey


Musikalische Leitung  Christian Thielemann

Inszenierung  Katharina Thalbach

Bühnenbild  Ezio Toffolutti

Kostüme  Ezio Toffolutti

Choreografie  Christopher Tölle


von Peter Sommeregger

Lange war Verdis dramatische Meisteroper nicht mehr in Dresden zu hören. Für die neue Produktion stand mit Christian Thielemann der Generalmusikdirektor persönlich am Pult und bewies, dass er trotz seiner Spezialisierung auf Wagner und Richard Strauss auch als Verdi-Dirigent glänzen kann.

Diese Oper erfordert große Stimmen, und das aufgebotene Ensemble konnte sich durchaus sehen und hören lassen. In der Titelrolle war Krassimira Stoyanova zu erleben, die für die Aida alles mitbringt, was die schwere Partie von ihrer Interpretin fordert. Stoyanovas gut fokussierter Sopran ist sowohl in den dramatischen Ausbrüchen klangschön, als auch in den lyrischen Passagen weich und geschmeidig. Dass sie das Piano-C am Ende der Nil-Arie sehr robust nahm, zählt kaum, da der Ton sicher gehalten wurde. Ihre Gegenspielerin, die Königstochter Amneris, wurde von Oksana Volkova selbstbewusst interpretiert. Ihr voll und rund klingender Mezzosopran hatte mit der anspruchsvollen Rolle keine Probleme, lediglich den Zornesausbruch in der Gerichtsszene hätte man sich vielleicht wuchtiger und nachdrücklicher gewünscht.

Den zwischen diesen beiden Powerfrauen stehenden Radamès sang Francesco Meli, einer der derzeit führenden Verdi-Tenöre, der vom Stimmcharakter her eher als lyrischer Tenor einzustufen wäre, sich aber das Spinto-Fach erfolgreich erobert hat. Meli verfügt nicht unbedingt über eine dominante Bühnenerscheinung, vermag aber mit der erstaunlichen Durchschlagskraft seines Tenors zu beeindrucken.

Seinen verhinderten Schwiegervater stattet Quinn Kelsey mit kräftigem, warm timbrierten Bassbariton aus, der aus der kurzen aber dramaturgisch wichtigen Rolle ein Optimum herausholt.

Als Spielmacher fungiert in der „Aida“ der Hoheprister Ramphis, dem Georg Zeppenfeld ein stimmlich wie darstellerisch markantes Profil verleiht. Ausgestattet mit auffallenden Plateauschuhen und einem schwarzen Umhang steht er für die graue Eminenz des ägyptischen Reiches.

„Aida“ ist im Grunde ein martialisches Stück, es geht um einen Krieg, der die Schicksale der Hauptpersonen nachhaltig beeinflusst. Das verleiht der Oper eine überraschende Aktualität, vor Beginn wurde aus Gründen der Solidarität die ukrainische Nationalhymne gespielt. Den Krieg als Ursache der Kümmernisse der handelnden Personen sichtbar zu machen, gelingt Katharina Thalbach in ihrer Inszenierung aber nicht. Das Repertoire der gezeigten Mimik und Gestik erschöpft sich weitgehend in Händeringen und anderen Standardgesten, die verblüffend an die Ästhetik von Stummfilmen erinnern. Nicht wirklich überzeugen können auch die Bühnenbilder Ezio Toffoluttis, der speziell im Nilakt und auch der Schluss-Szene gänzlich einfallslose Tableaus auf die Bühne stellt, die den Darstellern allein das Feld überlassen, wobei sie von der Personenregie auch keine Unterstützung erfahren.

Christian Thielemann, (c) Matthias Creutziger

Blendend disponiert war die Sächsische Staatskapelle, die unter Christian Thielemann einen sehr differenzierten Verdi-Klang herstellen konnte, brillant die Blechbläser im Triumphbild. Auch der Chor des Opernhauses enttäuschte nicht, ebenso die erotisch freche Choreographie der Ballettszenen.

In der Summe ein geglückter Abend, mit Schwerpunkt auf dem musikalischen Teil.

Peter Sommeregger, 10. März 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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