Serafina Starke © Mark Noormann
Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.
von Dr. Lorenz Kerscher
Woher nehme ich den Optimismus, ein 24-jähriges Mitglied des Opernstudios der Berliner Staatsoper Unter den Linden als Rising Star zu empfehlen? Das geht auf einen vor kurzem erlebten Liederabend zurück, der auf mich den allerbesten Eindruck machte und mich ermutigte, auf die Zukunft der jungen Künstlerin zu wetten. Am Sonntag, 9. März 2025 gestaltete Serafina Starke zusammen mit ihrer Klavierpartnerin Rebeka Stojkoska ein Programm mit dem Titel „Zwischen Wunsch und Wahn“. Hierfür bot der Blaue Saal in Pullach bei München einen schönen Rahmen, in dem ca. 60 Besucher Lieder von der Romantik bis zur Moderne erleben konnten.
Lieder aus Robert Schumanns Myrthen op. 25 in Gegenüberstellung zu Werken seiner Frau Clara bildeten der ersten Teil des Programms. Hier steht der Wunsch im Vordergrund, die Erwartungen von Robert und Clara Schumann an die vor Gericht erkämpfte Eheschließung, die dann der Realität nicht so ganz standhalten konnten. Doch zuerst ist Optimismus angesagt: die einleitende „Widmung“ bringt die junge Sängerin voller Elan und Strahlkraft zur Wirkung. Lyrischere Stücke wie „Der Nussbaum“ und „Die Lotosblume“ lassen auch die Substanz und Wärme der Stimme in Erscheinung treten und man stellt erfreut fest, dass der Text sehr gut artikuliert wird, ohne dass es gekünstelt wirkt.
Auch die Intonation ist makellos und darüber hinaus entwickelt Serafina Starke einen starken Ausdruckswillen, um die wechselnden Gefühlslagen darzustellen, die wahrscheinlich auch die Beziehung von Robert und Clara zutreffend beschreiben.
Sechs Lieder op. 48 von Edvard Grieg bieten der jungen Sopranistin eine weitere Gelegenheit, im Wechselspiel von Liebeslust und Liebesleid ihre Vielseitigkeit unter Beweis zu stellen. Es gelingt ihr, dem Publikum den Zauber unterschiedlichster Stimmungen mitzuteilen, die Resignation von „Dereinst, Gedanke mein“ ebenso wie die Lyrik von Walther von der Vogelweides „Die verschwiegene Nachtigall“, die Verzweiflung von „Zur Rosenzeit“ und die verliebte Begeisterung von „Ein Traum“.
Doch dann bricht sich mit Macht das zweite Thema des Abends Bahn, nämlich der Wahn. Richard Strauss und Wolfgang Rihm haben die drei Lieder der unglücklichen Ophelia aus Shakespeares Hamlet vertont, nun werden diese einander direkt gegenübergestellt. Hier zeigt Serafina Starke mit beeindruckendem dramatischem Elan, dass sie neben ihrem Wirken im Lied- und Konzertbereich auch auf die große Opernbühne strebt. Sie versteht es, die Emotionen überzeugend zuzuspitzen, und entwickelt dabei eine stimmliche Kraft, die sich auch gegen ein großes Orchester behaupten würde. Großer Applaus am Ende auch für die vortreffliche Pianistin und eine versöhnliche Zugabe: „Morgen“ von Richard Strauss, mit der nochmals lyrischer Wohlklang zum Zuge kam.
Die große Opernbühne ist für Serafina Starke längst kein fremdes Land mehr, sie hat sogar schon bei den Salzburger Festspielen mitgewirkt. Zunächst war das 2022 beim „Young Singers Project“ mit einer Rolle in einer Kinderoper und als eines der Blumenmädchen in Parsifal, 2023 dann als Barbarina in Le nozze di Figaro. Das ist durchaus eine Partie, in der ein Nachwuchstalent Eindruck machen kann!
Serafina Starke live @ Salzburger Festspiele 2023
Schon sehr früh wurde die im Jahr 2000 Geborene musikalisch gefördert, mit drei Jahren erhielt sie ersten Klavier- und Violinunterricht. Ab 2013 wurde sie zunächst von ihrer Mutter Antonia Starke im Gesang unterrichtet, ab 2016 war sie Jungstudentin an der Universität Mozarteum Salzburg und absolvierte dort von 2018 bis 2022 ihr Bachelorstudium. An der Musikhochschule München setzte sie ihr Gesangsstudium bei Daniela Sindram fort und erwarb dort 2024 den Masterabschluss.
Erste Wettbewerbserfolge stellten sich ein, sie gewann Stipendien und Förderpreise und fand interessante Auftrittsmöglichkeiten auf Konzertpodien und Opernbühnen – all das ist ausführlich im biografischen Teil ihrer Homepage zu erfahren. Parallel zum Gesang vervollkommnete sie sich auf der Violine, war von 2012-2018 Mitglied des ATTACCA Jugendorchesters der Bayerischen Staatsoper und nahm 2020 am Mozarteum Salzburg ein Violinstudium auf. Mit dem Eintritt in das Opernstudio der Staatsoper Unter den Linden zur Spielzeit 2024/25 sind nun die Würfel in Richtung Gesangskarriere gefallen.
Nun hat sie also die Möglichkeit, die Frische und den Wohlklang, mit dem sie das Publikum des Liederabends in Pullach begeisterte, auf die Opernbühne zu tragen und dort weiterzuentwickeln. Rollen wie die Papagena in der Zauberflöte und das Ännchen in der Kinderversion des Freischütz sind nun die richtigen Schritte, um in dieses Metier hineinzuwachsen. Fremd ist ihr diese Welt nicht mehr, in Hochschulproduktionen, bei der Kammeroper München und, wie oben erwähnt, sogar bei den Salzburger Festspielen hat sie sich schon gut im Musiktheater eingelebt.
Una donna a quindici anni – Serafina Starke
Ich sehe Serafina Starke auf einem guten Weg zu einer vielversprechenden Karriere. Sie versteht es, mit natürlichem Charme das Publikum für sich zu gewinnen und mit Können wie auch Inspiration zu überzeugen. Meine Wette gilt: in wenigen Jahren, so denke ich, wird sie den meisten Freunden des klassischen Gesangs keine Unbekannte mehr sein!
Dr. Lorenz Kerscher, 13. März 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Dr. Lorenz Kerscher
„Musik ist Beziehungssache,“ so lautet mein Credo. Deshalb bin ich auch als Chorsänger aktiv und treffe mich gerne mit Freunden zur Hausmusik. Eine neue Dimension der Gemeinsamkeit eröffnet sich durch die Präsenz vieler, vor allem junger Künstler im Internet, wo man Interessantes über ihre Entwicklung erfährt, Anregungen zur Entdeckung von musikalischem Neuland bekommt und auch in persönlichen Kontakt treten kann. Man ist dann kein Fremder mehr, wenn man ihnen als Autogrammjäger begegnet oder sie sogar bei einem Konzertbesuch im Publikum trifft. Das ist eine schöne Basis, um mit Begeisterung die Karrieren vielversprechender Nachwuchskünstler mitzuerleben und bei Gelegenheit auch durch Publikationen zu unterstützen.“
Rising Stars 57: Anastasia Kobekina, Violoncello klassik-begeistert.de, 27. Februar 2025