Knut Andreas © Isabela Senatore
Carmina Burana
Aram Khachaturian Tänze aus „Gayaneh“ (Tanz der Mädchen, Säbeltanz, Wiegenlied, Gopak, Gayaneh Adagio, Lezhginka)
Carl Orff Carmina Burana
Rachel Pinewska Sopran
Patrick Vogel Tenor
Matthias Vieweg Bariton
Knut Andreas Dirigent
Festival Sinfonieorchester Berlin
Chor Junges Ensemble Berlin
Mädchenkantorei Am Bremer Dom
Bremer Konzerthaus Die Glocke, 26. Januar 2025
von Dr. Gerd Klingeberg
Mit seinen „Cantiones profanae cantoribus et choris cantandae comitantibus instrumentis atque imaginibus magicis“, jener weitaus besser unter dem griffigen Titel „Carmina Burana“ bekannten Vertonung mittelalterlicher Vagantenlieder, hat Carl Orff einen echten Superhit kreiert. Dieses zweifellos berühmteste seiner Werke stand im Mittelpunkt eines Nachmittagskonzerts des Festival Sinfonieorchesters Berlin unter dem umsichtigen Dirigat von Knut Andreas.
Für das erste Konzertdrittel, quasi als gute orchestrale Aufwärmübung, standen sechs ausgewählte Tänze aus Khachaturians „Gayaneh“ auf dem Programm. Darunter der „Säbeltanz“, den das Ensemble zupackend fetzig darbot. Bei „Gopak“, ebenfalls aus der 3. Suite, kam im temperamentvollen, geradezu ungebärdigen Spiel samt Blaskapellen-Humptata eine mitreißend ausgelassene Volksfeststimmung, auf, so wie man sie sich vorstellt in Georgien, dem Heimatland des Komponisten. Dem „Wiegenlied“ fehlte es zwar nicht an Gemütvollem, jedoch wäre die gewählte Lautstärke einer kindlichen Beruhigung kaum dienlich gewesen.
Verstolpertes Orchester-Pling
Die durchweg nur schmale dynamische Bandbreite des Orchesters im leisen Bereich war – anders als jene im Forte-Bereich – dann auch bei der „Carmina“ wiederholt als nachteilig zu erleben, etwa wenn sich der Chor bei einigen Passagen deutlich zurücknahm – und instrumental prompt deutlich übertönt wurde. Einer orchestralen Nachjustierung bedarf es auch im Hinblick auf so manchen leicht verstolperten Einsatz oder Schlusston. So hatte es schon etwas Slapstickartiges an sich, wenn bei „Veris leta facies“ das helle Schluss-Pling nach beinahe jedem Absatz als Doppel-Pling zu hören war, aber final dann doch noch halbwegs synchron klappte. Weitere Schwierigkeiten ähnlicher Art wusste Dirigent Andreas durch zumeist nicht übermäßig sportliche Tempovorgaben gut zu umgehen.
Der Chor ‚Junges Ensemble Berlin‘ gefiel bereits beim bombastischen Eingangs-„O Fortuna“ mit engagiertem Auftritt. Saubere Intonation und präzise Artikulation samt guter dynamischer Abstufungen sorgten für eine durchweg spannungsvolle Darbietung. Davon keineswegs ausgeschlossen waren auch solche teils wahrhaft zungenbrecherischen Lieder wie „In taberna quando sumus“, „Veni, veni, venias“ oder „Ecce gratum“, bei denen die einzelnen Stimmen zudem reibungslos ineinandergriffen. Einen netten Akzent verlieh zudem der Auftritt der Mädchenkantorei am Bremer Dom mit einem lieblich hell vorgetragenen „Amor volat undique“.
Überzeugend gemimter betrunkener Abt und gebratener Schwan
Bariton Matthias Vieweg mochte bei seinem „Estuans interius“-Solo noch leichte Probleme mit den Höhen haben: In der Rolle als trunkener Abt psalmodierend und mit Stentorstimme geriet sein „Ego sum abbas“ absolut überzeugend. Gleiches galt auch für Tenor Patrick Vogel, der als gebratener Schwan in der Pfanne mit buffoneskem Falsett eine brillante Show ablieferte, bevor er unter Szenenapplaus wie völlig geschafft von der Bühne wankte.
Einschmeichelnd zarte Koloraturen steuerte Sopranistin Rachel Pinewska bei, um sich schließlich bei ihrem überaus gefühlvoll angestimmten Liebesgeständnis „Dulcissime“ mühelos und wie ätherisch bis ins dreigestrichene hohe D aufzuschwingen.
Noch einmal legten sich alle Aufführenden voll ins Zeug beim hymnischen „Ave formosissima“ sowie dem abschließenden, in wahrhaft überwältigender Klangopulenz dargebotenen „O Fortuna“. Und wurden, völlig verdient, für die insgesamt gut gelungene Darbietung mit frenetischem Beifall und Standing Ovations bedacht.
Dr. Gerd Klingeberg, 27. Januar 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Bremen: Elgar und Beethoven Bremer Konzerthaus, 13. Januar 2025
34. Kölner Sommerfestival, Carl Orff (1895-1982) – Carmina Burana Kölner Philharmonie, 18. Juli 2023