"Das Lied der Erde" in Hamburg: Wie tanzt man Depression?

Foto: Kiran West (c)
Staatsoper Hamburg
, 30. Juni 2018
Das Lied von der Erde, Ballett von John Neumeier
Musik: Gustav Mahler(1840 – 1911)
Choreografie, Bühnenbild, Licht und Kostüme: John Neumeier
Klaus Florian Vogt, Tenor
Christoph Pohl, Bariton

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Leitung: Simon Hewett

Ein Gastbeitrag von Teresa Grodzinska

„Das Lied von der Erde“ wurde im Februar 2015 in der Pariser Oper uraufgeführt. Die Premiere in Hamburg fand am 4. Dezember 2015 statt. Die Aufführung, der ich beiwohnte, fand im Rahmen der „Hamburger Balletttage“ statt und war die zwölfte seit der Premiere im Dezember 2015. „Das Lied von der Erde, Ballett von John Neumeier, Klaus Florian Vogt, Hamburg Ballett,
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Telemann als schwungvolle Barmusik - "Miriways" an der Staatsoper Hamburg

Foto: Matthias Baus (c)
Staatsoper Hamburg
, 3. Juli 2018
Georg Philipp Telemann, Miriways

von Sarah Schnoor

Getränkehalter an den Stühlen, Glenn Millers „Moonlight Serenade“, Dämmerlicht, abgehängte Decke, ein paar Tische – alles in Schwarz-Weiß mit dezent gold-gelber Note und fertig ist die 1950er-Jahre-Baratmosphäre. Kommt man in die opera stabile, sitzt die „Barband“, bestehend aus Mitgliedern der Orchesterakademie des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg, schon bereit, und auch die Bardame (Ruzana Grigorian) hübscht sich und ihre Gläser hinter dem Tresen fleißig auf. Das Publikum darf mit an den im Raum verteilten Tischen sitzen, und alles wirkt so authentisch, dass ein Zuschauer sogar versucht, bei Ruzana Grigorian (Samischa) ein Getränk zu bestellen. „Georg Philipp Telemann, Miriways,
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Hamburg Ballett: Die Musik wächst aus den Schritten, die Schritte wachsen aus der Musik

Foto: Hamburg Ballett (c)
Staatsoper Hamburg
, 29. Juni 2018
Duse, choreografische Phantasien über Eleonora Duse.
Musik: Benjamin Britten und Arvo Pärt
Choreografie, Bühnenbild, Licht und Kostüme: John Neumeier

Ein Gastbeitrag von Teresa Grodzinska

Ars longa, vita brevis – das Leben ist kurz, die Kunst ist lang. Jetzt nicht mehr.

„Duse“ ist das zweite Ballett von John Neumeier, das ich diese Woche sehen durfte. Das erste, „Nijinsky“, sah ich privat vor paar Tagen – daher erschien hier kein gesonderter Beitrag darüber.

Ich komme nicht umhin, die beiden Abende zu vergleichen. Es gibt wirklich frappierende Parallelen zwischen dem Leben beider Künstler und Parallelen zwischen den beiden Werken von John Neumeier. „Nijinsky“ entstand im Jahre 2001, Wiederaufnahme 2016. „Duse“ wurde am 6. Dezember 2015 in Hamburg uraufgeführt.

Beide Titel, schlicht und ohne Schnörkel daherkommend, „Nijinski“ und „Duse“ deuten es an: Es handelt sich um berühmte Namen, um berühmte Künstler. „Nijinsky, Duse, John Neumeier, Hamburg Ballett,
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Zwischen Flüchtlingskrise und Me-too-Debatte – ein politisch aufgeladener „Otello“ in der Staatsoper Hamburg

Foto: Hans Jörg Michel (c)
Hamburgische Staatsoper
, 20. Juni 2018
Giuseppe Verdi, Otello

von Leonie Bünsch

Wie war noch gleich die Geschichte von „Otello“? Eigentlich sollte die Handlung von Shakespeares Drama zumindest in Grundzügen bekannt sein. Der „Mohr von Venedig“, wie ihn Shakespeare nannte, der durch ein intrigantes Spiel und seine eigene Eifersucht dem Wahnsinn verfällt und erst seiner Geliebten Desdemona und schließlich sich selbst das Leben nimmt. Doch in den ersten Minuten von Calixto Bieitos Inszenierung scheint all das vergessen zu sein. Der erste Akt von Verdis Oper ist dermaßen politisch aufgeladen, dass man für einen kurzen Moment vergisst, für welche Vorstellung man in die Hamburgische Staatsoper gekommen ist. „Giuseppe Verdi, Otello,
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Staatsoper Hamburg: Tolle Sänger im Tollhaus voller Notenblätter

Foto: alikhan photography (c)
Staatsoper Hamburg

Wolfgang Amadeus Mozart, Le Nozze di Figaro, 19. Juni 2018

Ein Gastbeitrag von Teresa Grodzinska

Ich gestehe: wegen des Fußballspiels Senegal gegen Polen um 17 Uhr verpasste ich als Polin die Hälfte des ersten Aktes. Landete verschwitzt und unkonzentriert um 19.50 Uhr (zweiter Einlass, strenge Sitten hier) im 2. Rang rechts.

Aber bei Mozart landet man immer gleich im Himmel. Das Baden in der Musik dieses Genies gelingt mühelos, ob verschwitzt, verspätet, beschämt in der Hamburger Oper oder im Kreissaal. Mein Sohn kam zu den Klängen der „Kleinen Nachtmusik“ zur Welt. Äußerst glückseliger Zeitgenosse übrigens, Mozart sei Dank. „Wolfgang Amadeus Mozart, Le Nozze di Figaro, Olga Peretyatko,
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"Le Nozze di Figaro": Das kann selbst Hollywood nicht besser

Foto: Karl Forster (c)
Staatsoper Hamburg
, 14. Juni 2018
Wolfgang Amadeus Mozart, Le Nozze di Figaro

von Sarah Schnoor

„Le Nozze di Figaro“ ist ein grandioses Werk von Mozart und Da Ponte mit komplexer Handlung und damals skandalträchtigem Material. Die Hamburgische Staatsoper holte sich für die Inszenierung des „Figaro“ 2015 Stefan Herheim ans Haus. Und das Ergebnis ist gleich von Beginn an ein Blickfang. Auf eine weiße Leinwand wird das Figaro-Autograph projiziert und läuft im Tempo mit, während das Philharmonische Staatsorchester die Ouvertüre spielt. Plötzlich verselbstständigen sich einzelne Noten und bald wird ein Mann, bald eine Frau aus herumfliegenden Achteln geformt. Er läuft ihr hinterher, macht ihr den Hof, blickt verschmitzt unter ihren Rock und verführt sie schließlich. Wie Spermien fliegt ein Schwarm aus Achtelnoten in der Animation auf die davonlaufenden Frauen, und das Publikum johlt und applaudiert, während die Ouvertüre noch läuft. Eine sehr lustige Einstimmung auf das, was noch kommt. Wer mit wem darf, kann und will, ist schließlich auch der Inhalt dieser Oper. „Wolfgang Amadeus Mozart, Le Nozze di Figaro,
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Staatsoper Hamburg: Dieser Verdi regt zum Nachdenken an

Foto: Hans Jörg Michel (c)
Giuseppe Verdi, Otello,
Hamburgische Staatsoper, 5. Juni 2018

Ein Gastbeitrag von Teresa Grodzinska

Schon der Weg in die Staatsoper Hamburg versprach: es wird sehr italienisch. 30 Grad, ein laues Lüftchen, weißer, glatter Straßenbelag rund um die Dammtorstraße strahlt die Hitze des Tages ab, das diffuse Abendlicht erinnert an Florenz, Mailand… Für Rom ist es zu leise. Wir sind in Hamburg, der Stadt der Kaufleute und Kunstmäzene. Die gehen in die Oper. Die teuersten Karten kosten 97 Euro, auch am Dienstag. „Giuseppe Verdi, Otello,
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Nicht bloß fauler Zauber: "Das Rheingold" in Hamburg

Foto: (c) Monika Rittershaus
Staatsoper Hamburg,
Pfingstmontag, 21. Mai 2018
Richard Wagner, Das Rheingold

von Leon Battran

Es knallt und dampft. Claus Guths „Rheingold“-Inszenierung fordert eine gute Portion Humor von ihrem Publikum ein. Wenn es gelingt, diesen aufzubringen, kann man diese Inszenierung aber gutheißen und genießen. Und man verzeiht auch die stellenweise sehr ironische Behandlung von Wagners Weltenmythos. „Richard Wagner, Das Rheingold,
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"Das Rheingold" in Hamburg: Ein Zwerg zum Verlieben

Foto: Monika Rittershaus (c)
Staatsoper Hamburg
, 21. Mai 2018
Richard Wagner, Das Rheingold

von Sarah Schnoor

Wotan, wer und wie war Wotan? Eigentlich dreht sich alles um ihn. Aber heute Abend steht ein Zwerg im Mittelpunkt: Alberich. Werner Van Mechelen verleiht ihm Stimme und Körper. Der buhlende Zwerg wird gelockt, ausgelacht und erniedrigt. Schnell dreht sich sein Benehmen von einem lüsternen kleinen Mann zu einem übermächtigen und brutalen Herrscher. Rheingold und sein daraus geschmiedeter Ring machen dies möglich. Van Mechelen besingt die Rheintöchter so eindringlich, wie er kurz darauf der Liebe abschwört. Seine warme, runde und trotzdem durchdringende, große Stimme hat viele Farben. Er bringt sowohl den kernig hinterlistigen Charakter des Niblung heraus, als auch den sich Sehnenden, der in der vierten Szene in wunderschönem Legato seinen Ring besingt und verflucht. Zum Verlieben schön ist der Gesang des „höckrigen“ Zwergs. „Richard Wagner, Das Rheingold,
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Großer Gesang im Hamburger „Rheingold“ – Weltklasse-Wotan Vladimir Baykov

Foto: Monika Rittershaus (c)
Staatsoper Hamburg
, 18. Mai 2018
Richard Wagner, Rheingold

von Sebastian Koik

Beeindruckend, mit welch geschlossen starker Leistung die komplette Sängerschaft bei diesem Hamburger Rheingold auftritt! Und die meisten dieser Künstler sind Mitglieder des Staatsopern-Ensembles.

Vladimir Baykov spielt und singt einen Weltklasse-Wotan! Über den ganzen Abend brilliert der Bassbariton mit dichter, cremiger Stimme und scheinbar endlos langem Atem. Seine Tiefen sind wunderbar sonor und warm, aber auch vollkommen elegant in den mittleren und höheren Lagen. Die wahrlich große Stimme hat Autorität und ist ständig wunderbar präsent. Es ist eine makellose, unglaublich souveräne Performance des Ensemble-Mitgliedes, die verblüfft. Seine Textverständlichkeit ist ebenfalls sehr, sehr schön. Es ist eine Freude, ihn singen und spielen zu sehen! „Richard Wagner, Das Rheingold,
Staatsoper Hamburg“
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