klassik-begeistert: Wie finden Sie das, dass die Bayreuther Musiker diese Fledermaus „Cosima“ nennen?
Markus Melber: Das gibt der ganzen Veranstaltung einen sehr positiven Charakter. In diesem Zusammenhang ist der Name sehr treffend. Ich finde das schön, weil das zeigt, wie wohl gesonnen die Musizierenden oder andere Mitarbeiter der Bayreuther Festspiele Fledermäusen gegenüber sind. Dies ist heute leider nicht üblich, weil Fledermäuse nach wie vor mit vielen Mythen und Legenden zu kämpfen haben. Man unterstellt ihnen Vampirismus, dass sie menschliches Blut trinken oder in anderem Sinne gefährlich sind. Die Fledermaus „Cosima“ fühlt sich von der Musik Richard Wagner nicht gestört. Ganz im Gegenteil, sie scheint sich mit ihr gut zu arrangieren und ist dadurch vielleicht kulturell mehr aufgeschlossen als der Großteil der Bevölkerung. Sollte sich eine Stechmücke über dem Orchestergraben herumtreiben, schnappt „Cosima“ sie gerne, als kleinen Snack auf dem Weg aus dem Gebäude.
Zeichnung: Die Fledermaus „Cosima“ von Dominika Farley, nach einer Idee von Jolanta Łada-Zielke ©
„Durch den Orchestergraben fliegt manchmal eine Fledermaus – wir nennen sie Cosima – das hat etwas Surreales, beide Welten berühren sich“, sagte der Konzertmeister des Festspielorchesters Juraj Cizmarovic in einem Interview für den Nordbayerischen Kurier [1].
„Keiner weiß, wo diese Fledermaus im Gebälk lebt“, erzählt ein Mitglied des Festspielchors. „Uns erheitert es immer, wenn sie auftaucht, und natürlich denkt dann jeder, dass Richard oder Cosima nachschauen, ob hier noch alles mit rechten Dingen zugeht.“
von Jolanta Łada-Zielke
Ich selbst habe die Fledermaus vom Zuschauerraum aus gesehen, als sie bei Aufführungen von „Tristan“ und „Lohengrin“ über die Bühne flog, deren Bühnenbild recht dunkel ist. Das Hauptgebäude des Festspielhauses ist aus Holz, nicht klimatisiert und neun Monate im Jahr passiert dort nichts, außer Führungen. Sind das ideale Lebensbedingungen für Fledermäuse?
Ich habe den Chiropterologen Markus Melber [2] eingeladen, uns über die Anpassungsfähigkeit dieser Tiere zu unterhalten.
„Fledermäuse nutzen im Verlauf eines Jahres unterschiedliche Örtlichkeiten, da sie in einem Jahreszyklus leben“, so Melber. „Im Winter halten sie Winterschlaf von etwa November bis April und im Sommer leben sie in Wäldern oder eben auch an und in Gebäuden. Alte Gebäude, die häufig noch nicht thermoisoliert sind, wie das Festspielhaus in Bayreuth, bieten sowohl an der Fassade als auch im Inneren häufig viele Rückzugsorte für Fledermäuse. Ebenfalls aus diesem Grund sollte man solche historischen Gebäude erhalten.“ „Ladas Klassikwelt 99: Eine Fledermaus fliegt durch das Festspielhaus
20. Oktober 2022“ weiterlesen