Lieses Klassikwelt 70: Plácido Domingo zum 80. Geburtstag

Foto: Plácido Domingo als Don José („Carmen“) – Autogrammkarte von Kirsten Liese. Der Weltstar hat sie ihr in den 1970er-Jahren persönlich zugeschickt.

von Kirsten Liese

Mitte der 1970er-Jahre erlebte ich ihn zum ersten Mal auf der Bühne. Als Cavaradossi in der bewährten Inszenierung von Boleslaw Barlog in der Deutschen Oper Berlin, die heute nach Hunderten von Tosca-Vorstellungen immer noch im Repertoire des Hauses ist und sich eben schon damals bestens eignete für Auftritte für Gaststars. Kündigte sich Plácido an, waren die Vorstellungen schon wochenlang vorher ausverkauft, die hohen Erwartungen löste er stets ein. Bei seinem italienischen Kollegen Luciano Pavarotti, der ebenfalls mehrfach gerne mit dieser Rolle nach Berlin kam, war das nicht anders, nur dass Domingo den Maler glaubwürdiger darstellte. Das waren goldene Zeiten, in denen sich die Westberliner Opernfans Nächte um die Ohren schlugen, um Karten zu ergattern. Einige hatten einen Klappstuhl dabei, wer als erster da war, verteilte die Nummern. Es waren meist die üblichen Verdächtigen.  

Das ist lange her, aber zu Ende ist diese mittlerweile über 60 Jahre (!) währende Karriere, die 1959 ihren Lauf nahm, noch nicht. Vor zwei Jahren erlebte ich Domingo, der längst ins Baritonfach wechselte, an der Berliner Staatsoper Unter den Linden als Macbeth. Seine besondere Aura hatte er da immer noch, und auch ansonsten war der gebürtige Spanier sagenhaft in Form. Nun wird diese Legende am 21. Januar 2021– ich kann es kaum glauben –  80 Jahre alt. „Lieses Klassikwelt 70: Plácido Domingo zum 80. Geburtstag
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Sommereggers Klassikwelt 70: Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (BRSO) – Klangkörper der ersten Liga

Sir Simon Rattle, Foto: © Astrid Ackermann

Man darf damit rechnen, dass sich Sir Simon würdig in die Reihe der berühmten Orchesterleiter einreihen wird. Dafür sei ihm schon einmal vorab viel Glück und gutes Gelingen gewünscht!

von Peter Sommeregger

Das im Jahr 1949 aus ehemaligen Mitgliedern des Reichssenders München hervorgegangene Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (BRSO) wurde unter dem Dach des 1948 gegründeten Bayerischen Rundfunks etabliert. In dem berühmten Dirigenten Eugen Jochum fand man einen prominenten ersten Chefdirigenten, der mit allen Vollmachten ausgestattet die Bildung dieses neuen Klangkörpers vorantreiben konnte. Auf Grund seiner Kompetenz und Prominenz konnte Jochum viele prominente Musiker aus aller Welt für das Orchester gewinnen. „Sommereggers Klassikwelt 70: Das BRSO München – Klangkörper der ersten Liga“ weiterlesen

Schweitzers Klassikwelt 26: Leonard Cohen – Ein Leben in Gesprächen

Haben wir es bei Leonard Cohen, * 1934, der im November 2016 von uns gegangen ist, in erster Linie mit einem Song-Writer, einem Dichter oder doch auch mit einem Sänger oder gar mit einem Philosophen zu tun? Der Verfasser dieser Rezension hat nur Erfahrungen mit den frühen Alben seiner ersten Songs, die er privat für Musiktherapien empfahl.

von Lothar Schweitzer

In unsrer „Bio“-Serie hatten wir es bis jetzt mit genau und gewissenhaft recherchierten Biografien und mit sehr persönlich gehaltenen Autobiografien zu tun. Um vom Leben eines Künstlers mehr zu erfahren, bietet sich eine dritte Vorgehensweise an, nämlich das Interview als ausschließliche Quelle, also die Darstellung eines Lebens in Gesprächen. In unserem Fall liegen sechs in einem Buch gesammelte Befragungen durch fünf Personen vor, die ebenfalls einen künstlerischen Background aufweisen. Einmal fand eine Wiederbegegnung nach drei Jahren statt. Leonard Cohen gab die Interviews, als er zwischen 54 und 60 Jahren zählte. Beim letzten im Buch abgedruckten Interview war er bereits 75 Jahre alt. „Schweitzers Klassikwelt 26: Leonard Cohen – Ein Leben in Gesprächen“ weiterlesen

Der Schlauberger 33: Oder doch lieber eine Challenge? Heute – die Superfloskel

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

Haben Sie’s gelesen? Einzelfälle ist die Negativfloskel des Jahres, ausgewählt von dem Webprojekt „Floskelwolke“.

Meine Superfloskel des Jahres aber ist Herausforderung. Ein Wort wie eine Küchenmaschine, mit der Sie alles erledigen können: vom Milchmixen bis zum Möhrenreiben. Irgendwas passt immer. Denn mit Geschwafel können Sie nichts falsch machen. Hingegen eigene Gedanken in eigene Worte zu fassen, das ist wirklich eine Herausforderung. „Der Schlauberger 33
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Ladas Klassikwelt 61: Die Klaviermusik für jede Jahreszeit und jedes Wetter

von Jolanta Łada-Zielke

Wäre es möglich ein Stück vom Strand, Meeresgeräusche und etwas vom blühenden Heideland nach Hause zu bringen?  Wenn man die CD mit Ferdinand Pfohls Klavierwerken in der Interpretation von Jamina Gerl hört, könnte man das alles haben. Die mit Tönen gemalten Bilder regen die Fantasie an und rufen ein angenehmes Gefühl süßer Nostalgie hervor.

Ferdinand Pfohl (1862-1949), geboren in Elbogen (heute Loket) in Westböhmen,  war Musikschriftsteller, Musikkritiker und Komponist. Sein beruflicher Weg führte ihn zuerst nach Leipzig und dann nach Hamburg. Als Komponist entwickelte er seinen eigenen Stil, der als „nördlicher Impressionismus“ bekannt ist. Das ist Spätromantik, impressionistische „Klangmalerei“ und die balancierende Harmonie zwischen Dur und Moll. Pfohl war ein sehr guter Pianist und zeigte in seinen Stücken die unbegrenzten Möglichkeiten dieses Instruments. Um mehr von dem Komponisten und seinem Werk zu erfahren, kann man den Text von Simon Kannenberg im CD-Heft lesen.

Die CD enthält drei Hauptwerke: Strandbilder, Op.8 (1892), Suite Élégiaque. Cinq morceaux pour piano, Op.11 (1894) und Hagbart. Nordische Rhapsodie nach einem Thema von Edvard Grieg (1882). „Ladas Klassikwelt 61: Die Klaviermusik für jede Jahreszeit und jedes Wetter“ weiterlesen

Lieses Klassikwelt 69: Waltraud Meier

Foto: Waltraud Maier und Christian Franz, (c) Staatsoper Unter den Linden

Die Isolde, die sie 2014 zum letzten Mal verkörperte, war ihre Lebensrolle. Aber auch als Kundry, Sieglinde, Waltraute, Fricka und Ortrud setzte Waltraud Meier, Jahrgang 1956, Maßstäbe. Aus Anlass ihres Geburtstags (*9. Januar 1956)  widme ich der wunderbaren Sängerdarstellerin – für mich vor allem im Wagnerfach eine der besten der jüngeren Aufführungsgeschichte – meine heutige Klassikwelt.

Ihre Isolde in der bewährten, viel gespielten Berliner Inszenierung von Harry Kupfer mit dem gestürzten Engel in der Mitte der Bühne, meist unter der Leitung von Daniel Barenboim, habe ich noch ganz genau vor Augen. Mit ihrer schlanken Figur, ihrer auch in reiferen Jahren jugendlichen Ausstrahlung und ihrer langen Haarpracht war sie schon äußerlich eine Isolde wie aus dem Bilderbuch. Ihre Stimme ist „enorm und schwingt frei“, wie einmal ein Kritiker treffend schrieb, dies auch in den Spitzen, wo Soprane oftmals ins Flackern geraten oder leicht metallisch tönen. Zudem verfügte Meier dank ihrer persönlichen Ausstrahlung und ihres Timbres über eine sublime Erotik, mit der sie ihre Auftritte krönte. Auch auf ihren langjährigen Wegbegleiter am Dirigierpult muss das ausgestrahlt haben, sensiblen Antennen entging jedenfalls nicht ein gewisses Prickeln zwischen Bühne und Graben. „Lieses Klassikwelt 69: Waltraud Meier“ weiterlesen

Dr. Spelzhaus Spezial 9: Joan Baez, die Grand Dame der Folkmusic und Bürgerrechtsbewegung feiert 80. Geburtstag

Fotos: (c) : 2021 Joan C. Baez / Diamonds & Rust Productions

von Dr. Petra Spelzhaus

Es müsste vor gut 10 Jahren gewesen sein. Ich nahm im Rahmen eines Selbsterfahrungstrips Gesangsunterricht. Mein Stimmbildner erwähnte einmal, meine Stimme erinnere ihn an die junge Joan Baez. Obwohl mir durchaus bewusst war, dass dieser Vergleich mir deutlich mehr schmeichelte als der großen amerikanischen Künstlerin, stachelte das meine Neugierde an. Joan Baez kannte ich von den Covern der Langspielplatten meiner Eltern. Vor meinem geistigen Ohr hörte ich ihre berühmte Version von „We shall overcome“, der Hymne der Friedensbewegung. Ein Großteil von Baez‘ bemerkenswertem künstlerischen und politischen Schaffens fand allerdings vor meiner Zeit statt. Ich deckte mich also mit CDs, der sehr empfehlenswerten DVD „How Sweet The Sound“ und einem Stapel Informationsmaterial ein.

Zu den Ergebnissen meiner Recherche: Die Stimme der jungen Joan Baez wird als glockenklarer Sopran über drei Oktaven mit charakteristischem Vibrato beschrieben. Über die vielen Jahre als Ikone der Folk-Musik und Kämpferin für Menschenrechte reifte nicht nur die Künstlerin, sondern auch ihre Stimme wie ein guter Rotwein. Sie sackte eine Oktave ab. Es resultierte eine charakterstarke und samtenere Altstimme, die mir persönlich noch besser gefällt als die frühere Version.

Auch wenn man es ihr partout nicht ansieht, am 9. Januar 2021 wird Joan Baez 80 Jahre alt. Hier ein paar Fakten zu ihrem  Leben, für das man normalerweise mindestens drei Leben bräuchte. „Dr. Spelzhaus Spezial 9: Joan Baez zum 80. Geburtstag
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Lieses Klassikwelt 57: Catarina Ligendza

Klassik vom Feinsten: Die 25 meistgelesenen Beiträge auf Klassik begeistert (2)

3650 Beiträge haben wir als größter Klassik-Blog in Deutschland, Österreich und der Schweiz (google-Ranking) in den vergangenen viereinhalb Jahren veröffentlicht. Jetzt präsentieren wir die 25 meistgelesenen Opern- und Konzertberichte, Interviews, Klassikwelten und Rezensionen – jene Beiträge, die Sie seit Juni 2016 am häufigsten angeklickt haben. Wir wünschen viel Freude beim „Nachblättern“.

2 – Die schwedische Wagnersängerin Catarina Ligendza
Foto: Catarina Ligendza als Brünnhilde (c)

Eine der bedeutendsten Wagnersängerinnen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat in wenigen Tagen Geburtstag: die wunderbare Catarina Ligendza. Am 18. Oktober 1937 wurde sie in Stockholm geboren.

von Kirsten Liese

Ich hatte das große Glück, sie in den 1970er-Jahren oft an der Deutschen Oper Berlin zu erleben und verehrte sie als eine meiner Lieblingssängerinnen. Mit ihrer hoch gewachsenen Statur und der strahlenden Schönheit ihres Soprans, den sie schlank bis in höchste Register führte, war sie unter allen Isolden, die ich auf der Bühne erlebte, die trefflichste. Nicht zufällig erlag auch Carlos Kleiber ihrer Faszination, der, nachdem er in Bayreuth den Tristan mit ihr einstudiert hatte, in dieser Rolle keine andere mehr wollte. Ebenso würdigte auch der namhafte Kritiker Joachim Kaiser die Bilderbuch-Isolde mit den höchsten Superlativen: als ein „Isolden-Wunder sondergleichen“. „Klassik vom Feinsten: Die 25 meistgelesenen Beiträge auf Klassik begeistert (2)“ weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 69: Jacqueline du Pré – die Unvollendete

Foto: Jacqueline du Pré und Daniel Barenboim (c)

von Peter Sommeregger

In diesem Monat kann die Musikwelt des 76. Geburtstages der britischen Cellistin Jacqueline du Pré gedenken. Der Künstlerin selbst war allerdings ein so langes Leben nicht beschieden. Die in Oxford geborene Tochter einer Pianistin und Klavierlehrerin starb mit gerade einmal 42 Jahren an den Folgen einer Multiplen Sklerose-Erkrankung, die sie bereits 1973 zur Aufgabe ihrer bis dahin erfolgreichen Karriere zwang. „Sommereggers Klassikwelt 69: Jacqueline du Pré – die Unvollendete“ weiterlesen

Ladas Klassikwelt 60: Zu wenig Beethoven-Musik in „Louis van Beethoven“

Bild: ARD Degeto/WDR/ORF/EIKON Media

„Seitdem ich in Hamburg lebe, kann ich mir den Abschied vom alten und die Begrüßung des neuen Jahres ohne Beethoven nicht vorstellen. Die beiden Aufführungen der Neunten sind mir viel wichtiger als eine Silvesterparty, der in Strömen fließende Champagner und das Feuerwerk.“

von Jolanta Łada-Zielke

Dr. Holger Voigt hat schon eine ausführliche Kritik des Films „Louis van Beethoven“ von Nikolaus Stein von Kamienski geschrieben. Ich stimme ihm voll und ganz zu, möchte nur eine persönliche Reflexion hinzufügen.

Am Abend des 25. Dezember setzten wir uns, mein Mann und ich, vor dem Fernseher hin, voller Hoffnung auf ein ästhetisches und musikalisches Fest. Leider waren wir enttäuscht, wie all diejenigen, die einen Soundtrack reich an den größten Werken Beethovens erwartet hatten. In dieser Hinsicht verliert für mich diese Verfilmung der Biographie des Komponisten gegen die Produktion „Meine unsterbliche Geliebte“ (1994) von Bernard Rose mit Gary Oldman als Beethoven. Obwohl es auch dort viel Fiktion gibt, schaue ich mir diesen Film immer mit unbeschreiblichem Vergnügen an, sogar die Szene der gescheiterten Aufführung des 5. Klavierkonzerts. „Ladas Klassikwelt 60: Zu wenig Beethoven-Musik in „Louis van Beethoven““ weiterlesen