Der Schlauberger (36): Und tschüss, liebes Papier! Heute: Unsere höflichen Politiker

Der Schlauberger (36): Und tschüss, liebes Papier! Heute: Unsere höflichen Politiker

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

Ist Ihnen schon mal aufgefallen, welch’ geschliffene Umgangsformen unsere Politiker haben? Ein Blick in mein Archiv macht das deutlich: Sie begrüßen alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Das ist mir damals schon bei dem ehrgeizigen Experiment einer Regierungsbildung aufgefallen.

Die Kanzlerin zum Beispiel, so stand’s in der Zeitung, hat die Zustimmung der SPD zur GroKo begrüßt (Grüß Gott, liebe Zustimmung!). Und sogar das Ja der SPD hat sie begrüßt. Habe ich im Fernsehen gehört.

Es geht aber noch weiter mit der Höflichkeit: Sie verabschieden so schrecklich gern, unsere Politiker. Natürlich nicht sich selbst, nein, am liebsten ein Papier. Wie nach dem ehrgeizigen Experiment der Sondierungsgespräche. Da haben sie ihre Kompromisse in unschuldigen Zellstoff gegossen und verabschiedet. Ich meine jetzt nicht das ultra-softe Vierlagige für den persönlichen Pflegemoment, von dem wir uns alle täglich verabschieden.

Manchmal verabschieden sie sogar Gesetze. Obwohl einige gar nicht so schlecht sind und eigentlich bleiben sollten.

Ich verabschiede jetzt auch. Und zwar mich. Für heute. Bleibens xund.

Von א (Aleph), https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3983718
Qual der Wahl – Heute: Die Wahlwiederholung

Was ist Ihnen lieber: eine Wahl oder eine Neuwahl? Im Gegensatz zur Wahl wird bei der Neuwahl neu gewählt. Bei einer Wahl wird nur gewählt. Im Duden steht die Neuwahl zwischen Neuverschuldung und Neuwert, was es auch nicht besser macht.

Der Grat zwischen einer gescheiten und gescheiterten Sondierung war verdammt schmal. Vorteil: Sie können noch einmal wählerisch sein und wahllos wählen zwischen Wahlparole und Wahlperiode. Bei der Wahlwiederholung.

Und wenn das absolut nicht Ihr Wahlfach ist, dann dürfen Sie einfach nur ihre Stimme begraben. Am besten in einer Urne. Einer Wahlurne. Bei der Neuwahl, Altwahl oder Wahl.

Ich halte fest: Kanzlerin Merkel hat sich vor einiger Zeit im Fernsehen geirrt, als sie sagte: „Wir haben einen Auftrag bekommen aus der letzten Bundestagswahl …“

Ein war nicht die letzte. Oder wie der Kabarettist Volker Pispers mal gesagt hat: „Wenn für einen Parteiposten zwei kandidieren, nennt die deutsche Presse das eine Kampfkandidatur. Tritt nur einer an, ist es eine Wahl.“

Dann lieber Neuwahl.

Reinhard Berger, 31. Januar 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Der Schlauberger (35): Sternchen für den Himmel – Studenten rüsten auf

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Reinhard Berger

Allerleikeiten: Reinhard Berger, geboren 1951 in Kassel, Journalist, Buchautor, Hunde- und Hirnbesitzer.
Vergänglichkeiten: Vor dem Ruhestand leitender Redakteur der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA).
Herzlichkeiten: verheiratet, zwei Söhne, zwei Schwiegertöchter, drei Enkel, ein Rottweiler.
Anhänglichkeiten: Bach, Beethoven, Bergers Nanne (Ehefrau).
Auffälligkeiten: Vorliebe für Loriot, Nietzsche, Fußball, Steinwayflügel, Harley-Davidson.
Öffentlichkeiten: Schlauberger-Satireshow, Kleinkunstbühne.
Alltäglichkeiten: Lebt auf einem ehemaligen Bauernhof.


www.facebook.com/derschlauberger

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