Pianist und Humanist: Zum Tod von Menahem Pressler
von Brian Cooper, Bonn
Am 6. Mai 2023, nur ein gutes halbes Jahr vor seinem 100. Geburtstag, ist der große Pianist und Kammermusiker Menahem Pressler gestorben. Über ein halbes Jahrhundert lang war er Pianist und Gründungsmitglied des Beaux Arts Trio, dem er bis zu dessen Auflösung im Jahre 2008 ununterbrochen angehörte. Die zahlreichen Einspielungen dieses Ensembles (Schubert, Beethoven, Haydn und so viele mehr) bleiben Referenzaufnahmen.
Geboren 1923 in Magdeburg, erlebte Menahem Pressler als 15jähriger Junge die Novemberpogrome und floh aus Deutschland. Mit viel Glück konnte er über Triest nach Palästina ausreisen, damals britisches Mandatsgebiet.
Ähnlich wie Yehudi Menuhin kehrte er jedoch nie Deutschland den Rücken, trotz allen Leids, das die Nazis seiner Familie angetan haben; seine Großeltern wurden im Holocaust ermordet. Bereits ab 1956 trat er wieder im Land der Täter auf. Wie Menuhin bleibt Pressler daher ein großes Vorbild – musikalisch, vor allem aber menschlich.
Ab Mitte der 1950er Jahre lebte Pressler in den USA, wo er in Bloomington, Indiana, Generationen von Musikerinnen und Musikern ausbildete.
Swjatoslaw Richter war nur einer der ganz Großen, die das Klavierspiel Presslers nicht nur schätzten, sondern bewunderten.
Nie wieder, weder davor noch danach, erlebte ich so viele Menschen, die mit Wärme und Begeisterung von diesem alten Mann sprachen, der noch mit über 90 ein Silvesterkonzert der Berliner Philharmoniker in einem Klavierkonzert von Mozart mitgestaltete.
Meine einzige persönliche Begegnung mit ihm war eine Signierstunde nach einem begeisternden Konzert mit dem Beaux Arts Trio im Bonner Beethovenhaus. Ich erlebte Herrn Pressler als einen der freundlichsten und charismatischsten Künstler, die mir je begegnet sind.
Meine Beaux-Arts-Gesamtaufnahme der Beethoven-Klaviertrios versah er mit der wunderbaren Widmung „Alles Schöne! Menahem Pressler“. Seine Freundlichkeit, Bescheidenheit und Wärme, dieses unglaublich schöne und gewinnende Lächeln, das er hatte, bleiben mir unvergessen.
Der letzte Geiger des Beaux Arts Trio, Daniel Hope, hat Menahem Pressler als „Jahrhundertmenschen“ bezeichnet. Die Welt habe am 6. Mai 2023 mit Charles III. zwar einen neuen König bekommen, „aber auch einen verloren“. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Dr. Brian Cooper, 7. Mai, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at