Dystopisch düster kratzen Eötvös’ Klänge an meiner Seele

Drei Schwestern 2025 © SF Monika Rittershaus

Die Musik kratzt an meiner Seele. Von ersten bis zum letzten Ton. Ich kann der Musik Eötvös’ Drei Schwestern nicht entrinnen, werde von den düsteren Gedanken der Sänger tief ins Mark getroffen.

Drei Schwestern
Три сестры · Oper in drei Sequenzen (1998)

Komposition  Peter Eötvös

Libretto von Claus H. Henneberg und Peter Eötvös nach dem Schauspiel Drei Schwestern von Anton Tschechow

Musikalische Leitung / Dirigent im Orchestergraben  Maxime Pascal
Dirigent hinter der Bühne  Alphonse Cemin

Regie  Evgeny Titov
Bühne  Rufus Didwiszus
Kostüme  Emma Ryott
Licht  Urs Schönebaum
Klangregie  Paul Jeukendrup
Dramaturgie  Christian Arseni

Klangforum Wien Orchestra

Felsenreitschule, Salzburg, 8. August 2025 PREMIERE

von Frank Heublein

An diesem Abend findet in der Felsenreitschule in Salzburg die Premiere von Peter Eötvös’ Oper Drei Schwestern statt. Inhaltlich wird Anton Tschechows Schauspiel Drei Schwestern verarbeitet. Die Handlung ist im Gegensatz zum Theaterstück nicht linear. Sie ist vielmehr in drei aufeinanderfolgenden Sequenzen – Irina, Andrej und Mascha – gegliedert, die alle drei einen ähnlichen Zeitraum aus jeweils unterschiedlicher Perspektive darstellen.

„Peter Eötvös, Drei Schwestern
Felsenreitschule, Salzburg, 8. August 2025 PREMIERE“
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„Free Gaza“-Protest prägt die Eröffnung der Salzburger Festspiele 2025

Pathys Stehplatz (58)

Foto © Land Salzburg / Neumayr

„Blut auf euren Händen.“ Bei der feierlichen Eröffnung der Salzburger Festspiele 2025 stürmten pro-palästinensische Aktivisten die Bühne der Felsenreitschule. Eine Handvoll Männer und Frauen nutzten die große Bühne, um Samstagmittag auf die humanitären Missstände in Palästina aufmerksam zu machen. Die Kameras des ORF hatten die Aktivisten nur kurz gezeigt. Lautstarke Parolen waren bei der TV-Übertragung zu vernehmen. „Ihr sitzt hier auf euren Reichtümern, wie es eure Großeltern getan haben“, rief eine männliche Stimme während der Rede von Vizekanzler und Kulturminister Andreas Babler (SPÖ). Eine palästinensische Flagge sei zu sehen gewesen und Plakate mit „Free Gaza“, erwähnte der Kommentator.

von Jürgen Pathy

Zu weiteren Zwischenfällen kam es nicht. Ordner und Polizisten haben die Aktivisten friedlich aus dem Saal begleitet. Die Verantwortlichen der Salzburger Festspiele sind in Erklärungsnot, wie es zu dieser Sicherheitslücke kommen konnte. Immerhin war Politprominenz aus dem In- und Ausland vor Ort.

„Festakt zur Eröffnung der Salzburger Festspiele 2025
Felsenreitschule, 26. Juli 2025“
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Henzes „Das Floß der Medusa“ lässt mich in Salzburg um Fassung und Atem ringen

Das Floß der Medusa von Théodore Géricault © public domain

Henzes Musik lässt mich zusammenzucken, bohrt sich in mich hinein, wenn die Lebenden sterben und sich ihres Schicksals gewahr werden. Am eindringlichstem vermittelt mir das Georg Nigl als Chronist Jean-Charles, der das rettende Schiff sichtet und auf das Floß aufmerksam macht. Er ist der letzte der stirbt auf dem Floß der Medusa. Mit einem furiosen Fortissimo rammt das Orchester die Tragik, die Niedertracht, die Ungerechtigkeit der Welt in mich hinein und ermutigt mich zugleich, mich dagegen aufzulehnen.

Das Floß der Medusa (1968/1971/1990 Änderung des orchestralen Schlusses)

Oratorio vulgare e militare für Sopran, Bariton, Sprechstimme, gemischten Chor und Orchester

Komposition   Hans Werner Henze
Libretto   Ernst Schnabel

La Mort   Kathrin Zukowski
Jean-Charles   Georg Nigl
Charon   Udo Samel

Chor des Bayerischen Rundfunks, Einstudierung   Max Hanft
WDR Rundfunkchor, Einstudierung   Paul Krämer, Alexander Lüken

Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor, Einstudierung   Regina Sgier, Wolfgang Götz

ORF Radio-Symphonieorchester Wien

Dirigent   Ingo Metzmacher

Felsenreitschule, Salzburg, 18. Juli 2025

von Frank Heublein

In der Felsenreitschule wird an diesem Abend Hans Werner Henzes Oratorium „Das Floß der Medusa“ aufgeführt. Auf politische Proteste der 68er Bewegung vor und im Aufführungssaal in Hamburg wurde 1968 mit einem rigiden Polizeieinsatz reagiert. In dieser chaotischen Situation wurde die Uraufführung abgesagt. Stattdessen wurde im Radio die Generalprobe übertragen. Die gescheiterte Uraufführung gilt als einer der spektakulärsten Skandale der Musikgeschichte. Die Uraufführung des Werks erfolgte in Wien 1971. „Hans Werner Henze, Das Floß der Medusa
Felsenreitschule, Salzburg, 18. Juli 2025“
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Die Causa Markus Hinterhäuser vs. Axel Brüggemann: Ist kritischer Kulturjournalismus in Gefahr?

MIT NEUEN KOMMENTAREN!

Axel Brüggemann © mdr.de

Bei den Salzburger Festspielen raschelt’s im Gebüsch. Nachdem Intendant Markus Hinterhäuser bereits wegen Entlassungen medial unter Kritik steht, eskaliert der Streit mit Axel Brüggemann, der gebürtige Bremer lebt in Wien. Die Salzburger Festspiele gehen juristisch gegen zwei Artikel des Musikjournalisten vor. Streitwert der beiden Abmahnungen: 70.000 und 30.000 Euro. Ist Markus Hinterhäusers Reaktion überzogen, oder ist Axel Brüggemann übers Ziel hinausgeschossen?

Ein Kommentar von Jürgen Pathy

„Die Causa Markus Hinterhäuser vs. Axel Brüggemann: Ist kritischer Kulturjournalismus in Gefahr?
klassik-begeistert.de, 21. Dezember 2024“
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Kultur-Presse-Konflikt: Markus Hinterhäuser vs. Axel Brüggemann, eine  ungute Entwicklung...?

Salzburger Festspiele © Luigi Caputo

Der Intendant der Salzburger Festspiele Markus Hinterhäuser geht gegen zwei Artikel des deutschen Kulturjournalisten Axel Brüggemann vor.  Zur Durchsetzung eines äußerungsrechtlichen Anspruchs auf Unterlassung fährt Hinterhäuser relativ schweres juristisches Geschütz auf. Den  Streitwert der beiden Abmahnungen haben seine Anwälte auf 30.000 Euro und 70.000 Euro beziffert. Insgesamt zehn Punkte  der auf BackstageClassical.com veröffentlichten Texte werden angegriffen. Wobei Brüggemann sich bereits in drei Punkten zur Unterlassung verpflichtet habe, nun aber nicht weiter nachgeben möchte. Der Journalist sieht anderenfalls kritischen Journalismus in Gefahr. Um welche Äußerungen es konkret geht, ist nicht bekannt. Einstweilen verbietet sich damit jede Parteinahme. Aber was ist allgemein davon zu halten, wenn Kulturschaffende gegen Journalisten vorgehen. Ein Pro & Contra.

von Jörn Schmidt 

PRO – Ja, das ist eine ungute Entwicklung für kritischen Journalismus

Intendanten und Journalisten brauchen sich gegenseitig. So wie Künstler und Publikum. Es ist gar nicht lange her, da gab es von heute auf  morgen kein Publikum mehr. Das war keine gute Zeit. Und ein Intendant ohne Presse? Keine Premierenkritik mehr, die polarisiert und Aufmerksamkeit auf sein Haus lenkt? Das kann sich keiner wünschen.  „Report: Konflikt Markus Hinterhäuser vs. Axel Brüggemann
Salzburger Festspiele, 19. Dezember 2024“
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Programm der Salzburger Festspiele 2025: Altbewährtes neben Neuem

Philipp Hochmair und Deleila Piasko spielen im „Jedermann“, der 2025 wiederaufgenommen wird.  © SF / Peter Rigaud

Die Salzburger Festspiele 2025 setzen auf Kontinuität. Neben altbewährten Kräften wie Peter Sellars, Teodor Currentzis und Krzysztof Warlikowski, verpflichtet Intendant Markus Hinterhäuser auch neue Namen wie Dmitri Tcherniakov oder Víkingur Ólafsson.


von Jürgen Pathy

Die Salzburger Festspiele 2025 (18. Juli – 31. August 2025) bieten 174 Aufführungen in 45 Tagen an 16 Spielstätten.

Das Thema Macht stünde bei den Opern im Zentrum, hat Markus Hinterhäuser bei der Pressekonferenz gesagt. Machtkämpfe stehen auch abseits der Bühne im Mittelpunkt. Nach der überraschenden Entlassung von Marina Davydova, zeigt sich die Theatermacherin kämpferisch.
Am 1. August 2023 war Davydova als Schauspielchefin mit einem Dreijahresvertrag verpflichtet worden.

„Infolge von Verstößen gegen vertragliche Dienstpflichten“, heißt es in einer Presseaussendung, wurde der Vertrag mit „sofortiger Wirkung aufgelöst“. Die Russin kündigte am Dienstag an, ihren Rauswurf vor Gericht anzufechten. „Programm der Salzburger Festspiele 2025 (18. Juli – 31. August 2025)
klassik-begeistert.de, 4. Dezember 2024“
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Salzburg im Opiumrausch

Daniil Trifonov Piano SF © Marco Borrelli

Yannick Nézet-Séguin, Daniil Trifonov und die Wiener Philharmoniker brillieren.

Ludwig van Beethoven (1770-1827) – Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 C-Dur, op. 15

Hector Berlioz (1803-1869) – Symphonie fantastique op. 14

Daniil Trifonov, Klavier
Wiener Philharmoniker
Yannick Nézet-Séguin, Dirigent

Salzburg, Großes Festspielhaus, 29. August 2024

 von Brian Cooper, Bonn

Es kommt nicht oft vor, dass der Schreiber dieser Zeilen sprachlos ist. Was war das bitte für ein Abend? Und was kann, was soll, man darüber schreiben? Der Notizblock blieb zu, der Mund dafür sperrangelweit offen. Es war ein Gipfeltreffen, das turmhoch übertroffen hat, was es im Vorfeld allein durch die Namen der Interpreten und des Orchesters versprochen hatte.

Daniil Trifonov, der schon am Vorabend ein herausragendes zweieinhalbstündiges Rezital gespielt hatte, betrat auch am Folgetag die Bühne des Großen Festspielhauses, diesmal als Solist in Beethovens erstem Klavierkonzert, das ich nur einmal in solcher Vollendung gehört habe. Und das war mit Martha Argerich und Claudio Abbado in Paris. „Daniil Trifonov, Klavier, Wiener Philharmoniker, Yannick Nézet-Séguin, Dirigent
Salzburg, Großes Festspielhaus, 29. August 2024“
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„Der Dichter spricht“

Daniil Trifonov Piano SF © Marco Borrelli

Daniil Trifonov gibt einen großen Solo-Abend bei den Salzburger Festspielen

Jean-Philippe Rameau (1683-1764) – Suite a-Moll aus Nouvelles Suites de pieces de clavecin

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) – Sonate für Klavier F-Dur KV 332

Felix Mendelssohn (1809-1847) – Variations sérieuses d-Moll op. 54

Ludwig van Beethoven (1770-1827) – Sonate für Klavier Nr. 29 op. 106, „Hammerklavier-Sonate“

Daniil Trifonov, Klavier

Salzburg, Großes Festspielhaus, 28. August 2024

von Brian Cooper, Bonn

„Das ist einer, dem man noch oft nachreisen wird“, prophezeite mein verstorbener Konzertfreund Uli zu Beginn der Karriere des Daniil Trifonov, von dem man schon früh ahnte, dass es sich unter den vielen Ausnahmetalenten unserer Tage um eines der ganz großen handelt.

Damals schon, mit etwa 20, war alles da. Nur brauchten manche Menschen etwas länger, um zu lernen, dass der Mann nicht „Daniel“ heißt. Ein reiner Liszt-Abend in Mülheim an der Ruhr bleibt ob der stupenden Technik als faszinierend in besonderer Erinnerung, wenngleich es ob des Programms herausfordernd war. „Solistenkonzert: Daniil Trifonov, Klavier
Salzburg, Großes Festspielhaus, 28. August 2024 “
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Pathys Stehplatz (52): Salzburger Festspiele – elitär mit Currentzis!

T. Currentzis © Alexandra Muravyeva

Salzburger Festspiele – ist nur was für „G’stopfte“. „Mein Onkel hasst sie“, kommt mir zu Ohren. Der war mal eine große Nummer in der österreichischen Kulturlandschaft. Namen gibt es keinen, Privatsphäre, versteht sich eh von selbst. Der Ruf der Festspiele ist also klar: elitär, versnobt, nur was für die „Großkopferten“. Darf einen nicht wundern, wenn man so auf die Kartenpreise blickt. Salzburg kann aber auch anders.

von Jürgen Pathy

Bis zu 465 Euro pro Karte, das kann einen schon mal aus den Socken hauen. Nur ein Vergleich dazu: An der Wiener Staatsoper kosten gleichwertige Karten rund die Hälfte. Dass es auch günstiger geht, darf man aber nicht verheimlichen. In Salzburg gibt es sogar Stehplätze. Um läppische 10 €, das muss man sich Mal auf der Zunge zergehen lassen. Die Qualität – hervorragend! Zumindest im Haus für Mozart. Selbst getestet, letzte Woche erst. Bei „Titus“, Gianluca Capuano am Pult, Cecilia Bartoli auf der Bühne. Ein Erlebnis. „Pathys Stehplatz (52) – Salzburger Festspiele: elitär, aber mit Currentzis!“ weiterlesen

Starke Stimmen. Starkes Orchester. Starke Klangsprache. Die Geschichte? Schwamm drüber

Der Spieler 2024 © SF Ruth Walz

Die Sängerriege Sean Panikkar, Asmik Grigorian, Peixin Chen und Violeta Urmana überzeugt vollumfänglich. Orchestermusikalisch ist Der Spieler von Prokofjew eine reizvolle klangfarbenreiche Entdeckung für mich. Und doch kein großer Abend, denn das Libretto ist so ein Stückwerk, dass meine Aufmerksamkeit taumelt, ich mich nicht voll auf Stimmen und Musik einlassen kann.

Der Spieler
Komposition von Sergej Prokofjew

Libretto von Sergej Prokofjew nach dem Roman von Fjodor Dostojewski

Musikalische Leitung Timur Zangiev
Regie Peter Sellars

Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
Wiener Philharmoniker

Felsenreitschule, Salzburg, 17. August 2024

von Frank Heublein

In der Felsenreitschule in Salzburg wird an diesem Abend Der Spieler von Sergej Prokofjew aufgeführt. Die zwischen 1915 und 1928 entstandene Oper wurde 1929 uraufgeführt.

Angelpunkt, meistens auf der Bühne, meistens emotional aufgewühlt singend, ist Alexej Iwanowitsch. Tenor Sean Panikkar meistert diese extreme Rolle des Hauslehrers des Generals beeindruckend. Niemals presst er. Klar, kraftvoll, dynamisch singt er die Rolle mit Bravour. Das verzweifelt Spielsüchtige darf er sich zu meinem Bedauern nicht ersingen. Das Libretto lässt seine Spielsucht in der Rouletteszene den Chor der anderen Gäste im Casino erzählen. Einer der vielen Punkte, die librettistisch aus meiner Sicht besser organisiert hätte sein können. „Sergej Prokofjew, Der Spieler
Felsenreitschule, Salzburg, 17. August 2024“
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