„Salome“ an der Wiener Staatsoper: Ein starkes Pro für Philippe Jordan

Foto: Salome Neuproduktion an der Wiener Staatsoper © Michal Pöhn

Salome
Richard Strauss Premiere

Musikalische Leitung Philippe Jordan
Inszenierung Cyril Teste
Herodes Gerhard Siegel
Herodias Michaela Schuster
Salome Malin Byström
Jochanaan Wolfgang Koch
Narraboth Daniel Jenz


Wiener Staatsoper, 2. Februar 2023


von Jürgen Pathy

Blumen für Philippe Jordan. Die streuen ihm nicht nur begeisterte Fans und Damen. Am Ende fliegen Sträuße auf die Bühne, als wäre der Abschied bereits da. Dabei naht er nur. Mit Ende 2025 verlässt Jordan erst das Haus. Bis dahin noch genügend Zeit, um seinen Ruf zu stärken. Mit Vorstellungen wie am Donnerstagabend muss man sich um ihn keine Sorgen machen. Da feierte die „Salome“-Neuproduktion von Regisseur Cyril Teste seine Premiere.

„Alles“, habe gefallen, strahlt ein Stammgast der Wiener Staatsoper. Musik, Inszenierung und auch die Sänger. „Der Jordan sowieso“. Rund 30 Minuten nach dem Schluss war das. Da hatte sich der Applaus bereits über dem scheidenden Musikdirektor des Hauses ergossen, nachdem Jordan und das Staatsopernorchester zuvor noch ein regelrechtes Orchesterinferno entfacht hatten. So fein, so zart die einzelnen Orchesterstimmen hervorgehoben, gleichzeitig nie die Balance aus den Augen verloren, und noch dazu den ganzen Spannungsbogen derart intensiv aufgeschaukelt, dass der sich im Schlussgesang der Salome völlig hat entladen können. So was erlebt man nicht alle Tage. Große Klasse. „Richard Strauss, Salome
Wiener Staatsoper, 2. Februar 2023 Premiere“
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Sternstunden in der Wiener Staatsoper: Vier Sänger glänzen auf Weltklasseniveau

Fotos: © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn: Jonas Kaufmann als Radamès.


In Schulnoten lautet meine Zusammenfassung: Anna Netrebko 1+ mit *, Elīna Garanča 1+, Luca Salsi 1 und Jonas Kaufmann 1-.

Wiener Staatsoper, 21. Januar 2023
Giuseppe Verdi, Aida

Elīna Garanča, Amneris
Anna Netrebko, Aida
Jonas Kaufmann, Radamès
Amonasro, Luca Salsi
Alexander Vinogradov, Ramfis

von Andreas Schmidt

Es war dies von den Stimmen her einer der nachdrücklichsten und beeindruckendsten Opernabende meines Lebens… Vier Weltstars boten am Samstag eine Weltklasseleistung im Haus am Ring. Auf dem Programm stand Giuseppe Verdis AIDA als Wiederaufnahme in der Inszenierung von Nicolas Joel von 1984.

Lassen Sie sich das bitte auf der Zunge zergehen: Es singen Elīna Garanča, Amneris, Anna Netrebko, Aida, Jonas Kaufmann, Radamès, und Amonasro, Luca Salsi.

Wann hat AIDA schon einmal seit der Uraufführung am 24. Dezember 1871 im Opernhaus von Kairo so eine Spitzenbesetzung gesehen?

Sie bewegten und berührten die Zuschauer im ausverkauften Haus, sie zwangen zu Zwischenapplausen, die bis zu 3 Minuten gingen (bei Anna Netrebko im 1. Akt) und sie mussten sich nach 3 Stunden und 15 Minuten (inkl. 30 Minuten Pause) wieder und wieder und wieder einem Publikum zeigen, das außer Rand und Band war. „Giuseppe Verdi, AIDA, Elīna Garanča, Anna Netrebko, Jonas Kaufmann
Wiener Staatsoper, 21. Januar 2023“
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Rückblick: Meistersinger in Wien – Akribische Verflechtung von Musik und szenischer Auflösung

Foto: © Dr. Klaus Billand

Richard Wagner DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG

Wiener Staatsoper, NI 8. Dezember 2022

von Dr. Klaus Billand

Die Neuinszenierung der „Meistersinger von Nürnberg“ von Richard Wagner, keine Komödie, sondern nach des Bayreuther Meisters Bezeichnung eine „Oper in drei Aufzügen“, in der Regie von Regie-Altmeister Keith Warner, führt uns angesichts der derzeitigen Wagner-Ästhetik an der Wiener Staatsoper („Parsifal“ und „Tristan und Isolde“) relativ unerwartet in die Gefilde eines Inszenierungsstils, den manche schon für überholt halten, die große Mehrheit der Wagner-Liebhaber aber aufgrund seiner Nähe zu Werkaussage, Libretto und Musik für viel angemessener, ja wünschenswert und richtig erachten. „Rückblick: Richard Wagner, Die Meistersinger von Nürnberg
Wiener Staatsoper 8. Dezember 2022“
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Pathys Stehplatz (16) – Philippe Jordans vermeintlicher Zwist mit den Wiener Philharmonikern: Beim „Rosenkavalier" ist davon nichts zu spüren

Foto: Philippe Jordan © Johannes Ifkovits

von Jürgen Pathy

Zu meiner Schande, ich gebe es zu: Ich hab den „Rosenkavalier“ noch nie zuvor gesehen. Der Grund ist ganz einfach – weil die „Salome“ oder eine „Elektra“ eher meinen Geschmack zu treffen scheinen. Ein Irrtum, wie sich nun herausstellen sollte. An der Wiener Staatsoper hat ein Staraufgebot für volle Reihen gesorgt. Meister im Graben: Philippe Jordan, der, seitdem er angezählt ist, das Publikum mit absoluter Mehrheit hinter sich zu scharen weiß. 2025 verlässt Jordan die Wiener Staatsoper. Sein Vertrag als Musikdirektor wurde nicht verlängert.

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Die Geschichte 2022: klassik-begeistert wünscht allen LeserInnen und AutorInnen eine Seelenweihnacht

klassik begeistert – Weihnachtsgeschichte 2022

Petra Spelzhaus und Ihre Partnerin Barbara Hauter leben in München. Ihre persönlichen und liebe-vollen Geschichten und Rezensionen erfreuen viele Fans. Petra hat diese Geschichte für alle LeserInnen sowie alle AutorInnen und Lektorinnen von klassik-begeistert.de aufgeschrieben. Als Herausgeber wünsche ich Ihnen in diesen besonderen Zeitläuften eine wohlbekömmliche, beseelte Weihnacht, eine Weihnacht, die Ihre Herzen, Seelen und Gefühle zur Ruhe kommen lässt – träumen Sie, wenn Sie träumen wollen; schweigen Sie, wenn Sie schweigen wollen und tanzen Sie von Herzen himmelhochjauchzend, denn vom Himmel hoch, da komm ich her… Herzlich, Ihr A.S.

von Dr. Petra Spelzhaus

Meine Weihnachtsgeschichte beginnt an einem lauen Sommerabend des Jahres 2022. Schmarren, Weihnachten ausgerechnet in den heißesten Sommer zu legen, der in Europa jemals aufgezeichnet wurde?!? Das ist fast so unsinnig wie eine Fußball-WM in der Wüste im Advent!

Was hat der Sommer neben Sonnenbrand noch zu bieten? Die Kultur erwacht aus ihrem Dornröschenschlaf. Konzerte sprießen wie Pilze aus dem Boden. Deutschland bewegt sich in Massen mit dem 9-Euro-Ticket kreuz und quer durch die Republik und bringt den Regionalverkehr an seine Grenzen und darüber hinaus. Die Sommer-Omikron-Welle nimmt an Fahrt auf. „klassik begeistert – Weihnachtsgeschichte 2022
klassik-begeistert.de, 24. Dezember 2022“
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Stehplatzkritik: Wenn drei Sachse die Bühne mit Jordan teilen...

Foto: Michael Volle als Hans Sachs, Michael Laurenz als David © Michael Pöhn, Wiener Staatsoper

…und der David locker den Stolzing covern könnte! Die erste Wiener Meistersinger-Premiere seit 47 Jahren ist ein musikhistorisches Ereignis wie ein Fest der hohen Tonkunst. Laute Bravo-Stürme vor Beginn des ersten Aufzugs – ein Ausdruck künstlerischer Wertschätzung oder musikpolitischer Solidarisierung mit Philippe Jordan?    


Die Meistersinger von Nürnberg

Musik und Libretto von Richard Wagner

Wiener Staatsoper, 4. Dezember 2022, Premiere

von Johannes Karl Fischer

Stürmische Zeiten an der Wiener Staatsoper: Erst sorgt der Wiener Generalmusikdirektor mit seinen Kommentaren zum Regietheater für Furore. Dann – vor ein paar Tagen – verkündet sein Vorgesetzter eine Ära ohne Chefdirigenten im Haus am Ring. Die Philharmoniker haben’s vorgemacht. Und sind seitdem zum unangefochten besten Orchester der Welt aufgestiegen…

Das war nicht das erste Opernskandal des Jahres: Die Regie-Buhs für den neuen Tristan im Frühjahr hatten schon vor der Premiere begonnen. Bogdan Roščić stand – laut Medienberichten –  kurz davor, das Probenpublikum des Hauses zu verweisen. Heute steht auf dem obligatorisch eingerahmten Besetzungsplakat gegenüber der Abendkassa: „Premiere, Die Meistersinger von Nürnberg, Inszenierung: Keith Warner.“ Wird das gut gehen? „Richard Wagner, Die Meistersinger von Nürnberg
Wiener Staatsoper, 4. Dezember 2022 PREMIERE“
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Wiener Staatsoper – Anna Pirozzi fesselt als Lady Macbeth

 

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Simon Keenlyside (Macbeth), Anna Pirozzi (Lady Macbeth). Alle Fotos: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

  1. Aufführung in dieser Inszenierung

Giuseppe Verdi, Macbeth

Wiener Staatsoper, 25. November 2022

von Manfred A. Schmid (onlinemerker.com)

Worte können fatale Folgen haben. Das gilt nicht nur für die Prophezeiungen der Hexen, die in der Oper Macbeth, basierend auf Shakespeares blutigem Königsdrama, eine verhängnisvolle Mordserie auslösen, sondern auch für Lady Macbeths Aussage „Ich hülle mich in dichtes Dunkel, damit der Dolch nicht sieht, welche Brust er trifft“. Regisseur Barrie Kosky war davon offensichtlich so angetan, dass er beschloss, in seiner Inszenierung gleich die ganz Bühne (Klaus Grünberg) dauerhaft in dichtes Dunkel zu tauchen. „Giuseppe Verdi, Macbeth
Wiener Staatsoper, 25. November 2022“
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Ein mörderisch guter Opernabend

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Daniel Jenz (Der Kavalier) und Stephanie Houtzeel (Die Dame). Alle Fotos: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

WIEN / Staatsoper: WIEDERAUFNAHME von Paul Hindemiths CARDILLAC

  1. Aufführung in dieser Inszenierung
  2. November 2022

Von Manfred A. Schmid

Es war ein mutiger Schritt des neuen Führungsteams der Wiener Staatsoper, dem Wiener Publikum 2010, bald nach Amtsantritt, ausgerechnet Paul Hindemiths 1926 uraufgeführte, vom Expressionismus und Neuer Sachlichkeit geprägte Oper Cardillac darzubieten. Die Rechnung von Staatsoperndirektor Dominique Meyer und seinem kurzzeitigen Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst ging auf: Die Oper über den besessenen Pariser Goldschmied Cardillac, der sich von seinen von ihm geschaffenen Kunstwerken nicht trennen kann und deren Käufer reihenweise ermordet, geriet zu einem Ereignis, wurde begeistert akklamiert und zählt zu den bedeutendsten Produktionen der Ära. Trotzdem brachte sie es in zwölf Jahren gerade einmal auf 11 Aufführungen, bis es nun unter Bogdan Roščić – nach Anläufen 2012 und 2015 – erneut zu einer Wiederaufnahme des Werks kommt.

 

„WIEN / Staatsoper: Wiederaufnahme – Hindemiths CARDILLAC
Wiener Staatsoper 3. November 2022“
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Simon Stones umstrittene „La Traviata" spaltet die Gemüter

Foto: © Michael Pöhn

LA TRAVIATA
Musik von Giuseppe Verdi
Text von Francesco Maria Piave nach Alexandre Dumas (Sohn)
Melodramma in drei Akten

Wiener Staatsoper, 29. Oktober 2022

von Jürgen Pathy

Etwas mehr Schmutz – den hätte es musikalisch zeitweise durchaus vertragen. An der Wiener Staatsoper leitet Thomas Guggeis, 29, gerade die aktuelle Serie von „La Traviata“, der meistgespielten Oper von Giuseppe Verdi. Höhepunkte setzt der blutjunge Dirigent erst zum Ende. Zuvor führt er zwar ein feines, beinahe schon edles Dirigat, schlüpft aber viel zu sauber in die Partitur, die durchaus mehr Derbheit vertragen könnte. Vielleicht aber auch nur, um das Regiekonzept zu unterstützen.

Die Dosis macht das Gift

Damit hat Simon Stone in Wien schon viel Staub aufgewirbelt. Das Konzept des gebürtigen Schweizers, der lange Zeit in Australien gelebt hat: Alte Klassiker durch den Fleischwolf drehen und mit teils sogar neuem Text in die Gegenwart transportieren. „Überschreibungen“ nennt Stone das. Damit hat er am Sprechtheater für Furore gesorgt. Nun hat man den „Regie-Shootingstar“, den auch das ferne Hollywood mit Angeboten lockt, auf die Oper losgelassen.

„LA TRAVIATA, Musik von Giuseppe Verdi
Wiener Staatsoper, 29. Oktober 2022“
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Frischer Wind an der Wiener Staatsoper: Barrie Koskys „Don Giovanni“ zieht die Jugend an

Foto: © Michael Pöhn

Wiener Staatsoper, 17. September 2022

Don Giovanni, Wolfgang Amadeus Mozart

von Jürgen Pathy

Völlig durchgeknallt. Bei Barrie Koskys Inszenierung von „Don Giovanni“, die bereits letzte Saison Premiere feierte, treiben es die beiden Hauptprotagonisten ziemlich wild. Don Giovanni, ein moderner Gigolo, punktet nicht nur mit sportlichem Sixpack, sondern auch mit allerlei akrobatischen Einlagen. Leporello, ein Punk mit blaugefärbten Haaren, treibt das Ganze überhaupt bis an die Spitze: Tanzen, springen und jonglieren. Alles mit dabei, um an der Wiener Staatsoper Aufsehen zu erregen. Selbst ein kurzer Tauchgang bleibt Don Giovannis treuem Diener nicht erspart. Kurzum: Eine zirkusreife Produktion, die Regisseur Barrie Kosky da auf die Beine gestellt hat. „Don Giovanni, Wolfgang Amadeus Mozart
Wiener Staatsoper, 17. September 2022“
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