Wiener Staatsoper, 3. Februar 2018
Gaetano Donizetti, L’Elisir d’Amore (Der Liebestrank)
Valentina Nafornita, Adina
Benjamin Bernheim, Nemorino
Eine Opernproduktion, die schon 38 Jahre auf dem Buckel hat, kann noch immer überzeugen: Das bewies die 238 . Vorstellung von Gaetano Donizettis „L’Elisir d’Amore“ an der Wiener Staatsoper am Samstagabend und lag an der anmutigen, historisierenden Inszenierung von Otto Schenk sowie an zwei Solisten, die ganz wunderbar sangen: Benjamin Bernheim als armer Bauer Nemorino und Valentina Nafornita als reiche, junge Pächterin Adina.
Für viele Sternminuten im Haus am Ring sorgte die Moldawierin Valentina Nafornita, Jahrgang 1987. Ihr Sopran berührte von der ersten Minute an. Ihre Präsenz ist einmalig, ihr Timbre unverwechselbar. Dieser Juwel, das war zu hören, ist nur noch Zentimeter von der Weltklasse entfernt. Nafornita singt federleicht, betörend, ausdrucksstark und völlig ohne Mühe – man spürt: Singen ist ihr Ding, dafür braucht sie sich nicht anzustrengen. Sie legt einfach los, als ob sie pfeifen würde. Ihre Koloraturen perlen wunderbar. In ihrer Stimme spiegelt sich die komplette Adina wieder: noch ein wenig – das ist in keinster Weise abwertend – ein Backfisch und doch schon eine reife, junge Frau. Das können nur ganz wenige Sängerinnen in ihrem Alter.
Nafornita gewann als bislang jüngste Teilnehmerin den BBC Cardiff Singer of the World-Wettbewerb. Von 2011 bis 2016 war sie Ensemblemitglied an der Wiener Staatsoper – klassik-begeistert.de durfte sie dort schon mehrfach bewundern, auch als Solistin im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins. Die Adina hat die Moldawierin bereits seit 2014 im Haus am Ring in Wien und 2017 an der Staatsoper Hamburg gesungen.
Im November 2012 debütierte die Sängerin an der Mailänder Scala als Gilda in Giuseppe Verdis „Rigoletto“ unter Gustavo Dudamel. Im August 2013 sang sie in einer Produktion der Opéra de Lyon beim Edinburgh Festival als Marzelline in Ludwig van Beethovens „Fidelio“ und bekam exzellente Kritiken. Im Herbst folgten Debüts an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin als Oscar in „Un ballo in maschera“ (Verdi) und an der Bayerischen Staatsoper in München als Einspringerin in der Rolle der Gilda. Im Sommer 2014 trat sie erstmals bei den Salzburger Festspielen auf – als Zerlina in Wolfgang Amadeus Mozarts „Don Giovanni“.
Genauso stark wie Valentina Nafornita sang der französische Tenor Benjamin Bernheim – und das bei seinem Hausdebüt. Seine Strahlkraft ist sehr beachtlich, er singt in den Höhen leicht und flockig und vollkommen unangestrengt, sein Timbre berührt und begeistert – und so bekam der Shooting Star vom Wiener Publikum auch den größten Applaus. Vom delikaten Pianissimo bis zum heroischen Fortissimo lieferte Bernheim alles à la bonne heure ab. Seine besonderen Stärken liegen in den lyrischen Passagen. Höhepunkt des Abends war Nemorinos weltberühmte Arie „Una furtiva lagrima / Heimlich aus ihrem Auge sich eine Träne stahl“ – begleitet von einer Harfe und vom Englischhorn. Das gelang dem Franzosen wirklich ganz wunderbar und ging richtig schön unter die Haut. Von diesem Benjamin Bernheim, das ist sicher, werden wir noch viel Positives hören.
Der in Paris geborene Tenor erhielt seine Gesangsausbildung am Conservatoire de Lausanne bei Gary Magby. Ferner besuchte er Meisterkurse bei Jaume Aragall, Dale Duesing und Carlo Bergonzi. Nach seinen Erfolgen als Ensemblemitglied am Opernhaus Zürich präsentiert sich Bernheim nun in den renommierten Opernhäusern Europas. Engagements führen ihn in dieser Saison an das Royal Opera House Covent Garden mit seinem Debüt als Rodolfo in Giacomo Puccinis „La Bohème“, als Alfredo in Giuseppe Verdis „La Traviata“ an die Deutsche Oper Berlin und an die Staatsoper Unter den Linden in Berlin.
Alle Darsteller, der Chor und das Orchester der Wiener Staatsoper unter Leitung von Frédéric Chaslin waren gut bis sehr gut. Aber genau wegen dieser beiden herausragenden Darsteller: Valentina Nafornita und Benjamin Bernheim sollten Opernfreunde unbedingt versuchen, die Vorstellung am 5. Februar 2018 in der Wiener Staatsoper zu besuchen – Nafornita gibt ihre Partie an diesem Abend das letzte Mal in dieser Saison gemeinsam mit Bernheim, der auch noch am 10. Februar 2018 gemeinsam mit Andrea Carroll als Adina singen wird. Valentina Nafornita wird in der Rolle noch einmal am 8. und 11. Mai 2018 ins Haus am Ring zurückkehren.
Andreas Schmidt, 4. Februar 2018, für
klassik-begeistert.de
Nachtrag, 5. Februar 2018
Wiener Opernball 2018: Valentina Naforniţă singt anstelle von Daniela Fally
Daniela Fally musste soeben krankheitsbedingt ihren geplanten Auftritt bei der Eröffnung des Wiener Opernballs 2018 am 8. Februar 2018 absagen. An ihrer Stelle wird die moldawische Sopranistin Valentina Naforniţă, die bereits 2013 den Opernball eröffnete, zu erleben sein. Sie wird „O mio babbino caro“ aus Puccinis „Gianni Schicchi“ sowie gemeinsam mit Pavol Breslik „Lippen schweigen“ aus Lehárs „Die lustige Witwe“ singen.
Und wer sang sonst noch? Der Gumpoldskirchner Kinderchor oder? Und das noch dazu ohne Dirigenten?
P. Skorepa