Puccinis Fassung ist spannend genug und das vielfältige Geschehen bei Mundruczós Inszenierung lenkt nur von der wunderbaren Musik ab.
Tosca Musik von Giacomo Puccini Libretto von G. Giacosa und L. Illica
Nationaltheater München, 24. Juli 2024
von Dr. Peter Hampe
Die Wiederaufnahme der im Mai neu inszenierten „Tosca“ bei den Münchner Opernfestspielen wartete mit einer wesentlichen Umbesetzung auf: An Stelle von Castronovo sang Jonas Kaufmann den Cavaradossi.
Er konnte die an ihn gestellten hohen Erwartungen erfreulicherweise erstaunlich gut erfüllen. Erstaunlich, weil sein kürzlicher Münchner Liederabend stimmlich problematisch blieb (siehe die kontroverse Diskussion in diesem Blog). Nunmehr wirkte die Stimme erholt. „Giacomo Puccini, Tosca München, 24. Juli 2024“ weiterlesen
Der Regisseur gibt mit seiner Sichtweise an diesem Abend dem Publikum einige Rätsel auf. Allerdings lassen sich diese, bei genauem Nachdenken und Reflektieren, sehr wohl in den Ring-Kontext einfügen. Immer vorausgesetzt, man lässt sich auf Neues ein und beschäftigt sich damit.Andererseits schafft er immer wieder geradezu magische Momente, in denen man den Atem anhält und deren Intensität überwältigt.
Richard Wagner
Der Ring des Nibelungen Erster Tag: Die Walküre
Musikalische Leitung:Simone Young Regie: Valentin Schwarz Bühne: Andrea Cozzi Kostüm: Andy Besuch Dramaturgie: Konrad Kuhn Lichtwiederaufnahme: Nicol Hungsberg nach Reinhard Traub Video: Luis August Krawen
Orchester der Bayreuther Festspiele
Bayreuther Festspiele, 29. Juli 2024
von Axel Wuttke
Was beim „Rheingold“ so verheißungsvoll begann, setzt sich fort. Simone Young begeistert auch bei der Walküre durch ein spannungsgeladenes Dirigat, das alles an Schönheit und Dramatik aus der Partitur herausholt. Wieder folgt das Festspielorchester mit hochintensivem, in den dramatischen Phasen voluminösem Klang. Die stimmigen Tempi und die genaue Reaktion auf die Sänger zeugen von einer großen Liebe zur Musik Richard Wagners. Die Festspielstimmung beim Ring hält an.
Erl Passionsspielhaus Erl nachts, Photo Regina Ströbl
Szenisch, aber über weite Strecken auch seitens des Sängerensembles war das – ich habe das schon nach der ersten Halbzeit geschrieben – so ziemlich der beste Ring, den ich seit langem erleben durfte. Dieser Eindruck hat sich in Siegfried und Götterdämmerung noch verfestigt. Der euphorische Beifall galt am Ende nicht zuletzt Bernd Loebe, der das Festspiel in Nachfolge von Gustav Kuhn seit 2018 erfolgreich leitete, zuletzt nun mit einer fast 100-prozentigen Auslastung.
Tiroler Festspiele Erl, 5. bis 28. Juli 2024
Musikalische Leitung: Erik Nielsen Inszenierung: Brigitte Fassbaender
Bühne und Kostüme: Kaspar Glarner
Licht: Jarn Hartmann
Video: Bibi Abel
Chor: Olga Yanum Chor und Orchester der Tiroler Festspiele Erl
Erl Passionsspielhaus, 26. und 28. Juli 2024
von Kirsten Liese
Eine Waldlandschaft aus hölzernen Stelen, eine Halle mit Treppenstufen zu beiden Seiten und einem Brückensteg zwischen erhobenen Aussichtsplattformen – in solch minimalistisch angedeuteten, mit Sitzgarnitur und Baumhöhle sparsam ausgestatteten Räumen hat Brigitte Fassbaender zusammen mit ihren Bühnenbildner Kaspar Glarner ihren aufwühlenden Ring geschmiedet. „Zweite Halbzeit Tiroler Festspiele Erl, 5. bis 28. Juli 2024 Tiroler Festspiele Erl“ weiterlesen
Was soll so ein Blödsinn, werter Herr „Regisseur“ Valentin Schwarz aus Oberösterreich? Dieser Schwach-Sinn hat nichts mit den Intentionen und dem Libretto Richard Wagners zu tun.
Bayreuther Festspiele, 28. Juli 2024 Richard Wagner, Das Rheingold
von Andreas Schmidt (Text und Foto)
Eine gute Leistung in Bayreuth: „Das Rheingold“, der Vorabend des Bühnenfestspiels „Der Ring des Nibelungen“, startete mit überwiegend guten und einigen sehr guten Solisten und einer Inszenierung, die von Dummheit, Weltfremdheit, Borniertheit, Hass (Kindesmissbrauch) nur so trotzt. Richard Wagner wird diese Oper im Himmel nicht verstehen… und, sorry: kotzen… aber ich habe versprochen, nicht über die Inszenierung zu schreiben eines RINGES, der hoffentlich nach dem dritten Jahr abgesetzt wird, einem RING, der 2024 nur zweimal durchläuft auf dem Grünen Hügel.
Nur eine Frage: Was soll der depressiv-schwarze Hybrid-SUV mit reichlich PS, der für die Handlung vollkommen! bedeutungslos war – die Riesen steigen zweimal ein –, nicht bewegt wurde und offensichtlich nur penetrante Schleichwerbung für einen baden-württembergischen Automobilhersteller war.
„Tief ist der Brunnen der Vergangenheit.“ Mit diesen Worten beschrieb Thomas Mann, immer der von Wagner inspirierte Autor, das Uranfängliche. Ein waberndes Kontra-Es steigt aus dem Graben, der Vorabend zum Ring nimmt seinen Anfang.
In diese düster-ernstliche Stimmung mischt sich der Klang der Wellen, der Vorhang geht auf und die Rheintöchter verstecken sich unter der Bettdecke. Die Sopranistinnen Evelin Novak (Woglinde) und Natalia Skrycka (Wellgunde) und die Mezzosopranistin Marie Henriette Reinhold (Floßhilde) sind drei stimmlich starke Schwestern.
Aber die Musik!!!!! Was für eine hinreißende Musik. Schon der Beginn überwältigt mit dem tiefen Es der Kontrabässe – die Ursuppe, der Anfang allen Seins – erwidert vom Fagott, von den Hörnern mit einer aufsteigenden Melodie übernommen und schließlich in Woglindes vokalbetontem, aus dem Orchesterklang heraus entwickeltem Weia! Waga! Woge, du Welle, walle zur Wiege wagala weia! Walala, weiala mündend. Wellgunde und Floßhilde stimmen ein. Musikalisch nimmt der Rhein, Metapher des ewig dahin strömenden Lebens, Fahrt auf. Vom Grunde kommt ein Liebe suchender Alberich, missgestaltet, ein oben Ausgestoßener. Die Rheintöchter necken ihn, versprechen ihm Liebe, die sie ihm gleich wieder entziehen. Alberich schwört der Liebe ab, gewinnt dafür das im Rhein verborgene, Macht versprechende Gold. Wenn schon nicht Liebe, dann wenigstes Macht, mit der man sich Liebe erkaufen oder erzwingen kann.
Richard Wagners geniale Kunst hinterlässt in Summe ein staunendes Publikum im schönen Oberfranken zurück. Das „Rheingold“, dessen Uraufführung zuwider Richard Wagner am 22. September 1869 im Nationaltheater in München von seinem Gönner Ludwig II. in die Bahnen geleitet wurde, annähernd in Worte zu fassen, wird immer ein hoffnungsloses Unterfangen bleiben – man muss dieses alle Sinne erfassende Kunstwerk einfach live erleben!
Erst später im Jahr 1876 erklang der gesamte vierteilige Zyklus im Rahmen der ersten Bayreuther Festspiele.
Die Rheintöchter sind Wagners persönliche Schöpfung, die übrigen Figuren, Göttergestalten, Riesen und Zwerge, entspringen der nordischen Mythologie. Wasser und Wellen befinden sich in Aufruhr, Wagner lässt es wogen und wallen. Gleich zu Beginn der Aufführung wird man nassgemacht – vom Plätschern und Sprudeln der Musik, von strudelnden Es-Dur-Figurationen. Man wird mitten hineingesogen.
Die australische Dirigentin Simone Young und das Festspiel Orchester waren sehr gut, tief am Rheingrund und locker in den Höhen. Sie gaben der Komposition Noblesse und Würde.
Wir schreiben hier bei klassik-begeistert viel über Stimmen. Das fällt heute kürzer aus, da fast alle Stimmen leider „nur“ maximal gut waren, was ein Zuhörer in Bayreuth sicher auch mindestens erwarten darf.
Es gab nur vier Sänger, die herausstachen:
Weltklasse war Ólafur Sigurdarson als Nibelung Alberich. Was dieser kleine Mann an Energie, an Hingabe, an Vielfalt in der Klanggebung, an vollkommener Professionalität darbot, war von einem anderen Stern. Lieber Ólafur, Sie sind DER BESTE Alberich der Welt. Sie sind Power pur und stemmen vom piano bis zum fortissimo alles in Perfektion. Sie kommen mitten aus dem Meer, aus Island. Dass Ihr für deutsche Verhältnisse kleines Volk (380.000 Einwohner) einen so herausragenden Bariton hervorbringt, ist beachtlich und beneidenswert. 2000 Menschen waren aus dem Häuschen im Festspielhaus.
Okka von der Damerau als Erda, die Frau aus Hamburg ist die Inkarnation der Erda. Sie kommt aus der Tiefe, lässt die knapp 2000 Menschen im Festspielhaus mit ihrem tiefen Register vor Glück erschauern und bleibt trotz ihres kurzen Auftritts im Herzen und in der Seele der Wagner-Liebhaber zurück.
Der norwegische Bass Jens-Erik Aasbø war ein perfekter, tief-schwarzer Fasolt, tusen takk , lieber Norweger… Deine Stimme hat den Wohlfühlfaktor 10.
Auch Tobias Kehrer als Fafner war ein bärenstarker, männlicher Bass – beiden Sängern gehört die Zukunft… Diese Riesen sind riesig.
Die Wortdeutlichkeit ALLER Sänger – besonders des Polen Tomasz Konieczny als Wotan – ließ sehr zu wünschen übrig.
Bislang hat nur Georg Zeppenfeld als König Marke in „Tristan und Isolde“ und Gurnemanz im „Parsifal“textstark vollkommen überzeugt.
Andreas Schmidt, 29. Juli 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden
DIE DIENSTAG-PRESSE – 30. JULI 2024
Bayreuther Festspiele wieder ausverkauft Die Bayreuther Festspiele sind Deutschlands exklusivstes Opern-Event, Tickets galten als Heiliger Gral. 2023 dann ein kleiner Schock: Sie waren nicht ausverkauft. Jetzt kann das Festival aufatmen. SueddeutscheZeitung.de
Bayreuth Mit störender 3-D-Brille in Bayreuth Tobias Kratzers kultige „Tannhäuser“-Regie bewegt mit Nathalie Stutzmann am Pult trotz unausgeglichener Besetzung. Jay Scheibs „Parsifal“-Inszenierung mit Augmented Reality ist szenisch zäh, aber musikalisch flüssig – mit grandiosem Gurnemanz. Jubel mitten in der „Tannhäuser“-Ouvertüre? Sind Zirkussitten eingerissen auf dem Grünen Hügel? Dort, wo die Wagnerianer strenger Observanz auf sakrale Ruhe während der Aufführung pochen, auch wenn sie mit ihren laut zischenden Psts mehr stören als die Schwätzer, die sie damit tadeln wollen? DiePresse.com
Der Festspielchor singt am 25. Juli 2024 am Grab von Richard Wagner; Foto: Jolanta Łada-Zielke
Am Eröffnungstag der Wagner-Festspiele pflegt der Festspielchor jedes Jahr einen schönen Brauch, um den Meister zu ehren. Am 25. Juli um 10 Uhr singt er ein zehnminütiges Programm am Grab des Komponisten, auf der Rückseite der Villa Wahnfried, begleitet von einigen Musikern des Orchesters. Zuvor legen beide Ensembles dort Blumenkränze nieder. Niemand weiß, wann genau diese Tradition entstanden ist, und sie ist auch nicht allgemein bekannt. Aber diejenigen, die davon wissen, kommen dann in den Wahnfried-Park, um dem Ensemble zuzuhören.
von Jolanta Łada-Zielke
Dieses Jahr bin auch ich da. Bereits zwanzig Minuten vor zehn ist die Grabstätte von Richard und Cosima Wagner von einer Menschenmenge umgeben. Schließlich erscheint der Chor mit seinem Leiter Eberhard Friedrich, der ihn auf einem Klappstuhl stehend dirigiert.
Ich erwarte wenigstens „Wach auf, es nahet gen den Tag“ oder den Pilgerchor aus „Tannhäuser“. Stattdessen höre ich – nach einer instrumentalen Einleitung von drei Posaunisten – Bruckners „Locus iste“. Dieses Stück haben im Repertoire viele Ensembles, ebenso Laienchöre. Deshalb bin ich etwas enttäuscht. Jemand aus dem Publikum bemerkt, dass der Chor unterbesetzt sei und deshalb ein so dünnes Programm präsentiert. Dieses Jahr wurde die Zahl der Sänger von 134 auf 121 reduziert. „Kommentar: Festspielchor Bayreuth in kleiner Besetzung Bayreuth, 29. Juli 2024“ weiterlesen
Allein die hohe Musikalität, mit der Valentin Schwarz die Sänger führt, hat man so lange nicht mehr gesehen. Alles ist wohl durchdacht, die Reaktionen immer im Einklang mit Musik und Text. Gerade dadurch wird man immer wieder darauf hingewiesen, was für schäbige und menschenverachtende Figuren der angeblich ach so hehre Göttervater und seine Entourage sind.
Richard Wagner Das Rheingold
Musikalische Leitung: Simone Young
Regie: Valentin Schwarz Bühne: Andrea Cozzi Kostüm: Andy Besuch Dramaturgie: Konrad Kuhn
Lichtwiederaufnahme: Nicol Hungsberg nach Reinhard Traub Video: Luis August Krawen
Orchester der Bayreuther Festspiele
Bayreuther Festspiele, 28. Juli 2024
von Axel Wuttke
Wie aus dem Nichts beginnt das Rheingold, langsam steigert sich die Dynamik und der Weltenlauf beginnt. Simone Young beglückt das Bayreuther Publikum bei ihrem Debüt im Festspielhaus mit einem transparenten, rhythmisch pointiertem und stringent in den Tempi durchgestalteten Dirigat. Das lässt Großes für die drei folgenden Abende erwarten. „Richard Wagner, Das Rheingold Bayreuther Festspiele, 28. Juli 2024“ weiterlesen
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – und jeder Wiederholung ein Risiko. Denn erfolgreiche Debuts aller Art setzen nämlich nicht selten so hohe Erwartungen, sodass an ihnen dann gescheitert wird. Dieses Phänomen – der so genannte Sophomore Slump – trat beim Baltic Opera Festival in dessen zweiter Auflage nicht ein. Vielmehr überzeugte das Projekt um Starbariton Tomasz Konieczny im zweiten Jahr erneut und verspricht für die kommenden Jahre Großes.
von Willi Patzelt
Es ist nun genau ein Jahr her, dass man in der Waldbühne des polnischen Ostseebads Zoppot an die reiche Geschichte des Ortes als Festspielstätte anknüpfte. Denn bis zum Ende des zweiten Weltkrieges fanden dort bereits seit 1909 Opernfestspiele statt. Ab 1922 reine Richard-Wagner-Festspiele geworden, brachten sie jenem Nachbarort Danzigs den Beinamen Bayreuth des Nordensein (näheres dazu HIER im Vorbericht).
Richard Wagner, Parsifal
Bayreuther Festspiele, 27. Juli 2024
Pablo Heras-Casado, Dirigent
Andreas Schager, Tenor
Georg Zeppenfeld, Bass
Ekaterina Gubanova, Mezzosopran
Derek Walton, Bassbariton
Jordan Shanahan, Bariton
Tobias Kehrer, Bass
Festspielorchester und -chor Bayreuth
Jay Scheib, Inszenierung
von Dres. Regina und Andreas Ströbl
100 Jahre „Zauberberg“! Was für eine wundervolle Idee, vom Sanatorium „Berghof“ in Davos, zum Jubiläum eine Delegation der Lungenkranken-Station nach Bayreuth zu entsenden, um das seelenvolle „Parsifal“–Vorspiel mit keuchenden Geräuschen aus dem Siechenhaus zu bereichern! Nein, Thomas Mann wäre nicht amüsiert gewesen, und einen störenden Klingelton hätte selbst ein schreibender Visionär nicht vorausahnen mögen. Doch lassen wir die Publikumsschelte – es waren offenbar viele Neulinge am 27. Juli auf dem Grünen Hügel, um den „Parsifal“ in der Inszenierung von Jay Scheib mit Beifall bereits nach dem heiligen 1. Akt zu bedenken… „Richard Wagner, Parsifal Bayreuther Festspiele, 27. Juli 2024“ weiterlesen