von Lothar Schweitzer
Angefangen hat es mit einem Geschenk für meine Großmutter. Auf Schellackplatten besaß sie viele neapolitanische Lieder, da mein Großvater italienischer Muttersprache war. Darunter gab es eine Aufnahme des „Ave Maria“ von Bach-Gounod mit Beniamino Gigli. Ich schenkte ihr eine Single eines Zeitgenossen Giglis, des Baritons Heinrich Schlusnus, mit dem „Ave Maria“. Etwas ungewohnt die baritonale Version. Auf der Rückseite war Händels berühmtes „Ombra mai fu“ aus seiner Oper „Serse“. Das Larghetto (Originalbezeichnung!) ist eine Bearbeitung einer Bearbeitung italienischer Provenienz.
Der Sänger Heinrich Schlusnus begann mich zu interessieren. Seine „Lieder eines fahrenden Gesellen“ klangen weniger manieriert als die mit Dietrich Fischer-Dieskau. Aber etwas wundert mich heute, dass ich seine schon sehr reife Stimme, die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1950, also im Abendrot seiner Sängerlaufbahn, wie auch sein Foto auf dem Cover zeigt, mit einem jungen Wandergesellen verbinden konnte. Es muss bei meinem Anhören zu einer seltsamen Zweigleisigkeit gekommen sein, die mir heute unbegreiflich ist. Auf der einen Seite die Faszination seines Timbres, auf der anderen Seite das Seelenleben eines jungen Liebenden, das so gar nicht zu der Stimme passen will. „Schweitzers Klassikwelt 15, Heinrich Schlusnus
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