Das NDR Elbphilharmonie Orchester zeigt sich von seiner Schokoladenseite

Foto: Rätzke (c)
NDR Elbphilharmonie Orchester
Vadim Gluzman Violine
Dirigent Hannu Lintu
Jean Sibelius, Tapiola / Tondichtung für großes Orchester op. 112
Alban Berg, Konzert für Violine und Orchester »Dem Andenken eines Engels«
Carl Nielsen, Sinfonie Nr. 4 op. 29 »Das Unauslöschliche«

von Ricarda Ott

Statt Anton Bruckners Vierter gab es nordische Sinfonik. Statt Christoph von Dohanyi, ehemaliger Chefdirigent des NDR Elbphilharmonie Orchesters von 2004-2011, gab am Donnerstagabend der finnische Dirigent Hannu Lintu sein Debüt in der Klangmanege am Kaiserkai. Ein Programm gespickt mit einschneidenden Umänderungen und dennoch ein mitreißendes Konzert. „NDR Elbphilharmonie Orchester, Vadim Gluzman, Hannu Lintu,
Elbphilharmonie“
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Eine Forelle im Wasser könnte lebhafter nicht sein als Alice Sara Ott und ihr Ensemble

Alice Sara Ott Klavier
Roland Greutter Violine
Jan Larsen Viola
Andreas Grünkorn Violoncello
Michael Rieber Kontrabass
Robert Schumann
Fünf Stücke im Volkston op. 102 für Violoncello und Klavier
Maurice Ravel
Sonate C-Dur für Violine und Violoncello
Franz Schubert
Klavierquintett A-Dur D 667 »Forellenquintett«
Elbphilharmonie Hamburg, 16. Mai 2017

von Leon Battran

Einen Abend von wunderbar pointierter Kammermusik bescherte die Pianistin Alice Sara Ott mit Ensemble dem Publikum im Kleinen Saal der Elbphilharmonie. Intim, bewegend und elektrisierend war die Musik, die die fünf ambitionierten Musiker mit sichtbarer Spielfreude und Hingabe erklingen ließen. „Alice Sara Ott, Roland Greutter, Jan Larsen, Andreas Grünkorn, Michael Rieber,
Elbphilharmonie“
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Plácido Domingo singt seit 50 Jahren an der Wiener Staatsoper

Pressemitteilung der Wiener Staatsoper

50 Jahre KS Plácido Domingo an der Wiener Staatsoper: Sonderpublikation zur Ausstellung, Programm Galakonzert, Zahlen und Fakten

Foto: Plácido Domingo und der Wiener Musikprofessor Reinhard Rauner
(c) Andreas Schmidt

In Anwesenheit des Weltstars wurde am Mittwoch, 17. Mai 2017, die Ausstellung KS Plácido Domingo – 50 Jahre Staatsoperngeschichte im Gustav-Mahler-Saal der Wiener Staatsoper eröffnet. Die Schau zeigt mit Fotos, Zeitdokumenten, Kostümen, Requisiten und Filmausschnitten eine Rückschau auf Plácido Domingos fünf Staatsopern-Jahrzehnte und kann ab sofort im Rahmen eines Vorstellungsbesuches bis Ende Juni 2017 besichtigt werden. „50 Jahre Plácido Domingo an der Wiener Staatsoper“ weiterlesen

Wiener Philharmoniker schenken dem Publikum eine wundervolle Märchenstunde

Wiener Philharmoniker
Daniel Barenboim, Dirigent
Bedřich Smetana
Má vlast (Mein Vaterland)
. Symphonische Dichtungen T 110 – 111, 113 – 114, 120 – 121
Wiener Konzerthaus, 17. Mai 2017

von Mirjana Plath

Es war einmal ein tauber Komponist, der malte eine Geschichte für Blinde. Er beschrieb mit Musik alte Legenden aus seiner Heimat, die sich zu lebendigen Szenen vor dem inneren Auge des Publikums fügten. Die Zuhörer waren so bewegt von seiner Musik, dass sie ihn zum Nationalhelden von Tschechien erhoben. Bedřich Smetanas Symphonische Dichtungen „Má vlast“ (Tschechisch für „Mein Vaterland“) erlangten Weltruhm. „Wiener Philharmoniker, Daniel Barenboim, Dirigent, Bedřich Smetana, Má vlast (Mein Vaterland),
Wiener Konzerthaus“
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Rafal Blechasz: ein phänomenales, lockeres Naturtalent aus Polen, das die Konzertsäle der Welt in Atem halten wird.

Foto © Felix Broede
Rafał Blechacz, Kammerorchester Basel, Trevor Pinnoc
Kölner Philharmonie

Rafał Blechacz Klavier
Kammerorchester Basel
Trevor Pinnock Dirigent

Ludwig van Beethoven, Ouvertüre aus: Die Geschöpfe des Prometheus op. 43 (1800 – 01)
Ludwig van Beethoven, Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll op. 37 (1800 – 02)
Matthias Arter, Aquarell über das Ricercar a 6 von Johann Sebastian Bach BWV 1079 für Orchester (2016)
Felix Mendelssohn Bartholdy, Sinfonie d-Moll op. 107 (1829 – 32) „Reformations-Sinfonie“
Kölner Philharmonie, 16. Mai 2017

von Daniel Janz

Mit klassischem Programm lockt das Kammerorchester Basel in die Kölner Philharmonie. Kammerorchester ist dabei auch programmatisch zu verstehen – beim Höhepunkt des Abends vereinen sich nicht einmal 50 Musiker auf der Bühne. Mit dem überwältigenden Orchesterapparat einer Mahler-Symphonie oder der Reizflutung einer Tondichtung von Richard Strauss können diese Werke nicht mithalten. Dennoch ist das, was das Kammerorchester Basel auf die Bühne der unverdient nur halb gefüllten Philharmonie zaubert, alles andere als hausbacken oder einfältig. „Rafał Blechacz, Kammerorchester Basel, Trevor Pinnock,
Kölner Philharmonie“
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Die Dirigentin Laurence Equilbey erschafft die Welt in zwei Stunden

Foto © Agnès Mellon
Joseph Haydn, Die Schöpfung
. Oratorium in drei Teilen
Laurence Equilbey Musikalische Leitung
Mari Eriksmoen Sopran
Martin Mitterrutzner Tenor
Daniel Schmutzhard Bariton
La Fura dels Baus Szenische Performance
Carlus Padrissa Inszenierung
Insula Orchestra
Accentus Chor
Theater an der Wien, 15. Mai 2017

von Mirjana Plath

„Und Gott sprach: Es werde Licht, und es ward Licht.“ Laurence Equilbey lässt dieses Licht klanggewaltig in strahlendem C-Dur ertönen. Die Dirigentin leitete am Montag die Premiere der szenischen Aufführung von Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ im Theater an der Wien. „Joseph Haydn, Die Schöpfung, Laurence Equilbey, Mari Eriksmoen, Martin Mitterrutzner, Daniel Schmutzhard, La Fura dels Baus, Carlus Padrissa, Insular Orchestra, Accentus,
Theater an der Wien“
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Daniel Barenboim und die Wiener Philharmoniker eröffnen das 38. Internationale Musikfest in Wien

Foto © Warner Music Germany / Ricardo Davila

Wiener Philharmoniker
Daniel Barenboim, Dirigent
Wiener Konzerthaus, 14. Mai 2017
Bedřich Smetana
Vysehrad. Symphonische Dichtung T 110 (Má vlast «Mein Vaterland», 1872-1874)
Z ceských luhu a háju «Aus Böhmens Hain und Flur». Symphonische Dichtung T 114 (Má vlast «Mein Vaterland», 1875)
Vltava «Die Moldau». Symphonische Dichtung T 111 (Má vlast «Mein Vaterland», 1874)
Pierre Boulez
Notations I für Orchester (1978/1984)
Notations III für Orchester (1978/1984)
Notations IV für Orchester (1978/1984)
Notations VII für Orchester (1997/2004)
Notations II für Orchester (1978/1984)

Das 38. Internationale Musikfest der Wiener Konzerthausgesellschaft ist ein musikalischer Höhepunkt der Saison. Zu erleben sind Dirigenten wie Daniel Barenboim, Christian Thielemann, Daniel Harding, Franz Welser-Möst und Paavo Järvi, die ein ambitioniertes Programm zur Aufführung bringen. Ebenso treten Solisten von Weltrang auf wie Anja Harteros, Joshua Bell, Frank Peter Zimmermann, Maxim Vengerov, Jordi Savall und Cameron Carpenter. „Wiener Philharmoniker Daniel Barenboim, Bedřich Smetana, Pierre Boulez,
Wiener Konzerthaus“
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Händels Erstling in Hamburg: Bravissima Christina Gansch

Foto: Staatsoper Hamburg / Declair (c)
Georg Friedrich Händel, Almira
Christiana Gansch
, Almira
Staatsoper Hamburg, 11. Mai 2017

von Leon Battran

 Almira ist umzingelt: Sie ist Königin wider Willen und muss das höfische Zeremoniell über sich ergehen lassen. Sie steht im Zentrum, ihrer Entscheidungsfreiheit beraubt, während die höfische Gesellschaft ihr buchstäblich die Kleider zuschnürt und die Luft zum Atmen nimmt. Händels Opern-Erstling ist ein Hamburger Original und musikalisch ein kleines Meisterwerk, bei dem sich ein genaues Hinhören lohnt.

Im Alter von 19 Jahren erhielt der junge Händel in Hamburg den Auftrag, eine Musik auf das Libretto von Friedrich Christian Feustking zu komponieren. Am 8. Januar 1705 wurde Almira im Opernhaus am Gänsemarkt uraufgeführt. Johann Mattheson gab damals den Fernando. Händels erste Oper war ein großer Erfolg. Neuinszenierungen in Hamburg folgten in den Jahren 1878, 1905 und 2014. Letztere Inszenierung ist aktuell wieder zu sehen.

Almira sieht sich bedrängt von gesellschaftlichen Zwängen. An ihrem zwanzigsten Geburtstag wird sie zur Königin gekrönt. Der Vater verfügt in seinem Testament, dass sie einen der Söhne ihres Vormunds Consalvo zu ehelichen hat. Die Söhne buhlen fortan um die Gunst der jungen Königin. Die Oper bewegt sich auf dem schmalen Grat zwischen Drama und Komik. „Alle benehmen sich unglaublich naiv und sehr pubertär, sind voller hormonaler Schwankungen“, sagt die Regisseurin Jetske Mijnssen.

Almira möchte jedoch am liebsten gar nicht Königin sein und wünscht sich nur, ihrem Herzen folgen zu dürfen. Sie liebt heimlich ihren Sekretär Fernando. Missverständnisse und Enttäuschungen sind programmiert. Schlussendlich entpuppt sich Fernando als Consalvos verlorener Sohn und wird so auch aus gesellschaftlicher Perspektive zum geeigneten Heiratskandidaten. Das eifersüchtige Ränkespiel um die Macht der Liebe und die Liebe zur Macht löst sich in barocker Manier im Einklang von gesellschaftlicher Konvention und der Freiheit des Herzens auf.

Die Oper ist großenteils auf Deutsch, die affektbetonten Arien sind auch in italienischer Sprache verfasst. Musikalisch prägen französische Tanzsätze die Partitur. Ohrenfällig ist vor allem ein scheinbar unscheinbares instrumentales Zwischenspiel, eine Sarabande. Händel sollte diese später für seine Londoner Oper Rinaldo zu der prominenten Arie Lascia ch’io pianga umarbeiten. Die aktuelle Inszenierung wertet die kleine Sarabande zum Leitmotiv für Almira auf und bringt sogar original die vom späteren Händel entlehnte Arie.

Dramaturgisch ist Lascia ch’io pianga kein Muss, fügt sich aber gut ein. „Diese wunderschöne und so unglaublich melancholische Musik zeigt die innere Gefühlswelt von Almira“, so Regisseurin Jetske Mijnssen. Die Arie betont den Konflikt zwischen Almiras Willen und den äußeren Erwartungen. Tatsächlich geht die Rechnung mit Händels Quotenhit auf. Das liegt auch daran, dass man Christina Gansch in der Rolle der Almira an diesem Abend alles abnimmt.

Musikalisch ist dieser Evergreen aus dem Hause Händel zweifellos ein Gewinn. Gansch interpretierte ihn frisch und unvoreingenommen und zeichnete so ein nuanciertes Charakterbild ihrer Figur. Der Mittelteil bebt so von emotionaler Intensität, dass es einen fesselt und nicht wieder loslässt. Überhaupt lieferte die 1990 in Österreich geborene Sopranistin eine durchweg bravouröse Titelpartie ab und glänzte mit spielerischer Hingabe und gesanglicher Finesse. Bravissima!

Christina Gansch beweist, dass es keine überdrehte Dramatik braucht, um zu begeistern. Ihre Figur ist dazu verdammt, zu ertragen, ohne Einfluss nehmen zu können. Sie leidet. Erst in ihrer Rachearie bricht Almira aus wie ein erwachter Vulkan, reißt sich die Kostümierung mitsamt Perücke vom Leib. Jetzt würde man ihr auch eine Arschbombe in den Orchestergraben zutrauen.

Das Philharmonische Staatsorchester kommt an diese Leistung leider nicht heran. Da hätte der Dirigent Sébastien Rouland noch viel mehr aus seinen Musikern herausholen müssen, um die Solistin zu unterstützen. Rouland dirigiert impulsiv, mit großen, fließenden Gesten, atmet dabei hörbar tief ein – sospirare tut nicht nur la libertà, sondern auch der Dirigent. Das Ergebnis ist aber eher ernüchternd: Der Sänger wird zum Zugpferd, der Orchesterapparat hinkt hinterdrein. Der Zusammenhalt geht stellenweise immer wieder flöten, weil das Orchester schleppt. Das stört.

Ein musikalisches Glanzlicht hingegen: Der hypnotisierende Zwiegesang zwischen Bellante und der Solovioline. Hier macht Dorottya Lángs melancholischer Mezzo träumen, und der Konzertmeister Konradin Seitzer formt Melodien von barockem Stolz und anrührender Eleganz. Dieses Zusammenspiel ging geradewegs unter die Haut.

Sehr gut machte seine Sache auch Michael Smallwood. Der australische Tenor sang Almiras Herzblatt Fernando aus dem Orchestergraben, während Viktor Rud auf der Bühne agierte. Smallwood zeigte viel Zartgefühl und tolles Einfühlungsvermögen. Sein Tenor bot reizvolle Dramatik und einen hohen Wiedererkennungswert auf, klang dabei in allen Registern lyrisch und klar.

Überzeugen konnten auch Edilia und Osman alias Klara Ek und Tuomas Katalaja. Die Sopranistin und der Tenor lieferten sich unterhaltsame musikalische Gefechte. Der Hallodri Osman lässt Edilia stehen, um statt ihrer die Königin zu hofieren. Edilia ist verständlicherweise aufgebracht und haut die Wut-Arien raus. Ek präsentierte einen dynamischen Koloratursopran, der hinter der Strahlkraft der Titelpartie jedoch ein wenig zurückstand, und Katalajas Osman war ein echter Volltöner.

Leon Battran, 13. Mai 2017 für
klassik-begeistert.de

Band vom Band – Steve Reichs Stücke für E-Gitarre im Kleinen Saal der Elbphilharmonie

Foto: Höhne (c)
Steve Reich
, Electric Counterpoint, Nagoya Guitars, 2×5
Kalle Kalima und John Eckhardt, »Djupdalen«
Heiko Ossig E-Gitarre
Kalle Kalima E-Gitarre
John Eckhardt E-Bass
Ninon Gloger Keyboard
Jonathan Shapiro Schlagzeug

von Julian Bäder

Die „Minimal Music“ hatte schon immer eine riesig große Sogwirkung auf die Pop-Musik. Das lag vor allem an ihrer harmonischen Rückkehr zum Dur-Moll-System, aber auch an ihren generellen Eigenschaften: die Arbeit mit Repetitionen, Patterns und der starke Fokus auf den Rhythmus. „Steve Reich, Kalle Kalima und John Eckhardt – Heiko Ossig, Kalle Kalima, John Eckhardt, Ninon Gloger, Jonathan Shapiro,
Elbphilharmonie“
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Grandioser Schönberg überwältigt für acht Minuten

Arnold Schönberg, „Ein Überlebender aus Warschau“
Wolfgang Amadeus Mozart, Requiem d-Moll, KV 626
Mariss Jansons, Dirigent
Thomas Quasthoff, Sprecher
Genia Kühmeier, Sopran
Elisabeth Kulman, Mezzosopran
Mark Padmore, Tenor
Adam Plachetka, Bass
Chor des Bayerischen Rundfunks
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Herkulessaal München, 11. Mai 2017

 von Elena Milis

„Achtung! Stilljestanden! Na wird’s mal? Oder soll ich mit dem Jewehrkolben nachhelfen?“ Kurz bleibt einem das Herz stehen, nachdem der letzte Ton von Arnold Schönbergs Ein Überlebender aus Warschau verstummt. Der dissonante Klang hallt wie ein Donnerschlag wider. Die Musik hinterlässt ein eigenartiges Gefühl, besonders der Text macht hellhörig und erinnert an die vielen Unschuldigen, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren. „Mariss Jansons, Thomas Quasthoff, Genia Kühmeier, Elisabeth Kulman, Mark Padmore, Adam Plachetka, Chor des Bayerischen Rundfunks, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, A. Schönberg, W. A. Mozart,
Herkulessaal München“
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