Sommereggers Klassikwelt 175: Der Komponist Samuel Barber wurde zum Klassiker der amerikanischen Moderne

Sommereggers Klassikwelt 175: Der Komponist Samuel Barber  klassik-begeistert.de, 1. März 2023

Foto: Samuel Barber © Wikipedia

von Peter Sommeregger 

Der 1910 in West Chester (Pennsylvania) geborene Sohn eines Arztes und einer Pianistin wuchs in geordneten und wohlhabenden Verhältnissen auf, von der Mutter erhielt er schon frühzeitig musikalische Anregungen, aber vor allem seine Tante, die berühmte Sängerin Louise Homer, weckte seine Begeisterung für die Musik. Bereits mit sechs Jahren begann er das Klavierspiel zu studieren, mit sieben Jahren komponierte er ein erstes Stück für Piano solo. Weitere Kompositionen folgten, mit zwölf Jahren spielte er in seiner Heimatgemeinde die Orgel. Sein Eintritt in das Curtis Institute for Music in Philadelphia mit erst 14 Jahren war aufgrund seines offenkundigen Talentes eine logische Entwicklung. Sein Studium umfasste die Klavier-, die Kompositions- und die Dirigenten-Klasse. Zusätzlich studierte er noch Gesang und ließ seine Bariton-Stimme ausbilden.

Mit 18 Jahren begegnete Samuel Barber am Curtis Institute seinem Studienkollegen Gian Carlo Menotti, der für die nächsten 40 Jahre sein Lebenspartner wurde. Barbers erstes Orchesterwerk, das internationale Anerkennung fand, war die Symphony in one Movement, die in Rom und Salzburg aufgeführt wurde. Zum Welterfolg entwickelte sich sein Adagio for strings, die Bearbeitung des langsamen Satzes seines Streichquartetts für großes Streichorchester. Die Uraufführung dirigierte kein Geringerer als Arturo Toscanini im Jahr 1938. Auch während seiner Dienstzeit in der amerikanischen Armee während des zweiten Weltkrieges setzte Barber seine Karriere als Komponist fort.

Barber und Menotti erwarben 1943 das Landhaus „Capricorn“ nördlich von New York City, in dem beide Komponisten die fruchtbarsten Jahre ihrer künstlerischen Tätigkeiten erlebten. Barbers Spektrum umfasste Kompositionen vokaler Art, ebenso Solokonzerte und Symphonien. Sein 1941 uraufgeführtes Violinkonzert setzte sich sofort durch und ist heute Teil des Repertoires aller bedeutenden Geiger. Seine Komposition „Knoxville. Summer of 1915“ für Sopran und Orchester, geschrieben für die Sängerin Eleanor Steber, wird ebenfalls häufig aufgeführt.

Durchschlagenden Erfolg erlebte auch die Oper „Vanessa“, die 1958 von der New Yorker Metropolitan Opera uraufgeführt wurde. Das Libretto dafür hatte Menotti nach einer literarischen Vorlage von Tania Blixen für seinen Partner verfasst. Barbers durchgängig tonale, beinahe spätromantische Musik führte das Werk zu einem dauerhaften Erfolg, woran die glamouröse Besetzung der Uraufführung bestimmt auch ihren Anteil hatte. In Europa anfangs als rückwärts gewandt verpönt, findet sich das Werk inzwischen nicht selten auf den Spielplänen.

Als die Metropolitan Opera ihr neues Gebäude im Lincoln Center in New York 1966 einweihte, wurde zur Eröffnung das Auftragswerk von Barber, „Antony and Cleopatra“ aufgeführt. Inszeniert wurde die Oper von Franco Zeffirelli, der auch das Libretto nach Shakespeare verfasst hatte.

 

Trotz Starbesetzung – Leontyne Price sang die Cleopatra – erlebte das Werk einen eklatanten Misserfolg, der aber zum Teil auch Zeffirellis grotesk pompöser Inszenierung geschuldet war. Dieser stürzte den erfolgsverwöhnten Barber in eine tiefe Depression, die sich zum Alkoholismus ausweitete. Er zog sich zeitweise nach Italien zurück, auch seine Schaffenskraft litt in dieser Lebensphase und die Liebesbeziehung mit Menotti fand ein Ende. Freundschaftlich blieben die beiden Künstler aber bis zu Barbers Tod verbunden.

Erst langsam kehrte Barbers Schaffenskraft zurück, aber bereits ab 1978 litt Barber an Krebs, dem er schließlich 1981 im Alter von 70 Jahren erlag.

Viele seiner Werke werden heute weltweit regelmäßig aufgeführt, für die USA ist er bereits zum nationalen Klassiker geworden.

Peter Sommeregger, 1. März 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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