„Ich kann wirklich nicht mehr singen, aber ich mach's halt"

Hommage an Dagmar Koller,  Volksoper Wien, 1. September 2019

Hommage an Dagmar Koller an der Volksoper Wien.

Foto: Dagmar Koller, Wikipedia (c)
Volksoper Wien
, 1. September 2019
Hommage an Dagmar Koller

von Anna Ploch

Mit einer Hommage an eines der beliebtesten Ehrenmitglieder der Volksoper Wien hat die Saison 2019/20 begonnen. Zahlreiche Kollegen, Freunde und Fans fanden sich am Sonntagabend in der ausverkauften Volksoper ein, um den Publikumsliebling Dagmar Koller zu feiern. Am 26. August feierte sie ihren 80. Geburtstag, wie durch die überschwängliche Berichterstattungen in österreichischen Medien  kaum zu versäumen war. „Sie werden so was von mir genug haben,“ meint Koller daher im Interview mit Christoph Wagner-Trenkwitz. Die stehenden Ovationen am Schluss zeigen jedoch ein anderes Bild.

Dagmar Koller darf getrost als Kultfigur bezeichnet werden. In Österreich kennt sie jeder. Ist sie bei der älteren Generation aus Musicals wie My Fair Lady oder Hello Dolly und Operetten wie Wiener Blut bekannt, kennt sie die jüngere Generation aus Fernsehsendungen wie Dancing Stars und zahlreichen Seitenblicken. Begonnen hat die Koller ihre Bühnenkarriere bereits Ende der 1950er-Jahre als Ballettelevin an der Volksoper Wien. 1972 hatte sie dann ihre erste Musicalrolle in Carousel. Mit der Operette Die lustige Witwe tourte sie bis nach Japan, wo das Publikum sich vor Begeisterung überschlug. Die Beliebtheit der Wiener Operette stand damals in Japan noch ganz am Anfang, hält jedoch bis heute an. Dagmar Koller ist bekannt für ihre humorige und unverblümte Art Geschichten aus ihrem Leben zu erzählen, und so versprach diese Hommage bereits im Vornhinein eine große Portion Unterhaltung mit sich zu bringen. 

So erzählt die Koller, die ursprünglich aus Kärnten kommt, wie sie als Vorbereitung auf die Rolle der Eliza in My Fair Lady Wienerisch von Taxifahrern lernte und vor allem die Kraftausdrücke vormittags in der Wohnung im ersten Bezirk übte. Dies tat sie in einer Lautstärke, dass die damaligen Mitarbeiter der Verlagsgruppe News, die sich im selben Haus befand, eines Tages zu ihr meinten, sie solle doch nicht so viel mit ihrem Mann (Helmut Zilk) schimpfen. 

Ein bisschen frech war Dagmar Koller schon immer, sodass sie vor allem in der Kombination mit Harald Serafin oft „Strafzettel“ für einen falschen Text bei den Vorstellungen bekommen hat. Fünfundzwanzig Euro wurden ihr damals von der Gage abgezogen, da sie und Serafin sich in Kiss me, Kate gegenseitig so hochschaukelten, dass sie einiges an Text hinzudichteten.

Unter den zahlreichen Gratulanten befanden sich neben Jeffrey Treganza, Juliette Khalil, Lisa Habermann und Axel Herrig, die Nummern aus den aktuellen Produktionen Carousel und My Fair Lady darboten, auch Volksoperndirektor Robert Meyer und Kollege Josef Luftensteiner mit dem Dagmar Koller in Der Mann von La Mancha auf der Bühne gestanden hat. Er lobte Dagmar Kollers soziales Gefüge und betonte, dass sie jungen Kolleginnen stets unterstützend zur Seite gestanden und einige Karrieren mitgefördert hat. 

Am Schluss lernt das Publikum noch, dass Bier besser als Vodka ist, da die Stimme dadurch besser geölt wird. Mit einem ehrlichen: „Ich kann wirklich nicht mehr singen, aber ich mach’s halt“, zieht sich Dagmar Koller für eine kurze Minute zurück und singt dann das Lieblingslied ihres langjährigen Ehemannes „Wo sind die Clowns“, begleitet von Béla Fischer am Klavier. Es stimmt, stimmlich überzeugt die Koller nicht mehr, aber dennoch ist ihr Auftritt berührend und authentisch. Mit einem erleichterten „Endlich, ist es vorbei“, beendet sie die Nummer und nimmt dankbar und bescheiden wie eh und je die Ovationen des Publikums entgegen.  

Anna Ploch, 1. September 2019, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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