Wir blicken auf 63 bzw. 60 Jahre Opernerfahrung zurück.
„Salome“, „Der Rosenkavalier“ und „Ariadne auf Naxos“ sind die meist erlebten Werke. Dies dank einer hervorragenden Richard-Strauss-Pflege an der Wiener Staatsoper. Einige Opern erreichten nur deshalb nicht die Vielzahl an Abenden, an denen wir so zu sagen „Zeitzeugen“ wurden, weil wir auf eine ausgewogene Besetzung Wert legen. Auch wenn, um anschaulich zu werden, eine Arabella traumhaft singt, vermag sie schon von den Gesetzen der Logik her keine Zdenka im berühmten Duett zu ersetzen und benötigt einen Mandryka auf stimmlich gleicher Höhe. „Schweitzers Klassikwelt 50: Unser Wunschzettel klassik-begeistert.de“ weiterlesen
Höchste Zeit sich als Musikliebhaber einmal neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen.
Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der so genannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese teilweise sarkastische, teilweise brutal ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.
von Daniel Janz
Einschneidende Erlebnisse in der Menschheitsgeschichte hinterlassen oft auch ihre Spuren in Kulturen und damit der Musik. Als solches ist auch der Bereich der Orchesterkompositionen voll mit Werken, die sich auf Katastrophen, menschliche Dramen und Kriege beziehen. Meistens wird damit auch eine besondere Bedeutung verbunden – eine herausragende Stellung, die oft synonym mit Qualität gesetzt wird. Dass dies nicht automatisch immer einhergehen muss, soll heute an einem Beispiel diskutiert werden, das ab und an sogar als Ursprung für ein ganzes Genre bezeichnet wird: Die Rede ist von Benjamin Brittens „War Requiem“.
Über Kriege zu berichten ist immer eine undankbare Aufgabe, insbesondere wenn man als Betroffener davon erzählt. Nicht nur die Erfahrungen, die man in solchen Kontexten machen muss, reichen, um für ein ganzes Leben zu traumatisieren. Auch die Zerstörung, all das Leid und den Terror des Kriegs wiederzugeben, verlangt alles Menschenmögliche ab. Es verwundert daher nicht, dass es zahlreiche Beispiele dafür gibt, dass Menschen statt der Aussprache das Schweigen suchen und die gemachten Erfahrungen mit sich sterben lassen. „Daniels Anti – Klassiker 39: Benjamin Britten – War Requiem (1962), klassik-begeistert.de“ weiterlesen
Die 1919 in einem Dorf im Allgäu geborene Tochter eines Schullehrers erhielt schon frühzeitig von ihrem Vater Gesangsunterricht. Als diese aber den Wunsch äußerte, den Gesang zum Beruf zu machen, war er anfangs nicht begeistert von dieser Idee. Die junge Irmgard hielt aber auch an ihrem Plan fest, als sie ihren Vater durch einen Autounfall als Siebzehnjährige verlor. Sie absolvierte das Konservatorium in Augsburg und wurde bereits 1940 an das Theater in Aachen engagiert, an dem zu dieser Zeit Herbert von Karajan Generalmusikdirektor war. Der erkannte das Potential der jungen Sängerin und erarbeitete mit ihr Partien des jugendlich-lyrischen Faches.
Der Name der jungen Sopranistin scheint sich schnell verbreitet zu haben, denn 1943 sang sie bereits an der Semperoper in Dresden und an der Wiener Staatsoper bei Karl Böhm vor. Der engagierte sie vom Fleck weg für die Eva in den „Meistersingern von Nürnberg“ in Wien. Dies sollte der Beginn einer dreißigjährigen, erfolgreichen Karriere an diesem Haus werden. „Sommereggers Klassikwelt 114 : Irmgard Seefried zum Gedenken, klassik-begeistert.de“ weiterlesen
Höchste Zeit sich als Musikliebhaber einmal neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen.
Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der so genannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese teilweise sarkastische, teilweise brutal ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.
von Daniel Janz
Im Fundus der Klassischen Musik gibt es viel zu viele Werke, die im gesellschaftlichen Bewusstsein vergessen oder in den Hintergrund gerückt sind. Finden solche Werke den Weg zurück zu breiter Beachtung, ist das eigentlich begrüßenswert. Doch leider ist damit heutzutage häufig eine Überrepräsentation, wenn nicht sogar ein medialer Verschleiß verbunden. Nehmen wir beispielsweise Griegs Peer Gynt Suite und wir werden uns erinnern, dass sie heute, im frühen 21. Jahrhundert dem modernen Trend erliegt, ein Stück so oft zu wiederholen, bis es keiner mehr hören mag. Und so handelt auch dieser Beitrag von einem Werk, das im Sinne dieses Trends seit einigen Jahren malträtiert wird. Die Rede ist von der „Nessun dorma“-Arie aus Giacomo Puccinis Oper „Turandot“. „Daniels Anti Klassiker – 38: Giacomo Puccini – „Nessun dorma“ aus „Turandot“ (1926) klassik-begeistert.de, 24. November 2021“ weiterlesen
Manche Lücken schließen sich nie. Als die Sopranistin Lucia Popp am 16. November 1993 mit nur 54 Jahren starb, hinterließ sie eine solche.
Der Lebensweg der 1939 nahe Bratislava in der Slowakei geborenen Sängerin war anfangs geprägt durch das kommunistische Regime in ihrer Heimat, das Ausreisen nur in wenigen Fällen gestattete, was ihre 1963 begonnene Karriere als Koloratursopran natürlich beeinträchtigt hätte. Sie nutzte einen Besuch bei Verwandten in Wien, um an der Staatsoper vorzusingen, und wurde umgehend engagiert.
Noch im gleichen Jahr sang sie in Otto Klemperers bis heute unerreichten „Zauberflöte“- Aufnahme die Königin der Nacht, die sie später in ihrer Karriere auch an der Met in New York sang, ehe sie zur Pamina wechselte. Ihre große, internationale Karriere entwickelte sich rasant, einige Jahre war sie auch am Opernhaus in Köln engagiert, wo sie mit dem Dirigenten István Kertész zusammenarbeitete. „Sommereggers Klassikwelt 113: Die wunderbare, unvergessliche Lucia Popp, klassik-begeistert.de“ weiterlesen
Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.
NEUE STIMMEN 2017 – Finale (2. Preis): Johannes Kammler singt „Mein Sehnen, mein Wähnen“, Die tote Stadt
An der Bayerischen Staatsoper kann man gut Rising Stars entdecken, man muss nur auf die Darsteller kleinerer Rollen achten, die häufig Mitglieder des Opernstudios sind. Wenn man bedenkt, dass von jährlich 800 Bewerbern nur drei bis vier in diesen Kreis aufgenommen werden, wird klar, welche handverlesenen Hoffnungsträger hier ihre erste Bühnenerfahrung sammeln. So waren auch die außerordentlichen Qualitäten des 1988 in Augsburg geborenen Johannes Kammler nicht zu überhören, der von 2015 bis 2017 dem Opernstudio und dann noch eine Spielzeit lang dem Ensemble der Bayerischen Staatsoper angehörte und 2018 an die Stuttgarter Oper wechselte.
Er ist der Sohn von Reinhard Kammler, dem Gründer und langjährigen Leiter der Augsburger Domsingknaben. In diesem dem Chorgesang geweihten Umfeld erhielt er seine erste musikalische Ausbildung. Es folgten Gesangsstudien in Freiburg im Breisgau, in Toronto und an der Guildhall School of Music in London. Schon bald gaben ihm auch die Konzerte seines Vaters die Möglichkeit, sich solistisch zu erproben. Sogar vor dem bekanntermaßen musikverständigen Papst Benedikt XVI wirkte er schon als Solist bei einem Konzert in der Sixtinischen Kapelle mit.
Weihnachstoratorium – Kantate I: Arie „Großer Herr, o starker König“ (Augsburger Domsingknaben, Johannes Kammler, Bass) Sixtinische Kapelle, 2010
Die Zeit an der Bayerischen Staatsoper legte eine gute Grundlage für Johannes Kammlers Karrierestart, doch schon bald verließ er dieses Haus. Wie er mir sagte, war er enttäuscht, dass den männlichen Ensemblemitgliedern kaum interessante Rollen angeboten wurden. In dieser Hinsicht konnte ihm das Staatstheater Stuttgart weit mehr bieten und er stand dort ziemlich schnell als Dottor Malatesta in Don Pasquale, Marcello in La Bohème, Guglielmo in Così fan tutte und Graf Almaviva in Figaros Hochzeit auf der Bühne. Mehr wäre noch gegangen, wenn ihm Covid keinen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. So konnte sein Debüt als Papageno erst mit Verzögerung erfolgen, doch nun ist der Spielbetrieb wieder in Gang gekommen und er wird in dieser Spielzeit noch als Don Giovanni und als Figaro im Barbier von Sevilla debütieren. Auch Rolando Villazón ließ es sich nicht nehmen, ihn in seiner Serie „Stars von morgen“ einem breiten Fernsehpublikum vorzustellen.
Johannes Kammler bei „Stars von morgen“ (2019): An Schwager Kronos (Schubert)
Dass er sich hier auch als Interpret eines klassischen Liedes präsentiert, zeigt, wie viel ihm diese Musikgattung bedeutet und wie fesselnd er alle Möglichkeiten der Interpretationskunst einzusetzen versteht. Er nutzt sein breites Spektrum an Dynamik und Klangfarben für die nötigen Kontraste zwischen herber Dramatik und einschmeichelnd klaren Kantilenen und bringt den Text und seine Bedeutung immer verständlich zum Ausdruck. Zweimal war ich bei seinen Liederabenden im Publikum und kann ihn gar nicht genug dafür loben, dass er jedem Lied einen eigenen Charakter gibt und damit eine nicht nachlassende Spannung garantiert. Es gibt viele Beispiele in YouTube, die das belegen, und auch immer wieder Möglichkeiten, das im Konzertsaal zu erleben.
Auch der Tätigkeit als Oratoriensänger bleibt er treu. Als Solist in Haydns Schöpfung war er 2017 unter Thomas Hengelbrock in der Elbphilharmonie zu erleben, ebenso zählen Bachs Passionen zu seinem regelmäßig gepflegten Repertoire. Szenische Umsetzungen von Oratorien bieten heute auch die Möglichkeit eines Brückenschlags zwischen Oper und Konzertrepertoire. So wirkte er kürzlich an der Holländischen Nationaloper Amsterdam an einer Bühnenadaptation von Haydns Missa in tempore belli mit.
Missa in tempore belli: „Qui tollis“ by Johannes Kammler – Dutch National Opera, 2021
Wie charakterisiert man nun einen jungen Künstler mit vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten, ohne ihn in eine zu enge Schublade zu stecken? Der Begriff Kavaliersbariton kann hier vielleicht eine Richtung andeuten, ohne eine Festlegung zu treffen. Don Giovanni, den er demnächst in Stuttgart darstellen wird, ist z.B. mit diesem Etikett versehen, ebenso Eugen Onegin und Mandryka in Arabella. Das ist m. E. Repertoire, das er sich gut erschließen kann. Diese Charaktere müssen ein elegantes Timbre haben und ein einschmeichelndes Legato singen, aber auch dramatisch auftrumpfen können, ohne die Gunst der Damen aufs Spiel zu setzen. Auf diesem Weg sehe ich Johannes Kammler gut unterwegs und seine Mitwirkung an der konzertanten Aufführung von Arrigo Boitos hochinteressantem Opernfragment Nerone bei den Bregenzer Festspielen 2021 bestärkt mich darin, an seine besonderen Qualitäten als junger Kavalier zu glauben.
Arrigo Boito / Nerone / Duett Rubria, Fanuèl / Alessandra Volpe, Johannes Kammler, Ltg. Dirk Kaftan, Bregenzer Festspiele Juli 2021
Lorenz Kerscher, 4. November 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Lorenz Kerscher, Jahrgang 1950, in Penzberg südlich von München lebend, ist von Jugend an Klassikliebhaber und gab das auch während seiner beruflichen Laufbahn als Biochemiker niemals auf. Gerne recherchiert er in den Internetmedien nach unentdeckten Juwelen und wirkt als Autor in Wikipedia an Künstlerporträts mit.
Dr. Lorenz Kerscher
„‘Musik ist Beziehungssache‘, so lautet mein Credo. Deshalb bin ich auch als Chorsänger aktiv und treffe mich gerne mit Freunden zur Hausmusik. Eine neue Dimension der Gemeinsamkeit eröffnet sich durch die Präsenz vieler, vor allem junger Künstler im Internet, wo man Interessantes über ihre Entwicklung erfährt, Anregungen zur Entdeckung von musikalischem Neuland bekommt und auch in persönlichen Kontakt treten kann. Man ist dann kein Fremder mehr, wenn man ihnen als Autogrammjäger begegnet oder sie sogar bei einem Konzertbesuch im Publikum trifft. Das ist eine schöne Basis, um mit Begeisterung die Karrieren vielversprechender Nachwuchskünstler mitzuerleben und bei Gelegenheit auch durch Publikationen zu unterstützen.“
Irgendwo und irgendwann haben wir eine Definition des Begriffs Fetischismus gelesen, die uns besonders gefiel. Er sei der Versuch ein geistiges Erlebnis materialisieren zu wollen. Das Autogramm also ein Fetisch.
Plácido Domingo
Die Portiere der Wiener Staatsoper machten die Autogrammjäger aufmerksam, dass die Oper sieben (oder gar mehr?) Ausgänge hat. Also bestand für die SängerInnen die Möglichkeit den Ort ihrer Triumphe oder Misserfolge unbemerkt zu verlassen. In der Regel machten unsere Lieblinge ihren Schritt zurück ins alltägliche Leben beim Bühnenausgang Kärntner Straße. Wer Eberhard Waechter treffen wollte, musste allerdings zum Ausgang Operngasse und auf die Begegnung mit den anderen Stars unter Umständen verzichten. Als ich zufällig vor einer Aufführung der „Salome“ mit dem Bühnenbild und mit den Kostümen Jürgen Roses unter den Arkaden aufseiten Operngasse vorbeikam, verabschiedete sich Waechter gerade von seinen weiblichen Fans mit dem Gruß: „Viel Freude am Jugendstil!“
Eliane Coelho, Fabio Luisi, Neil Shicoff
Es gibt gleich neben dem Ausgang Kärntner Straße einen kleinen Raum, der auf Wunsch der SängerInnen manchmal geöffnet wurde. Da konnten dann die KünstlerInnen bequem an einem Tisch Platz nehmen, um die Autogrammwünsche zu erfüllen. Mann/frau wurde dann der Reihe nach eingelassen und es bildete sich kein wirres Knäuel von Opernenthusiasten. Diese Art des Autogrammegebens bevorzugten unsrer Erinnerung nach die Cotrubaş, die Lipovšek und Shicoff, der dort fast wie ein Banker wirkte.
Shirley Verrett, Nicolai Ghiaurov
Auf jeden Fall waren die Umjubelten so auf der sicheren Seite, wäre doch die Mezzosopranistin Shirley Verrett nach einem „Don Carlos“ an der Wand des Staatsoperngebäudes von den begeisterten Fans beinahe erdrückt worden. Etwas kopflos gestaltete sich die Autogrammjagd auch beim Gastspiel des Bolschoi-Theaters im Oktober 1971. Da die Sänger größtenteils noch unbekannt waren (Juri Masurok, Wladimir Atlantow), auch die fremde kyrillische Schrift spielte eine Rolle, wurden Mitglieder des künstlerischen Hilfspersonals zu ihrem großen Erstaunen um Unterschriften bestürmt.
Regina Resnik, Birgit Nilsson
Zu erwehren wusste sich die Wagner-Heroine Birgit Nilsson, als sie sich einmal wie ein Eisbrecher durch Leiber und ausgestreckte Hände hindurch, einige Autogramme kritzelnd zum vis-à-vis liegenden Hotel Sacher durchkämpfte, wo sich nach ihrem Eintritt die Pforten eisern schlossen.
Der ungarische Ritter vom hohen C Róbert Ilosfalvy wurde nach einem „Trovatore“ in den Arkaden von einer Masse von OpernbesucherInnen umringt und rief nervös nach seinem Begleiter, den er aus den Augen verloren hatte. Da hörte er von irgendwo her dessen Stimme, beruhigend: „Schreibe weiter.“ Belustigt zeigte er sich über den Autogrammwunsch auf einem Zettel in der Größe eines Straßenbahnfahrscheins. „Schweitzers Klassikwelt 49: Das Bühnentürl, Klassik-begeistert.de,“ weiterlesen
Höchste Zeit sich als Musikliebhaber einmal neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der so genannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese teilweise sarkastische, teilweise brutal ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.
von Daniel Janz
Manch ein kreativer Geist zeichnet sich durch Einfallsreichtum aus, durch Ideenreichtum und prächtige Abwechslung. Verwenden solche Künstler Selbstzitate, ist das oft mit einer Bedeutung verbunden, es lassen sich dadurch sogar semantische Zusammenhänge konstruieren. Dann gibt es aber auch diejenigen, die sich auf einem Personalstil ausruhen, abschreiben, andere oder sich selbst kopieren und dabei sogar komplette Werke recyceln. Letzteres erzeugt beim Zuhören nicht nur ein Gefühl von Wiederholung, sondern auch von sich einschleifenden Strukturen. Irgendwann kann sogar der Eindruck folgen, dass einem solchen Künstler nichts Neues mehr einfällt. Dass von diesem Vorwurf auch Komponistengrößen nicht gefeit sind, zeigt das Beispiel von Georg Friedrich Händel.
Händel galt neben Johann Sebastian Bach als einer der Großen seiner Zeit. Im Gegensatz zu Bach hinterließ er aber nicht nur Musik, die teilweise heute noch enorme Aufmerksamkeit genießt, wie der Messias. Der barocke Meister leistete sich auch die ein oder andere Selbstkopie. Nun kann man dasselbe auch über Bach feststellen – nicht nur sein „Weihnachtsoratorium“ enthält eine Reihe Selbstzitate. Kontrafraktur nennt sich diese Methode und ist bis heute eine gängige Methode beim Komponieren. Und diese gängige Praxis beweist auch bis heute ihren Nutzen – sonst wäre es kaum möglich, Zitate anderer Werke aufzugreifen und in ein neues Licht zu setzen. So gesehen ist das dem kreativen Freiraum jedes Künstlers überlassen. „Daniels Anti-Klassiker 37: Georg Friedrich Händel – Arien aus „Almira“ (1705), “Lascia la spina” (1707) & “Lascia ch’io pianga“ (1711)“ weiterlesen
Beide Werke Mozarts, die im Programm jenes Konzerts standen, sind per definitionem unvollständig. Die Prager Sinfonie D-Dur KV 504 (die Erstaufführung 1787) besteht nur aus drei Sätzen, ohne Menuett. In der ersten Fassung der Großen c-Moll-Messe KV 427 fehlen einige Teile vom „Credo“ sowie das ganze „Agnus Dei“ mit „Dona nobis pacem“. Dennoch machten die Bremer Philharmoniker und der Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg unter der Leitung von Hansjörg Albrecht diesen Freitagabend in der Laieszhalle für lange Zeit unvergesslich.
von Jolanta Łada-Zielke (Text und Fotos)
Natürlich gibt es nach wie vor die Corona-Beschränkungen. Im Zuschauerraum sitzt man in Abständen paarweise, wobei jeder Sitzplatz einer bestimmten Person zugeordnet ist. Aus diesem Grund durften Mitglieder des Chores während des ersten Teils des Konzerts nicht im Publikum weilen. Deshalb hörte ich die Aufführung der „Prager Sinfonie“ an der Tür zur Bühne und bewunderte Hansjörg Albrechts Art.
Er dirigiert nach den entsprechenden Konventionen der Epoche: Zum Beispiel, die Werke der Barockzeit führt er – Basso Continuo spielend – vom Cembalo aus. Nicht jeder kann dies tun, weil es eine geteilte Aufmerksamkeit erfordert. Ich fragte Hansjörg Albrecht danach, als ich mit ihm ein Interview für das polnische Musikmagazin „Muzyka 21“ durchführte:
„Diese Art des Musikzierens – des völlig unabhängig voneinander funktionierenden Dirigierens und gleichzeitigen Spielens – ist für mich ganz normal und selbstverständlich“, antwortete er. „Das war damals Usus, denn den Dirigenten im heutigen Sinne gab es damals noch nicht. Diese Art geht bei mir bis zu Haydn und Mozart. Das ist keine eigentliche „Dirigiermusik“, wie beispielweise die großen Sinfonien von Bruckner, Mahler oder Schostakowitsch, sondern es ist ein Spiel mit Affekten. Daher dirigiere ich auch erst die Musik, die nach 1800 entstanden ist, mit Stab – alle Musik davor nur mit meinen Händen.“„Ladas Klassikwelt 85: Wolfgang Amadeus Mozart, Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg, Bremer Philharmoniker klassik-begeistert.de, 5. November 2021“ weiterlesen
Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.