Ladas Klassikwelt 89: Ein bisschen Bach zum Neuen Jahr

Foto: Kirche Zürich, Enge, von außen JLZ

Reformierte  Kirche Zürich, 1. Januar 2022

Johann Sebastian Bach, Weihnachtsoratorium, IV. Kantate

von Jolanta Łada-Zielke

Auch wenn ich nicht gezielt nach Musik suche, findet sie mich und manchmal auf sehr überraschende Weise. Ich habe Silvester in der Schweiz verbracht und am Neujahrstag ging ich mit meinem Mann durch Enge, einen der Züricher Stadtteile, spazieren. Unterwegs gingen wir an einem Hügel mit einer imposanten Kirche im Neurenaissancestil  vorbei. Eine hohe Treppe führte dorthin, aber wir mussten sie nicht erklimmen, um ein Transparent zu sehen, das ankündigte, dass hier in weniger als einer Stunde die IV. Kantate aus Johann Sebastian Bachs „Weihnachtsoratorium“ aufgeführt wird. Wir zögerten einen Moment, weitergehen oder hier bleiben? Schließlich gewann die Liebe zur Musik. Es gibt ein polnisches Sprichwort das heißt: „Wie das Neujahr beginnt, so wird das ganze Jahr“, also habe ich diesen Zufall als eine gute Prognose gesehen. „Ladas Klassikwelt 89: Johann Sebastian Bach, Weihnachtsoratorium, IV. Kantate,
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Schweitzers Klassikwelt 53: Comprimarie e Comprimarii – es klingen die großen Töne auch im Kleinen

Foto: Katharina Kammerloher und Günther Groissböck als Annina und Baron Ochs in André Hellers „Der Rosenkavalier“ Staatsoper unter den Linden, Berlin © Imago images / Stefan Zeitz

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Suchen wir nach einer Bedeutung im Internet, so finden wir Unbefriedigendes bis Widersprüchliches. Die Definition „DarstellerInnen von Sekundarrollen“ verwendet wiederum ein nicht sehr gebräuchliches Fremdwort. Dass es sich um Rollen von weniger Gewicht handelt, entspricht auch nicht unserer Opernerfahrung und die Erklärung „DarstellerInnen tragender Nebenrollen“ ist ebenso unglücklich gewählt, denn etwas Nebensächliches kann nicht tragend sein. Die wörtliche Übersetzung „mit den HauptdarstellerInnen“ lässt schließen, dass hier in der Regel keine Kleinstrollen gemeint sind.

Nach dem nachdenklichen Monolog der Feldmarschallin am Ende des ersten Akts des „Rosenkavaliers“ und der feierlichen Überreichung der silbernen Rose im zweiten Akt  freuen wir uns ebenso gegen den Schluss dieses Akts auf den Auftritt der „Comprimaria“ Annina, die dem Baron „eigenhändig, insgeheim“ einen Brief zu übergeben hat. Wie der Baron Ochs wenig später als Schlusston ein tiefes E zu meistern hat, muss auch die Sängerin der Annina in ihrem Wortwechsel in die tiefste Altlage hinabsteigen („Vergessen nicht der Botin, Euer Gnadn?“), nur dass der Dirigent bei dieser Stelle nicht die Möglichkeit hat, die Lautstärke des Orchesters herabzusetzen. „Schweitzers Klassikwelt 53: Comprimarie e Comprimarii,
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Daniels Anti-Klassiker 45: Wolfgang Amadeus Mozart – Requiem (1792)

Höchste Zeit sich als Musikliebhaber einmal neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen.

Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der so genannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese teilweise sarkastische, teilweise brutal ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Mozarts Requiem – ein Gigant unter den Orchesterwerken, lange Zeit als eine der besten, wenn nicht sogar DIE beste Komposition des Wolfgang Amadeus bekannt mit Kultstatus und allgemeiner Bekanntheit bis heute. Eine Musik, über die er selber sogar verstarb, sodass sie sein Schüler Süßmayr vollenden musste. Mozarts Tod während der Komposition könnte die Idee wecken, dass der Allmächtige selbst ihn zu sich rief, um diese Musik zu seinem Schwanengesang zu erheben – das ist Stoff, aus dem Legenden gemacht werden. Zu schade nur, dass die Anteile Süßmayrs nicht an Mozart heranreichen. Oder? Zeit, einmal einen Blick drauf zu werfen…

Die Entstehungsgeschichte dieses Requiems liest sich wie ein Drama. Als Mozart den Kompositionsauftrag von Graf Franz von Walsegg  erhielt, hatte er sich als neuer Domkapellmeister an St. Stephan in Wien bereits länger mit Sakralmusik auseinandergesetzt. Die Komposition des Requiems kam da nicht nur finanziell gelegen. Überraschend erkrankte Mozart aber schwer und verstarb schließlich am 5. Dezember 1791. Auf Bitten seiner Witwe übernahm zunächst Familienfreund Joseph Eybler die Fertigstellung des zu dem Zeitpunkt unfertigen Werks, strich aber schnell die Segel, sodass der junge Franz Xaver Süßmayr es schließlich vollendete. Nach einigen voreiligen Uraufführungen trat das Werk dann mit der Aufführung unter Auftraggeber Walsegg selbst im Jahr 1793 seinen Siegeszug an. „Daniels Anti-Klassiker 45: Wolfgang Amadeus Mozart – Requiem (1792),
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Sommereggers Klassikwelt 120 : Nicolai Gedda- Triumph der Vielseitigkeit

Foto: Nicolai Gedda (c) wikipedia

von Peter Sommeregger

Als der weltberühmte Tenor Nicolai Gedda vor fünf Jahren, am 8. Januar 2017 im hohen Alter von 91 Jahren in seinem Haus bei Lausanne starb, erfuhr die Musikwelt erst etwa einen Monat später davon. So hatte der notorisch scheue Sänger es noch zu seinen Lebzeiten verfügt.

Der 1925 in Stockholm als Harry Gustaf Nikolai Lindberg  geborene , später von seiner Tante und deren russischen Ehemann adoptierte Gedda verbrachte einen Teil seiner Kindheit in Leipzig, wo er auch seine musikalische Ausbildung begann, die er nach der Rückkehr der Familie nach Stockholm am dortigen Konservatorium fortsetzte und abschloss. Bereits 1951 debütierte er an der Stockholmer Oper in der Titelrolle des „Postillon von Lonjumeau“ von Adolphe Adam mit großem Erfolg. „Sommereggers Klassikwelt 120 : Nicolai Gedda,
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Ladas Klassikwelt 88: 21 Century Orchestra ließ die Macht des Klanges klingen

Fotos: Jolanta Łada-Zielke

Ludwig Wicki, der auch Posaunist, Komponist und Hochschullehrer ist, trug dazu bei, dass Luzern nicht nur in Europa, sondern weltweit zu einem bedeutenden Zentrum des Musiklebens wurde.

 The Empire Strikes Back im Konzert“
Kultur-und Kongresszentrum Luzern (KKL), 28. Dezember 2021

21 Century Orchestra
Ludwig Wicki, Dirigent

von Jolanta Łada-Zielke

An jenem Abend versammelte sich im KKL Luzern das Publikum von Zehn- bis Achtzigjährigen. Sie kamen um den zweiten Teil der originalen „Star Wars“ –Trilogie zu sehen und die Live-Aufführung des Soundtracks davon zu hören. Das Publikum war begeistert, denn auf der Bühne traten weltberühmte Spezialisten der Filmmusik auf, die uns zwei unvergessliche Stunden schenkten.

Es spielte das einheimische Ensemble – 21 Century Orchestra-, das sich seit seiner Gründung (1999) mit Filmmusik beschäftigt. Sein Mitbegründer und künstlerischer Leiter Ludwig Wicki führte das Konzert und gleichzeitig verfolgte er den Filmverlauf auf dem Monitor am Dirigentenpult. Während der Projektion gab es einige Momente ohne Musik, aber trotzdem verloren weder der Dirigent noch das Orchester für einen Augenblick ihre Wachsamkeit. Alle Einsätze waren präzise und perfekt mit dem Bild auf der großen Leinwand über der Bühne synchronisiert.

Im Foyer wurden die Besucher von einer Gruppe der Statisten begrüßt, die als Filmfiguren verkleidet waren. Smartphones wurden gezückt, die Zuschauer fotografierten sich gerne mit Luke Skywalker, Darth Vader, Han Solo, Meister Yoda und den anderen. Kurz vor Beginn des Konzerts erschienen die kostümierten Statisten im Konzertsaal. Einige Besucher zollten ihren Helden aus der „Star Wars“-Saga Verehrung;  ein zwölfjähriges Mädchen hatte eine ähnlich Frisur wie die Prinzessin Leia Organa. „Ladas Klassikwelt 88:  „The Empire Strikes Back im Konzert“, 21 Century Orchestra
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Der Schlauberger 69: Achtung: Jetzt kommt die Kultur

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

 

Ich sagte ja: Weihnachten ist vorbei. Aber die Erinnerung nicht.

von Reinhard Berger

So. Schluss mit dem ganzen Gedöns, mit den Weihnachtsbäumen, Sektgläsern, Feuerwerksbildern und Glücksschweinen. Und auch das visuelle Gericht „Fröhlicher Schornsteinfeger an vierblättrigem Kleeblatt“ ist erst mal Geschichte.

Zeit für Neues, um die gedönslose Zeit zu überbrücken. Kultur, zum Beispiel. Obwohl das ja nicht neu ist. Aber unterhaltsam. Je höher auf der nach oben offenen Niveau-Skala das Feuilleton einer Zeitung steht, umso großvolumiger sind die verbalen Blähungen. Die Brutalität in Konzertrezensionen lässt mein Herz hüpfen: „Das Orchester stürmte entfesselt durch diese heilsame Katastrophe, die plötzlich der anderen ganz nahe kam.“ „Der Schlauberger 69: Achtung: Jetzt kommt die Kultur
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Daniels Anti-Klassiker 44: Franz Schubert – Ave Maria (1825)

Höchste Zeit sich als Musikliebhaber einmal neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen.

Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der so genannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese teilweise sarkastische, teilweise brutal ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Die Jungfrau Maria – Inbegriff der Reinheit, christliche Ikone und Mutter von Jesus Christus – Symbol für die ewige Liebe und den Bund zwischen Gott und den Menschen. Als Gegenstand christlicher Glaubensüberzeugung lässt sich ihre Rolle kaum überschätzen. Die Liste der ihr zugesprochenen positiven Eigenschaften ließe sich entsprechend schier endlos fortsetzen. Deshalb ist es kein Wunder, dass ihr auch eine ebenso endlos erscheinende Reihe von Huldigungen zuteil wurden. Bekannteste musikalische Widmung dürfte wohl Ellens dritter Gesang – besser bekannt als „Ave Maria“ – von keinem Geringeren, als dem unbestrittenen Meister Franz Schubert sein. Doch was hat es mit diesem mittlerweile ikonografischen Gesang auf sich, dass er in eine Reihe überbewerteter Klassiker aufgenommen werden muss? „Daniels Anti-Klassiker 44: Franz Schubert – Ave Maria (1825),
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Rising Stars 22: Andrea Battistoni, Dirigent und Komponist – der Power-Feingeist

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

Andrea Battistoni dirigiert Dukas: „Der Zauberlehrling“. Tokyo Philharmonic Orchestra (2019)

von Dr. Lorenz Kerscher

Im Juni 2016 besuchte ich eine Vorstellung von La Traviata an der Bayerischen Staatsoper, um Maria Agresta live zu erleben. Diese Künstlerin schätze ich sehr, denn sie kann mit einer engelsgleichen lyrischen Sopranstimme punkten, solange sie nur kein unsensibler Dirigent zum Forcieren zwingt. Und dass es diesmal nicht so kommen würde, zeichnete sich schon ab, als der junge Maestro mit schwarzem Wuschelkopf den Taktstock hob und die Einleitung wunderbar zart erklingen ließ. Und während der ganzen Vorstellung legte er den Orchesterklang einfühlsam unter die schöne Stimme, ohne dabei auch nur eines der vielfältigen Details der Partitur untergehen zu lassen. 28 Jahre alt war der 1987 in Verona geborene Andrea Battistoni zu diesem Zeitpunkt und es war mir sofort klar, dass ich mir diesen Namen merken muss! „Rising Stars 22: Andrea Battistoni, Dirigent und Komponist – der Power-Feingeist“ weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 119 : Vom Erzgebirge an die Metropolitan Opera New York – Elisabeth Rethbergs glanzvolle Karriere

Foto: Elisabeth Rethberg (c) pinterest.com

von Peter Sommeregger

Das Wiener Auktionshaus Dorotheum vermerkte stolz in seinem letzten Newsletter, ein Gemälde des Tiroler Malers Albin Egger-Lienz wäre für über eine Million Euro versteigert worden. Es stammte aus US-amerikanischen Privatbesitz, als ursprüngliche Besitzerin wurde die Opernsängerin Elisabeth Rethberg genannt, die das Gemälde wohl nach den USA mitgenommen hatte, als sie ihren Wohnsitz in den 1930er Jahren endgültig nach New York verlegte.

Diese Meldung ist eine gute Gelegenheit, um wieder an diesen Opernstar der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu erinnern. Geboren am 22. September 1894 im erzgebirgischen Schwarzenberg als Tochter eines Lehrers. Unter ihrem Mädchennamen Lisabeth Sättler absolvierte sie ein Gesangsstudium in Dresden, und erhielt nach dessen Abschluss 1915 ein Engagement an die dortige Staatsoper. „Sommereggers Klassikwelt 119 : Vom Erzgebirge an die Metropolitan Opera New York – Elisabeth Rethbergs glanzvolle Karriere,
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Schweitzers Klassikwelt 52: mein erster "Capriccio-Abend"

Als wir (noch) nicht „Merker“ und „Blogger“ waren.
Erinnerungen an schöne musikalische Erlebnisse

von Lothar Schweitzer

Es nähert sich der 61. Jahrestag. Am 5. Januar 1961 sah und hörte, nein, erlebte ich an der Wiener Staatsoper meinen ersten „Capriccio“-Abend. Der 5. Januar fiel noch in die Weihnachtsferien meiner Gymnasialzeit, die in Österreich erst mit dem 6. Januar, einem Feiertag (dem Fest der Erscheinung des Herrn, vulgo Dreikönigstag), zu Ende gehen. Dies trug zu einer gehobenen Stimmung bei.  Es wurde eine grandiose Besetzung aufgewartet. Ohne in meinen Unterlagen nachschauen zu müssen, weiß ich noch heute die prominenten SängerInnen auswendig. Von persönlichen Gefühlen bestimmt profilierten sich an dem Abend  zwei der KünstlerInnen besonders.

Elisabeth Schwarzkopf als Capriccio-Gräfin, Wiener Staatsoper 1960 © Österreichische Nationalbibliothek (Bildarchiv)

Durch Elisabeth Schwarzkopf, die die Gräfin sang, erfuhr ich zum ersten Mal, was eine Richard Strauss-Stimme ist. Diese Erfahrung war natürlich an früheren Abenden bei der „elektrisierenden Elektra“ (Tageszeitung „Kurier“) der Gerda Lammers, Gast von der Württembergischen Staatsoper Stuttgart, und bei der grundsoliden Ariadne der Hilde Zadek nicht zu erwarten. Im zweiten Fall hat in dieser Aufführung noch dazu der phänomenale Bacchus James McCracken alle anderen Erinnerungen in den Hintergrund gedrängt. Bei der Arabella der Lisa Della Casa im Frühjahr des vergangenen Jahrs 1960 wundert es mich schon. Wie war an dem Tag mein Hörempfinden wohl eingestellt?
„Schweitzers Klassikwelt 52: mein erster „Capriccio“-Abend,
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