Pathys Stehplatz (12) – Premiere von „Don Giovanni" an der Wiener Staatsoper – Worin liegen Barrie Koskys Stärken?

Foto: © Michael Pöhn

Wiener Staatsoper, 6. Dezember 2021
Wolfgang Amadeus Mozart, Don Giovanni,

von Jürgen Pathy

Eigentlich wollte ich nichts schreiben zur Premiere vom Wiener „Don Giovanni“. Allerdings fällt es mir schwer, die Finger ruhig zu halten. Das hat zwei Gründe: Erstens die unterschiedlichen Rezensionen, die ich gelesen habe. Zweitens: Das Interesse, wieso Barrie Kosky teilweise so gefeiert wird. „Kritik“, im herkömmlichen Sinn, soll es allerdings keine werden. Dazu hätte ich den kompletten Stream von Anfang bis Ende verfolgen müssen. Daran scheitert es bereits. Das liegt aber nicht daran, dass Koskys Inszenierung mich ziemlich kaltgelassen hat, sondern generell am Umstand der Livestreams, denen ich nichts abgewinnen kann.

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Pathys Stehplatz (11): Der Typus des Konzertbesuchers

Foto: © Beethoven Orchester Bonn

von Jürgen Pathy

Wie unterschiedlich Meinungen und Eindrücke doch sein können. Wenn ich gewisse Kritiken lese, überfällt mich ab und zu der Gedanke: Irgendetwas ist faul im Staate Dänemark. Soll heißen: Irgendetwas stimmt hier nicht! Wie sonst, sollte es rational zu erklären sein, dass die Meinung derart konträr zu eigenen ausfällt. Überhaupt bei Konzerten oder Opern, denen ich selbst beigewohnt habe. Natürlich könnte ich es mit fehlendem Urteilsvermögen abtun, was allerdings ziemlich arrogant wäre. Nach längeren Überlegungen, bin ich also zum Entschluss gelangt, die Ursache wurzelt viel tiefer: Jeder, der ein Konzert besucht, sucht etwas anderes…

Der Fehlerteufel

Es gibt Konzertbesucher, die definieren Qualität rein an der Technik. Besser gesagt daran, ob technisch alles perfekt gesessen hat. Fehler, wenn man die überhaupt so nennen darf, akzeptieren und verzeihen sie nicht. Wer Noten regelmäßig um Achtel– oder Viertelwerte verfehlt, der hat verspielt. Da ist der Fehlerteufel gnadenlos.

Dabei sollte man natürlich achtgeben, wie man Fehler definiert. Ein Freund meint, bei professionellen Vollblutmusikern, vor allem bei Opernsängern, die ihre Partien intelligent wählen und auf dem höchsten Niveau singen, passieren während der Vorstellung keine Fehler. Er würde es eher als „Ausrutscher“ oder „Patzer“ bezeichnen. Eine Leistung nur danach zu beurteilen, sei viel zu kurzsichtig. Ausdruck und Gestaltung einer Partie seien mindestens genauso relevant.

Fehler würden überhaupt nur im Vorfeld passieren. Bei der Besetzung einer Partie. Wem man diesen Fehler allerdings ankreiden möchte, bleibt reine Spekulation. Intelligente Sänger würden sich von ihren Managern nicht in Partien manövrieren lassen, die ihrer Stimme, ihrem Charakter nicht entsprechen oder sie gar schädigen könnten. Ob das heutzutage allerdings so einfach ist, wage ich zu bezweifeln. An jeder Ecke lauert die Konkurrenz. Wer als Newcomer zu oft absagt, der könnte schnell ins Hintertreffen gelangen. Und nicht nur als solcher – auch etablierte Sänger sind nicht davor gefeit, allzu schnell am Abstellgleis zu landen.

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Der Schlauberger 65: Komische Dinge aus der Zeitung

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

Übrigens: Weihnachten. Steht ja bekanntlich vor der Tür und vor allem in den Zeitungen. Mit sehr komischen Auswüchsen. Zum Beispiel jenem Abendgottesdienst am ersten Weihnachtstag vorigen Jahres, als es im Bericht hieß: „Und die Gläubiger erlebten einen Abend voller Höhepunkte.“ Die schrecken auch vor nichts zurück, die Gläubiger. Noch nicht einmal vor der Kirche. Noch nicht einmal vor Höhepunkten in der Kirche.

Oder nehmen Sie die Meldung „Flohmarkt im Sylter Tierheim“! Sehr clever. So macht man aus Parasiten Geld. Und dann die Schlagzeile „Beamte ersetzen den Feuermelder“. Jetzt speien sie schon Schaum. Wofür ich Verständnis habe. Für alles andere nicht. „Der Schlauberger 65: Komische Dinge aus der Zeitung,
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Sommereggers Klassikwelt 115: Anna Bahr-Mildenburg – eine Stimme prädestiniert für das hochdramatische Fach

Foto: Anna Bahr-Mildenburg (c) Pinterest

von Peter Sommeregger

Die am 29. November 1872 in Wien geborene Tochter eines adeligen Offiziers der K.u.K. Streitkräfte hat in ihrem knapp 75-jährigen Leben erstaunliche Leistungen erbracht.

Gegen den Willen ihrer Familie studierte sie Gesang, die Studien schloss sie bei der ehemaligen Sängerin der Wiener Hofoper, Rosa Papier ab. Ihr erstes Engagement führte sie an das Stadttheater von Hamburg, wo sie 1895 als Brünnhilde, also im hochdramatischen Fach debütierte. Erster Kapellmeister war dort Gustav Mahler, mit dem sie eine Liebesbeziehung einging. „Sommereggers Klassikwelt 115: Anna Bahr-Mildenburg – eine Stimme prädestiniert für das hochdramatische Fach,
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Rising Stars 20: Vivi Vassileva, Perkussion – ein Wirbelwind, der Klänge zaubert

Foto: Vivi Vassileva by©AdrianaYankulova 12

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

KlickKlack – Martin Grubinger stellt Vivi Vassileva vor – 23.7.2019 – BR-KLASSIK

Als ich 2012 in München eine Aufführung der achten Symphonie von Bruckner durch das Bruckner-Akademieorchester besuchte, fiel mir ein zierliches Mädchen mit damals noch kurzen schwarzen Haaren auf, das hinten über dem Orchester mit großer Eleganz die Schlägel der Pauke bewegte. Dieser kommen in dem abendfüllenden Werk wesentliche Aufgaben bei der Gestaltung der Übergänge zu, die die junge Dame überzeugend löste und damit den musikalischen Fluss an den heiklen Nahtstellen zwischen den Themenblöcken aufrechterhielt. Als sie beim Schlussapplaus vom Dirigenten aufgerufen wurde, bekam sie im Vergleich zu den anderen Mitwirkenden die größten Beifallsstürme. Ich fand dann heraus, dass es die damals 17-jährige, aus einer bulgarischen Musikerfamilie stammende Vivi Vassileva war. „Rising Stars 20: Vivi Vassileva, Perkussion – ein Wirbelwind, der Klänge zaubert
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Daniels Anti-Klassiker 40: Richard Strauss – Sinfonia domestica (1904)

Author: Bain News Service, publisher – Library of Congress Catalog

Höchste Zeit sich als Musikliebhaber einmal neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen.

Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der so genannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese teilweise sarkastische, teilweise brutal ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten. 

von Daniel Janz

Richard Strauss, weltbekannt für Kompositionen, wie „Also sprach Zarathustra“, „Ein Heldenleben“, „Don Juan“, „Tod und Verklärung“, für eine ganze Reihe von hochromantischen Liedern oder seine Opern „Rosenkavalier“, „Elektra“, „Salome“, „Ariadne auf Naxos“ und vieles mehr. Bei so einer Vita sollte man meinen, er gehörte zu denjenigen Komponisten, denen alles gelang. Und doch gibt es da eine Komposition, die irgendwie aus dem Groß der herausragenden Hinterlassenschaften herausfällt. Ein Werk, das von Strauss-Liebhabern gerne vergessen oder nicht erwähnt wird. Die Rede ist von der „Sinfonia domestica“. Oder wie ein mir bekannter Musikwissenschaftler einmal despektierlich feststellte: „Ach das Ding, das gibt’s ja auch noch!“ Was ist los, dass diese Komposition so geringgeschätzt wird? Zeit, sie sich einmal genauer anzuschauen! „Daniels Anti-Klassiker 40: Richard Strauss – Sinfonia domestica (1904)
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Schweitzers Klassikwelt 50: Unser Wunschzettel

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Wir blicken auf 63 bzw. 60 Jahre Opernerfahrung zurück.
„Salome“, „Der Rosenkavalier“ und „Ariadne auf Naxos“ sind die meist erlebten Werke. Dies dank einer hervorragenden Richard-Strauss-Pflege an der Wiener Staatsoper. Einige Opern erreichten nur deshalb nicht die Vielzahl an Abenden, an denen wir so zu sagen „Zeitzeugen“ wurden, weil wir auf eine ausgewogene Besetzung Wert legen. Auch wenn, um anschaulich zu werden, eine Arabella traumhaft singt, vermag sie schon von den Gesetzen der Logik her keine Zdenka im berühmten Duett zu ersetzen und benötigt einen Mandryka auf stimmlich gleicher Höhe. „Schweitzers Klassikwelt 50: Unser Wunschzettel
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Daniels Anti – Klassiker 39: Benjamin Britten – War Requiem (1962)

Höchste Zeit sich als Musikliebhaber einmal neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen.

Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der so genannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese teilweise sarkastische, teilweise brutal ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

 von Daniel Janz

Einschneidende Erlebnisse in der Menschheitsgeschichte hinterlassen oft auch ihre Spuren in Kulturen und damit der Musik. Als solches ist auch der Bereich der Orchesterkompositionen voll mit Werken, die sich auf Katastrophen, menschliche Dramen und Kriege beziehen. Meistens wird damit auch eine besondere Bedeutung verbunden – eine herausragende Stellung, die oft synonym mit Qualität gesetzt wird. Dass dies nicht automatisch immer einhergehen muss, soll heute an einem Beispiel diskutiert werden, das ab und an sogar als Ursprung für ein ganzes Genre bezeichnet wird: Die Rede ist von Benjamin Brittens „War Requiem“.

Über Kriege zu berichten ist immer eine undankbare Aufgabe, insbesondere wenn man als Betroffener davon erzählt. Nicht nur die Erfahrungen, die man in solchen Kontexten machen muss, reichen, um für ein ganzes Leben zu traumatisieren. Auch die Zerstörung, all das Leid und den Terror des Kriegs wiederzugeben, verlangt alles Menschenmögliche ab. Es verwundert daher nicht, dass es zahlreiche Beispiele dafür gibt, dass Menschen statt der Aussprache das Schweigen suchen und die gemachten Erfahrungen mit sich sterben lassen. „Daniels Anti – Klassiker 39: Benjamin Britten – War Requiem (1962),
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Sommereggers Klassikwelt 114 : Irmgard Seefried zum Gedenken

Foto: pinterest.com

von Peter Sommeregger

Die 1919 in einem Dorf im Allgäu geborene Tochter eines Schullehrers erhielt schon frühzeitig von ihrem Vater Gesangsunterricht. Als diese aber den Wunsch äußerte, den Gesang zum Beruf zu machen, war er anfangs nicht begeistert von dieser Idee. Die junge Irmgard hielt aber auch an ihrem Plan fest, als sie ihren Vater durch einen Autounfall als Siebzehnjährige verlor. Sie absolvierte das Konservatorium in Augsburg und wurde bereits 1940 an das Theater in Aachen engagiert, an dem zu dieser Zeit Herbert von Karajan Generalmusikdirektor war. Der erkannte das Potential der jungen Sängerin und erarbeitete mit ihr Partien des jugendlich-lyrischen Faches.

Der Name der jungen Sopranistin scheint sich schnell verbreitet zu haben, denn 1943 sang sie bereits an der Semperoper in Dresden und an der Wiener Staatsoper bei Karl Böhm vor. Der engagierte sie vom Fleck weg für die Eva in den „Meistersingern von Nürnberg“ in Wien. Dies sollte der Beginn einer dreißigjährigen, erfolgreichen Karriere an diesem Haus werden. „Sommereggers Klassikwelt 114 : Irmgard Seefried zum Gedenken,
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Daniels Anti Klassiker – 38: Giacomo Puccini – „Nessun dorma“ aus „Turandot“ (1926)

Foto: pinterest.com

Höchste Zeit sich als Musikliebhaber einmal neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen.

Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der so genannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese teilweise sarkastische, teilweise brutal ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Im Fundus der Klassischen Musik gibt es viel zu viele Werke, die im gesellschaftlichen Bewusstsein vergessen oder in den Hintergrund gerückt sind. Finden solche Werke den Weg zurück zu breiter Beachtung, ist das eigentlich begrüßenswert. Doch leider ist damit heutzutage häufig eine Überrepräsentation, wenn nicht sogar ein medialer Verschleiß verbunden. Nehmen wir beispielsweise Griegs Peer Gynt Suite und wir werden uns erinnern, dass sie heute, im frühen 21. Jahrhundert dem modernen Trend erliegt, ein Stück so oft zu wiederholen, bis es keiner mehr hören mag. Und so handelt auch dieser Beitrag von einem Werk, das im Sinne dieses Trends seit einigen Jahren malträtiert wird. Die Rede ist von der „Nessun dorma“-Arie aus Giacomo Puccinis Oper „Turandot“. „Daniels Anti Klassiker – 38: Giacomo Puccini – „Nessun dorma“ aus „Turandot“ (1926)
klassik-begeistert.de, 24. November 2021“
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