Foto: © Beethoven Orchester Bonn
von Jürgen Pathy
Wie unterschiedlich Meinungen und Eindrücke doch sein können. Wenn ich gewisse Kritiken lese, überfällt mich ab und zu der Gedanke: Irgendetwas ist faul im Staate Dänemark. Soll heißen: Irgendetwas stimmt hier nicht! Wie sonst, sollte es rational zu erklären sein, dass die Meinung derart konträr zu eigenen ausfällt. Überhaupt bei Konzerten oder Opern, denen ich selbst beigewohnt habe. Natürlich könnte ich es mit fehlendem Urteilsvermögen abtun, was allerdings ziemlich arrogant wäre. Nach längeren Überlegungen, bin ich also zum Entschluss gelangt, die Ursache wurzelt viel tiefer: Jeder, der ein Konzert besucht, sucht etwas anderes…
Der Fehlerteufel
Es gibt Konzertbesucher, die definieren Qualität rein an der Technik. Besser gesagt daran, ob technisch alles perfekt gesessen hat. Fehler, wenn man die überhaupt so nennen darf, akzeptieren und verzeihen sie nicht. Wer Noten regelmäßig um Achtel– oder Viertelwerte verfehlt, der hat verspielt. Da ist der Fehlerteufel gnadenlos.
Dabei sollte man natürlich achtgeben, wie man Fehler definiert. Ein Freund meint, bei professionellen Vollblutmusikern, vor allem bei Opernsängern, die ihre Partien intelligent wählen und auf dem höchsten Niveau singen, passieren während der Vorstellung keine Fehler. Er würde es eher als „Ausrutscher“ oder „Patzer“ bezeichnen. Eine Leistung nur danach zu beurteilen, sei viel zu kurzsichtig. Ausdruck und Gestaltung einer Partie seien mindestens genauso relevant.
Fehler würden überhaupt nur im Vorfeld passieren. Bei der Besetzung einer Partie. Wem man diesen Fehler allerdings ankreiden möchte, bleibt reine Spekulation. Intelligente Sänger würden sich von ihren Managern nicht in Partien manövrieren lassen, die ihrer Stimme, ihrem Charakter nicht entsprechen oder sie gar schädigen könnten. Ob das heutzutage allerdings so einfach ist, wage ich zu bezweifeln. An jeder Ecke lauert die Konkurrenz. Wer als Newcomer zu oft absagt, der könnte schnell ins Hintertreffen gelangen. Und nicht nur als solcher – auch etablierte Sänger sind nicht davor gefeit, allzu schnell am Abstellgleis zu landen.
„Pathys Stehplatz (11) – Der Typus des Konzertbesuchers
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