The Ukulele Orchestra of Great Britain: Echte Fans kennen kein differenziertes, kritisches Hören

Foto: (c) Marco Borggreve 
Laeiszhalle Hamburg, Großer Saal
, 1. September 2018
The Ukulele Orchestra of Great Britain

Ein Gastbeitrag von Teresa Grodzinska

Großer Andrang am Johannes-Brahms-Platz in Hamburg an diesem lauen, schon herbstlich anmutenden Samstagabend. Ein anarchisches Ensemble lädt zum zweistündigen Konzert. Das Publikum mehrsprachig, viele Asiaten, sehr viele englische native speaker und – hurra! – mehrere Kinder im Alter zwischen vier (!) und zwölf Jahren. Es fielen vor allem zweisprachige Ehepaare auf, zu erkennen am verschiedenen Zugang zur Darbietung: ein Teil des Ehepaares (meistens der Ehemann) geht in der Musik auf. Er stampft mit den Füßen, er hüpft, er klatscht sehr laut, er pfeift ohrenbetäubend, er singt und blamiert damit die größeren Kinder. Die deutsche Mutter nickt dezent. „The Ukulele Orchestra of Great Britain,
Laeiszhalle Hamburg, Großer Saal“
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Martha Argerich Festival: Gehen Sie auch mit Ihren Enkelkindern in solche Konzerte

Foto: Daniel Dittus (c)
Laeiszhalle Hamburg
Martha Argerich Festival
, 1. Juli 2018

Claude Debussy (1862-1918) Sonate für Violoncello und Klavier
d-Moll: 135
Mischa Maisky, Violoncello
Martha Argerich, Klavier

Camille Saint-Saens (1835 – 1921), Karneval der Tiere
Annie Dutoit, Erzählerin, Martha Argerich und Lilya Zilberstein, 2 Klaviere, Kammerorchester der Symphoniker Hamburg, Dirigent: Ion Marin

Ludwig van Beethoven (1770 – 1827), Konzert für Klavier, Violine und Violoncello C-Dur op. 56, „Trippelkonzert“
Solisten: Tedi Papavrami, Violine, Mischa Maisky, Violoncello, Martha Argerich, Klavier
Symphoniker Hamburg, Dirigent Ion Marin

Ein Gastbeitrag von Teresa Grodzinska

Der letzte Tag des Martha Argerich Festivals ist ein sehr sonniger Sonntag. Statt zum Segeln, Baden, Picknicken strömt das Hamburger Publikum in die Laeiszhalle. Martha Argerich, die „klassische Führungskraft“ („Hamburger Abendblatt“), kommt gesammelt auf die Bühne, in ein dunkelblaues Top und einen dezent geblümten Rock gekleidet. Hinter ihr: Mischa Maisky in azurblauem Seiden-Kaftan und Tedi Papavrami, trotz Hitze wie dem „Star Trek“ entsprungen: tabakbrauner, enger Anzug, schwarzer Rolli. Unterschiedlicher könnten die beiden Männer nicht sein. Martha sitzt mit dem Rücken zu den beiden und – unbegreiflich – hat alles im Griff. Eine winzige Geste ihrerseits, und Maisky legt eine Schippe an Tempo zu. Ein schräger Blick zum Dirigenten – da ist nur ein Hauch eines Lächelns. „Martha Argerich Festival, Martha Argerich, Mischa Maisky,
Laeiszhalle Hamburg“
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Laeiszhalle Hamburg: „Emotionale Reflexionen“ mit dem Weltstar Martha Argerich

Foto: Daniel Dittus (c)
Laeiszhalle Hamburg, Kleiner Saal,
29. Juni 2018
Martha Argerich Festival

von Leonie Bünsch

„Emotionale Reflexionen“ wurde der fünfte Abend des Martha Argerich Festivals genannt – und die gab es an diesem Freitag im Kleinen Saal der Hamburger Laeiszhalle zu spüren. Die Pianistin Martha Argerich ist in diesen Tagen für eine ganze Konzert-Woche zu Gast in der Hansestadt und hat zu diesem Anlass zahlreiche Gaststars mitgebracht. Den Abend „Emotionale Reflexionen“ widmet sie der Kammermusik Prokofjews, Schostakowitschs, Kodálys und Rachmaninows, die in ihren Werken unterschiedliche Lebensereignisse und Empfindungen verarbeiten. „Martha Argerich Festival,
Laeiszhalle Hamburg, Kleiner Saal“
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Martha Argerich ist ein ruhiger Vulkan

Foto: Thies Rätzke (c)
LAEISZHALLE HAMBURG
, GROßER SAAL, 26. JUNI 2018
Martha Argerich Festival

Ein Gastbeitrag von Teresa Grodzinska

Vergesst alle Schnippigkeit, Böszungigkeit, Häme und Witzigkeit meinerseits. Es ist mir ernst: Ich war im Himmel. Und das an einem ganz normalen Dienstag, 26. Juni 2018, um 19.30 Uhr in der Laeiszhalle Hamburg. „Martha Argerich Festival, Martha Argerich,
Laeiszhalle Hamburg“
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Die Symphoniker Hamburg bescherten mir zwei schlaflose Nächte

Foto: Thies Rätzke (c)
Laeiszhalle Hamburg
, Großer Saal
10. Symphoniekonzert, 24. Juni 2018
Symphoniker Hamburg
Andris Poga, Dirigent

Ein Gastbeitrag von Teresa Grodzinska

Wie immer gespannt und aufgeregt begab ich mich in den Großen Saal der Laeiszhalle. Diesmal konnte ich diesen wunderschönen, trotz seiner stattlichen Größe gemütlich wirkenden Saal in Ruhe betrachten: eine Mischung aus Pseudobarock und protestantischer Kirchenarchitektur des beginnenden 20. Jahrhunderts begegnete mir wie Hamburg vor 38 Jahren: freundlich distanziert. Carl Laeisz verfügte in seinem Testament 1904 den Bau einer Musikhalle für Hamburg. Und das heißt in Hamburg immer: für alle Hamburger. Also kein Prunk und keine Herrlichkeit, aber auch keine hemdsärmelige „Halle“ für alle. Nein: die Laeiszhalle bedient keinen bestimmten Geschmack, daher fühlen sich hier Hinz und von der Kunzinski gleichermaßen wohl. Der Saal füllt  sich langsam, das 10. Konzert ist auch das letzte dieser Saison. Der Dirigent heute: Andris Poga. Er gibt sein Debüt bei den Symphonikern Hamburg. „Symphoniker Hamburg, 10. Symphoniekonzert, Andris Poga,
Laeiszhalle Hamburg“
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Laeiszhalle Hamburg: Ensemble Resonanz brilliert mit Mahler 9

Foto: Astrid Ackermann (c)
Laeiszhalle,
Großer Saal, Hamburg, 12. Juni 2018
Ensemble Resonanz
Dirigent Emilio Pomàrico

von Sarah Schnoor

Gustav Mahlers 9. Symphonie ist eines meiner absoluten Lieblingsstücke, eine großartige und richtungsweisende Komposition. Mahler wird bis heute nachgesagt, dass er sich mit der 9. Symphonie eine Art eigenen Abschied von der Welt geschrieben habe – und so kam es dann auch. Es bleibt seine letzte vollendete Symphonie vor seinem Tod. An diesem Abend spielt das Ensemble Resonanz eine Bearbeitung für Kammerorchester von Klaus Simon ohne Harfen, Posaunen, Tuba und mit nur zwei Hörnern, einer Trompete, solistisch besetzten Holzbläsern und Streichern. Dafür gibt es Harmonium und Klavier.

Neugierig geht’s ins Konzert in die Laeiszhalle Hamburg, und schon im ersten Satz überzeugt dieses Ensemble mit der Bearbeitung. Von wunderschönen Flötensoli über warme Streicherklänge, die träumen lassen, zu sehr dichten, mächtigen Passagen ist alles dabei. Die von Mahler intendierten Spannungen und Gegensätze in der Musik können auch mit dieser kleinen Besetzung erzeugt werden. Das Harmonium lässt einen trotzdem leicht schmunzeln, besonders wenn es gut herauszuhören ist. Ähnlich ist es mit dem Klavier, das nicht nur die Harfen ersetzt. Beide Instrumente können sowohl fremd wirken in dieser Musik, sich aber in dichteren Passagen sehr gut in den Klang einpassen.

Dirigent Emilio Pomàrico hat ein gutes Händchen für die Tempi und leitet das Ensemble schwungvoll an. Die Musiker und er wirken wie ein gut eingespieltes Team nach zwei gemeinsamen Jahren. Es ist sein letztes Konzert als Artist in Residence beim Ensemble Resonanz.

Im zweiten Satz („Im Tempo eines gemächlichen Ländlers“) steigert Mahler Tanzformen bis ins Groteske, und vor dem Auge entsteht das Bild eines Totentanzes. Fagott und Klarinetten beginnen das langsame Scherzo unglaublich präzise, und auch das restliche Orchester kommt mit Leidenschaft dazu. Die Absurdität eigentlich fröhlicher Tänze steigert Mahler noch durch einen unglaublich mächtig werdenden Orchestersatz. Dies kann in der kleineren Besetzung nur bedingt hörbar gemacht werden.

Die solistisch besetzten Holzbläser spielen häufiger noch ein zweites Instrument (Es-Klarinette, Piccoloflöte). Trompete und Hörner sind quasi im Dauereinsatz, trotzdem lässt Tobias Vorreiter (Trompete) in der Mitte des schnellen Rondos mit klaren hellen Tönen die Sonne aufgehen. Dieser Illusion einer unbeschwerten Fröhlichkeit wird allerdings schnell der Stöpsel gezogen. Dissonanzen und mächtige Klänge schneiden den harmonischen Streicherklängen das Leben ab, und der Tod (Klarinette) tanzt bitter-fröhlich weiter.

Man merkt sehr deutlich, was für ein eingespieltes Team die Musiker des Ensembles sind. Die Mischung aus satten Streicherklängen und wunderschönen kammermusikalischen Stellen bei den Holzbläsern im vierten Satz ist wie für sie gemacht. Auch die Hörner (Tomás Figueiredo, Gabriel Correia) sind noch unglaublich frisch und klingen voll und warm. Es folgt ein letztes Aufleben mit großem Streichersatz, bevor alles stirbt. Mahler denkt und komponiert das Sterben so transzendent, dass es zu schön ist um traurig zu sein. Am Ende schaut man nur noch gebannt hin, und die Spannung der leisen, sterbenden Streicherklänge lässt den Puls höher schlagen. Ruhe. Der ganze Saal lauscht den verklungenen Tönen und applaudiert schließlich begeistert.

Sarah Schnoor, 13. Juni 2018, für
klassik-begeistert.de

 

Unsitten in der Laeiszhalle: Das Publikum kommt und geht, hustet und schnauft

Foto: http://www.florianheinisch.com

275 Jahre Klaviermusikgeschichte an einem Abend

Laeiszhalle Hamburg, Kleiner Saal, 8. Juni 2018
Florian Heinisch, Klavier

von Leonie Bünsch

Rund 275 Jahre Klaviermusikgeschichte wurden am Freitagabend im Kleinen Saal der Laeiszhalle zum Besten gegeben. Florian Heinisch, einer der wichtigsten Nachwuchspianisten Deutschlands, führt durch den Abend und nimmt die Hörer mit auf eine zeitgeschichtliche Reise durch die Klaviermusik vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. „Florian Heinisch, Klavier,
Laeiszhalle Hamburg, Kleiner Saal“
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Laeiszhalle Hamburg: Selten so gelitten wie bei diesem Opernexperiment von Kurt Weill und Bertolt Brecht

Foto: Claudia Höhne (c)
LAEISZHALLE HAMBURG
, GROSSER SAAL, 27. Mai 2018
Kurt Weill, Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny
Symphoniker Hamburg

Ein Gastbeitrag von Teresa Grodzinska

Uraufführung 1930, im Neuen Theater in Leipzig. SA-Sympathisanten versuchten – erfolglos – die Aufführung durch Buhrufe zu sprengen. Es kam zum Handgemenge im Publikum.

Ich habe selten so gelitten wie bei diesem Opernexperiment von Kurt Weill und Bertolt Brecht in der Laeiszhalle in Hamburg. „LAEISZHALLE HAMBURG, GROSSER SAAL, 27. Mai 2018 Kurt Weill, Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny, Symphoniker Hamburg,
Laeiszhalle Hamburg“
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Die Laeiszhalle ist erfüllt mit Frieden und Schönheit – der Symphonische Chor Hamburg trägt das Publikum in ein Reich ohne Furcht

Foto: Symphonischer Chor Hamburg (c)
Laeiszhalle Hamburg
, 15. April 2018

Felix Mendelssohn Bartholdy,
Elias / Oratorium nach Worten des Alten Testaments op. 70
Symphonischer Chor Hamburg
Elbipolis Barockorchester Hamburg

Hanna Zumsande, Sopran
Marion Eckstein, Alt
Hyungseok Lee, Tenor
Martin Berner, Bass
Leitung Matthias Janz

von Sebastian Koik

Zu Beginn des Konzerts setzt Martin Berner, einer der beiden brillanten männlichen Solisten, eine sehr starke Duftmarke, demonstriert herrlich unprätentiös und natürlich seine immense Qualität!

Bald darauf erhebt sich der Chor. Und nur kurze Zeit später passiert es dann: Der Chor hebt mit vereinter, gewaltiger Stimme an: Es ist überwältigend!!! – und sofort wird klar, was Sache ist: Das ist ganz und gar nicht ein gewöhnlicher Amateurchor! Man erlebt etwas Besonderes! Man hört ein Konzert eines der ambitioniertesten Chöre Deutschlands. Es darf sich glücklich schätzen, wer eine der begehrten Konzertkarten erhält. „Felix Mendelssohn Bartholdy, Elias, Symphonischer Chor Hamburg,
Laeiszhalle Hamburg“
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Schuberts Winterreise auf Abwegen in Hamburg

Foto: Daniel Dittus (c)
Laeiszhalle Hamburg, 26. März 2018
Hans Zender, Schuberts »Winterreise«. Eine komponierte Interpretation für Tenor und kleines Orchester
Ian Bostridge Tenor
Remix Ensemble Casa da Música
Dirigent Peter Rundel

von Leon Battran

Liederabend mal anders, im Großen Saal der Laeiszhalle Hamburg und mit Orchester. Thema ist ein Klassiker des Repertoires: Schuberts Winterreise, genauer eine moderne Bearbeitung Hans Zenders für Tenor und Orchester, die der Komponist selber „eine komponierte Interpretation“ nennt. Dabei wird Schuberts Liederzyklus harsch verfremdet und zerpflückt. Diese „Interpretation“ hinterlässt so manches Fragezeichen. „Hans Zender, Schuberts »Winterreise«, Ian Bostridge,
Laeiszhalle Hamburg“
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