Meine Lieblingsoper (60): Mozarts "Le nozze di Figaro"

„Le Nozze di Figaro“ an der Wiener Staatsoper, Foto: © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

„Was ist hier wahr? Was nur ausgedacht? Und was geschieht einzig in der Vorstellung des Betrachters? Ich würde die Verwirrung über diese zentralen Fragen gern einmal auf einer abstrakten Bühne sehen, die das augenfällig macht. Alle Gefühle aber möchte ich hören. Bis mir diese Trauminszenierung eines Tages tatsächlich begegnet, drehe ich den Regler hoch, schwelge und lasse die Bilder in meinem Kopf tanzen.“

von Sandra Grohmann

Der Strippenzieher, der Alleskönner, der Organisierer, kurz: der Figaro, der alles im Blick hat, ist sauer. Geladen. Stinkwütend. Denn Graf Almaviva, für den er Dutzende Intrigen gesponnen hat, will ihm hinterrücks die Braut ausspannen. Diesen miesen kleinen Möchtegern wird er springen lehren! Er wird ihn richtig tanzen lassen. Der Graf will Ärger? Der Graf bekommt Ärger. „Meine Lieblingsoper (60): Mozarts Le nozze di Figaro“ weiterlesen

Meine Lieblingsoper (59), Aida von Giuseppe Verdi

Mittlerweile empfinde ich die auch musikalische Oberflächlichkeit mancher Massenszenen der Oper Aida als störend. Gäbe es nicht Radamès’ „Celeste Aida“ am Anfang der Oper, könnte man auch erst nach der Pause kommen. Nach der Pause wirkt Verdis Komposition dann umso intensiver. Ein Ratschlag sollte das aber nicht sein, denn auch ich bin diesem bisher nie gefolgt.

Foto: Aida als großes Spektakel am 10.08.2013 in der Arena von Verona,
Jubiläumsaufführung mit Neueinstudierung in den Dekorationen der Premiere aus dem Jahre 1913 (Foto: R. Wegner)

von Dr. Ralf Wegner

Verdis Aida gleicht einer Chimäre, einerseits bietet diese Oper ein massentaugliches Spektakel, andererseits handelt es sich um ein intimes Kammerspiel, in dem zwei Frauen um einen Mann buhlen. Wie bei Verdi üblich, vor politischem Hintergrund. Aida ist die am ägyptischen Hof versklavte Tochter des äthiopischen Königs, die sich zwischen der Liebe zu dem Feldherrn Radamès und ihrer väterlichen Heimat entscheiden muss. Ohne Verrat kann sie sich diesem Zwiespalt nicht entziehen. Radamès wird aber auch von der Pharaonentochter Amneris geliebt, die in Aida ihre Rivalin erkennt und sich mit Macht gegen die Verurteilung des Feldherrn stemmt. Am Schluss steht ein Sterbegesang, aber auch das ist bei Verdi ja üblich.

Ungebrochen ist die Beliebtheit des großen optischen Spektakels, wie es in der Arena von Verona geboten wird. Wir hatten 2013 das Glück, einer Jubiläumsaufführung beiwohnen zu dürfen. Es handelte sich um eine Neueinstudierung der Premiere von 1913. Einen solchen bühnenhandwerklichen Aufwand hatten wir auch noch nie erlebt. Dem damals bis auf den letzten Platz besetzten Arenarund (ca. 15.000 Zuschauer) stand ein monumentales, bei jedem Akt wechselndes bombastisches Bühnenbild gegenüber, welches bis auf die Zinnen der Arena reichte. Allein im Schlussbild waren mehr als 70 Fackelträger aufgeboten, um dem Rund einen prächtigen Rahmen zu geben. Alles wirkte gewaltig mit mächtigen Säulen, meterhohen Sphingen, großen Portalen und stimmkräftig auf den Rängen postierten Chören, nicht zu vergessen vier berittenene Schimmel, die beim Triumphmarsch zum Einsatz kamen.

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klassik-begeistert.de“
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Mein Lieblingswerk der Kammermusik (58): Das Streichsextett G-Dur, op. 36 von Johannes Brahms

„Ich fühle mich durch dieses Werk in jeder Hinsicht bereichert und zähle es zu den schönsten Juwelen der Musikliteratur.“

Mein Lieblingswerk der Kammermusik:
Das Streichsextett G-Dur, op. 36 von Johannes Brahms

von Lorenz Kerscher

Die meisten Kammermusikwerke sind wohl für Streichquartett entstanden, doch bin ich mit der Klangbalance dieser Besetzung nicht immer zufrieden. Oft empfinde ich den Klang als zu hell, als an Wärme mangelnd und als zu wenig in der tiefen Lage grundiert. Deshalb bevorzuge ich größere Besetzungen, auch wenn es für diese viel weniger Werke gibt und es auch an wirklich homogen aufeinander eingespielten Ensembles mangelt. Als eine besonders runde Sache empfinde ich das Streichsextett mit je zwei Geigen, Bratschen und Violoncelli, das dem Komponisten ein reizvolles Wechselspiel von dunklen und hellen Klängen und eine wirkungsvolle Fortführung der Basslinie während melodiöser Cellosoli erlaubt. „Meine Lieblingsmusik (58): Das Streichsextett G-Dur, op. 36 von Johannes Brahms“ weiterlesen

Meine Lieblingsoper (57): "Parsifal" von Richard Wagner

Elena Zhidkova als Kundry im Jugendstilglanz,
Foto: © Michael Pöhn/Wiener Staatsoper

Birgit Nilsson, Mirella Freni, Edita Gruberova, Plácido Domingo, Luciano Pavarotti: Der Hamburger Mediziner und Klassik-Connaisseur Dr. Ralf Wegner hat die großen Weltstars der Opernwelt seit Ende der 1960er-Jahre alle live erleben dürfen: vor allem in der Staatsoper Hamburg, die in den 1970er-Jahren noch zu den weltbesten Opernhäusern zählte und sich heute um Anschluss an die deutsche und europäische Spitze bemüht. Begeben Sie sich in ein wunderbares Stück Operngeschichte und reisen Sie mit in eine Zeit, die scheinbar vergangen ist.

von Dr. Ralf Wegner

Parsifal wird nicht häufig gespielt. Ich kenne insgesamt nur vier Inszenierungen, und nur solche der Hamburgischen Staatsoper: Jene von Hans Hotter in den Bühnenbildern von Rudolf Heinrich (1968), die von Ernst Fuchs ausgestattete Everding-Inszenierung (1976), das besondere Werk von Robert Wilson (1991) und die aktuelle Produktion von Achim Freyer (2017). An die erste erinnere ich mich nicht mehr. Die Art, wie Robert Wilson an den Parsifal heranging, empfand ich wegen der reduzierten, zeitlupenartigen Bewegun­gen als ausgesprochen langatmig, wenn nicht Kurt Moll mit seinem balsamischen Bass als Gurnemanz für genügend Transversalspannung gesorgt hätte. „Meine Lieblingsoper (57): Parsifal von Richard Wagner“ weiterlesen

Meine Lieblingsmusik 2020: Richard Strauss, "Morgen!" und "Eine Alpensinfonie"

Bild: Blick auf den magischen Untersberg und den Schicksalsberg Watzmann vom Salzburger Gaisberg aus. Kurz danach ging das Berchtesgadener Land zum zweiten Mal in den Lockdown.

Meine Lieblingsmusik 2020:

Richard Strauss, Morgen!, op. 27 Nr. 4 und
Eine Alpensinfonie, op. 64 (Mariss Jansons, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks)

von Stefanie Schlatt

Der Komponist Richard Strauss ist mir im Jahr 2020 besonders ans Herz gewachsen. Seine Musik hat mich in vielen bewegten Momenten begleitet und zu Tränen gerührt.

Am 29. Februar durfte ich im Münchner Prinzregententheater einen Abend mit Daniel Hope im Zeichen der Belle Époque erleben. (klassik-begeistert.de berichtete.) Die Interpretation von Richard Strauss‘ Gedichtvertonung „Morgen!“, op. 27 Nr. 4, in der Zukunftseuphorie und Schaffenswille zum Ausdruck kommen, hat mich nachhaltig beeindruckt. Wenige Tage später traf uns die Coronakrise mit voller Wucht. Lockdown, Verzweiflung, Zukunftsangst, Isolation – und irgendwann erhielt ich von einer lieben Bekannten aus London einen tröstenden musikalischen Gruß: „Und morgen wird die Sonne wieder scheinen …“. „Meine Lieblingsmusik (56): Richard Strauss, Morgen! und Eine Alpensinfonie“ weiterlesen

Meine Lieblingsoper (55): La Traviata, Schwindsucht auf der Bühne und im Film, kein Überblick, vielmehr ein Einblick

Traviata-Inszenierung von Folke Abenius im Bühnenbild von Toni Businger (Foto: Hamburgische Staatsoper)

Birgit Nilsson, Mirella Freni, Edita Gruberova, Plácido Domingo, Luciano Pavarotti: Der Hamburger Mediziner und Klassik-Connaisseur Dr. Ralf Wegner hat die großen Weltstars der Opernwelt seit Ende der 1960er-Jahre alle live erleben dürfen: vor allem in der Staatsoper Hamburg, die in den 1970er-Jahren noch zu den weltbesten Opernhäusern zählte und sich heute um Anschluss an die deutsche und europäische Spitze bemüht. Begeben Sie sich in ein wunderbares Stück Operngeschichte und reisen Sie mit in eine Zeit, die scheinbar vergangen ist.

von Ralf Wegner

Die Schwindsucht (Lungentuberkulose) hat in der Kunst nachhaltig Widerhall gefunden, nicht nur bei Thomas Mann, der sich in seinem Roman „Der Zauberberg“ auf knapp 1.000 Seiten mit den fiebervollen Gefühlswallungen seiner Protagonisten beschäftigte. An der Tuberkulose starben früher ein Drittel der Erkrankten mit und ohne Behandlung, ein weiteres Drittel kam mit Defektheilungen davon und die Verbliebenen erkrankten und gesundeten, ohne von der Krankheit zu wissen. Thomas Mann beschrieb die unheilvollen Symptome: „Ein Husten ganz ohne Lust und Liebe, der nicht in richtigen Stößen geschah, sondern nur wie ein schauerlich kraftloses Wühlen im Brei organischer Auflösung klang“. „Meine Lieblingsoper (55): La Traviata, Schwindsucht auf der Bühne und im Film, kein Überblick, vielmehr ein Einblick“ weiterlesen

Meine Lieblingsoper 54: Engelbert Humperdinck – Hänsel und Gretel: Hokus pokus Hexenschuss

Warum eigentlich Weihnachten? Gingen die Kinder nicht Erdbeeren sammeln – und zwar im Wald, nicht im Gewächshaus? Das soll Weihnachten sein? Oder gab es während des Engelballetts etwa einen Zeitsprung? Jedes Jahr nimmt mich das und noch vieles mehr wunder in dieser wundersam vielfältig lesbaren Oper.

Fotos: (c) Bettina Stöß, Deutsche Oper Berlin

von Sandra Grohmann, Berlin

Meine Lieblingsoper? Ach herrje! Wer Oper liebt, wird häufig Lieblingsopern hören – gern auch jeden Abend eine andere. Je nach Stimmung, je nach Prägung. Apropos Prägung. Mit welcher Oper haben Sie denn angefangen? Und welche Opern haben Sie für Ihre Kinder ausgewählt?

Mir war es zum Beispiel sehr wichtig, das Frauenbild meiner Kinder nicht schon früh mit dem Leiden romantischer Heroinnen zu verderben. Für derartigen Unfug ist, finde ich, später im Leben immer noch genügend Zeit, und großartige Musik gibt es auch ohne weibliche Märtyrer. Daher war für mich immer glasklar, dass meine Kinder mit der selbstbewussten Susanna aufwachsen sollten. Jetzt sagen Sie nicht: Aber die Gräfin! Denn immerhin stirbt die Gräfin bei allem Liebeskummer nicht, und wenn Violetta jemand wie Susanna gehabt hätte (statt Annina), hätte sie auf den alten Germont vielleicht anders reagiert. Augen auf bei der Wahl des Personals, kann ich da nur sagen.

Wie auch immer. Der Figaro wurde dann doch nicht die erste Oper meiner Kinder, denn – wie hätte es anders sein können – als allererste Oper gab es einen meiner all-time-favourites, ein Stück, das viele Häuser trotz seines eigentlich gar nicht kindertauglichen Inhalts ganz ausdrücklich für die Kleinen und Allerkleinsten auf die Bretter bringen: Hänsel und Gretel von Engelbert Humperdinck mit dem zauberhaften und zugleich sehr alltagsnahen, zuweilen verschmitzt-komischen Libretto von Humperdincks Schwester Adelheid Wette. Jeden Dezember steht es als unbedingtes Muss im Kalender, die Karten werden stets zu Saisonbeginn geordert, denn jede Aufführung ist im Nu ausverkauft. „Meine Lieblingsoper 54: Engelbert Humperdinck – Hänsel und Gretel
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Meine Lieblingsoper (53): "Tosca" von Giacomo Puccini

„Tosca“ in der Wiener Staatsoper, Foto: (c) M. Pöhn

Birgit Nilsson, Mirella Freni, Edita Gruberova, Plácido Domingo, Luciano Pavarotti: Der Hamburger Mediziner und Klassik-Connaisseur Dr. Ralf Wegner hat die großen Weltstars der Opernwelt seit Ende der 1960er-Jahre alle live erleben dürfen: vor allem in der Staatsoper Hamburg, die in den 1970er-Jahren noch zu den weltbesten Opernhäusern zählte und sich heute um Anschluss an die deutsche und europäische Spitze bemüht. Begeben Sie sich in ein wunderbares Stück Operngeschichte und reisen Sie mit in eine Zeit, die scheinbar vergangen ist.

von Ralf Wegner

Was ich nie geschafft habe, ist, die Oper Tosca gedanklich von dem gleichnamigen Kölnisch Wasser zu trennen. Der Begriff Tosca war immer gleichbedeutend mit einer im Alter etwas vorgerückten, von einer Parfümwolke umhüllten Dame, die sich leicht exzentrisch gibt. Wie man liest, soll das seit 1921 so genannte Parfüm tatsächlich eine Art Hommage an Puccinis Oper sein. Allerdings dürfte Puccinis Tosca deutlich jünger gedacht sein, als das für die Dame ab 50 beworbene Kölnisch Wasser. Was für beide gilt, ist allerdings die Aura einer divenhaften Grande Dame. „Meine Lieblingsoper (53): „Tosca“ von Giacomo Puccini“ weiterlesen

Meine Lieblingsoper (52): "Salome" von Richard Strauss

Birgit Nilsson, Mirella Freni, Edita Gruberova, Plácido Domingo, Luciano Pavarotti: Der Hamburger Mediziner und Klassik-Connaisseur Dr. Ralf Wegner hat die großen Weltstars der Opernwelt seit Ende der 1960er-Jahre alle live erleben dürfen: vor allem in der Staatsoper Hamburg, die in den 1970er-Jahren noch zu den weltbesten Opernhäusern zählte und sich heute um Anschluss an die deutsche und europäische Spitze bemüht. Begeben Sie sich in ein wunderbares Stück Operngeschichte und reisen Sie mit in eine Zeit, die scheinbar vergangen ist.

von Ralf Wegner

Wenngleich die Salome nicht meine erste erlebte Oper war, so blieb von der am 15. Juni 1963 gesehenen Aufführung mein ältester Opernzettel erhalten. Die häufiger in modernen Werken eingesetzte, 2011 im Alter von 86 Jahren verstorbene Sopranistin Helga Pilarczyk sang und spielte die Salome so eindrucksvoll, dass ich mir diese Oper in den Folgejahren häufiger ansah. „Meine Lieblingsoper (52): „Salome“ von Richard Strauss“ weiterlesen

Meine Lieblingsoper (51): "Don Giovanni" von Wolfgang Amadeus Mozart

Birgit Nilsson, Mirella Freni, Edita Gruberova, Plácido Domingo, Luciano Pavarotti: Der Hamburger Mediziner und Klassik-Connaisseur Dr. Ralf Wegner hat die großen Weltstars der Opernwelt seit Ende der 1960er-Jahre alle live erleben dürfen: vor allem in der Staatsoper Hamburg, die in den 1970er-Jahren noch zu den weltbesten Opernhäusern zählte und sich heute um Anschluss an die deutsche und europäische Spitze bemüht. Begeben Sie sich in ein wunderbares Stück Operngeschichte und reisen Sie mit in eine Zeit, die scheinbar vergangen ist.

von Ralf Wegner

Mozarts Don Giovanni „darf als die Krone seiner Schöpfung gelten: In gleichem Maße vollendet durch Tiefe und Wahrheit des Ausdrucks, durch Schönheit der Form, Reichtum der Ideen und strenge Durchführung der psychologischen Entwicklung, ist sie geradezu das erhabenste Muster eines Tondramas“. So schrieb einst Emil Vogel in seinem Vorwort zum Klavierauszug dieser Oper. Dem lässt sich schwerlich etwas hinzufügen. Mozarts Don Giovanni ist unangreifbar und übersteht wie kaum ein anderes Werk inszenatorischen Eingriffen. Gegebenenfalls macht man im Theater die Augen zu und lauscht nur der Musik. Dennoch will ich es wagen, mich mit diesem Meisterwerk auseinander zu setzen. „Meine Lieblingsoper (51): „Don Giovanni“ von Wolfgang Amadeus Mozart“ weiterlesen