Der Zyklus ist nun vollendet

Foto: Salzburger Festspiele 2022, (c) Birgit Probst

Christian Thielemann und die Wiener Philharmoniker mit Bruckners Neunter in Salzburg

Salzburger Festspiele 2022

Großes Festspielhaus, Salzburg, 30. Juli 2022

Johannes Brahms: Rhapsodie für Alt, Männerchor und Orchester op.53

Anton Bruckner: Symphonie Nr. 9

Elīna Garanča, Mezzosopran
Wiener Philharmoniker
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
Leitung: Christian Thielemann


von Kirsten Liese

Schon mehrfach hat Christian Thielemann Bruckners Neunte in diesem Jahr am Pult der Sächsischen Staatskapelle dirigiert, in Dresden, bei den Salzburger Osterfestspielen und in Wien. Die tiefe Verinnerlichung dieser Sinfonie, die eine solche intensive Beschäftigung mit sich bringt, ist ihm anzumerken,  und doch bescherte nun seine Einstudierung mit den Wiener Philharmonikern ein neues, anderes Erleben mit einer noch größeren klanglichen Intensität.

Das Konzert im ausverkauften Großen Festspielhaus in Salzburg, mit dem der  Thielemann-Bruckner-Zyklus dieses Orchesters seinen Abschluss fand, war ohnehin ein ganz besonderes. Dies schon deshalb, weil dieses „Bruckner 11“ -Projekt  die selten gespielte „Nullte“ und eine kaum bekannte Studiensinfonie einschließt.  Die „Nullte“ haben selbst die Berliner Philharmoniker seit Jahrzehnten nicht mehr gespielt,  ist tags zuvor auf einem Presse-Empfang der Unitel zu erfahren, was Thielemann zu dem scherzhaften Kommentar bewegt, er und die Wiener würden damit „ins wilde Tierreich“ vorstoßen.

Daniel Froschauer von den ersten Geigen und Vorstandsmitglied der Wiener, den Thielemann auf der Terrasse des Salzburger Pressebüros zu seiner Seite hatte, zeigte sich stellvertretend für das ganze Orchester unüberhörbar stolz, diesen einmaligen Zyklus mit dem besten Bruckner-Dirigenten unserer Zeit realisieren zu können. „Der Zyklus ist nun vollendet – Thielemann, Wiener Philharmoniker, Bruckners Neunte
Großes Festspielhaus, Salzburg, 30. Juli 2022“
weiterlesen

Intendant Markus Hinterhäuser: „Wenn man Currentzis eliminiert, dann auch 220 Musiker“

Foto: Markus Hinterhäuser © Salzburger Festspiele / Franz Neumayr

Wegen Sponsorengelder stehen die Salzburger Festspiele im Augenblick enorm unter Druck. Darüber und ob man den griechisch-russischen Star-Dirigenten Teodor Currentzis halten können wird, hat klassik-begeistert mit Markus Hinterhäuser gesprochen, der die Festspiele seit Oktober 2016 als Intendant leitet.

von Jürgen Pathy, Wien

An der Salzach brodelt es gewaltig. Nicht erst seit letzten Mittwoch, als man die Salzburger Festspiele mit neuen Vorwürfen konfrontiert hat. Gazprom, Kremlnähe, Oligarchen. Alles mögliche hat man bereits in die Waagschale geworfen. Doch mit den jüngsten Anschuldigungen schlägt man ein neues Kapitel auf. Mit dem Schweizer Regisseur Lukas Bärfuss und der lettisch-amerikanischen Regisseurin Yana Ross treten nun zwei Künstler vor die Anklagebank, die selbst bei den Salzburger Festspielen 2022 engagiert sind. Das Regieduo arbeitet an der Neufassung von Arthur Schnitzlers „Reigen“. Premiere ist am 28. Juli. „Salzburger Festspiele unter Druck – Analyse – Gespräch mit Markus Hinterhäuser
klassik-begeistert.de, 27. April 2022“
weiterlesen

Himmelsmusik

Riccardo Muti feierte seine 50-jährige Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern in Salzburg mit seiner ersten „Missa solemnis“.
Foto: © SF / Marco Borrelli

Salzburg, 16. August 2021, Großes Festspielhaus

Wiener Philharmoniker
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor

Rosa Feola (Sopran)
Alisa Kolosova (Mezzosopran)
Dmitry Korchak (Tenor)
Ildar Abdrazakov (Bass)

Riccardo Muti

Beethoven: Missa solemnis

von Kirsten Liese

Ich habe es noch einmal getan, bin noch ein zweites Mal in diesem Sommer für ein einzelnes Konzert nach Salzburg gereist. Am Montag hin, am Dienstag wieder zurück nach Berlin. Für Riccardo Muti, der mir so teuer ist wie Christian Thielemann, ist mir nichts zuviel, sogar dann nicht, wenn ich zu dem Werk, das auf dem Programm steht, weniger Draht habe. „Wiener Philharmoniker, Riccardo Muti,
Salzburg, 16. August 2021, Großes Festspielhaus“
weiterlesen

Salzburger Festspiele: Mühlemann tritt aus dem Schatten der großen Bartoli

Foto: © Monika Rittershaus

Salzburger Festspiele, Haus für Mozart, 14. August 2021
Il trionfo del Tempo e del Disinganno, Georg Friedrich Händel

Robert Carsen kehrt mit Händels Oratorium zurück nach Salzburg. Bereits bei den Pfingstfestspielen 2021 unter Prinzipalin Cecilia Bartoli aufgeführt, läuft „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“ nun auch im Sommer.

von Jürgen Pathy

Salzburg aus dem Häuschen. Nachdem der letzte Ton erloschen ist, steppt im Haus für Mozart der Bär. Selbst in der Festspielstadt, wo höchste Qualität an der Tagesordnung steht, erlebt man das nicht alle Tage. Dabei war es nicht einmal Teodor Currentzis, der die Fäden im Graben gezogen hat, sondern Gianluca Capuano. Von den Salzburger Pfingstfestspielen 2021 übernommen, hat der Mailänder Händels Oratorium mit dem unaussprechlichen Titel geleitet: „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“. Zu Deutsch: Der Triumph der Zeit und der Erkenntnis. Oder verkürzt einfach nur: Ent-Täuschung. „Il trionfo del Tempo e del Disinganno, Georg Friedrich Händel,
Salzburger Festspiele, Haus für Mozart, 14. August 2021“
weiterlesen

Im Kontrast verliert sich der musikalische Fluss

Schlussapplaus: David Steffens (Masetto), Michael Spyres (Don Ottavio), Vito Priante (Leporello), Davide Luciano (Don Giovanni), Nadezhda Pavlova (Donna Anna), Federica Lombardi (Donna Elvira), Anna Lucia Richter (Zerlina), Mika Kares (Il Commendatore), Ensemble © SF / Marco Borrelli

Großes Festspielhaus, Salzburg, 10. August 2021

Wolfgang Amadeus Mozart, „Don Giovanni“

von Frank Heublein

Im vollen Festspielhaus in Salzburg wird heute die Neuinszenierung des Don Giovanni von Wolfgang Amadeus Mozart gegeben. Die musikalische Herangehensweise ist eine radikale. Teodor Currentzis ordnet den Orchesterklang radikal den Stimmen unter. Trotz der hörbaren Qualität von Orchester und Stimmen bleibt mein innerer Gesamteindruck blass. „Wolfgang Amadeus Mozart, „Don Giovanni“,
Großes Festspielhaus, Salzburg, 10. August 2021“
weiterlesen

Hochkonzentrierte orchestrale Dynamik trifft auf sängerische Klasse

Elsa Dreisig (Fiordiligi), Michael Nagy (Don Alfonso), Marianne Crebassa (Dorabella). Foto: © SF / Monika Rittershaus

Großes Festspielhaus, Salzburg, 9. August 2021

Wolfgang Amadeus Mozart, „Così fan tutte“

von Frank Heublein

Am heutigen Abend ist das große Festspielhaus in Salzburg nahezu bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Bühne für Mozarts Così fan tutte strahlt weiß, wenige Treppenstufen öffnen die Bühne zum Orchester hin. Diese reinweiße Fläche bleibt ganz überwiegend exakt so bestehen in den nächsten zweieinhalb Stunden. Es ist eine speziell auf Corona getrimmte von Regisseur Christof Loy und Dirigentin Joana Mallwitz inspiriert intelligent gekürzte Fassung, die ohne Pause gespielt wird. „Wolfgang Amadeus Mozart, „Così fan tutte“,
Großes Festspielhaus, Salzburg, 9. August 2021“
weiterlesen

Castelluccis und Currentzis' „Don Giovanni“ in Salzburg: Einer wie keiner

Foto: Romeo Castellucci und Teodor Currentzis bei den Salzburger Festspielen © SF / Anne Zeuner

W. A. Mozart, „Don Giovanni“

Livestream auf arte aus dem Salzburger Großen Festspielhaus
7. August 2021

Gleich zu Beginn dieser lange erwarteten Premiere, noch ehe die Ouvertüre beginnt, wird von Bühnenarbeitern ein Kirchenraum von allen christlichen Symbolen leer geräumt, zurück bleibt ein neutraler weißer Raum. Damit ist klar, dass dieses Stück jenseits aller christlichen Moral und Ethik einzuordnen ist.

von Peter Sommeregger

Was der Regisseur Romeo Castellucci und der Dirigent Teodor Currentzis in den folgenden drei Stunden entfesseln, ist schwere Kost, aber in der letzten Konsequenz werden beide dieser „Oper aller Opern“ gerecht. Man könnte Seiten füllen mit der Beschreibung aller inszenatorischen Details, mit denen der Regisseur das Drama illustriert. Vieles wirkt bizarr, rätselhaft, folgt aber doch einer gewissen Logik und kann gedanklich zumeist  nachvollzogen werden. Viele versteckte Botschaften finden sich in den phantasievollen Kostümen und den wenigen stilisierten Versatzstücken auf der sonst leeren weißen Bühne. Schauspielerisch fordert Castellucci den Sängern einiges ab, Rampensingen ist jedenfalls nicht angesagt. „W. A. Mozart, „Don Giovanni“,
Livestream auf ARTE aus dem Salzburger Großen Festspielhaus 7. August 2021“
weiterlesen

Der größte Triumph zeigt sich in den leisen Tönen

Regula Mühlemann (Bellezza). Foto: © SF / Monika Rittershaus

„Die intime Zartheit der geläuterten Schönheit, die grandiosen leisen Momente dieses Nachmittags, die hole ich mir in Gedanken danach so oft zurück, wie ich nur kann.“

Haus für Mozart, Salzburg, 8. August 2021

Georg Friedrich Händel, „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“

Im nahezu vollbesetzten Haus für Mozart beginnt Georg Friedrich Händels Oratorium „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“, eine Produktion der Salzburger Pfingstfestspiele 2021, mit der Sonata dell’Ouvertura als „Salzburg sucht das nächste Topmodel“. Erst als bühnenvollflächiges Video, dann treten die Kandidatinnen leibhaftig auf die Bühne und Bellezza, die Schönheit, gewinnt! Sie gibt sich Piacere, dem Vergnügen, hin.

von Frank Heublein

Es ist ein Oratorium, keine Oper. 1707 durften aufgrund eines päpstlichen Erlasses keine „unterhaltsamen“ Opern in Rom, dem Ort des kompositorischen Wirkens, aufgeführt werden. Den Geist läuternde Oratorien dagegen schon. Oratorien wurden zwar zu dieser Zeit in Theatern und nicht in Kirchen, aber konzertant aufgeführt. Also anders als das inszenierte Stück, das ich heute sehe. „Georg Friedrich Händel, „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“,
Haus für Mozart, Salzburg, 8. August 2021“
weiterlesen

Süchtig nach Bruckner

Christian Thielemann triumphiert mit der Siebten in Salzburg

Salzburger Festspiele, 3. August 2021
Elīna Garanča
(Mezzosopran)
Wiener Philharmoniker
Christian Thielemann (Dirigent)

Gustav Mahler: Fünf Lieder nach Gedichten von Friedrich Rückert für eine Singstimme und Orchester                                                  

Anton Bruckner: Symphonie Nr. 7 E-Dur WAB 107                

von Kirsten Liese

Für ein einziges Konzert von Berlin aus zu den Salzburger Festspielen zu reisen und am Tag danach schon wieder zurück: Das ist – ich gebe es zu – ein ziemlicher Luxus. Oft leiste ich ihn mir nicht, aber für einen Bruckner-Abend mit Christian Thielemann scheue ich ihn nicht. Und um es gleich zu sagen: Der Aufwand hat sich mehr als gelohnt!

Denn zu erleben war hier eine jener Sternstunden, die man nicht vergisst und die erste, an der seit Corona wieder ein größeres Publikum teilhaben konnte. Schon seit einem guten halben Jahr arbeiten Thielemann und die Wiener Philharmoniker intensiv an einem Bruckner-Zyklus, der bis zum 100. Geburtstag des Komponisten im September 2024 vollendet sein soll. Die bisherigen Aufzeichnungen im Wiener Musikverein konnte allerdings nur eine kleine begnadete Gruppe von Wiener Pressevertretern aus der Nähe mitverfolgen.

Das Publikum im Großen Festspielhaus in Salzburg durfte die Siebte erleben.  Thielemann hat die Sinfonie in früheren Jahren schon mehrfach grandios mit unterschiedlichsten Orchestern dirigiert, und auch diesmal verzehrte er sich spürbar für jedes Detail. Nach den langen Entbehrungen tönte sie diesmal vielleicht noch eine Spur aufwühlender, oder nahm bei uns im Publikum die Gänsehaut zu, weil wir schon nach all den Lockdowns an Entzugserscheinungen litten? „Elīna Garanča, Christian Thielemann, Wiener Philharmoniker
weiterlesen

Teodor Currentzis erregt die Gemüter

Foto: Romeo Castellucci und Teodor Currentzis bei den Salzburger Festspielen © SF / Anne Zeuner

KOMMENTAR

Bei den Salzburger Festspielen wurde Teodor Currentzis überwiegend gefeiert. Gemeinsam mit Romeo Castellucci hat der Stardirigent eine Neuproduktion von Mozarts „Don Giovanni“ auf die Bühne gebracht. Seine Art erfreut allerdings nicht alle.

von Jürgen Pathy

Nachdem die Salzburger Premiere von „Don Giovanni“ überwiegend gefeiert wurde, haben sich einige AutorInnen bemüßigt gefühlt, Paroli zu bieten. Vor allem diejenigen, die für „Qualitätsmedien“ publizieren. Ihr gutes Recht. Unabhängig davon, dass negative Kritik nicht nur erlaubt sein muss, sondern gar erwünscht sein sollte, lässt die gefällige Form mancherorts allerdings zu wünschen übrig. Was da in einigen Blättern für Auswüchse präsentiert werden, passt auf keine Kuhhaut.

Ganz vorne mit dabei die FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung). Im Mittelpunkt des Geschehens, wie könnte es zurzeit auch anders sein: Teodor Currentzis. Der Grieche mit russischem Pass, dem die Ehre zuteil wurde, die erste Neuproduktion bei den diesjährigen Salzburger Jubiläumsfestspielen zu leiten, erregt nicht zum ersten Mal die Gemüter. Seitdem der 49-jährige Charismatiker und sein eigens gegründetes Orchester musicAeterna zu ungeahnten Höhenflügen ansetzen, steht die Klassikwelt Kopf. Die einen vergöttern ihn, die anderen hassen ihn. Dazwischen scheint es wenig zu geben – auch, wenn Currentzis immer breitere Akzeptanz erlangt.

„Pathys Stehplatz 7: Currentzis erregt die Gemüter
Klassik-begeistert.de“
weiterlesen