Das Ballett La Bajadère besticht in Dresden mit Opulenz und technischem Können

Svetlana Gileva (Nikija) und Gareth Haw (Solor) (Foto: RW)

Das Publikum der ausverkauften Vorstellung reagierte wie berauscht von der opulenten Aufführung, jubelte, trampelte und kreischte sich die Seele aus dem Hals. An solchen hochfrequenten Lärmausbruch nicht mehr gewöhnt, werden wir uns demnächst Gehörschutz in solche Aufführungen mitnehmen müssen.

La Bajadère, die Tempeltänzerin

Ballett von Aaron S. Watkin nach Marius Petipa
Musik von Ludwig Minkus

Semperoper Ballett, 5. März 2023

von Dr. Ralf Wegner

Der Inhalt des Balletts La Bajadère ist leicht erzählt: Ein Mann liebt unter seinem Stand, heiratet aber karrierebewusst die Herrschertochter. Das verschmähte Mädchen stirbt vor der Pause, taucht danach als Geistwesen wieder auf und zieht ihn in den Tod. Das ähnelt dem Inhalt von Giselle, ist aber pantomimenreicher und von indischer Folklore geprägt.

Das Königreich der Schatten (Foto: RW)

Der Herrschersohn Solor wurde von Gareth Haw getanzt. Der schlanke, hochgeschossene britische Tänzer ähnelt optisch einem Hochspringer. Und hoch und weit springt er auch, imponiert bei den Barrel Turns im zweiten Akt auch mit mehrfachen Zwischendrehungen. Wenn er bei seinen Sprüngen noch etwas geschmeidiger landen würde, wäre an seinem Weltklasseniveau technisch nicht zu zweifeln. In seiner Rolle überzeugte er darstellerisch ebenso wie seine Partnerinnen Svetlana Gileva als verschmähte Tempeltänzerin und Aidan Gibson als Tochter des Radschas, im Programm nicht Gamsatti sondern Hamsatti genannt.

Aidan Gibson (Hamsatti) und Rodrigo Pinto (Das Goldene Idol), links dahinter Johannes Goldbach (Ekavir, Freund von Solor) (Foto: RW)

Das technische Niveau des Ensembles war hoch, wenngleich die Balancen der weißen Schatten im zweiten Akt, nur 18 statt 24 an der Zahl, nicht völlig gleichmäßig gelangen. Die Variationen im zweiten Akt wurden überzeugend von Chiara Scarrone, Susanna Santoro und Kanako Fujimoko getanzt, ebenso beeindruckten Alejandro Azorín als oberster Fakir und Rodrigo Pinto als Goldenes Idol. Der in die Tempeltänzerin vernarrte Hohe Brahmane (Christian Bauch) hat leider nur eine dienende, pantomimenreiche Funktion.

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Semperoper Ballett, 5. März 2023 “
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Thielemanns fulminanter letzter Ring in Dresden: Wehmutsvoller Abschied!

Foto: Ricarda Merbeth (Brünnhilde), Michal Doron, Kristina Stanek, Daniela Köhler (Nornen), Ensemble © Semperoper Dresden/Ludwig Olah

 © Semperoper Dresden/Ludwig Olah

Der Ring des Nibelungen
Richard Wagner

Ringzyklus 2: Siegfried und Götterdämmerung

Semperoper Dresden, 8. und 10. Februar 2023

von Kirsten Liese

Oft hängen zyklische Aufführungen von Wagners Tetralogie in der Mitte  mal durch. Davon konnte beim letzten Dresdner Ring unter Christian Thielemanns Leitung nicht die Rede sein, er war von A bis Z eine Wucht!

Ein Garant dafür war freilich schon der Ausnahmetenor Andreas Schager, der von Anfang an in die Vollen geht,  wenn sich andere noch ihre Reserven für den letzten Akt aufsparen. Eine Fülle des Wohllauts entströmt seiner Kehle. Der Österreicher steht wirklich im Zenit seiner Laufbahn, so oft ich ihn schon in früheren Jahren in dieser und anderen Wagner-Partien hörte: So herausragend wie jetzt war er noch nie. Noch dazu gibt er mit seiner jugendlich schlanken Erscheinung einen Siegfried wie aus dem Bilderbuch und empfiehlt sich als ein begnadeter, spielfreudiger Darsteller, der mit Elan wirklich einen jungen, übermütigen Waisen glaubhaft macht, der nicht weiß, wo er mit seiner ganzen Kraft hin soll. „Ringzyklus 2: Siegfried und Götterdämmerung
Semperoper Dresden, 8. und 10. Februar 2023“
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Die Götterdämmerung in Dresden: Weißt du, wie das wird?

Ricarda Merbeth (Brünnhilde), Andreas Schager (Siegfried) © Semperoper Dresden/Ludwig Olah

Ein letztes Mal wurde Wagners Ring in der Inszenierung von Willy Decker unter der musikalischen Leitung von Christian Thielemann aufgeführt. Am Ende der Götterdämmerung ist, wie wir wissen, die Zukunft ungewiss – doch es gibt auch ausreichend Grund zur Freude.

Richard Wagner,
Götterdämmerung

Christian Thielemann, Dirigent
Sächsische Staatskapelle Dresden

Willy Decker, Regie
Wolfgang Gussmann, Bühnenbild


Semperoper Dresden, 10. Februar 2023

von Leander Bull

Wenige Sekunden nach dem Ausklingen des letzten Akkords der Götterdämmerung erlebt man in der Sächsischen Staatsoper etwas Kurioses. Es dauert nicht lange, bis der Applaus beginnt, doch nicht alle stimmen in den vorzeitigen Jubel ein. So kommt es, dass das Klatschen tatsächlich nach wenigen Sekunden endet und wieder eine selige Stille in den Saal einkehrt. Immer noch schwebt das Erlösungsmotiv in der Luft, immer noch flimmert der Weltenbrand vor den Augen des Publikums. Es gibt Zeit, durchzuatmen. Nach einigen Sekunden beginnt der wohlverdiente Applaus erneut. Dieses Mal nimmt er kein Ende. „Richard Wagner, Götterdämmerung
Semperoper Dresden, 10. Februar 2023“
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Der Ring Zyklus in Dresden ist ein kostbares Relikt aus einer anderen Zeit

Lea-ann Dunbar (Woglinde), Anna Lapkovskaja (Flosshilde), Štěpánka Pučálková (Wellgunde) © Semperoper Dresden/Ludwig Olah

Ringzyklus aus einem Guss

Christian Thielemann triumphiert mit seinem letzten „Ring“ in Dresden: Halbzeit nach Rheingold und Walküre in der zweiten Runde


Rheingold
und Walküre
Libretto von Richard Wagner
Musikalische Leitung   Christian Thielemann
Inszenierung   Willy Decker
Bühnenbild   Wolfgang Gussmann
Kostüme   Frauke Schernau, Wolfgang Gussmann
Chor   André Kellinghaus
Dramaturgie   Klaus Bertisch

Semperoper Dresden, 5. und 6. Februar 2023

von Kirsten Liese

Es ist eine große Seltenheit geworden, dass Musik und Szene wie aus einem Guss wirken. Diverse Neuproduktionen von Richard Wagners Ring-Tetralogie in den vergangenen Jahren an zahlreichen renommierten Bühnen erwiesen sich jedenfalls mindestens szenisch als großer Murks. Valentin Schwarz’ Bayreuther Produktion steht dafür ebenso beispielhaft wie der Ring an der Deutschen Oper Berlin von Stefan Herheim.  Und auch der jüngste Zyklus an der Berliner Staatsoper vor wenigen Monaten überzeugte – wiewohl von Christian Thielemann als Daniel Barenboims Einspringer erstklassig einstudiert – angesichts der allzu abstrusen Versuchslabor-Deutung mit leidenden, lebendigen Kaninchen von Dmitri Tcherniakov nur musikalisch. „Ringzyklus: Rheingold und Walküre von Richard Wagner
Semperoper Dresden, 5.und 6. Februar 2023“
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Vom Begehren nach Rache berauscht: An der Semperoper Dresden hebt sich erstmals der Vorhang für Giuseppe Verdis „Attila“

Foto: Timothy Oliver (Uldino), Georg Zeppenfeld (Attila), Tilmann Rönnebeck (Leone), Anna Smirnova (Odabella), Tomislav Mužek (Foresto), Sächsischer Staatsopernchor Dresden © Semperoper Dresden/Ludwig Olah

Giuseppe Verdi, Attila (Premiere)
Konzertante Aufführung

Dramma lirico in einem Prolog und drei Akten
Libretto von Temistocle Solera und Francesco Maria Piave

Jordi Bernàcer, Dirigent
André Kellinghaus, Chor
Gunda Mapache, Spielleitung
Benedikt Stampfli, Dramaturgie

Attila, König der Hunnen, Georg Zeppenfeld
Ezio, ein römischer General, Andrzej Dobber
Odabella, Tochter des Herrschers von Aquileia, Anna Smirnova
Foresto, Ritter aus Aquileia, Tomislav Mužek
Uldino, ein junger Bretone, Sklave Attilas, Timothy Oliver
Leone, ein alter Römer, Tilmann Rönnebeck

Sächsischer Staatsopernchor Dresden
Sächsische Staatskapelle Dresden

Semperoper Dresden, 4. Februar 2023

von Pauline Lehmann

 

Nicht nur Richard Wagner, sondern auch sein im gleichen Jahr geborener und vielfach zum Antipoden stilisierter Zeitgenosse, Giuseppe Verdi, nimmt sich in seinem Opernschaffen der heidnischen Götterwelt und ihren Protagonisten an, wenn er in seiner neunten Oper den legendären Hunnenkönig der Völkerwanderungszeit im Namen des Gottes Wotan gegen das christliche Italien in den Krieg ziehen lässt. „Giuseppe Verdi, Attila
Semperoper Dresden, 4. Februar 2023 PREMIERE“
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Der Ring in Dresden: Götterdämmerung – Alberich wird noch oft kommen, Thielemann leider nur noch einmal

Ricarda Merbeth (Brünnhilde), Andreas Schager (Siegfried) © Semperoper Dresden/Ludwig Olah

Der erste der beiden Ring-Zyklen dieser Spielzeit an der Semperoper Dresden ist mit der Götterdämmerung vorbei. Es wird, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, der vorletzte Ring für eine lange Zeit mit Christian Thielemann in Dresden gewesen sein.

Richard Wagner
Götterdämmerung

Christian Thielemann, Dirigent
Staatskapelle Dresden

Willy Decker, Regie
Wolfgang Gussmann, Bühnenbild

Semperoper Dresden, 1. Februar 2023

von Willi Patzelt

Da staunt man nicht schlecht: Siegfried hat es nach seiner – sehr flotten – „Rheinfahrt“ auf den Obersalzberg hochgespült. Die Gibichungenhalle ist nämlich der große Saal des Berghofs, und durch das markante Panoramafenster schaut man nicht auf die Berge des Rheintals, sondern in die Berchtesgadener Alpen. Der markante Globus, seit Charlie Chaplins „Tanz mit der Weltkugel“ eigentümlich berühmt, schließt hier das Bild ab. Zum ersten Mal im Ring wird Willy Decker mit einer Ortsangabe relativ konkret.

„Richard Wagner, Götterdämmerung, Christian Thielemann, Dirigent Staatskapelle Dresden
Semperoper Dresden, 1. Februar 2023“
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Der Ring in Dresden, Siegfried: ein dummer Junge hat Held zu werden

Foto: Siegfried © Ludwig Olah

Der dritte Abend. Also Siegfried. Die Theaterstuhlreihen auf der Bühne sind verschwunden; stattdessen finden sich einfache Stühle wild auf der Bühne verteilt. Sie erinnern an das IKEA-Modell „JOKKMOKK“. Sie aufzubauen, ließ vermutlich die Bühnenausstatter nachfühlen, wie sich Siegfried beim Schmieden von Nothung gefühlt haben muss. Es hat sich aber gelohnt. Denn auch der Siegfried war in Dresden ein Triumph

Richard Wagner
Siegfried

Christian Thielemann, Dirigent
Staatskapelle Dresden

Willy Decker, Regie 
Wolfgang Gussmann,
Bühnenbild

Semperoper Dresden, 30. Januar 2023

von Willi Patzelt

Man hat noch Wotans Abschied im Ohr – die großen Emotionen auf dem Brünnhilde-Felsen im dritten Akt der Walküre. Dann findet sich im Siegfried ein ganz anderes Bild. Nach den großen Gefühlsausbrüchen gibt es jetzt ein – so von Christian Thielemann in einem Interview genannt – operettöses, oberflächliches Tohuwabohu“. Der orgiastische Wagner macht vorerst Pause, denn ein dummer Junge hat Held zu werden „Der Ring in Dresden, Siegfried: ein dummer Junge hat Held zu werden
Semperoper Dresden, 30. Januar 2023“
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Der Ring in Dresden, die Walküre: Reaktionär, revolutionär?

Foto: Die Walküre © Semperoper/Ludwig Olah 

Halbzeit in Dresden. Nach einem fulminanten Rheingold, eine nicht minder gelungene Walküre – die einige Überraschungen bereithielt. Die Inszenierung stört nicht nur nicht, sie macht Freude. In Dresden erlebt man noch echtes Gesamtkunstwerk.


Richard Wagner

Die Walküre

Christian Thielemann, Dirigent
Staatskapelle Dresden

Willy Decker, Regie
Wolfgang Gussmann
, Bühnenbild

Semperoper Dresden, 28. Januar 2023

von Willi Patzelt

Nach dem ersten Aufzug schaut man in viele verdutze Gesichter. War das gerade wirklich Thielemann? Manche haben vielleicht noch die Kritiken über den Ring an der Lindenoper im Kopf. Betont langsam habe er dort jüngst dirigiert, so war zu lesen. Und jetzt dieser erste Akt. Man hat den Eindruck, im Graben stünde ein junger Dirigent, dem die Nerven mit den Wälsungen durchgingen. In extrem schnellem Tempo peitscht Thielemann – aber voll kontrolliert – durch die berauschende Schlussszene, wie man es von keiner seiner Aufnahmen kennt. Accelerandi auf „Nothung, Nothung“. Purer Rausch. Einfach nur – verzeihen Sie – geil! „Richard Wagner, Die Walküre
Semperoper Dresden, 28. Januar 2023“
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Der Ring in Dresden, Rheingold: Alles was ist, endet

John Lundgren (Wotan) © Semperoper Dresden/Ludwig Olah

Der Anfang vom Ende hat begonnen. In Walhall, wie in Dresden: Die Schlussphase der Ära Christian Thielemann hat angefangen; die Götterdämmerung ist bereits im Rheingold in Sichtweite. Ein zum Niederknien herrlicher Vorabend des Ring des Nibelungen macht einen schon jetzt wehmütig über den Weggang Thielemanns im kommenden Jahr.

Richard Wagner
Das Rheingold

Christian Thielemann, Dirigent
Staatskapelle Dresden

Willy Decker, Regie  
Wolfgang Gussmann,
Bühnenbild

Semperoper Dresden, 27. Januar 2023

von Willi Patzelt

Die Opernwelt schaut nach Dresden: Die letzten beiden „Ringe“ mit Thielemann an der Semperoper, nicht unwahrscheinlich wohl leider für immer, sind ein absolutes Highlight der Spielzeitpläne der Welt. Man hat sich in Dresden also nicht lumpen lassen. Eine Neuinszenierung, wie vor einigen Jahren hin und wieder mal spekuliert wurde, sollte es zwar nun mit Thielemann nicht mehr geben, dafür aber die recht beliebte Inszenierung von Willy Decker aus 2001 mit einer wirklich erstklassigen Sängerbesetzung. Mit dem Rheingold gelang ein fulminanter Auftakt.

„Richard Wagner, Das Rheingold, Christian Thielemann, Dirigent, Staatskapelle Dresden
Semperoper Dresden, 27. Januar 2023“
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Im goldenen Raum gefangen und den Gefühlen ergeben: Die Dresdner „Aida“ ist ein musikalisches Schmuckstück

© Semperoper Dresden/Ludwig Olah

Aida
Giuseppe Verdi

Opera lirica in vier Akten                      Libretto von Antonio Ghislanzoni

Sächsischer Staatsopernchor
Sinfoniechor Dresden – Extrachor der Semperoper Dresden
Mitglieder der Komparserie
Sächsische Staatskapelle Dresden

Musikalische Leitung,  Leonardo Sini
Inszenierung,  Katharina Thalbach

Semperoper Dresden, 21. Dezember 2022

von Pauline Lehmann

Auf den ersten Moment scheint Giuseppe Verdis Oper „Aida“ nicht so recht in die Zeit um das Weihnachtsfest und den Jahreswechsel zu passen. Wenn die Semperoper Dresden im Dezember 2022 und Januar 2023 ihre diesjährige Neuproduktion in der Regie von Katharina Thalbach wiederaufnimmt, so ist dies eine Hommage an die überaus erfolgreiche Uraufführung vor fast auf den Tag genau 151 Jahren. Es war am Heiligabend des Jahres 1871, als sich am damals neu errichteten Kairoer Opernhaus erstmals der Vorhang für Verdis Opera lirica öffnete und diese ihren internationalen Siegeszug antrat. „Giuseppe Verdi, Aida
Semperoper Dresden, 21. Dezember 2022“
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