CD-Rezension
Man begreift nicht, warum Opern wie Il Bellerofonte, Il Demofoonte, Ezio und Romolo ed Ersilia nicht schon längst wieder auf den Opernbühnen aufgetaucht sind. Der Film und die vorliegende CD sind eine erneute Chance, diesen Komponisten neu zu entdecken.
Il Boemo
Motion Picture Soundtrack
Collegium 1704
Václav Luks
Erato 5054197238147
von Peter Sommeregger
Der böhmische Komponist Josef Mysliveček, der im 18. Jahrhundert eine glänzende Karriere in Italien hatte, geriet schon bald nach seinem Tod in Rom 1781 in Vergessenheit. Von den ersten großen Erfolgen 1767 in Neapel, bis kurz vor seinem Tod eilte er von Erfolg zu Erfolg. Zwischenzeitlich hatte er auch in München am Hof des Kurfürsten gewirkt.
Warum auch die Renaissance der Barockmusik bisher weitgehend an dem vielfältigen Werk des ursprünglich zum Müller ausgebildeten Musikers vorbei ging, ist unerklärlich. Neben annähernd dreißig Opern schrieb er u.a. auch Kantaten und Symphonien. 1770 begegnete er Vater und Sohn Mozart in Neapel. Der um 19 Jahre jüngere Wolfgang bewunderte die Werke des Älteren, dem er noch mehrfach begegnen sollte.
Neue Hoffnung für eine Wiederentdeckung dieses Komponisten macht nun ausgerechnet eine Filmproduktion. Die italienisch-tschechische Co-Produktion „Il Boemo“ erzählt das Leben Myslivečeks in eher freier Form, allzu viele biographische Details sind nämlich gar nicht bekannt. Tatsächlich wurde er aber in Italien wegen der Kompliziertheit seines Namens nur „Il Boemo“ genannt.
Für den Film wurden eine Reihe von Ausschnitten aus seinen Werken verwendet. Deren Tonaufnahme erscheint nun auf dieser CD, zwar sind es nur Häppchen, aber sie wecken doch den Appetit auf mehr.
Das Collegium 1704, ein auf Barock spezialisiertes Ensemble, realisiert unter dem Dirigenten Václav Luks in authentischem Klangbild die hinreißenden Ausschnitte aus mehreren Opern. An der Sängerbesetzung wurde nicht gespart, mit Emőke Baráth, Sophie Harmsen, Simona Šaturova, Juan Sancho, Benno Schachtner und Philippe Jaroussky gewann man Spezialisten des Barockgesanges. Jaroussky, inzwischen deutlich im Spätherbst seiner Sängerkarriere angekommen, vermeidet konsequent exponierte Töne, seine Prominenz war wohl ausschlaggebend für seine Verpflichtung.
Man begreift nicht, warum Opern wie Il Bellerofonte, Il Demofoonte, Ezio und Romolo ed Ersilia nicht schon längst wieder auf den Opernbühnen aufgetaucht sind. Der Film und die vorliegende CD sind eine erneute Chance, diesen Komponisten neu zu entdecken.
Peter Sommeregger, 25. Juni 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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