Die Oper des „Mozart noir“ zeigt Parallelen zu „Così fan tutte“

CD-Rezension: Joseph Bologne, Chevalier de Saint-Georges  klassik-begeistert.de, 27. Februar 2023

Es ist positiv zu werten, Bolognes Werk erstmals zugänglich zu machen. Ein großes Plus ist die aufwändige, sehr geschmackvolle Aufmachung der Box mit einem reich illustrierten Booklet, das den Text zweisprachig sowie umfangreiche Informationen über Werk und Interpreten enthält.

CD-Rezension:

Joseph Bologne, Chevalier de Saint-Georges

L’Amant Anonyme

Haymarket Opera Company

Cedille CDR 90000 217

von Peter Sommeregger

Um die Person des Joseph Bologne ranken sich zahlreiche Geschichten, deren Wahrheitsgehalt nicht immer nachprüfbar ist. Tatsächlich wurde er 1745 als Sohn eines französischen Edelmannes und einer jungen Sklavin in Guadaloupe geboren. Ob sein Vater ihn nach der Rückkehr nach Frankreich tatsächlich legitimierte, ist unklar, jedenfalls legte sich Joseph den Titel seines Vaters, Chevalier de Saint Georges, zu.

Seine standesgemäße Erziehung förderte sein musikalisches Talent, auch soll er virtuos Geige gespielt haben, 14 Violinkonzerte entstammen seiner Feder. Als einzige seiner sechs Opern ist „L’Amant Anonyme“ erhalten geblieben.

Die private Haymarket Opera Company aus Chicago hat es unternommen, das lyrische Stück aufzuführen und auch für CD einzuspielen. Die simple, komödiantische Handlung erinnert ein wenig an Mozarts „Così fan tutte“, entstand allerdings bereits um 1780. Angeblich sollen sich Bologne und Mozart in Paris begegnet sein, was aber nicht verbürgt ist.

Anders als Mozart gab Bologne seiner Oper die Form einer „Opéra Comique“ mit gesprochenen Dialogen, die im vorliegenden Fall leider ungewöhnlich lang sind, und den Fluss der Handlung erheblich behindern. Bei der Edition der Oper auf CD fand man eine bestechende Lösung: auf zwei Scheiben kann man die Musik inklusive der Dialoge hören, eine dritte CD ist ausschließlich der kompletten Musik vorbehalten, was speziell für Hörer ohne französische Sprachkenntnisse von Vorteil ist.

Die Handlung beschränkt sich auf zwei Paare und zwei flankierende Rollen, darin ebenfalls der Mozart’schen „Così“ ähnlich. Eine für die französischen Bühnen unumgängliche Zugabe sind mehrere Ballett-Einlagen, die allerdings die Oper etwas in die Länge ziehen.

Die weibliche Hauptrolle der Léontine ist Nicole Cabell anvertraut, der einzig bekannten Interpretin dieser Besetzung. Sie kann ihren gut fokussierten jugendlichen Sopran gekonnt einsetzen, ist in den zahlreichen Ensembleszenen eine sichere Anführerin. Im Vergleich zu ihr fällt die restliche Besetzung qualitativ etwas ab, ihr anfangs anonymer Verehrer Valcour wird von Geoffrey Agpalo mit etwas aufgerautem Tenor gesungen, der Bass-Bariton David Govertsen ist als Ophémon zu hören, auch er mit leider wenig geschmeidiger Stimme. Die steht Michael St. Peter als Colin und Natalie Colas als Dorothée schon viel eher zur Verfügung, insgesamt ist die Besetzung der Gesangspartien leider etwas unausgewogen.

Der Dirigent Craig Trompeter leitet das Orchester der Haymarket Opera Company umsichtig und mit der für diesen Musikstil nötigen Stilsicherheit. Bei Bologne von einem „Mozart noir“ zu sprechen, legt die Latte des Vergleichs aber vielleicht allzu hoch. Bolognes Musik hat Originalität, ist professionell instrumentiert und ansprechend, das Genie des Salzburger Komponisten erreicht sie aber letztlich doch nicht. Es ist aber positiv zu werten, Bolognes Werk erstmals zugänglich zu machen. Ein großes Plus ist die aufwändige, sehr geschmackvolle Aufmachung der Box mit einem reich illustrierten Booklet, das den Text zweisprachig sowie umfangreiche Informationen über Werk und Interpreten enthält.

Peter Sommeregger, 27. Februar 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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