Dr. Spelzhaus Spezial 12: Der Ritt der Walküren

Dr. Spelzhaus spezial 12, Der Ritt der Walküren  klassik-begeistert.de

Foto: Andreas Schager und Camilla Nylund in „Die Walküre“. Foto: Youtube

von Dr. Petra Spelzhaus

Heute ist unser Glückstag. Wir haben viel Geld gewonnen. Und wir haben dabei eine Quelle des Reichtums gefunden, die wir jederzeit wieder anzapfen können.

Es fängt damit an, dass wir in unserem Zwei-Mädel-ein-Hund-Haushalt feststellen, dass unsere hervorragende Corona-Kompensationsernährung langsam ihre Spuren hinterlässt. Wir fühlen uns zunehmend an Walküren erinnert. Also gilt es, ein Fitnessgerät zu suchen, um unsere komplette Richard-Wagner-CD-Edition sportlich zu begleiten. Freunde von uns empfehlen ein Spinning-Gerät, mit dem wir kräftig zum Ring des Nibelungen in die Pedale treten können. Uns kommt eine Aufführung der Walküre bei den Tiroler Festspielen in Erl in den Sinn, der wir vor drei Sommern noch persönlich beiwohnen durften. Die Walküren ritten singend äußerst sportlich auf Drahteseln über die Bühne. Durchaus nachahmenswert.

Aber da drängt sich ein anderes Gerät in den Fokus: Ein hölzerner Trainer, auf dem gegen einen Wasserwiderstand angerudert wird. Geradezu ideal, lässt sich das walkürische „Hojotoho“ perfekt in die Erholungs- („Hojo“) und Zugphase („toho“) einteilen. Unsere Entscheidung ist schnell gefallen, zumal der Rudertrainer auch noch hübsch ausschaut und unser Wohnzimmer optisch aufwertet. Unser Wunschmodell besteht aus attraktivem Nussbaumholz, hat aber einen stolzen Preis und aufgrund von Kurzarbeit des amerikanischen Herstellers ein Vierteljahr Lieferfrist.

Bei unserer Online-Recherche fällt uns prompt ein Angebot des Schweizerischen Sporthauses Buebetrickli (Name von der Redaktion geändert) in die Hände. Das gewünschte Modell wird in Eiche-Ausführung um 25% günstiger als bei der Deutschen Konkurrenz angeboten, die Lieferzeit beträgt wie durch ein Wunder nur ein bis zwei Tage. Tja, in unserem Nachbarland weiß man einfach, wie so etwas geht. Unter diesen Umständen wechselt man auch gerne mal die Holzart. Fortuna ist uns gnädig! Bevor wir unsere Bestellung kostenpflichtig losschicken, wollen wir noch ein kurzes Telefongespräch mit den eidgenössischen Wohltätern führen, um unsere Dankbarkeit auszudrücken. Ich klicke mehrfach die Kontaktnummer an, werde aber jeweils in den E-Mail-Server geschoben. Da will ich jedoch gar nicht hin. So wähle ich händisch die Telefonnummer der Homepage, gefolgt von den enttäuschenden Worten: „Kein Anschluss unter dieser Nummer“. So kommt man definitiv  nicht ins Geschäft! Wir verschärfen unsere investigative Online-Recherche. Und siehe da, Sporthaus Buebetrickli ist ein Fake-Webshop, der zwar sehr gerne die Zahlungen der Kundschaft entgegen nimmt, aber von einer Lieferung der bestellten Ware absieht.

Wir sind voll des Glücks über unsere erfolgreiche Ermittlungsarbeit, die uns durch Nichtreinfallen auf den Betrug einen Gewinn von gut 1.000 Euro beschert. Das muss erstmal mit einem spontanen „Click and Meet“ in dem Trachtengeschäft unseres Vertrauens gefeiert werden. Schließlich haben gleich drei meiner Hosen im Winter-Lockdown kollektiv den Geist aufgegeben und müssen dringend ersetzt werden.

Nach erfolgreichem „Anshoppen“ rufen wir gleich nochmal beim Sporthaus Buebetrickli an und schwupps, haben wir auch noch das Nussbaum-Rudergerät refinanziert. Wir müssen uns zwar noch ein Vierteljahr gedulden, bis die seriöse Sportfirma das gute Stück liefert, aber gut Ding will Weile haben. In der Zwischenzeit werden wir die kontemplative Musik Richard Wagners halt mit Yoga-Übungen begleiten.

Und wenn uns mal wieder das Geld ausgehen sollte, wissen wir ja, wo wir anrufen können…

Dr. Petra Spelzhaus, 15 März 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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Dr. Petra Spelzhaus

Spontan sprang Dr. Petra Spelzhaus, Jahrgang 1972 und wohnhaft in München, bei der Jazzahead 2019 für eine erkrankte Kollegin ein und berichtete vom Partnerland Norwegen für klassik-begeistert.de. Ehe sie sich versah, war sie Autorin. Sie qualifizierte sich schon früh für die Musiksparte, kannte sie doch bereits alle Komponisten ihres Quartett-Kartenspiels auswendig, noch bevor sie richtig sprechen konnte. Schweißtreibende Jahre folgten beim Versuch diverse Instrumente spielen zu lernen. Als Jugendliche traf sie ihre große Liebe, die Trompete. Nach zunächst klassisch geprägter Ausbildung stieß sie auf Jazz- und Weltmusik. Es fiel ihr wie Schuppen von den Ohren: „Ich will musikalisch frei sein und improvisieren.“ Namhafte Professoren unterstützen sie bei dem nahezu unmöglichen Unterfangen. Getreu ihrem Motto „Life is Jazz“ möchte die ganzheitlich tätige Ärztin Auge und Ohr auf Klassik-begeistert für die Jazzmusik öffnen. In der 14-tägig erscheinenden Kolumne „Dr. Spelzhaus Spezial“ informiert sie jeden zweiten Samstag über Medizin und Musik.

 

 

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