Ambleto, Erika Baikoff (Ophelia) © Herwig Prammer
Hamlet – viele Zitate wie „Sein, oder nicht sein…“ oder „Der Rest ist Schweigen“ aus diesem Königsdrama sind im Alltag im Umlauf. Aber kaum jemand kennt den literarischen Zusammenhang. Shakespeare hat sich hier wieder mit einem blutigen Königsdrama à la „Macbeth“ verewigt.
Francesco Gasparini
Ambleto (Hamlet)
Dramma per Musica in drei Akten
Mit: Raffaele Pe, Erika Baikoff, Ana Maria Labin, Maayan Licht, Miklos Sebestyen, Nikolay Borchev
Regie und Fassung: Josef E. Köpplinger
La Lira di Orfeo
Musikalische Leitung: Raffaele Pe (Konzertmeisterin Elisa Citterio)
Regie: Ilaria Lanzino
MusikTheater an der Wien, 8. Mai 2025
von Herbert Hiess
Gasparinis Vertonung in der großartigen phantastischen Bühnenumsetzung von der Italienerin Ilaria Lanzino wurde von der Ebene „Königsdrama“ in eine Art „Familiendrama“ transferiert, was gut in die heutige Zeit passt.
Man braucht den Inhalt gar nicht ganz aufrollen; am Schluss sind (fast) alle eines blutigen Todes gestorben; interessanterweise bleibt dann noch Hamlets Mutter Gertrude am Leben. Übrigens begann diese Oper, wie mittlerweile bei vielen Krimis und Thrillern üblich, mit der Schlussszene und dann dem Insert „3 Wochen früher“, als das echte Werk begann.
Alles spielte sich im Hause von Gertrude und Claudius ab, wo dann auch die Dinge fatal und letal ihren Lauf nahmen. Personenführungsmäßig phantastisch umgesetzt, sangen die Damen und Herren Vokalisten teilweise sehr bemerkenswert und hochvirtuos. Sie sangen Arien, deren Musik eigentlich gar nicht zu der dramatischen Handlung passte.

Der italienische Francesco Gasparini lebte von Mitte des 17. Jhdts. bis ins 18. Jhdt; er war somit in etwa ein Zeitgenosse von Antonio Vivaldi. In typischer barocker Manier beginnt Gasparinis Oper mit einer Ouvertüre im „französischen Stil“ – also mit einer langsamen Einleitung und dann einem raschen Fugato. Das kann man auch bei Mozarts „Zauberflöte“-Ouvertüre bemerken.
Angeblich ist das interessante Werk teilweise rekonstruiert worden; auch die Instrumentierung wurde angepasst. Insgesamt war es sehr effektvoll gespielt und gesungen; allen voran die zwei Hauptrollensängerinnen Erika Baikoff als Ophelia und Ana Maria Labin als Gertrude. Beide äußerst durchschlagskräftig erfreuten sie mit einem glasklaren und silbrigen Sopran. Auch der Countertenor (bzw. sich als Sopran bezeichnender) Maayan Licht als Ophelias Bruder Laertes war extrem bemerkenswert.

Er war als Counter sogar noch eindrucksvoller als Raffaele Pe, der den Hamlet verkörperte. Auch die restliche Besetzung war interessant. Musikalisch äußerst eindrucksvoll übrigens.
Und das hat man nicht zuletzt Raffaele Pe zu verdanken, der die musikalische Gesamtleitung übrig hatte. Tatsächlich dirigiert wurde das Werk von der Konzertmeisterin Elisa Citterio, die nicht nur mit einer sehr berührenden Interpretation, sondern sie auch mit phantastischen Tönen beeindruckte. Das ganze Ensemble „La Lira di Orfeo“ war begeisterungswürdig; angefangen von den solistisch wunderbaren Flöten und Oboen über Harfe und Orgel bis hin zu den Trompeten und Schlagwerk.

Mit dieser Produktion konnte das Theater an der Wien zu Recht einen Riesenerfolg einfahren – man sollte sich nicht die Chance entgehen lassen, diese Oper live zu sehen – bis 17. Mai 2025 hat man noch Gelegenheit dazu.
…wegen des Beginns wie im Thriller – natürlich endet das Werk auch quasi im „Ungewissen“, da bei der Sterbeszene von Ophelia plötzlich Gertrude auftaucht, die ja schon tot sein sollte.
Herbert Hiess, 9. Mai 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Herbert hört hin 4: Serge Prokofjew „Die Verlobung im Kloster“ Theater an der Wien, 28. März 2025
Johann Strauss, Das Spitzentuch der Königin Musiktheater an der Wien, 28. Januar 2025