Wiener Staatsoper: Sabine Devieilhe brilliert als Regimentstochter

Gaetano Donizetti, La fille du régiment,  Wiener Staatsoper

Foto: M. Pöhn (c)
Wiener Staatsoper
, 13. Januar 2018
Gaetano Donizetti, La fille du régiment
Evelino Pidò Dirigent
Laurent Pelly Regie und Kostüme
Chantal Thomas Bühne
Sabine Devieilhe Marie
John Tessier Tonio
Donna Ellen Marquise de Berkenfield
Carlos Álvarez Sulpice
Marcus Pelz Hortensius
Marjana Lipovšek Duchesse de Crakentorp

von Mirjana Plath

Es herrscht Krieg zwischen Österreich und Frankreich. Mit Mistgabeln in der Hand und Kochtöpfen auf den Häuptern müssen die Tiroler sich vor den Franzosen schützen. So lässt Laurent Pelly seine Inszenierung von Gaetano Donizettis „La fille du régiment“ beginnen, die am Samstag ihre 25. Aufführung an der Wiener Staatsoper hatte. Der Regisseur legt viel Wert auf eine bildhafte Bühnensprache. Die Tiroler Berge erheben sich als Landkarte aus dem Boden, beim Duett von Marie und Tonio senkt sich das Bild eines Liebespaares von der Decke herab.

Pelly hat zahlreiche augenzwinkernde Momente in die Inszenierung eingebaut und verweist auf andere Musikwerke: Haushofmeister Hortensius schmettert zum Beispiel ein verzweifeltes „Zu Hilfe!“ à la „Zauberflöte“, wenn er unfreiwillig aus dem Raum manövriert wird. Aber schon Donizetti selbst spielt in der Konzeption seiner Oper auf Musikklischees an. Marie, die sich im Schloss zurück nach ihrem Regiment sehnt, kann mit dem steifen Gesang ihrer adeligen Mutter nichts anfangen. Gespickt mit schrägen Tönen singt sie freudlos eine langatmige Liebesarie. Pelly lässt seine Marie dazu in Offenbach’scher Manier mit mechanischen Bewegungen als Aufziehpuppe agieren (wie die Olympia in „Les Contes d’Hoffmann“). Die Anspielung veranschaulicht Maries Gefühl der Fremdheit. Sie funktioniert nur als Automat, der stumpfsinnig die Anforderungen der Mutter erfüllen muss.

Die französische Sopranistin Sabine Devieilhe macht ihrer Besetzung in der Titelrolle alle Ehre. Die Koloraturen als Regimentstochter Marie singt sie filigran und wendig. Die Spitzentöne sind brillant, und ihre Stimme dringt auch gegen ein tosendes Orchester klar bis ins letzte Eck der Oper.

Ihren Bühnenpartner Tonio mimt der kanadische Tenor John Tessier. Er muss eine große Rolle ausfüllen. Der anspruchsvolle Gesangspart gipfelt in der Bravourarie „Ah! Mes Amis“ – mit diesem Stück stellten schon Luciano Pavarotti oder Juan Diego Flórez ihre enorme Stimmkraft unter Beweis. Die Messlatte liegt dementsprechend hoch. Tessier singt gut, er trifft alle neun hohen Cs der Partitur. Nur hetzt er leider ein wenig von Ton zu Ton. Schauspielerisch ist er eine treffende Wahl für den etwas einfältigen Bauern. Er spielt mit Charme einen blonden Lederhosenträger, der für die große Liebe seine Heimat verlässt und in eine französische Soldatenuniform schlüpft.

Bassbariton Marcus Pelz ist ein wunderbar komischer Haushofmeister Hortensius. Auch Marjana Lipovšek (Mezzosopran) verkörpert die Duchesse de Crakentorp mit einer aristokratischen Komik. Die scherzhaften Vorlagen des Regiekonzepts setzt sie überzeugend auf der Bühne um. Sie singt mit viel Vibrato in der Stimme. Der Bariton Carlos Álvarez spielt einen strammen Sergeant Sulpice, der seine Ziehtochter Marie im fremden Schloss mit Erinnerungen an die vergangene Regimentszeit aufmuntert. Musikalisch führt er die Rolle gut aus. Donna Ellen (Sopran) singt die Marquise de Berkenfield ebenfalls einwandfrei. Die Bühnenpräsenz und vorzügliche Stimme von Sabine Devieilhe übertrifft an diesem Abend jedoch niemand. Hoffentlich ist sie noch häufiger in Wien zu hören!

Mirjana Plath, 15. Januar 2018, für
klassik-begeistert.de

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