Spektakuläre Hochromantik trifft auf ein etwas müdes Publikum

Foto: Lionel Bringuier (c) Paulo Dutto

Von der Qualität her haben sich Orchester und Dirigent heute Abend stattdessen durch eine Vorstellung auf ganz hohem Niveau ausgezeichnet, die Lust auf mehr macht und eine Empfehlung für zukünftige Aufführungen dieses Orchesters rechtfertigt. In dem Sinne also: Bis bald!

Kölner Philharmonie, 30. Mai 2022

Gürzenich-Orchester Köln
Lionel Bringuier, Dirigent

Stefan Dohr, Horn

Igor Strawinsky – Pogrebal’naja pesn‘ / Chant funèbre op. 5

Richard Strauss – Konzert für Horn und Orchester Nr. 2 Es-Dur TrV 283

Igor Strawinsky – Petroushka (1910-11, rev. 1946-47)

Zugabe: Olivier Messiaen – Des Canyons aux étoiles – Satz 6 „Appel interstellair“ für Horn-Solo

von Daniel Janz

Strauss und Strawinsky – zwei Komponisten, die um die Wende zum 20. Jahrhundert ihre jeweiligen Nationen prägten. Der eine, der mit seinen frühen Programmmusiken die Konzertsäle der Welt eroberte und dann erfolgreich den Sprung zur Oper schaffte. Der andere, der durch seine Ballettkompositionen früh für Aufsehen sorgte und sich dann zu einem richtigen Allrounder der Orchesterkomposition entwickelte. Zwei Giganten, die – wenn sie auf dem Programm stehen – eigentlich immer für ein sensationelles Konzerterlebnis gut sind.

Und ganz im Sinne eines atemberaubenden Konzerterlebnisses beginnt an diesem Montagabend das Gürzenich-Orchester unter dem französischen Gastdirigenten Lionel Bringuier (35). Strawinskys Chant funèbre – auch als „Grabgesang“ zu übersetzen – ist hier eine freilich selten aufgeführte Kostbarkeit. Dabei kann dieses Frühwerk des aus Russland stammenden und nach Frankreich migrierten Komponisten mit seinem düster grummelnden Einstieg bereits von der ersten Note an ergreifen. Für Kontraste sorgt es weiterhin durch flirrende Streicher und Holzfiguren, die gegen das tiefe Brummen im Bass und leise Donnern des Schlagwerks ansingen. Das sich daraus entwickelnde Thema schreitet durch alle Orchestergruppen, bis es sich schließlich in die Vollen steigert und einen hochromantischen Höhepunkt markiert. „Gaukler, Stefan Dohr, Gürzenich-Orchester Köln, Lionel Bringuier
 Kölner Philharmonie, 30. Mai 2022“
weiterlesen

"Goldener Saal": Thielemann lässt Bruckner in Vollendung erklingen

Foto: (c) Matthias Creutziger

Musikverein Wien, Goldener Saal, 31. Mai 2022

Staatskapelle Dresden
Christian Thielemann, Dirigent

Anton Bruckner
Symphonie Nr. 9 d-Moll

von Herbert Hiess

Auch am zweiten Abend bestätigt die Dresdner Staatskapelle ihren Ruf als „Wunderharfe“, wie Richard Wagner es schon treffend formulierte. Das Orchester ist in allen Instrumentengruppen schlichtweg perfekt – und mit einem solchen Dirigenten wie Christian Thielemann ist es auch kein Wunder, wenn mit so einem Orchester Sternstunden entstehen.

Bruckners neunte und letzte Symphonie wird so gerne als „unvollendet“ angesehen.  Dieses Werk (übrigens in der gleichen Tonart wie Beethovens neunte) ist genauso wenig unvollendet wie Schuberts so gerne benannte siebente Symphonie. Der Finalsatz von Bruckners letztem Werk ist in sich so geschlossen und abgeschlossen, dass von der musikalischen Logik kein anderer Satz mehr passt – genauso ist es bei Schuberts Symphonie, wo der zweite Satz so eine terminale Abgeschlossenheit hat wie eben der Schlusssatz von Bruckners Neunter. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Bruckner letztlich die Arbeiten an einem vierten Satz einstellte. Er dürfte selbst eingesehen haben, dass hier nichts mehr anderes hinpasst. „Staatskapelle Dresden, Christian Thielemann, Anton Bruckner, Symphonie Nr. 9 d-Moll
Musikverein Wien, Goldener Saal, 31. Mai 2022“
weiterlesen

Die MITTWOCH-PRESSE – 1. JUNI 2022

Festspielhaus Bayreuth. Foto: © Andreas Schmidt

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die MITTWOCH-PRESSE – 1. JUNI 2022

Bayreuth
BR-KLASSIK und 3sat präsentieren die Bayreuther Festspiele 2022
Der neue „Ring“ inszeniert wie eine Netflix-Serie?
Als langjähriger Partner der Bayreuther Festspiele überträgt der Bayerische Rundfunk auch 2022 das bundesweit größte Festival für klassische Musik im Radio, im Fernsehen und im Video-Livestream. Mit gleich zwei Premieren – der Neuproduktion „Der Ring des Nibelungen“ von Jung-Regisseur Valentin Schwarz und der Festspiel-Eröffnung „Tristan und Isolde“ – erwartet Klassikliebhaber in diesem Jahr ein absolutes Novum auf dem Grünen Hügel.
BR-Klassik.de

Hamburg
Wagners Ring des Nibelungen an einem Abend bringt die Laeiszhalle Hamburg zum Kochen
Jan Josef Liefers erzählt Loriots Geschichte vor begeistertem Publikum – und ein umjubelter Sänger empfiehlt sich für die Bayreuther Festspiele.
Von Patrik Klein
Klassik-begeistert.de

Hamburg
Hamburger Oper: Holt die Abrissbirne raus
Der Logistik-Milliardär Klaus-Michael Kühne will die Hamburger Oper abreißen lassen und eine neue bauen. Die Stadt ist nicht begeistert. Aber geschenkt würde sie das neue Opernhaus schon nehmen.
SueddeutscheZeitung.de

Der Kapellmeister demonstriert deutsche Romantik aufs Feinste
Im Rahmen einer Europatournee können auch die Wiener Musikfreunde und Thielemann-Fans an einer Lehrstunde der deutschen Romantik teilhaben. Christian Thielemann, der Kapellmeister der Sächsischen Staatskapelle Dresden, wie er sich (fast zu bescheiden!) gerne nennen lässt, ist nicht nur ein exzellenter Musiker, sondern noch dazu ein charismatischer Erzähler von Meisterwerken.
Von Herbert Hiess
http://klassik-begeistert.de/37611-2/

„Die MITTWOCH-PRESSE – 1. JUNI 2022“ weiterlesen

Frauenklang 9: Läuft die Zeit für Sängerinnen auch heute so schnell ab?

Buchbesprechung: Peter Sommeregger: „Wir Künstler sind andere Naturen. Das Leben der Sächsischen Hofopersängerin Margarethe Siems (1879-1952)“.

Ich habe aus mehreren Gründen zum Buch unseres Kollegen Peter Sommeregger gegriffen. Zuerst hat der Titel mein Interesse geweckt: „Wir Künstler sind andere Naturen.“ Zweitens, die Protagonistin – die Koloratursopranistin Margarethe Siems (1879-1952), zu derer Zeit man den Beruf einer Sängerin nicht mehr mit der Unterwelt assoziierte. Ich wollte herausfinden, wie die Sängerinnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihr Debüt erlebten und welche familiären und gesellschaftlichen Bedingungen dafür förderlich waren. Schließlich – wie schrieb man damals Kritiken von Opernaufführungen, und welche Formulierungen verwendete man. Und die wichtigste Frage im Titel dieses Beitrags: Bestimmt das Alter der Frau nach wie vor die Nachfrage nach ihrer Bühnentätigkeit?

von Jolanta Łada-Zielke

Bereits im Vorwort äußert sich der Autor kritisch zu dem aktuellen Stand der Gesangspädagogik. „Warum zum Beispiel sind heute nur wenige SängerInnen in der Lage, einen schön gebildeten Triller zu singen, wie er (…) selbst bei Wagner vorgesehen ist?“, überlegt Peter Sommeregger. Dieses Buch kann sowohl für Gesangslehrer als auch für Gesangsstudenten eine faszinierende Lektüre sein. Man findet dort eine Beschreibung der von Manuel García entwickelten Gesangstechnik; er empfiehlt nämlich beim Singen eine bestimmte Körperhaltung, mit Füßen in der „zweiten Tanzposition“. Die Biografie von Margarethe Siems enthält ein gutes Stück der Entwicklungsgeschichte deutschen Gesangs. Einige aus dem Privatarchiv des Autors stammende Fotos ergänzen den Inhalt. „Frauenklang 9: Läuft die Zeit für Sängerinnen auch heute so schnell ab?
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Jugend, Schönheit und Brillanz: Klaus Mäkelä erntet Jubelstürme in der Elphi

Foto: Klaus Mäkelä © Daniel Dittus

Elbphilharmonie, 30. Mai 2022

Oslo Philharmonic
Klaus Mäkelä, Dirigent

Jean Sibelius
Sinfonie Nr. 1 e-Moll op. 39

– Pause –

Jean Sibelius
Sinfonie Nr. 6 d-Moll op. 104
Sinfonie Nr. 7 C-Dur op. 105

Zugabe:

Jean Sibelius
Valse triste / aus der Schauspielmusik zu »Kuolema« op. 44

von Harald Nicolas Stazol

Ich muss bei aller Begeisterung anmerken, dass mir niemand auf allen social-media-Kanälen so sehr aufgedrängt wurde wie dieser geniale Jungstar, der scheinbar alles hat: Jugend, Schönheit und Brillanz, gefundenes mediales Fressen von Print und online, von Facebook zu Instagram – nur, weil ich ihn wohl einmal gegoogelt habe. Umjubelt, bestürmt, wunderkindert er nun also vor sich hin.

Wenn sich das erfahrene Oslo Philharmonic diesem nun wirklich sehr jungen Mann hingibt – der nun zugegebenermaßen zu Bewegungen fähig ist, die ich zuletzt in meiner Studi-WG konnte, wenn ich mein Rennrad 5 Stockwerke hochtrug – (man ist ja nun wirklich gesetztere Herren und Damen am Pult gewohnt), dann wird es gute Gründe haben, die nicht nur Marketing sein werden – aber wie dieser Jüngling unter den Dirigenten sich hin- und herwirft, als gäbe es keine Bandscheiben, ist schon bewundernswert! „Oslo Philharmonic Klaus Mäkelä,Jean Sibelius
Elbphilharmonie, 30. Mai 2022“
weiterlesen

Volksoper Wien: „Der Tod in Venedig“ bietet den Höhepunkt dieser Saison

Fotos: Rainer Trost als Gustav von Aschenbach, © Barbara Pálffy

Wiener Volksoper, 28. Mai 2022

Benjamin Britten: Der Tod in Venedig, Oper in zwei Akten, Libretto von Myfanwy Piper nach der gleichnamigen Novelle von Thomas Mann

Orchester, Chor, Komparserie und Kinderkomparserie der Volksoper Wien
Wiener Staatsballett
Ballettakademie der Wiener Staatsoper
Gerrit Prießnitz, Dirigent

„Beobachtungen und Begegnisse eines Einsam-Stummen sind eindringlicher als die des Geselligen, seine Gedanken schwerer, wunderlicher und nie ohne einen Anflug von Traurigkeit. Bilder und Wahrnehmungen, die mit einem Blick, einem Lachen,  einem Urteilsaustausch leichthin abzutun wären, beschäftigen über Gebühr, vertiefen sich, werden bedeutsam.“ Diese Sätze aus der gleichnamigen Novelle von Thomas Mann wollen wir als Einführung an den Beginn unsres Berichts stellen.

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Eignet sich zur Dramatisierung seiner erzählenden Dichtung mehr die Gattung Film oder ein musikalisches Bühnenwerk?  Zuerst nahm sich Luchino Visconti für  „die siebte Kunst“ des Werks von Thomas Mann an. Fundament ist hier ebenfalls symphonische Musik, aber nach den Gesetzen eines guten Filmdramas sind die Dialoge knapper gehalten, Gestik und Mimik in Naheinstellungen und Großaufnahmen treten mehr hervor, während die Bühne bis in die jüngere Zeit ohne Videotechnik nur die Totale kannte. Bezüglich der rein choreografischen Gestaltung durch John Neumeier an der Staatsoper Hamburg verweisen wir auf die Berichte von Dr. Ralf Wegner.

Der um die Jahrtausendwende in der Wiener Staatsoper besonders als Mozarttenor bekannt gewordene Rainer Trost als Gustav von Aschenbach lässt die oben gestellte Frage nicht mehr wichtig erscheinen. Seine Gedanken in Monologform werden teils im Sprechgesang mit musikalischer Steigerung auch schauspielerisch grandios dargestellt. Ziemlich zurückhaltend die orchestrale Begleitung. Der Tenor wird oft nur vom Klavier begleitet oder besser es setzt in den Gesangspausen Interpunktionen. Zu den Rezitativen werden gleichsam Ruf- und Fragezeichen, abschließende Punkte und zusammenfassende oder schlussfolgernde Doppelpunkte gesetzt. „Benjamin Britten: Der Tod in Venedig, Oper in zwei Akten
Wiener Volksoper, 28. Mai 2022“
weiterlesen

Die DIENSTAG-PRESSE – 31. MAI 2022

Foto: Mitsuko Uchida © Justin Pumfrey (Ausschnitt)

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die DIENSTAG-PRESSE – 31. MAI 2022

Wien/Musikverein
Souveränes Heimspiel
Mitsuko Uchida begeisterte im Musikverein.
WienerZeitung.at

Musikverein: Mitsuko Uchidas zarter Mozart
Pianistin Mitsuko Uchida mit Mozart, Schumann und Kurtág im Musikverein
DerStandard.at.story

Salzburg
Was tun mit dem Barbier?
„Nein, oberflächlich ist eine Komödie nicht“, sagt Rolando Villazón. Er inszeniert Rossinis Il barbiere di Siviglia für die Pfingstfestspiele. Die musikalische Leitung hat Gianluca Capuano. „Die Komödie zeigt die Extreme aller Probleme des Menschen. Der Clown verliert immer.“
DrehpunktKultur.at

CD
Schöne Schestern singen im Duett
Die neue CD „Brahms, Duets and Romances“
Klassik-begeistert.de

„Die DIENSTAG-PRESSE – 31. MAI 2022“ weiterlesen

Der Kapellmeister demonstriert deutsche Romantik aufs Feinste

Foto: Christian Thielemann. © Matthias Creutziger  

Musikverein Wien, Goldener Saal, 30. Mai 2022

Sächsische Staatskapelle Dresden
Christian Thielemann

Felix Mendelssohn-Bartholdy: Symphonie Nr. 3 in a-moll op. 56 “Schottische”

Alexander Zemlinsky: Lyrische Symphonie für Sopran, Bariton und Orchester op. 18

Julia Kleiter, Sopran
Adrian Eröd, Bariton

von Herbert Hiess

Im Rahmen einer Europatournee können auch die Wiener Musikfreunde und Thielemann-Fans an einer Lehrstunde der deutschen Romantik teilhaben. Christian Thielemann, der Kapellmeister der Sächsischen Staatskapelle Dresden, wie er sich (fast zu bescheiden!) gerne nennen lässt, ist nicht nur ein exzellenter Musiker, sondern noch dazu ein charismatischer Erzähler von Meisterwerken.

Es ist gerade mal eine Woche her, wo sich der juvenile Dirigent Klaus Mäkelä im Wiener Konzerthaus bei einer Gesamtwiedergabe aller Symphonien Jean Sibelius präsentierte (https://klassik-begeistert.de/oslo-philharmonic-klaus-maekelae-dirigent-wiener-konzerthaus-grosser-saal-22-mai-2022/). Hier hatte der junge Mann zwar jede Menge Vorschusslorbeeren kassiert, die er absolut nicht einhalten konnte. Gerade Thielemann hat hier aktuell im Wiener Musikverein bewiesen, was eine Interpretation ist und wie man musikalische Ideen in Klänge umsetzen kann.

Das Programm der Tournee umfasst zwei Konzerte; eben dieses mit Werken Mendelssohns und Zemlinskys und dann Bruckners letzte ultimative Symphonie im anderen Konzert. „Sächsische Staatskapelle Dresden, Christian Thielemann
Musikverein Wien, Goldener Saal, 30. Mai 2022“
weiterlesen

Sinnlicher Jazz, hohe Virtuosität und ein Abgesang auf die Walzerseligkeit: keine Angst vor Musik des 20. Jahrhunderts!

Foto: © Robbie Lawrence

Igor Levit und das Orchestre de Paris unter Manfred Honeck begeistern im Konzerthaus Dortmund: Starke Aufführung, keine Spur von Tourneemüdigkeit auf der vorletzten Station der Konzertreise durch Deutschland und Belgien

 

Konzerthaus Dortmund, 29. Mai 2022

Maurice Ravel (1875-1937) – La valse, Poème choréographique (1920)

George Gershwin (1898-1937) – Konzert für Klavier und Orchester F-Dur (1925)

Béla Bartók (1881-1945) – Konzert für Orchester Sz 116 (1943)

Igor Levit, Klavier
Orchestre de Paris
Manfred Honeck, Dirigent

von Brian Cooper

Es ist eine sehr spannende Idee, die Musik von Maurice Ravel und jene von George Gershwin in einem Konzertprogramm zu koppeln. Warum eigentlich nicht öfter? Die beiden Komponisten kannten sich, sind einander im Jahre 1928 begegnet, und es kursiert sogar eine Anekdote, nach der Gershwin bei Ravel Unterricht nehmen wollte. Ravel soll Gershwin daraufhin gefragt haben, warum er denn ein zweitklassiger Ravel werden wolle, wo er doch schon ein erstklassiger Gershwin sei.

Belegt ist, dass beide Komponisten einander sehr schätzten, und in Ravels G-Dur-Konzert finden sich mehr als nur ein paar Anklänge an den Jazz, in dem Gershwin ja so verwurzelt war. „Igor Levit, Klavier Orchestre de Paris
Konzerthaus Dortmund, 29. Mai 2022“
weiterlesen

Schweitzers Klassikwelt 63:„Arabella“ – die letzte gemeinsame Arbeit

Foto: Dichter und Tondichter in Rodaun 1912 aus „Richard Strauss Hugo von Hofmannsthal Briefwechsel“

Hugo versus Richard, der vierte Teil

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Der Erste Weltkrieg ist jetzt bereits neun Jahre vorbei und Hugo von Hofmannsthal kramt in seinen Notizen. „In ihm“ ist ein Szenarium für eine leichte Oper, im Stil des „Rosenkavalier“, aber noch leichter, noch französischer – noch ferner von Wagner. In einer Art Exaltation teilt der Dichter dem Komponisten mit, dass ihm die Figuren der neuen Musikkomödie zudringlich vor der Nase herumtanzen. Er glaubt sogar, dass die Komödie besser als der „Rosenkavalier“ wird. Sie soll dieser Oper, die er auch als Operette (!) sehen kann,  Konkurrenz machen.

Zwei Mädchen (Soprane) können herrliche Rollen werden. Hofmannsthal fühlt sich bemüßigt diese später einmaligen Geschöpfe mit Carmen und Micaëla zu vergleichen, eine sehr glanzvoll, eine mehr sanft und demütig, wie damals das Bauermädchen noch gesehen wurde. Als Liebhaber kämpfen ein Tenorino und ein Bariton. Letzterer kommt aus einer für Wien halbfremden Welt (Kroatien). Der Dichter denkt an Schaljapin. Auf keinen Fall darf die Rolle ein Sänger singen, der als Ochs bekannt ist, damit diese Figur nicht als Kopie des Ochs empfunden wird. Nebenbei bemerkt scheinen die Grenzen zwischen Bass und Bariton bei den beiden Autoren zu verwischen, was uns zu Beginn unsrer Opernerfahrungen auch sonst allgemein zu schaffen machte. „Schweitzers Klassikwelt 63: „Arabella“
klassik-begeistert.de“
weiterlesen