„L’amore dei tre re“ von Italo Montemezzi in Lübeck: Grenzenlose Verzauberung

Foto: © TL / Olaf Malzahn

Theater Lübeck, 13. Mai 2022

Die Liebe der drei Könige  – „L’amore dei tre re“
Oper von Italo Montemezzi

Philharmonisches Orchester der Hansestadt Lübeck
Chor des Theaters Lübeck

Stefan Vladar Dirigent

Effi Méndez  Inszenierung

von Dr. Andreas Ströbl

„Warum wird dieses Juwel so selten aufgeführt?“ – In Gesprächen vor dem Lübecker Theater nach der bejubelten Premiere von Montemezzis „Die Liebe der drei Könige“ mischte sich Begeisterung über die bravourös geglückte Umsetzung einer opulenten Oper mit völligem Unverständnis einer so mageren Rezeption.

Tatsächlich war der 1913 komponierte Dreiakter ein echtes Kriegsopfer, zumindest was die europäischen Spielpläne betrifft. In den USA feierte die Oper echte Erfolge, die Kritiker überschlugen sich in Superlativen. Aber bis auf, im Vergleich mit den Beispielen der sogenannten „großen“ Opernliteratur, wenige Ausnahmen war dieses Meisterwerk des „decadentismo“ in den vergangenen 100 Jahren kaum zur Aufführung gekommen. Auch die Zahl nennenswerter Einspielungen ist überschaubar; die Aufnahme mit Anna Moffo, Plácido Domingo, Pablo Elvira und Cesare Siepi (Leitung: Nello Santi) sticht dabei heraus.

Foto: © TL / Olaf Malzahn

Auch in so vielbeachteten Publikationen wie von Alex Ross (The Rest is Noise – Das 20. Jahrhundert hören, München 2009) und Bernd Feuchtner (Die Oper des 20. Jahrhunderts in 100 Meisterwerken, Hofheim 2020), die mit Detailkenntnis und Hinweise auf vergessene Kompositionen aufwarten, sucht man Werk und Schöpfer vergebens. Um so glücklicher dürfen sich also erneut die Lübecker schätzen, deren innovatives und experimentierfreudiges Theater diesen wahren Schatz gehoben und entsprechend inszenatorisch umgesetzt hat. „„L’amore dei tre re“, Oper von Italo Montemezzi
Theater Lübeck, 13. Mai 2022“
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Die SONNTAG-PRESSE – 15. MAI 2022

Festkonzert, Elbphilharmonie, Hamburg: (c) Daniel Dittus

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die SONNTAG-PRESSE – 15. MAI 2022

Hamburg
Kommentar: Runter von der Couch!
Die Kultur in Hamburg ist wieder da: Konzerte, Theater und Museen. Das öffentliche Leben brummt. Das Ganze auch meistens ohne Maske. Nur das Publikum zögert noch. Warum eigentlich?
ndr.de.hamburg

Interview Teil 1
Georg Zeppenfeld: „Hans Sachs steht mir näher als Wotan“
Die Salzburger und Bayreuther Festspielgäste bewundern Georg Zeppenfeld nicht nur für seine schöne, tiefe Bassstimme, sondern auch für seine großartige Diktion. Seit Ende April 2022 erlebt ihn das Publikum der Staatsoper Hamburg als Landgraf Hermann in der neuen Tannhäuser-Inszenierung von Kornél Mundruczó und unter der Leitung von Kent Nagano.
Von Jolanta Lada-Zielke
Klassik-begeistert.de

Interview Zeppenfeld Teil 2
Georg Zeppenfeld: „Ich halte mich nicht für einen reinen Wagner-Sänger“
Wir haben uns in der Staatsoper Hamburg unterhalten, wo sich Georg Zeppenfeld gerade in der Rolle des Landgrafen Hermann in der neuen Tannhäuser-Inszenierung von Kornél Mundruczó hervorgetan hat.
Von Jolanta Lada-Zielke
klassik-begeistert.de

Hamburg/Elbphilharmonie
Klangkultur in Reinform: Das BRSO ist in bestechender Form, und von der Solistin möchten wir bitte noch lange und sehr viel hören
Beatrice Rana und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Yannick Nézet-Séguin mit zwei großen Abenden in Hamburg und Frankfurt
Klassik-begeistert.de

Frankfurt
Yannick Nézet-Séguin mit Public Viewing in der Alten Oper Frankfurt: Der Held an sich
Frankfurter Rundschau

Inspiration populaire: Diese CD ist ein echtes musikalisches Vergnügen!
Die so unterschiedlichen Stücke werden von den beiden Musikerinnen mit großer Virtuosität und Stilsicherheit vorgetragen.
Von Peter Sommeregger
Klassik-begeistert.de

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John Neumeiers Ensemble fesselt von der ersten bis zur letzten Minute

Bei der heutigen Vorstellung wurde gefilmt (französische Produktionsfirma Telmondis für Mezzo TV  und der japa­nischen Rundfunkanstalt NHK). John Neumeier trat zu Beginn vor den Vorhang und bat um Ruhe während der gesamten Aufführung. Da der Ton mitgeschnitten würde, möge man zudem von Zwischenbeifall absehen und auch nicht seiner Verwunderung ob des sehr langen Tisches am Anfang des zweiten Aktes Ausdruck geben. Bei der Veran­staltung vor einer Woche hatte es deswegen Gelächter ge­­geben. Neumeier meinte, eine (durchaus sinnfällige) Asso­ziation mit dem weltbekannten Tisch (aus dem Kreml) sei nicht beabsichtigt.

Foto: Das Anna-Karenina-Ensemble (Aufnahme vom 06. Mai 2022, RW)

Staatsoper Hamburg, 13. Mai 2022

Anna Karenina
Ballett von John Neumeier, inspiriert von Leo Tolstoi

von Dr. Ralf Wegner

Während der Aufführung vor einer Woche kollabierte offenbar je­mand im Parkett in der Mitte der zweiten Reihe. Nach ei­niger Unruhe ließ der Dirigent nicht weiter spielen; Anna Laudere, gerade die Entbindungsszene hinter sich, verharr­te, regungslos ins Publikum schauend, auf ihrem Kreiß­saalbett. Es dauerte eine Weile, bis sich Fachpersonal zur erkrankten Person durch die Reihe quetschte und noch länger, bis das Publikum dieselbige verließ und den weiteren Helfern Platz machte. Am Ende gab es noch zwei kleine technische Pannen, zum einen entgleiste der Spielzeugzug nicht richtig, denn er spuckte keine Blitze, sondern blieb einfach stehen. Als Anna Laudere sich zeitgleich nie­derwarf, versank sie nicht wie sonst sofort in der Unter­bühne, sonder verblieb noch eine zeitlang regunsglos auf der schmalen Hebevorrichtung liegen.

Wir saßen während jener Aufführung in der 16. Reihe. Drei Reihen vor uns filmte eine Dame mit ihrem Handy fast un­unterbrochen die ersten Szenen. Infolge der Blendung durch das hochgehaltene helle Display wurde die Konzen­tration auf das Bühnengeschehen deut­lich beeinträchtigt. Aber niemand der Umsitzenden beschwerte sich. Schließ­lich rief ich leise nach vorn, man möge vorn das Handy ausschalten. Die Dame folgte dem Rat und drängelte sich 5 Minuten später durch die Zuschauerreihe und begab sich zum Ausgang.

NEUMEIERS BALLETT ANNA KARENINA WURDE VERFILMT

Bei der heutigen Vorstellung wurde gefilmt (französische Produktionsfirma Telmondis für Mezzo TV  und der japa­nischen Rundfunkanstalt NHK). John Neumeier trat zu Beginn vor den Vorhang und bat um Ruhe während der gesamten Aufführung. Da der Ton mitgeschnitten würde, möge man zudem von Zwischenbeifall absehen und auch nicht seiner Verwunderung ob des sehr langen Tisches am Anfang des zweiten Aktes Ausdruck geben. Bei der Veran­staltung vor einer Woche hatte es deswegen Gelächter ge­­geben. Neumeier meinte, eine (durchaus sinnfällige) Asso­ziation mit dem weltbekannten Tisch (aus dem Kreml) sei nicht beabsichtigt. „Ballett von John Neumeier, inspiriert von Leo Tolstoi, Anna Karenina
Staatsoper Hamburg, 13. Mai 2022“
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Elena Margolina brilliert mit Schuberts Klaviersonaten

Der sehr persönliche Stil, der Schuberts Klavierwerke auszeichnet, findet in Margolinas sensibler Umsetzung seine Entsprechung.

CD-Rezension:

Franz Schubert
Klaviersonaten D 850, D 958

Elena Margolina

Ars 38 331

 von Peter Sommeregger

Diese Neueinspielung zweier Klaviersonaten Franz Schuberts setzt ein langfristiges Projekt fort, in dessen Rahmen die aus Russland stammende Pianistin Elena Margolina nach Möglichkeit sämtliche Sonaten des Wiener Komponisten für CDs aufnehmen will. Mehrere Einspielungen sind in den letzten Jahren bereits erschienen, auf der aktuellen CD interpretiert Margolina die Sonaten D 850 und D 958.

Die frühere der beiden Sonaten, in D-Dur, entstanden während eines Sommeraufenthaltes Schuberts im Kurort Bad Gastein 1825, ist schon durch ihre Länge von nahezu 45 Minuten  in die Gattung „grande sonate“ einzuordnen. Vom temperamentvollen Beginn bis zum eher heiteren Rondo-Finale schöpft der Komponist hier das ganze Spektrum seiner künstlerischen Fähigkeiten aus und sorgt für einen ungemein abwechslungsreichen Ablauf. „CD-Rezension: Franz Schubert Klaviersonaten D 850, D 958
klassik-begeistert.de“
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Die SAMSTAG-PRESSE – 14. MAI 2022

Foto: From Wikimedia Commons, the free media repository

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die SAMSTAG-PRESSE – 14. MAI 2022

Gefeierte Opernsängerin Teresa Berganza 89-jährig gestorben
Sie war eine prägende Erscheinung insbesondere bei Rossini.
Kurier.at

Spanische Opernsängerin Teresa Berganza mit 89 Jahren gestorben
Die „Mezzosopranistin des Jahrhunderts“ erhielt 1991 den Prinz-von-Asturien-Preis. Ihr Karriere-Ende war bereits im Jahr 2008
DerStandard.at

Teresa Berganza im Alter von 89 Jahren gestorben
Die Spanierin wurde gefeiert als „die Mezzosopran des Jahrhunderts“.
WienerZeitung.at

Jubiläum
Zum 175. Todestag Fanny Hensel – die stille Kämpferin
https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/150-todestag-fanny-hensel-100.html

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Inspiration populaire: Diese CD ist ein echtes musikalisches Vergnügen!

Die so unterschiedlichen Stücke werden von den beiden Musikerinnen mit großer Virtuosität und Stilsicherheit vorgetragen.

CD-Rezension:

Inspiration populaire

Estelle Revaz
Anaïs Crestin

Solo Musica SM 390

von Peter Sommeregger

Der Titel dieses Albums trifft exakt den Punkt: wir erleben Kompositionen von fünf Komponisten verschiedener Nationalität, die durch Volksmusik ihres Landes und Kulturkreises zu eigenen Werken inspiriert wurden.

Als Interpretinnen erleben wir die Schweizer Cellistin Estelle Revaz, die sich in den Jahren der Pandemie als streitbare Kämpferin für die Wahrnehmung der Probleme von Künstlern in dieser Zeit betätigt hat. Anaïs Crestin ist Französin, lebt aber seit 2007 in Argentinien, wo sie als Pianistin sehr gefragt ist. Während des Lockdowns war es für die beiden Musikerinnen schwierig, ihre Zusammenarbeit fortzusetzen, aber schließlich gelangen im Frühjahr 2021 die hier nun veröffentlichten Aufnahmen.

„CD-Rezension: Inspiration populaire, Estelle Revaz, Anaïs Crestin
klassik-begistert.de 13. Mai 2022“
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Klangkultur in Reinform: Das BRSO ist in bestechender Form, und von der Solistin möchten wir bitte noch lange und sehr viel hören

Foto: Nikolaifleet in Hamburg an der Deichstraße mit Elbphilharmonie im Hintergrund

Beatrice Rana und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Yannick Nézet-Séguin mit zwei großen Abenden in Hamburg und Frankfurt

Elbphilharmonie, Hamburg, 11. Mai 2022

Hans Abrahamsen (*1952) – Vers le silence (2021)

Clara Schumann (1819-1896) – Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 7 (1833-1835)

Johannes Brahms (1833-1897) – Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90 (1883)

Beatrice Rana, Klavier

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Yannick Nézet-Séguin, Dirigent

Alte Oper, Frankfurt, 12. Mai 2022

Robert Schumann (1810-1856) – Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54 (1841; 1845)

Richard Strauss (1864-1949) – Ein Heldenleben op. 40. Tondichtung für großes Orchester (1897/98)

Beatrice Rana, Klavier

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Yannick Nézet-Séguin, Dirigent

von Brian Cooper, Text und Fotos

Der Eine oder die Andere hatte ja geunkt, es werde auf Jahre hinaus keine Stücke in großer Besetzung auf der Bühne zu erleben geben, von (logistisch schon in normalen Zeiten anspruchsvollen) Orchestertourneen ganz zu schweigen. Und so ist es im Jahr Drei der Pandemie – denn das ist sie laut WHO noch immer, auch wenn die Masken zunehmend auch in geschlossenen Räumen fallen – schon ein mittleres Wunder, dass wir inzwischen wieder die bedeutenden Orchester auf ihren Reisen ein Stück des Weges begleiten dürfen.

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks / Beatrice Rana / Yannick Nézet-Séguin, © Daniel Dittus

So in diesem Fall geschehen am 11. Mai in der Elbphilharmonie und tags darauf in der Frankfurter Alten Oper. Es spielte jeweils das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit Beatrice Rana als Solistin und unter seinem Gastdirigenten Yannick Nézet-Séguin, der sich in Europa etwas rarer macht als noch vor einigen Jahren, da er als Chef gleich dreier Orchester auf dem nordamerikanischen Kontinent alle Hände voll zu tun hat. „BRSO, Yannick Nézet-Séguin, Dirigent
Elbphilharmonie, 11.Mai 2022, Alte Oper, Frankfurt, 12. Mai 2022“
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Die Akademie des NDR Elbphilharmonie Orchesters Hamburg feiert Jubiläum

Lucie Krysatis und Jens Plücker beim Interview mit klassik-begeistert;
Foto Patrik Klein ©

2012 bis 2022: 10 Jahre erfolgreiche Vorbereitung für junge NachwuchsmusikerInnen

Zwölf StipendiatInnen werden jährlich auf die späteren Anforderungen des künftigen Berufslebens als OrchestermusikerInnen vorbereitet.

Der heutige Vorstand der Akademie Christoph Rocholl, selbst erfahrener Cellist beim NDR Elbphilharmonie Orchester, definiert die Ziele der Akademie: „Wir möchten jungen Musikern wertvolle Anregungen für die engagierte Auseinandersetzung mit ihrem Instrument geben und ihnen das Erlebnis ermöglichen, auf höchstem Niveau zu musizieren.“

Den gerade von den Musikhochschulen kommenden jungen MusikerInnen werden MentorInnen aus dem Orchester zugeordnet, die sie auf ihrem Weg zur weiteren Berufswahl begleiten. Den jungen KünstlerInnen wird die Möglichkeit gegeben, sich individuell weiterzuentwickeln, bei Konzerten auf dem Podium der Elbphilharmonie dabei zu sein, eigene Kammerkonzerte zusammen mit erfahrenen MusikerInnen aufzuführen und in dem  von der Akademie mit gegründeten NDR Jugendorchester mitzuspielen.

Der Intendant des NDR und zugleich Ehrenvorsitzender der Akademie des NDR Elbphilharmonie Orchesters Joachim Knuth:

„Die Akademie des NDR Elbphilharmonie Orchesters bedeutet Verantwortung und Chance zugleich. Als Mentoren geben die Musikerinnen und Musiker ihr wertvolles Wissen ehrenamtlich an den Nachwuchs weiter. Die jungen Talente haben die Möglichkeit, wie die Profis zu arbeiten und Erfahrungen für ihren weiteren künstlerischen Weg zu sammeln. Die besondere Klangkultur des NDR Elbphilharmonie Orchesters wird durch dieses intensive Engagement von der nächsten Generation weitergetragen.“

Die Akademie feiert in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum und geht dazu auch mit einer überregionalen Medienkommunikation an die Öffentlichkeit.

„Klassik-begeistert“, häufiger Gast in der Elbphilharmonie Hamburg, begleitet eine Akademistin und ihren Mentoren bei einer Probe für ein Konzert.

Interview mit der Stipendiatin Lucie Krysatis (Horn) und dem Geschäftsführer der Akademie und ersten Hornisten des NDR Elbphilharmonie Orchesters Hamburg Jens Plücker im Rahmen einer gemeinsamen Probe der konzertanten Oper „Rusalka“ von Antonín Dvořák in der Elbphilharmonie Hamburg

Klassik-begeistert: Liebe Frau Krysatis, Sie spielen Horn und proben hier heute zusammen mit einem großen, berühmten Orchester mit dem weltbekannten Dirigenten Alan Gilbert und einer Riege namhafter internationaler Sängerinnen und Sänger. Wie geht es Ihnen damit? Wie aufregend ist das für Sie?

Lucie Krysatis: Das ist sicherlich für mich immer noch etwas aufregend, aber wenn ich mich jetzt an meine Anfangszeit im Herbst vor einem Jahr erinnere, dann ist das doch nicht mehr vergleichbar. Man gewöhnt sich schon daran, an einem großen Haus und in einem großen Orchester zu arbeiten. Mittlerweile kann ich sagen, dass ich nicht mehr so aufgeregt bin. Seit August 2021 bin ich nun bei der Akademie, habe mein Studium seither ruhen lassen und habe bereits eine gewisse Routine bekommen. „Interview NDR Akademie, Lucie Krysatis und Jens Plücker
Klassik“
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Beethoven in der "Musikhalle Hamburg": Jeder Mensch hat nur dieses eine Leben

Ich höre marschierende Freiwillige, die für ihre Freiheit, Unabhängigkeit kämpfen, wie heute wieder in Europa. Muss das „große“ Menschsein wieder mit Blutvergießen und Tod von Individuen erkämpft  werden? Jeder Mensch hat nur dieses eine Leben.

Laeiszhalle, Hamburg, 10. Mai 2022

Ludwig van Beethoven – Missa Solemnis

Johanna Doderer – Pinus (Erstaufführung)

Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg, Foto ©

Berliner Symphoniker

Hansjörg Albrecht, Dirigent

Sopran: Valentina Farcas
Mezzosopran: Laila Salome Fischer
Tenor: Jussi Myllys
Bass: Tareq Nazmi

von Elżbieta Rydz

An diesem Abend werden in Beethovens Missa Solemnis unverkennbar die Merkmale seines eigenen leidenschaftlichen Ausdruckswillens hörbar. Groß in der Geste, elementar und monumental zugleich, entwickelt sich ein flammendes Pathos.

Als junger rheinischer Rebell nach  Wien zugezogen, mit dem Freimut eines Jakobiners verkehrte Beethoven in den Salons seiner aristokratischen Freunde als Gleicher unter Gleichen. Was für ein Unterschied zur Ärmlichkeit des elterlichen Hauses, wo der trinkende Vater der Mutter Beethovens und seinen sechs Geschwistern viel zu viel Kummer bereitete.

In Beethovens Schaffen entwickelte sich die Musik immer bewusster zur gesellschaftlichen Funktion, die Sinfonie zum Appell und der Konzertsaal zum Tribunal. Er selbst schrieb 24-jährig an den befreundeten Verleger Simrock: „Wer würde in unseren demokratischen Zeiten noch so eine Sprache annehmen.“

Die Missa ist die Krönung im Ringen um neue gewaltige Inhalte, um die gültige Gestaltung großer an die Menschheit appellierender Ideen, auch um neue Schreibweise und Schaffensmethoden. So bildet die stark vergrößerte, bereicherte und dramatisierte Gestalt der Missa den krönenden Abschluss in Beethovens Leben.

Versteht man Beethoven als Ideenmusiker, Dichter und Denker in Tönen, der Themen und Motive immer wieder neu formuliert, so entwickelt sich die persönliche Empfindung an diesem Abend zum Tongemälde, in dem seine Idee vom Landleben, vom Verhältnis des Menschen zur Natur, der Idee vom Kampf  mit dem Schicksal, der Idee von allgemeiner Freude und Menschenverbrüderung hörbar werden. Um es mit Beethovens Worten auszudrücken: „So höre und sehe ich das Bild in seiner ganzen Ausdehnung.“

Direkt nach dem Kyrie setzen der Chor und das Orchester zum Gloria an: in atemberaubendem Tempo, immerwährend und weiterziehend, schon fast zu dominierend die Berliner Symphoniker, der souveräne Chor lässt sich nicht aus dem Konzept bringen.

Mutig die Einbindung der „Pinus“-Uraufführung der Wienerin Johanna Doderer nach dem Gloria. Wachstum, Bewegung, pulsierendes Leben, der Prozess der Menschwerdung, friedliche Klanggemälde in einleuchtenden Harmonien. Für mich ist das Scherzo-Pinus, im Auftrag des Dirigenten Hansjörg Albrecht geschrieben (das gesamte Orchesterstück „The Trees“: forest, pinus, the crown, light) auch unverkennbar eine Parallele zu Beethovens unruhigen politisch revolutionären Zeiten. Ich höre marschierende Freiwillige, die für ihre Freiheit, Unabhängigkeit kämpfen, wie heute wieder in Europa. Muss das „große“ Menschsein wieder mit Blutvergießen und Tod von Individuen erkämpft  werden?

Jeder Mensch hat nur dieses eine Leben.

Ich bin gespannt und freue mich sehr darauf, das gesamte Stück „The Trees“ künftig zu hören.

Wenn ich einen Wunsch für meine Begeisterung offen hätte: Die Solisten sind in jeder einzelnen Stimme und Partie sehr gut, dennoch entsteht an diesem Abend nicht die gewünschte Struktur in den Passagen. Die Sopranistin Valentina Farcas nimmt die schwierigsten Intervallsprünge scheinbar mühelos, die hohen Einstiegstöne sind sicher, kristallklar und selbstbewusst platziert, eine Verbundenheit zwischen Kopf und Bruststimme scheint ihr wie ihre Bühnenpräsenz in die Wiege gelegt worden zu sein.

Nichtsdestotrotz – es mag an der brillant platzierten Sopranistin oder an meinem Sitzplatz liegen:  durch das sehr starke Vibrato werden die anderen Solostimmen übertönt. In solchen Fällen denke ich mit einem verschmitzten Lächeln und ganz unprätentiös: Die alte Laeiszhalle ist schon durchaus eine Diva.

Elżbieta Rydz, 12. Mai 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Ludwig van Beethoven, Missa Solemnis, Großer Saal der Laeiszhalle Hamburg, 10. Mai 2022

Ludwig van Beethoven, Missa Solemnis, Großer Saal der Laeiszhalle Hamburg, 10. Mai 2022

 

Georg Zeppenfeld: „Ich halte mich nicht für einen reinen Wagner-Sänger“

Foto: © Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath

Exklusiv-Interview mit dem Bass  Georg Zeppenfeld – Teil 2

von Jolanta Łada-Zielke

Wir haben uns in der Staatsoper Hamburg unterhalten, wo sich Georg Zeppenfeld gerade in der Rolle des Landgrafen Hermann in der neuen Tannhäuser-Inszenierung von Kornél Mundruczó hervorgetan hat. Der Bassist hat bereits so viele Wagner-Rollen gesungen, dass man ihn fast ausschließlich mit diesem Komponisten verbindet. Obwohl ich Wagner selbst liebe, wollte ich wissen, ob eine solche Assoziierung für einen Sänger nicht einschränkend sei.

klassik-begeistert: Herr Zeppenfeld, Sie haben schon viele Wagner-Rollen gesungen (Fasolt, Landgraf Herrmann, König Marke, König Heinrich, Hunding, Veit Pogner, Hans Sachs, Daland und Gurnemanz) und man bezeichnet Sie bereits als „Wagner-Sänger“. Haben Sie keine Angst davor, dass man Sie in eine solche „Schublade“ stecken würde?

Georg Zeppenfeld: Diese Sorge habe ich durchaus. Deshalb wehre ich mich gegen diese Bezeichnung. Ich weiß auch nicht, was man heute unter „Wagner-Sänger“ verstehen soll. Vor dreißig Jahren hat man im Wagner-Repertoire andere Stimmen als meine erwartet. Wie gesagt, meine ist
a priori lyrisch. Ich arbeite mehr mit Farben und Linien, mit einer gewissen Geschmeidigkeit und stimmlichen Eleganz, die ich nicht verlieren möchte. Für Wagner-Gesang ist das alles sehr angebracht und ich sehe in den Partituren, dass man es einfach braucht. Vor einigen Jahrzehnten benötigte man für Wagners Werke eine große, stämmige Stimme, um jedes Orchestergetöse übertönen zu können. Die wichtigste Voraussetzung der Bassstimmen war auch eine gewisse „Schwärze“. Ich habe schon gute 25 Jahre auf der Bühne verbracht und bin mir sicher, dass ich davon genügend mitbringe, um dieses Repertoire gut singen zu können. Das ist aber für mich nicht alles und reicht mir nicht aus. Deswegen würde ich unter Wagner-Sänger einen solchen verstehen, der vieles anderes dafür aufgegeben hat, was ich nicht aufgeben möchte. Die Farbigkeit ist mir viel wichtiger und ich bin sehr froh, dass man sie heute beim Wagner-Gesang akzeptiert und sogar verlangt. Daher haben sich die Zeiten und die Ansichten der Dirigenten geändert. Für mich ist ein solches Berufsleben interessanter, in dem man sich nicht auf 2-3 Komponisten konzentriert, sondern ein breites Repertoire abbilden kann. Solange ich singen kann, möchte ich eine Gelegenheit dazu haben. Deshalb halte ich mich nicht für einen reinen Wagner-Sänger. „Exklusiv-Interview Georg Zeppenfeld
Klassik-begeistert.de“
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