Die Kulturjournalistin und Klassik-begeistert-Autorin Kirsten Liese, Berlin, hat die Jahrhundertsängerin Christa Ludwig anlässlich ihres 90. Geburtstages am 16. März 2018 interviewt. Wir bringen dieses beeindruckende Interview noch einmal in voller Länge.
Christa Ludwig war kein sentimentaler Mensch. „Sängerin möchte ich nie wieder sein!“, hatte die gebürtige Berlinerin und große Mezzosopranistin in ihren neuen Lebenserinnerungen „Leicht muss man sein“ proklamiert, die sie aus Anlass ihres 90. Geburtstages veröffentlichte. 1994 hatte Ludwig als Klytämnestra mit ihrem 769. Auftritt in der Wiener Staatsoper ihren Bühnenabschied genommen. Nun ist einer der großen Opernstars des 20. Jahrhunderts im Alter von 93 Jahren verstorben. (SN)
Foto: Christa Ludwig ©
Interview: Kirsten Liese
Frau Ludwig, Ihr Bühnenabschied liegt mittlerweile 24 Jahre zurück. Er ist Ihnen damals nicht so schwer gefallen wie vielen anderen Kollegen ihrer Generation und insbesondere Dietrich Fischer-Dieskau, der sagte, ein Sänger sterbe immer zweimal. Welche Bedeutung hatte Ihr Beruf für Sie?
Ludwig: Als ich 17 war, ging es einfach nur darum, meine Eltern und mich über Wasser zu halten. Im Krieg hatten wir alles verloren und da habe ich zugesehen, dass ich Geld verdiene.
Meine Mutter, die auch meine Lehrerin und Lebensberaterin war, sagte dann immer zu mir: „Christa bedenke, es ist nur Theater!“
Ich habe gern gesungen, wenn ich gut bei Stimme war, hatte das Glück, mit den besten Dirigenten und Regisseuren zusammenzuarbeiten. Aber ich habe immer mit Texten gelebt, die 100 Jahre alt waren oder älter. Zur Realität hatte ich gar keinen Bezug. Erst wenn man dann nicht mehr im Beruf steht, hat man die Möglichkeit, nachzudenken, was das überhaupt ist: das Leben. Insofern war ich froh, als ich mit dem Singen aufgehört habe. „Interview mit Christa Ludwig zum 90. Geburtstag am 16. März 2018
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