Christian Thielemann zelebriert ein Strauss-Fest in der Philharmonie Berlin

Richard Wagner, Richard Strauss, Christian Thielemann, Anja Kampe, Berliner Philharmoniker  Philharmonie Berlin, 5. Dezember 2019

Foto: Christian Thielemann © Matthias Creutziger
Philharmonie Berlin
, 5. Dezember 2019
Richard Wagner, Vorspiel, 1.Akt, Lohengrin (außer Programm)
Richard Strauss, Sonatine Nr.1 „Aus der Werkstatt eines Invaliden“
Drei Hymnen  op.71
Orchestersuite aus der Oper Der Rosenkavalier op.59
Christian Thielemann  Dirigent
Anja Kampe  Sopran
Berliner Philharmoniker

von Peter Sommeregger

Dieses, als reines Richard-Strauss-Programm angekündigte Konzert erlebte schon einen ungewöhnlichen Auftakt: Christian Thielemann und das Orchester widmeten es dem großen Dirigenten Mariss Jansons, der vor wenigen Tagen starb. Die Idee, zu seinem Gedenken das ätherisch zarte Lohengrin-Vorspiel zu musizieren, bescherte dem Publikum einen geradezu spirituellen Akt der Verinnerlichung, diese Musik führt dorthin, wo Jansons bereits angekommen ist.

Das notorisch applausfreudige Publikum in der Philharmonie wurde von Thielemann mit einer schroffen Handbewegung zum Schweigen gebracht. Auch unter Konzertbesuchern finden sich genügend unsensible Menschen.

Für sein Strauss-Programm griff Thielemann zum Teil auf selten aufgeführte Werke zurück. Die Sonatine für 16 Blasinstrumente, erst 1943 entstanden, erklang sogar zum ersten Mal in der Philharmonie. Dem Orchester fehlt es nicht an hervorragenden Solisten, und so geriet das von einer gewissen Traurigkeit erfüllte Werk auch zu einer Demonstration höchster Orchesterkultur. Immer wieder blitzen in dem Werk Selbstzitate auf, die man erfreut wie alte Bekannte begrüßt. Auch hier wollte man schon nach dem ersten Satz applaudieren, vielleicht sollte man einen Knigge für Konzertbesucher auflegen?

Seit 1924 wurden Strauss‘ Drei Hymnen nach Gedichten von Hölderlin nicht mehr von den Philharmonikern aufgeführt. Schwer verständlich, sind es doch rauschhaft schöne Stücke, die für einen Sopran optimale Entfaltungsmöglichkeiten bieten. Allerdings benötigt man schon eine Sängerin von der Klasse einer Anja Kampe, um ihrem technischen Raffinement gerecht zu werden. Kampe kann in diesen Hymnen wunderbar die reiche Farbenpalette ihres dramatischen Soprans zur Geltung bringen und beschert dem Publikum ein denkwürdiges vokales Feuerwerk.

Philharmonie Berlin, © Schirmer

Als letzten Programmpunkt wählte Thielemann die Rosenkavalier-Suite von 1944. Was der immerhin bereits 60-jährige Dirigent dafür an jugendlicher Frische und Spielfreude entfesselte war ein Kabinettstück der Extraklasse. Das flirrte, rauschte und donnerte, dass es eine Freude war. Der sichtlich blendend gelaunte Maestro trieb das Orchester zu Höchstleistungen an, das vom Komponisten genial instrumentierte Material aus seiner Erfolgsoper ist für ein Orchester dieser Klasse eine wunderbare Gelegenheit, seine Virtuosität zu demonstrieren.

Thielemann gelang es, förmlich Funken aus dieser Musik zu schlagen. Ein Jubelschrei des hingerissenen Publikums dankte es ihm am Ende. Seinen Ruf als vielleicht bester Strauss-Dirigent hat er mit diesem Konzert einmal mehr bestätigt.

Peter Sommeregger, 6.Dezember 2019 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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