SILVESTERKONZERT PHILHARMONIE BERLIN: Kirill Petrenko lässt das Jahr 2023 mit einer furiosen Wagner-Wucht ausklingen – JONAS KAUFMANN überzeugt uneingeschränkt

S I L V E S T E R K O N Z E R T , Richard Wagner  Philharmonie Berlin, 29. Dezember 2023

S I L V E S T E R K O N Z E R T – W A G N E R W U C H T

Jonas Kaufmann gelingt ein überzeugendes Porträt des gehetzten Wälsungen, der dann in dem Ohrwurm der „Winterstürme“ zu lyrischem Wohlklang findet. Seine athletisch gestemmten Wälse-Rufe sind von rekordverdächtiger Länge, das abschließende „Wälsungenblut“ ist leidenschaftlich durchglüht. Danach weiß man wieder, warum der Tenor so berühmt ist. Auffällig seine vorbildliche Textverständlichkeit.

Berliner Philharmoniker
Kirill Petrenko   Dirigent
Vida Miknevičiūtė   Sopran (Sieglinde)
Jonas Kaufmann   Tenor (Siegmund)
Georg Zeppenfeld   Bass (Hunding 29.12.23)

Philharmonie Berlin, 29. Dezember 2023

Fotos: Jonas Kaufmann in der Philharmonie Berlin
mit Kirill Petrenko und den Berliner Philharmonikern,
© Monika Rittershaus 2022

von Peter Sommeregger

Für das traditionelle Silvesterkonzert wählte Kirill Petrenko dieses Jahr ein reines Wagner-Programm. Wichtigster Programmpunkt war eine komplette Aufführung des 1. Aktes der Oper „Die Walküre“. Dieses intime Kammerspiel mit drei Personen wird immer wieder konzertant aufgeführt, seine Geschlossenheit und dramatische Dichte begeistern immer wieder neu.

An den Beginn setzte Petrenko Vorspiel und Venusberg-Bacchanal aus der Oper „Tannhäuser“. Dirigiert er das Vorspiel noch streng und getragen, so verführt er im Bacchanal sein Orchester zu flirrender, sinnlicher Laszivität. Man meint die lieblichen Düfte des Venusberges im Saal der Philharmonie förmlich zu spüren.

Die musikalische Sprache der Walküre ist eine gänzlich unterschiedliche. Petrenko überrascht hier mit einem filigranen Ansatz, bei dem kein noch so kleines Detail der Partitur zu kurz kommt. Den Sängern breitet er das Orchester förmlich zu deren Füßen, jede Phrase wird ausmusiziert, die Solisten können sich sicher und getragen fühlen, wie in Abrahams Schoß.

Auf solche Art vom Dirigenten verwöhnt, können die drei Sänger gar nicht anders, als Spitzenleistungen abzurufen. Jonas Kaufmann, der stets die Last seiner Popularität mit auf die Bühne tragen muss, überzeugt an diesem Abend uneingeschränkt. Es gelingt ihm ein überzeugendes Porträt des gehetzten Wälsungen, der dann in dem Ohrwurm der „Winterstürme“ zu lyrischem Wohlklang findet. Seine athletisch gestemmten Wälse-Rufe sind von rekordverdächtiger Länge, das abschließende „Wälsungenblut“ ist leidenschaftlich durchglüht. Danach weiß man wieder, warum der Tenor so berühmt ist. Auffällig die vorbildliche Textverständlichkeit, die sich an diesem Abend alle drei Solisten zu eigen machen.

Als Hunding wird der Bass Georg Zeppenfeld seiner Aufgabe als Störenfried beim tȇte à tȇte Siegmunds und Sieglindes glänzend gerecht. Auch er artikuliert mehr als deutlich und lässt durchaus die Gefährlichkeit seines Parts trotz der wohlklingenden Stimme spüren.

Vida Miknevičiūtė als Sieglinde verfügt über einen leuchtenden, sicher artikulierenden Sopran, es gelingt ihr durchaus die dramatischen Steigerungen ihrer Rolle hörbar zu machen. Ein kleines Manko stellt das sehr starke Vibrato ihrer Stimme dar, das zwar stets kontrolliert ist, aber doch ein wenig störend wirkt. Großer Jubel am Ende für die Sänger, Petrenko und das Orchester.

Als überraschende Zugabe zaubert Kirill Petrenko noch das festliche Vorspiel zum dritten Akt der Oper „Lohengrin“ aus dem Hut, die schmetternden Fanfaren schlagen den passenden Bogen zum anstehenden Jahreswechsel. Man wünscht sich und dem Orchester auch im Jahr 2024 wieder viele musikalische Höhepunkte wie diesen.

Peter Sommeregger, 30. Dezember 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Silvesterkonzert, Der Jahresausklang mit Kirill Petrenko und Jonas Kaufmann Philharmonie Berlin, 29. Dezember 2022

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Patricia Kopatchinskaja, Kirill Petrenko, Berliner Philharmoniker Philharmonie Berlin, 17. September 2021

2 Gedanken zu „S I L V E S T E R K O N Z E R T , Richard Wagner
Philharmonie Berlin, 29. Dezember 2023“

  1. Volle Zustimmung, lieber Peter, ich habe die Walküre zwar leider nur in der Digital Concert Hall gehört, aber da bekommt man ja auch einen Eindruck. So gut in Form habe ich Jonas Kaufmann lange nicht mehr gehört. Auch Tobias Kehrer, der für den erkrankten Georg Zeppenfeld am Silvesterabend einsprang, war exzellent. Miknevičiūtė hat mich auch nicht restlos überzeugt, aber viel bessere Sängerinnen dieser Partie sind mir aktuell nicht bekannt (Lise Davidsen singt die Sieglinde mittlerweile leider auch mit großem Vibrato).
    Schade, dass das Fernsehen die konzertante Walküre nicht übertragen hat, in den vergangenen Jahren übertrug das Erste immer die Silversterkonzerte mit den Berlinern. Das Silvesterkonzert im ZDF mit der Sächsischen Staatskapelle unter Tugan Sokhiev war vergleichsweise lasch. Schade, Mozart scheint dem Dirigenten nicht zu liegen, den Rest habe ich mit ihm allerdings auch nicht gehört, dann habe ich auf die DCH umgeswitcht. Zumal leider auch der Bariton Iurii Samoilov ein Fehlgriff war. Der Mann kann gar nicht singen, er sprach seine Texte mehr, als dass er sie sang. Und Igor Levit spielte das Mozart Klavierkonzert mehr wie Beethoven.

    Kirsten Liese

    1. Ihre Gedanken zum Silvesterkonzert wären besser in Ihrem Kopf geblieben. Ihre Art der Kritik ist für mich einfach zu grob. Mit freundlichen Grüßen aus Salzburg!

      Hummer

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