Sommereggers Klassikwelt 69: Jacqueline du Pré – die Unvollendete

Sommereggers Klassikwelt 69: Jacqueline du Pré – die Unvollendete

Foto: Jacqueline du Pré und Daniel Barenboim (c)

von Peter Sommeregger

In diesem Monat kann die Musikwelt des 76. Geburtstages der britischen Cellistin Jacqueline du Pré gedenken. Der Künstlerin selbst war allerdings ein so langes Leben nicht beschieden. Die in Oxford geborene Tochter einer Pianistin und Klavierlehrerin starb mit gerade einmal 42 Jahren an den Folgen einer Multiplen Sklerose-Erkrankung, die sie bereits 1973 zur Aufgabe ihrer bis dahin erfolgreichen Karriere zwang.

Ihr Talent wurde von den musikalischen Eltern früh entdeckt, Meisterklassen besuchte sie bei Pablo Casals, Paul Tortelier und Mstislaw Rostropowitsch, den führenden Cellisten dieser Zeit. Eine erste Platten-Einspielung, das Cello-Konzert von Edward Elgar, machte sie schlagartig berühmt. Bis zum Ende ihrer Karriere entstanden unzählige weitere Aufnahmen, die das Können und die Brillanz ihres Spiels für die Nachwelt konserviert haben und dafür sorgen, dass ihr Name noch heute beinahe ein Synonym für virtuoses Cellospiel ist.

Im Jahr 1961 erhielt du Pré das berühmte Stradivari-Cello „Davidov“ als Geschenk ihrer Patentante, später spielte sie ein weiteres Instrument Stradivaris von 1673, heute trägt es ihren Namen und wird von Yo-Yo-Ma gespielt. Bis zum Ende ihrer Karriere spielte sie aber auch noch auf weiteren Instrumenten.

Neben ihren Soloauftritten spielte sie auch ein breites Repertoire von Kammermusik, hier waren Itzhak Perlman, Pinchas Zukerman und Daniel Barenboim ihre bevorzugten Partner. Die Proben zu Schuberts Klavierquintett „Die Forelle“ wurden Gegenstand des sehr berührenden Films „The Trout“, der viel über die Arbeitsweise und die Harmonie der einzelnen Musiker verrät.

Jacqueline du Pré und Daniel Barenboim (c)

Daniel Barenboim lernte du Pré Ende 1966 kennen. Schnell wurde aus beiden ein Paar, als Israel 1967 den 6-Tage-Krieg führte, begleitete du Pré Barenboim nach Israel, konvertierte zum Judentum und heiratete ihn. Es folgten Jahre der rauschhaften Erfolge, das erfolgreiche und gut aussehende Paar wurde gefeiert wie sonst nur Popstars.

Ab 1971 machten sich bei der Künstlerin erste Anzeichen ihrer Krankheit bemerkbar. Alle Therapien halfen nicht viel, mehr und mehr zog du Pré sich aus dem Konzertleben zurück. Man kann kaum ermessen, was es für die Mittdreißigerin bedeutet haben muss, das Nachlassen ihrer Fähigkeiten zu realisieren und ihre Kunst aufzugeben. Auch für ihren Ehemann Daniel Barenboim bedeutete die Krankheit seiner Frau sicher einen schweren Schicksalsschlag. Er ging mit der veränderten Situation auf seine Weise um. Als er 1975 Chefdirigent des Orchestre de Paris wurde, verlagerte er seinen Lebensmittelpunkt in die französische Hauptstadt, während Jacqueline du Pré bis zu ihrem Tod in London lebte. Barenboim fand in der Pianistin Jelena Baschkirowa eine neue Lebenspartnerin, mit der er noch zu du Prés Lebzeiten zwei Söhne bekam und die er nach deren Tod 1988 heiratete. Du Pré starb am 19. Oktober 1987 in London und wurde auf dem Golders Green Jewish Cemetery in London bestattet.

wikipedia.com (c)

Ein Film über du Pré, der auf einem Buch ihrer Schwester Hillary basiert, erregte 1998 einiges Aufsehen. Wie weit die Schilderungen privater Vorgänge authentisch waren, wissen aber eigentlich nur die Beteiligten.

Eine große Zahl von CDs, Musikvideos und vor allem der Film „The Trout“ halten die Erinnerung an diese große Künstlerin wach, nicht wenige ihrer Einspielungen gelten bis heute als Referenzaufnahmen.

Peter Sommeregger, 5. Januar 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Ladas Klassikwelt (c) erscheint jeden Montag.
Frau Lange hört zu (c) erscheint jeden zweiten Dienstag.
Schweitzers Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Dienstag.
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Hauters Hauspost (c) erscheint jeden zweiten Donnerstag.
Sophies Welt (c) erscheint jeden zweiten Donnerstag.
Radek, knapp (c) erscheint jeden zweiten Donnerstag.
Lieses Klassikwelt (c) erscheint jeden Freitag.
Spelzhaus Spezial (c) erscheint jeden zweiten Samstag.
Der Schlauberger (c) erscheint jeden Sonntag.
Ritterbands Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Sonntag.
Posers Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Sonntag.

Peter Sommeregger

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen.‘ Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

Jonas Kaufmann, it’s Christmas!, der Tenor singt 42 Weihnachtslieder klassik-begeistert.de

Weihnachts-Satire: Jonas Kaufmann zu Gast im Verkaufkanal HSE24 klassik-begeistert.de

Satire: Opernsänger Jonas Kaufmann als Marionettenpuppe klassik-begeistert.de

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert