Sommereggers Klassikwelt 86: Die unvergessliche Elisabeth Söderström

Sommereggers Klassikwelt 86, Elisabeth Söderström,  klassik-begeistert.de

von Peter Sommeregger

Der 7. Mai ist der Geburtstag der schwedischen Sopranistin Elisabeth Söderström, die 2009 im Alter von 82 Jahren starb.

Söderström hatte einen schwedischen Vater und eine russische Mutter, ihr slawisches Erbteil prädestinierte sie für die Interpretation von Musik dieses Kulturkreises. Aber zunächst nahm sie privat Gesangsunterricht, ehe sie zwei Jahre an der Königlichen Musikakademie in ihrer Heimatstadt Stockholm studierte. Ihr erstes Engagement erhielt sie unmittelbar nach dem Abschluss ihrer Studien direkt an die Königliche Oper Stockholm.

Schon in den ersten Jahren ihrer Tätigkeit an diesem Haus, die nicht weniger als dreißig Jahre andauern sollte, stellte die Sängerin ihre Vielseitigkeit unter Beweis. Neben Partien in Mozart-Opern sang sie auch die Traviata, den Octavian im „Rosenkavalier“, die Louise von Charpentier, aber auch mehrere Uraufführungen zeitgenössischer Werke.

Ab 1957 war Elisabeth Söderström fast jeden Sommer bei den Festspielen von Glyndebourne zu erleben. Die Bandbreite ihrer dort verkörperten Rollen war groß. Von Richard Strauss sang sie den Komponisten in der „Ariadne auf Naxos“, den Octavian im „Rosenkavalier“, die Christine in „Intermezzo“. In Henzes „Elegie für junge Liebende“ sang sie die Partie der Elisabeth Zimmer, in Mozarts „Nozze di Figaro“ die Susanna. In dem intimen Haus wagte sie auch sehr erfolgreich die Leonore in Beethovens „Fidelio“.

Seit der Saison 1959/60 trat die Sängerin an der Metropolitan Opera New York  und am Londoner Opernhaus Covent Garden in gänzlich unterschiedlichen Rollen auf, so konnte sie 1969 in London einen großen Erfolg als Mélisande in Debussys „Pelléas und Mélisande“ verbuchen. An die Met kehrte sie gegen Ende ihrer Karriere noch einmal  ab 1983 für vier Spielzeiten zurück, 1999 nahm sie dort als Gräfin in Tschaikowskis „Pique Dame“ Abschied von der Opernbühne.

Söderström, die an praktisch allen europäischen Opernhäusern erfolgreich aufgetreten war,  machte sich auch als Lied- und Konzertsängerin einen Namen. Sie interpretierte neben Komponisten ihrer schwedischen Heimat auch slawisches Liedgut, sowie das gängige Repertoire der Liedliteratur von Schubert bis Richard Strauss.

Auf der Schallplatte ist ihre warme, leicht dunkel timbrierte Sopranstimme in erfreulich vielen Aufnahmen erhalten. Besonders eindrucksvoll sind die drei Janáček-Opern „Jenůfa“, „Katja Kabanova“ und „Die Sache Makropulos“, die Sir Charles Mackerras mit ihr für seinen Janáček-Zyklus einspielte. Ihr Glyndebourne-Fidelio ist auch als Video erhältlich und zeigt Söderström  als engagierte Sing-Schauspielerin. Unter Nikolaus Harnoncourt sang sie den Nero in dessen erster Einspielung von Monteverdis „L’incoronazione di Poppea“, unter Mackerras die Knusperhexe in „Hänsel und Gretel“. Otto Klemperer verpflichtete sie als Contessa für seine Figaro-Einspielung, auch in seiner „Missa solemnis“ von Beethoven ist sie mit dem Sopranpart zu hören, unter Pierre Boulez sang sie die Mélisande.

Darüber hinaus kursieren zahllose Live-Mitschnitte auf dem Graumarkt. Ihre besonders eindrucksvollen Strauss-Partien hat sie für die Schallplatte nicht aufgenommen, das ist wohl der ehelichen Verbindung ihrer Kollegin Elisabeth Schwarzkopf zu der damaligen EMI geschuldet.

Ihre Betrachtungen über Musik und den Sängerberuf hat sie in einem schmalen Band auf schwedisch und in englischer Übersetzung („In my own key“) dargelegt, auf Deutsch ist das Buch leider nicht erschienen. Nach ihrem Rückzug von der Bühne leitete sie noch für drei Jahre das Schlosstheater von Drottningholm. An Demenz erkrankt, zog sie sich von der Öffentlichkeit zurück, und starb am 20. November 2009 in ihrer Heimatstadt Stockholm.

Karrieren von solcher Vielschichtigkeit, Dauer und Qualität sind selten geworden. Ein Grund mehr, Künstlerinnen wie Elisabeth Söderström nicht zu vergessen.

Peter Sommeregger, 5. Mai 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

 

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