Fotos: Alessandro Deljavan , © Piano Salon Christophori
Immer wieder kommt einem das Wort „Löwenpranke“ in den Sinn. Über eine solche hat Liszt zweifellos verfügt. Alessandro Deljavan nimmt diese Herausforderung an und kann mit hoch konzentriertem, auswendigem Spiel beeindrucken und überzeugen. Ein begeistertes Publikum spendet ihm reichlichen, verdienten Beifall.
Piano Salon Christophori, Konzert am 13. Oktober 2021
Werke von Mozart, Haydn, Schubert und Liszt
von Peter Sommeregger
Der Piano Salon Christophori ist in Berlin inzwischen an seinem dritten Standort schon fast eine Institution geworden. Der Klavier-Sammler und -Restaurator Christoph Schreiber veranstaltet in seiner Werkstatt regelmäßig Kammerkonzerte und Klavierabende. In der großen ehemaligen Fabrikhalle mit guter Akustik findet man ein ungewohntes, aber doch stimmiges Ambiente.
Am 13. Oktober war der Pianist Alessandro Deljavan zu Gast. Der Künstler mit italienisch-persischen Wurzeln, bereits Träger zahlreicher Preise, gilt im Klassikbetrieb als unangepasster Außenseiter. Tatsächlich nähert sich Deljavan den aufgeführten Werken mit einem sehr speziellen Ansatz. Mozarts Sonate No.3 B-Dur, ein erstaunlich reifes Meisterwerk des 18-jährigen Komponisten, leitet den Abend ein und der Pianist überrascht mit einem etwas kantigen Mozart-Stil. Das ist eine durchaus interessante Lesart abseits der bei Mozart oft praktizierten Gefälligkeit. Deljavan setzt manchmal ungewöhnlich lange Pausen und Akzente, variiert die Tempi. Von lieb gewordenen Hörgewohnheiten ist das weit entfernt.
Die sehr umfangreiche Haydn-Sonate Es-Dur, die ebenfalls von dem konventionellen Haydn-Bild weit entfernt ist, gerät Deljavan nachdenklich, reflektiert, im Ansatz etwas weicher als der vorangegangene Mozart. Hier werden auch herbere Farben hörbar, stilistisch ist die Sonate schon ein Vorgriff auf spätere Entwicklungen der Gattung.
Den ersten Teil des Abends beschließt das kurze Allegretto D 915 von Franz Schubert. Es ist ein Gelegenheitswerk, wohl einem befreundeten Sänger zu dessen Abschied gewidmet. Hier schlägt der Pianist ungleich zartere Töne an und wird damit dem intimen Charakter der Komposition gerecht.
Nach der Pause kommt das Hauptwerk des Abends, Franz Liszts virtuose Sonate h-moll S.178 zur Aufführung. Diese als eines der bedeutendsten Klavierwerke der Romantik geltende Komposition ist Robert Schumann gewidmet. Ein Tagebucheintrag Clara Schumanns belegt aber, dass zumindest sie das Werk als „schaurig“ empfunden hat. Düster beginnt das dreisätzige Werk, Liszt, der ja ein bedeutender Klaviervirtuose seiner Zeit war, hat in dieser Komposition einen großen Anspruch an die technischen Fähigkeiten des ausführenden Pianisten gestellt. Das Werk gilt daher als ein Prüfstein für Klaviervirtuosen. Deljavan stellt sich der Herausforderung mit souveräner Beherrschung seines Instruments und arbeitet die komplexe Struktur der kompliziert konstruierten Sätze beispielhaft heraus. Er vermeidet bewusst nicht die teilweise schroffen Übergänge in dieser Komposition.
Der Virtuose Liszt forderte damit sein eigenes Können heraus und legte damit die Messlatte für spätere Generationen von Klaviervirtuosen sehr hoch. Immer wieder kommt einem das Wort „Löwenpranke“ in den Sinn, über eine solche hat Liszt zweifellos verfügt. Alessandro Deljavan nimmt diese Herausforderung an und kann mit hoch konzentriertem, auswendigem Spiel beeindrucken und überzeugen. Ein begeistertes Publikum spendet ihm reichlichen, verdienten Beifall.
Peter Sommeregger, 14. Oktober 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
CD-Rezension: Klavierwerke von Franz Liszt, Alessandro Deljavan klassik-begeistert.de
Jonas Kaufmann & Helmut Deutsch, CD-Rezension, Liszt, Freudvoll und leidvoll klassik-begeistert.de