Artis-Quartett bringt österreichische Vielfalt in den Wiener Musikverein

Artis-Quartett,  Musikverein Wien, Brahms-Saal

Foto © Nancy Horowitz
Wiener Musikverein, Brahms-Saal,
20. Dezember 2017
Artis-Quartett:
Peter Schuhmayer,
Violine
Johannes Meissl, Violine
Herbert Kefer, Viola
Othmar Müller, Cello
Ettore Causa, Viola (Quintett)
Wolfgang Amadeus Mozart, Streichquartett D-Dur, KV 575
Gottfried von Einem, Streichquartett Nr. 2 g-Moll, op. 51
Anton Bruckner, Streichquintett F-Dur

von Julian Dworak

Ein kurzer Weg zu den Notenpulten. Eine geschwinde Verbeugung, noch nicht im Akkord. Ein ebenso kurzer Applaus, und das Artis-Quartett begann den Brahms-Saal des Wiener Musikvereins mit Wolfgang Amadeus Mozarts Streichquartett in D-Dur zu bespielen.

Das im Jahre 1980 gegründete österreichische Artis-Quartett gastierte am Mittwoch im traditionsreichen Musikverein. Peter Schuhmayer, Johannes Meissl, Herbert Kefer und Othmar Müller hatten dabei Werke aus drei musikalischen Epochen im Gepäck.

Selbstsicher präsentierte Peter Schuhmayer das schlichte Anfangsmotiv, das kurz darauf von der Bratsche übernommen wurde. Sehr sanglich, mit der Leichtigkeit der Mozartschen Komposition, entstand ein reger Austausch der Stimmen.

Schnell wurde klar: Hier stehen (mit Ausnahme des sitzenden Cellisten) vier bemerkenswerte Musiker auf der Bühne. Die Musik ist auch großartig, doch im Zusammenspiel griffen die Zahnräder noch nicht ineinander: Es spielten vier brillante Individualisten, noch auf der Suche nach einem gemeinsamen Draht. Umso herausragender die Musikalität und Präzision von Othmar Müller, der elegant den prominenten Cellopart meisterte.

Das Streichquartett in D-Dur KV 575 von Wolfgang Amadeus Mozart galt als Einstieg in einen Abend mit Werken ausschließlich österreichischer Komponisten. Das erste der sogenannten „Preußischen Quartette“ bestach durch seinen durchwegs liedhaften Charakter.

Einen ganz anderen Ansatz verfolgte das Streichquartett Nr. 2 g-Moll von Gottfried von Einem. Im kommenden Jänner wäre der in Bern geborene Komponist 100 Jahre alt geworden. Vor allem wegen seiner Opern bekannt, schrieb er auch ein breites Spektrum an Kammermusik, darunter fünf Streichquartette.

Impulsiv begann dieses Werk. Spannungsklänge eingebettet in Phrasen wurden von noch stärkeren Dissonanzen abgelöst. Keiner Stimmung, keinem musikalischen Gedanken durfte man sich hier sicher sein. Auch kurze Entspannungspausen erlaubt dieses moderne Stück, sie endeten oftmals genauso abrupt, wie sie begonnen hatten. Das Spiel zwischen klassischen und modernen Ideen dominierte in diesem Werk, wobei nur im zweiten der drei Sätze die klassischen Elemente einen ebenbürtigen Anteil hatten.

Die Musiker agierten nun wesentlich aufgeweckter. Dies war auch unvermeidlich, denn eine gewisse Ernsthaftigkeit ist bei diesem Werk durchaus verpflichtend.

Nach einer wohlverdienten Pause gesellte sich der italienische Bratschist Ettore Cause zu dem Ensemble. Gemeinsam nahmen die Musiker das 45-minütige Streichquintett F-Dur von Anton Bruckner in Angriff.

Anton Bruckner gilt vor allem als symphonischer Komponist der romantischen Periode. Dieses Streichquintett bildet eine Ausnahme in seinem Schaffen. Bruckner verfasste sein Quintett, ganz im Sinne der Quintette Mozarts, für zwei Bratschen.

Die Musik begann nun zu fließen. Vielleicht dank des dazugewonnenen Bratschisten oder dank der Tatsache, dass die Musiker dieses Streichquintett vor kurzem eingespielt hatten. Ein hohes musikalisches Grundniveau war bis dato schon vorhanden, nun bewiesen die Musiker ihre Stellung als weltweit führendes Ensemble eindrucksvoll. Besonders interessant waren die spielerischen Zwiegespräche der Instrumente, etwa in der Mitte des zweiten Satzes. Im dritten Adagio-Satz ist klar die symphonische Handschrift Bruckners zu erkennen. Eine Steigerung orchestralen Ausmaßes beschließt den Höhepunkt dieses Satzes. Auch im finalen Satz gab es immer wieder hymnische Elemente, die auf symphonische Gedanken zurückzuführen sind.

Das war jetzt wie aus einem Guss! Wo am Anfang des Konzertes noch jeder für sich zu spielen schien, bildete sich nun eine Einheit. Das Werk Bruckners mag zwar das schönste wie auch prägnanteste des Abends gewesen sein, aber es waren die Musiker, die das Publikum mit ihrer Musik schlussendlich verzauberten.

Dies goutierte auch das kritische Wiener Publikum mit auffällig erhöhtem Beifall. Eine deutliche Steigerung während des Abends war unverkennbar. Schade, dass die Musiker diesen Spirit nicht schon von Anfang an in die Musik einbringen konnten. Dennoch: Mehr als versöhnlich gestimmt durfte man den ehrwürdigen Musikverein wieder verlassen.

Julian Dworak, 21. Dezember 2017, für
klassik-begeistert.at

Foto: © Nancy Horowitz

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert