Ohren- und Augenfutter: Händels "Brockes-Passion" fulminant musiziert und inszeniert an der Oper Halle

Brockes-Passion, Michael Zehe. Foto: © Bühnen Halle, Fotos: Federico Pedrotti

Georg Friedrich Händel, Brockes-Passion „Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus“ HWV 48

Premiere, Oper Halle, 3. Oktober 2021

von Dr. Guido Müller

Bereits zwei Wochen nach der Premiere zur Eröffnung der Spielzeit an der Oper Halle legt der neue Intendant Regisseur Walter Sutcliffe seine zweite von ihm inszenierte Produktion mit der Hamburger Passion Händels von 1719 vor. Diese war allerdings bereits bis zur Generalprobe im April 2021 für die Händel-Festspiele gereift. „Georg Friedrich Händel, Brockes-Passion, Premiere, Oper Halle, 3. Oktober 2021“ weiterlesen

Ladas Klassikwelt 82: „Ach weh“ bei „Aveu“ oder: Wenn man den Zuschauerraum mit einer Imbissbude verwechselt

Elphilharmonie, Hamburg, Rolltreppe. Foto: © Michael Zapf

Ich habe schon einmal darüber geschrieben, wie sich ein Chor beim Applaus auf der Bühne verhalten sollte. Und das Publikum während eines Konzerts? Theoretisch kennt jeder die Grundregeln: Handy ausschalten, nicht fotografieren/aufnehmen, aber auch nicht reden oder rumzappeln. Kurz gesagt nichts tun, was andere Zuschauer stören und Künstler ablenken könnte. Ob Zuschauer diese Prinzipien befolgen, ist eine andere Sache.

 von Jolanta Łada-Zielke

Ich komme noch zurück auf den Konzertabend mit Werken von Schumann und Brahms, der am Sonntag, 26. September in der Elbphilharmonie mit der Pianistin Ragna Schirmer und dem CPE-Bach-Chors unter der Leitung von Hansjörg Albrecht stattfand. „Ladas Klassikwelt 82: „Ach weh“ bei „Aveu“ oder: Wenn man den Zuschauerraum mit einer Imbissbude verwechselt“ weiterlesen

Schweitzers Klassikwelt 45: Opern und Werbefotos

Es braucht eine lange und wiederholte Zeit des Nachdenkens, ob jemals ein Plakat oder die Aufmachung einer Schallplatte das Interesse für eine Oper geweckt hatte. Das Optische war in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts noch nicht so dominierend. Reproduktionstechniken noch viel kostspieliger. Man hätte sich damals nicht träumen lassen, dass bei Einrüstungen von bedeutenden Gebäuden die Architektur auf den schützenden, herabhängenden Planen zu sehen bleibt. Und die Entwicklung des Fernsehens hatte eben erst begonnen.

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Durchschnittlich einmal im Monat war ein Opernbesuch geplant. Die Berührung mit dem Genre und Informationen aus der Welt der Oper war durch das Blättern in Schallplattenprospekten zu gewinnen. In besonderer und dankbarer Erinnerung ist mir das Werbematerial der Deutschen Grammophon geblieben, wobei das Interesse auf die Besetzungslisten fokussiert war. So lernte man die immer wieder ausgewählten SängerInnen der Hauptrollen zumindest literarisch kennen. „Schweitzers Klassikwelt 45: Opern und Werbefotos“ weiterlesen

Christian Gerhaher glänzt mit einem denkwürdigen Konzertabend in London

Wigmore Hall, London, 29. September 2021

Foto: Christian Gerhaher, © Wigmore Hall

Christian Gerhaher, Bariton  
Isabelle Faust, Violine
Anne Katharina Schreiber, Violine
Timothy Tidout, Viola
Danusha Waskiewicz, Viola
Jean-Giuhen Queyras, Cello
Christian Queyras, Cello

Othmar Schoeck, Notturno op. 47
Arnold Schönberg, Verklärte Nacht op. 4
Hector Berlioz, Les nuits d’été op. 7 (Arrangement: David Matthews)

von Lukas Baake, London

Das Londoner Konzertpublikum hat in dieser Saison gleich mehrfach das Privileg, Christian Gerhaher in der britischen Hauptstadt erleben zu dürfen. Als Artist in Residence der Wigmore Hall hat der große Liederinterpret mehrere Konzertabende konzipiert, die über das Jahr verteilt bestritten werden.

Den Auftakt machte ein sorgfältig ausbalanciertes und leidenschaftliches Programm: Mit mehreren Instrumentalisten, denen Gerhaher schon seit langer Zeit verbunden ist, spannt er einen langen, (spät-)romantischen Bogen, der von Othmar Schoeck über Arnold Schönberg bis zu Berlioz reicht. „Christian Gerhaher, Bariton  
Wigmore Hall, London, 29. September 2021          “
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Mehr Sprudel als Sekt: „Così fan tutte“ Unter den Linden in Berlin

Tolle Stimmen, ermüdende Klein-Klein-Inszenierung.

Den stärksten Eindruck hinterlässt Federica Lombardi als Fiordiligi. Ihre beiden virtuosen Arien werden zum umjubelten Höhepunkt des Abends. Ihr Sopran ist in allen Lagen souverän geführt, hat Fülle, Substanz und ein breites Farbenspektrum.

Staatsoper Unter den Linden, Berlin, Premiere am 3. Oktober 2021

Wolfgang Amadeus Mozart
Così fan tutte

Fiordiligi   Federica Lombardi
Dorabella   Marina Viotti
Guglielmo   Gyula Orendt
Ferrando   Paolo Fanale
Despina   Barbara Frittoli
Don Alfonso   Lucio Gallo
Dirigent   Daniel Barenboim
Regie   Vincent Huguet

Lucio Gallo (Don Alfonso), Federica Lombardi (Fiordiligi), Marina Viotti (Dorabella), Barbara Frittoli (Despina), Gyula Orendt (Guglielmo). Credits: Matthias Baus

von Peter Sommeregger

Die Berliner Staatsoper Unter den Linden hat den französischen Regisseur Vincent Huguet für die Inszenierung aller drei Da-Ponte-Opern Mozarts verpflichtet. Den Anfang sollte „Così fan tutte“ machen, aber der Pandemie wegen wurde „Le nozze di Figaro“ vorgezogen, und in einer wenig befriedigenden Form präsentiert.

Im Programmheft zur „Così“-Premiere legt Huguet seine Ideen über die drei Werke in einem längeren Artikel dar, zu sehen bekommt man aber auf der Bühne erneut eine Demonstration szenischen Leerlaufes und Unvermögens. Huguet gelingt es, in jeder Situation etwas ausgesprochen Unpassendes zu zeigen, selbst wenn man die Grenzen des guten Geschmacks weit fasst. Schon in der ersten Szene scheint man sich in einem Swingerclub zu befinden, im Laufe des bleiern verlaufenden Geschehens schält sich die Erkenntnis heraus, dass hier wohl die 1960er-Jahre abgebildet werden sollen, spätestens herum stehende Designermöbel weisen den Weg dazu. In der Folge wird auch reichlich überflüssige Statisterie in bunten Gewändern, teilweise auch nackt auf die Bühne gebracht, Hasch geraucht und was der ungemein originellen Einfälle mehr sind. Der Regisseur verzettelt sich rettungslos im Klein-Klein, was über drei lange Stunden nur ermüdend wirkt. „Wolfgang Amadeus Mozart, Così fan tutte
Staatsoper Unter den Linden, Berlin, Premiere am 3. Oktober 2021“
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Testen Sie Ihr Wissen im Klassik-Quiz – Folge 59

Hermann Helmholtz porträtiert von Ludwig Knaus 1881

Ein sehr bedeutender Naturwissenschaftler, der als Namenspate für etwas dient, das auch bei einem der in den letzten Quizfragen thematisierten Instrumente zum Einsatz kommt. Nun, wir wollten auf die Marimba hinaus. Denn dort gibt es ein Bauteil, das nach Hermann von Helmholtz benannt ist: den Helmholtz-Resonator. Mehr als 100 Einsendungen mit der korrekten Lösung haben wir erhalten, großartig! Das dann auch nötige Glück, daraus als Gewinnerin einer Überraschungs-CD gezogen zu werden, hatte diesmal Iona Langhans aus Ginsheim-Gustavsburg – herzlichen Glückwunsch! „Das Klassik-Quiz – Folge 59“ weiterlesen

Planungsfehler fällt beinahe Mahlers Dritte

Foto: Andrés Orozco-Estrada © Julia Wesely

Wiener Konzerthaus, Großer Saal, 1. Oktober 2021
Gustav Mahler, Symphonie Nr.3 d-Moll

Andrés Orozco-Estrada, Dirigent
Sarah Connolly, Mezzosopran
Wiener Symphoniker
Wiener Sängerknaben
Damen der Wiener Singakademie

von Jürgen Pathy

Ein Dirigent hat es nicht immer leicht. Auch wenn Andrés Orozco-Estrada am Ende übers ganze Gesicht strahlt, der Gipfelsturm war an diesem Abend mehr als nur beschwerlich. Den Kolumbianer trifft allerdings keine Schuld. Was da gestern im Großen Saal des Wiener Konzerthauses während Mahlers Dritter vorgefallen ist, fällt wohl eher unter die Rubrik: Fehlplanung. Dabei hatte alles so berauschend begonnen. „Andrés Orozco-Estrada, Sarah Connolly, Wiener Symphoniker,
Wiener Konzerthaus,1. Oktober 2021“
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Glanzauftritt eines Altmeisters: Herbert Blomstedt mit Bruckners Fünfter bei den Berliner Philharmonikern

Fotos: © Monika Rittershaus

„Blomstedt durchlebt die Musik, geht in jeder Phase ganz und gar mit ihr mit, lässt sich berühren und berührt uns.“

Philharmonie Berlin, 30.9.2021

Herbert Blomstedt
Berliner Philharmoniker

Anton Bruckner: 5. Sinfonie

von Kirsten Liese

Ein wenig erinnern seine Auftritte an die des legendären Günther Wand in seinen letzten Jahren. Wand dirigierte bis zu seinem Tod auswendig und im Stehen und wurde vor allem für seine Brahms- und Brucknerinterpretationen gefeiert. Das alles lässt sich auch über Herbert Blomstedt sagen, nur dass er mit 94 noch älter ist, Wand starb 2002 im Alter von 90 Jahren. „Herbert Blomstedt Berliner Philharmoniker,
Philharmonie Berlin, 30.9.2021“
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Daniels Anti-Klassiker 31: Erik Satie – 3 Gymnopédies (1888-1895)

Höchste Zeit, sich als Musikliebhaber neu mit der eigenen CD-Sammlung und der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese sarkastische und schonungslos ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Einfachheit und Eingängigkeit sind zwei der wesentlichen Prinzipien, die Musik idealerweise erfüllt, um in Erinnerung zu bleiben. Doch wie bei einem guten Küchengericht kommt es auch bei Musik auf die ausgewogene Balance aller Zutaten an. Nun wenden wir uns einmal der Vorstellung zu, Einfachheit und Eingängigkeit würden als die beiden einzigen Prinzipien überdauern, Virtuosität, Instrumentation und Inhalt würden über Bord geworfen und anstatt eines dramaturgischen Verlaufs soll die Musik in den Hintergrund gerückt werden. So, als wolle man eine Suppe anrichten, die nur aus Wasser und Salz besteht. Was käme dabei wohl heraus? Um diese Frage zu beantworten, bietet sich ein Blick auf die Gymnopédies von Erik Satie an. „Daniels Anti-Klassiker 31: Erik Satie – 3 Gymnopédies (1888-1895)“ weiterlesen

Sir Simon Rattle und das London Symphony Orchestra begeistern in Köln

Sir Simon Rattle. Foto: © Oliver Helbig

Kölner Philharmonie, 27.9.2021

Sir Simon Rattle, Dirigent
London Symphony Orchestra

Anton Bruckner – Scherzo. Bewegt – Trio. Nicht zu schnell, keinesfalls schleppend

Anton Bruckner – Volksfest – Revidiertes Finale der 1. Fassung der Sinfonie Nr. 4 Es-Dur WAB 104 (“Romantische”)

Anton Bruckner – Sinfonie Nr. 4 Es-Dur WAB 104 2. Fassung mit dem Finale von 1880 “Romantische”

von Daniel Janz

Es ist schon ein besonderes Programm, das die britischen Gäste an diesem Montag mitgebracht haben. Der gesamte Abend ist dem hochromantischen Komponisten Anton Bruckner gewidmet – genauer gesagt sogar nur einem seiner Werke. Was sich anhört wie ein Forschungsgegenstand für Spezialisten beweist sich gemessen an dem – für Corona-Standards – nahezu ausverkauften Saal aber als überaus anregend. Und dem Publikum kann hier auch Einiges geboten werden: Bruckner, der als Zeitgenosse von Richard Wagner lange Zeit im Schatten des großen Opernkomponisten stand, hinterließ häufig mehrere Fassungen zu seinen Sinfonien. So auch zur heute gespielten, vierten Sinfonie. „Sir Simon Rattle, London Symphony Orchestra,
Kölner Philharmonie, 27.9.2021“
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